NicaNotes ist ein Blog für Menschen, die zu Nicaragua arbeiten und/oder an Nicaragua interessiert sind, veröffentlicht vom Nicaragua Network (USA), einem Projekt der Allianz für globale Gerechtigkeit. Hier werden Nachrichten und Analysen aus dem Kontext der langen Geschichte des Nicaragua-Netzwerks in Solidarität mit der Sandinistischen Revolution veröffentlicht.
Zusammengestellt von Chuck Kaufman, deutsche Übersetzung Nicaragua-Forum HD e.V.

NicaNotes - Ausgabe vom 28.02.2018

Vorbemerkungen von Rudi Kurz, Nicaragua-Forum: Dem einen oder der anderen könnte das in den USA zum Beschluss anstehende NICA Act als eine dieser etwas obskuren Sachen der US-Amerikaner erscheinen, um die sich die Solidaritätsbewegung dort kümmern sollte. Aber NICA Act ist nicht nur irgendein Gesetz, sondern der Versuch von US-Abgeordneten, die positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Nicaragua zu zerstören. Der Gesetzesvorschlag steht in der direkten Tradition der US-Einflussnahme, um in ihrem Hinterhof ihre Interessen durchzusetzen.

Dies ist aber nicht der einzige Grund, weshalb wir den unten stehenden Bericht für lesenswert halten und übersetzt haben. In der deutschen Presselandschaft und auch unter Leuten aus Solidaritätsgruppen werden zum Teil die gleichen unreflektierten Argumente und Meinungen gepflegt wie von den Initiatoren des NICA Act. Der hier vorliegende Text (von John Perry) ist ein Versuch, den inhaltlich nicht haltbaren Vorwürfen gegen Nicaraguas Regierung mit einer differenzierten Darstellung der Situation zu begegnen. Wir hoffen, mit der Übersetzung dieser Ausgabe der NicaNotes (der US-Solidaritätsbewegung) zu einer besseren Einschätzung der Entwicklungen in Nicaragua beizutragen.

NICA Act- Was ist es und warum soll es beschlossen werden?

Gastbeitrag von John Perry

John Perry lebt und arbeitet in Masaya, Nicaragua, ist Mitglied der Nicaragua Solidarity Campaign aus dem United Kingdom und er bloggt unter http://twoworlds.me/

Anmerkung der NicaNotes - Redaktion: US-Botschafterin Laura Dagu hat angeblich gesagt, dass der Senat über das NICA-Gesetz „ab jetzt jeden Tag“ abstimmen könnte. Es ist wichtig, dass wir unsere Senatoren wissen lassen, dass wir uns gegen seine Verabschiedung aussprechen und dass die Argumente für Nica Act auf falschen Prämissen beruhen. John Perry stellt uns unten eine umfassende Gegenargumentation zur Verfügung, die um auch direkt auf die Punkte reagieren zu können, die von Senator Patrick Leahy (D-VT) in einer Antwort an einen Wähler genannt wurden.

Für US-Bürger – Sie können hier klicken und eine E-Mail an zwei für Sie zuständige Senatoren senden. Sie können den Text gerne nach ihren Bedürfnissen ändern oder in der vorliegenden Fassung versenden.

Das Nicaragua Investment Conditionality Act (NICA Act) wurde erstmals im Juli 2016 von der Abgeordneten Ileana Ros-Lehtinen (R-FL) im Repräsentantenhaus eingebracht, wo es einstimmig verabschiedet wurde, aber im Senat ohne Anhörungen oder Abstimmung liegen blieb. Dieses NICA-Gesetz, das 2017 einstimmig vom Parlament wieder aufgenommen und verabschiedet wurde, würde die Vertreter der USA in einer Reihe von internationalen Kreditinstituten dazu verpflichten, gegen Darlehen und Zuschüsse an Nicaragua zu stimmen, bis Nicaragua „wirksame Schritte unternimmt, um freie, faire und transparente Wahlen abzuhalten“. Die USA haben in den meisten multilateralen Kreditinstituten ein wirksames Vetorecht. Das NICA-Gesetz macht den Zugang Nicaraguas zum internationalen Bankensystem auch davon abhängig, dass Nicaragua zeigt, dass es „die Demokratie sowie ein unabhängