Sterbende Zuckerrohrarbeiter - Update 2019
Das Problem der Erkrankung der Zuckerrohrarbeiter an chronischer Niereninsuffizienz in Nicaragua hatte sich in den letzten Jahren ein klein wenig abgemildert, weil die Behandlungsmöglichkeiten bis hin zur Dialyse sich verbessert haben. Aber das Grundproblem bestand und besteht weiter. Und eine wirkliche Klarheit über die Ursache der häufig tödlich verlaufenden Nierenerkrankung gab es bisher nicht.
Seit Juni 2019 liegen nun die Ergebnisse einer langen Feldstudien des Mediziners Carlos Orantes aus El Salvador vor, der mit Hilfe von KollegInnen aus Sri Lanka, Kuba und Belgien bewiesen hat, dass zwei Pflanzenvernichtungsmittel für den Tod von über 10 000 Menschen verantwortlich sind.
Es sind Paraquat und Glyphosat
In der WOZ 25/2019 finden Sie einen differenzierten Bericht von Toni Keppeler, San Salvador, zu der Forschung von Carlos Orantes.
Tödlicher Energiehunger
Im Nordwesten Nicaraguas wird heute immer mehr Zuckerrohr angebaut - nicht nur um daraus Zucker zu gewinnen und den beliebten Rum zu destillieren. Das große Geschäft versprechen sich hier die zwei großen Zuckerunternehmen von Ethanol, das in Europa und in den USA immer stärker nachgefragt wird für die Beimischung zu Kraftstoffen. Ein wesentlicher Teil dieses Ethanols aus Nicaragua geht nach Europa.
Der wachsende Anbau von Zuckerrohr und die Produktion von Bioethanol hat eine Kehrseite: Eine immer größer werdende Zahl von Arbeitern und ihren Angehörigen erkranken in Folge der Lebens- und Arbeitsbedingungen an chronischem Nierenversagen (IRC) - einer in einem Land wie Nicaragua meist tödlichen Krankheit. Nach Informationen von ANAIRC gab es in der Zucker-Region bislang ca. 5.000 Todesfälle durch IRC und über 8.000 Erkrankte. Die Betroffenen machen für ihre Erkrankung die für den Anbau des Zuckerrohrs in den zurückliegenden Jahren eingesetzten Pestizide verantwortlich. Und das Schicksal der Erkrankten ist vorgezeichnet: in einem Land wie Nicaragua gibt es weder die Möglichkeit zur Dialyse für so viele Menschen noch teure Medikamente zur Behandlung der Nebenerkrankungen. Was bleibt...
Neue deutsche Verwicklung in die giftige und umweltschädliche Produktion von Ethanol in Nicaragua
Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG), eine Tochter der KfW-Bankengruppe, vergab 2006 einen Kriedit von 10 Mio. US-$ an die Nicaragua Sugar S.A. Damit sollten Investition getätigt werden, die Hektarerträge und erneuerbare Energiegewinnung sollte um um 25 bis 30 Prozent steigen. Dieser Kredit wirft Fragen auf...
Kleine Anfrage an die Bundesregierung
Zur Klärung von Fragen zur Finanzierung der DEG für die Produktionserweiterung von Nicaragua Sugar richtete die Fraktion Die Linke eine kleine Anfrage an die Bundesregierung. Hier finden Sie die Antwort der Bundesregierung - vorgetragen durch das BMZ - und eine Stellungnahme des Nicaragua-Forums zu diesen Antworten.
Die Bundesregierung hat am 27.10.2010 in Berlin eine Verordnung beschlossen, dass die Beimischquote von Bioethanol zu den angebotenen Benzinsorten von 5% auf 10% erhöht werden muss. E10, so wird der neue Kraftstoff genannt, gibt es seit den ersten Monaten des Jahres 2011 an die Tankstellen. Bisher zwar mit relativ geringem Erfolg, aber aufgrund des Preisvorteils steigen die Verkaufsmengen für E10 langsam an (der E10-Marktanteil Ende 2011 liegt bei ca. 10%).
Ein Ethanolanteil von 10 Prozent im Benzin
Das neue Benzin ist ein Beispiel dafür, wie auf Kosten der Arbeiter im Süden die verheerend schlechte Klimabilanz des Nordens geschönt werden soll. Etwa 1 Drittel der Agrotreibstoffe in der EU wird importiert. Mit der Behauptung, dass der CO2-Ausstoß von Ethanol bei Null liege, weil die Pflanze beim Wachsen genau den Anteil an CO2 gebunden habe, der bei der Verbrennung wieder abgegeben werde, wird die Werbetrommel für die Produkte der Agroindustrie gerührt. Aber tatsächlich muss die Energie, die zum Düngen, für den Transport und die Verarbeitung benötigt wurde, mit eingerechnet werden. Dass die wachsende Nachfrage nach Agrotreibstoffen in vielen Ländern zur weiteren Zerstörung von Regenwäldern führt und dadurch die Klimabilanz noch negativer wird, dies ficht die EU und die Bundesregierung bisher nicht an, ihr Konzept zu überdenken.
Soziale Folgen der Agrotreibstoffe
Zur negativen ökologischen Bilanz kommen vor allem die sozialen Auswirkungen der Landverknappung und Verteuerung der Lebensmittel für die Menschen im Süden. Und bisher gar nicht beachtet wurden die gesundheitlichen Folgen der extensiven Produktion von Ethanol z.B. aus Zuckerrohr. Die extrem harten Arbeitsbedingungen führen bei vielen Arbeitern in der Zuckerindustrie schon nach kurzer Zeit zu schweren gesundheitlichen Schäden. Die Zahl der chronischen Nierenerkrankungen liegen bei Zuckerrohrarbeitern in Nicaragua weit höher als bei anderen Arbeitern in der Landwirtschaft des Landes bzw. in anderen Regionen.
Brief an Präsident Daniel Ortega
Die Situation der vielen an chronischer Niereninsuffizienz erkrankten Arbeiter und ihrer Familien ist erschreckend. Mehrere Solidaritätsgruppen richteten deshalb einen Brief an Daniel Ortega, in dem sie um Unterstützung für die Erkrankten baten. Der Brief (in spanischer Sprache)...
Informations-Rundreise
Das Nicaragua-Forum Heidelberg steht seit Jahren im Kontakt mit betroffenen Arbeitern und ihren Angehörigen aus der Zuckerregion Leon, Chinandega und El Viejo in Nicaragua. Um die Auswirkungen der Produktion von Bioethanol deutlich zu machen, hatte das Nicaragua-Forum zwei Vertreter der Geschädigten-Organisation ANAIRC zu einer Rundreise nach Deutschland eingeladen. Sie hatten bei Informationsveranstaltungen Ende März und Anfang April 2011 in Deutschland über die Auswirkungen der Zucker- und Bioethanol-Produktion berichten und die Folgen für die erkrankten Arbeiter darstellen.
Informationen zur Auswertung der Reise und zu den einzelnen Veranstaltungen finden Sie als pdf unter den Links.
Update: Okt. 2011
Kampagne gegen giftigen Zuckeranbau und Agrotreibstoffe geht weiter
Hier finden Sie eine Dokumentation der Besuchsreise zu den beiden wichtigen Selbstorganisationen der an chronischer Niereninsuffizienz erkrankten Zuckerrohrarbeiter in Nicaragua. Heinz Reinke und Sabine Eßmann vom Nicaragua-Forum hatten ANAIRC / Carmen Rios in Managua und Chichigalpa besucht. In El Viejo trafen sie sich mit Alvaro und vielen Mitgliedern von ASOTRAIRC, um sich mit ihnen über die aktuelle Situation, die Versorgung mit Lebensmitteln und über Aktionen zur Durchsetzung der Interessen der entlassenen Arbeiter auszutauschen. Lesen Sie hier... (pdf-Datei, 379,9 KB)
Infoblatt in hoher Auflösung für Ausdruck und Verteilung (pdf-Datei, 3,6 MB)
Weitere Unterstützung für erkrankte Zuckerrohrarbeiter
Das Nicaragua-Forum unterstützt gemeinsam mit anderen Solidaritätsorganisationen und Gruppen die Zuckerrohrarbeiter von ANAIRC und von ASOTRAIRC direkt. Das Protokoll des letzten Planungstreffens mit den Festlegungen finden Sie hier. Vereinbart wurde u.a. die Schaffung eines Fonds, aus dem Projekte für die Organisation und Versorgung von erkrankten Arbeitern und ihren Familien finanziert werden sollen. Verwaltet werden diese Gelder über das Nicaragua-Forum.
Aktuell wurde dieser Fonds unterstützt von Informationsbüro Nicaragua (Wuppertal) / El Rojito (Hamburg), Städtepartnerschaftsverein Mannheim - El Viejo, Verein zur Förderung der Solidarität Fürth-Juigalpa, ...
Für die Finanzierung der verschiedenen Projekte sind wir auf ihre Unterstützung angewiesen.
Bankverbindung:
Nicaragua-Forum Heidelberg | IBAN-Nummer: DE02 6725 0020 0001 5177 32
Bezirkssparkasse Heidelberg | BIC: SOLADES1HDB
Einige Hintergrund-Informationen
Hier finden Sie verschiedene Informationsangebote zum Themenbereich Zuckerrohr, Bioethanol und Nicaragua. Weitere Artikel und wissenschaftliche Studien, die den Zusammenhang der Erkrankungen mit den Arbeitsbedingungen untersuchen, finden Sie auf den Folgeseiten.
Erklärung zu der Rundreise / Kampagne gegen Agrotreibstoffe
Eine Erklärung der Veranstalter zu der Rundreise / Kampagne gegen Agrotreibstoffe finden Sie hier (pdf-Datei). Außerdem finden Sie hier auch Informationen zu der Rundreise mit Vertretern der Selbstorganisation von geschädigten Zuckerrohrarbeitern, die im März und April 2011 in Deutschland stattfand.
Süßer Zucker und tödliche KrankheitAktueller Kurz-Artikel und Interview mit Carmen Rios zum Stand bei den Auseinandersetzungen der Betroffenen-Organisation mit dem Pelas-Konzern in Nicaragua. (Aus Nicaragua Aktuell, Ausgabe Dezember 2010, pdf-Datei) |
|
Bitteres Zuckerrohr, bitterer RumTaz-Artikel VON CECIBEL ROMERO vom 04.11.2010Viele Arbeiter von Nicaraguas größter Zucker- und Rumfabrik "Flor de Caña" haben chronische Niereninsuffizienz. Mit einer Klagewelle verlangen sie nun Entschädigung.... |
|
Video- und FotoreportageEine eindrucksvolle Reportage mit Fotos und Videos zur Situation der erkrankten Arbeiter und über die Überlebenden aus den Familien finden Sie auch unter Campos de la muerte auf einer Seite des Miami Herald.(Texte in spamischer Sprache) Serverprobleme verhindern manchmal die Anzeige der Filme. Deshalb hier die drei Kurzfilme zum alternativen download. Einleitung ..... Der rätselhafte Tod ..... Vermutung der Ärzte |
|
Krankheit im DickichtBrasilien ist der weltweit wichtigste Produzent von Zuckerrohr. Die Soziologin Maria Aparecida Moraes Silva (UNESP) aus Brasilien berichtet in diesem Artikel über die Folgen der harten Arbeit in den Zuckerrohrpflanzungen, die verschiedenen Erkrankungen der Arbeiter und die sozial-psychologischen Folgen. Grundlage ihres Berichts ist die medizinische Untersuchung von Arbeitern. Übersetzung: Dietmar Reinke März 2010, Word-doc 35,2 kB. | |
In einer Gemeinde leiden 13% der Arbeiter unter Nierenerkrankung;Meldungen aus Nicaragua vom 11.01.2010 Medizinische Fachleute untersuchten 771 Menschen in der Gemeinde Quezalguaque, um die Ursachen für chronische Niereninsuffizienz (CRI) zu bestimmen, eine häufig lebensbedrohliche Krankheit von Zuckerarbeitern. Die Ärzte kamen aus der Partnerstadt Brookline, Massachusetts, und der Nationalen Autonomen Universität (UNAN-Leon). |
|
Tatort Acker. Land Grabbing: Der globale Ausverkauf von AckerlandTaz-Beilage von Misereor und FianAktuell ist zu befürchten, dass die Menschen in vielen Ländern der Welt ihrer Produktionsmittel beraubt werden. Land wird in gewaltigen Dimensionen an Investoren veräußert und damit der Bevölkerung die Lebensgrundlage entzogen und ihr Menschenrecht auf Nahrung verletzt. |
|
Hintergrundinfos zu AgrotreibstoffenBiosprit macht Hunger.Nachhaltiger Klimaschutz sieht anders aus!Produktion und Handel von Biodiesel und Bioethanol aus Energiepflanzen wie Raps, Mais, Zuckerrohr, Soja oder Ölpalmen haben weltweit Hochkonjunktur. Politiker und Lobbyisten preisen Agrokraftstoffe als Wunderwaffe, die uns aus der Abhängigkeit von knapper werdenden fossilen Rohstoffen befreien und gleichzeitig einen unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten. |
|
Problematik der Agrotreibstoffe aus Mittelamerika „Uns geht es um Ernährungssouveränität“Inkota-InfomaterialEin Interview mit Javier Rivera vom „BürgerInnennetzwerk gegen Gentechnik in El Salvador“ über den Agrokraftstoffboom in Zentralamerika und die Folgen für die Ernährungssicherheit. |
|
Aufruf zum Boykott des E10-Krafstoffs(Der umstittene Krafstoff mit Ethanol-Anteil von 10 Prozent)Ob E10 der Atmospääre tatsächlich CO2 erspart, ist mehr als fraglich. Sicher ist aber: Der Anbau von „Energiepflanzen“ konkurriert mit dem Anbau von Nahrungsmitteln und zerstört natürliche Ökosysteme. Das Umweltinstitut München ruft daher alle Autofahrer zum Boykott des E10-Kraftstoffes auf. |
|
Pressemeldung aus Nicaragua Nicaragua Sugar möchte Ethanol für 56 Mio. US-$ exportieren.Aus dem Export von 80 Mio Liter Ethanol möchte Nicaragua Sugar Einnahmen von 56 Mio US-$ erzielen. ... |
|
Die Biokraftstoffrichtlinie der EUWas ist die Grundlage für die Einführung des E10-Kraftstoffs in Deutschland? Hier finden Sie Informationen von Wikipedia zur EU-Biokraftstoffrichtlinie (RL) 2003/30/EG des Europäischen Parlaments. |
|
Agrosprit führt zu Hunger und Krankheit in NicaraguaRadio Dreyeckland Morgenradio - MoRa Interview mit Rudi Kurz vom Nicaragua-Forum zum Nachhören |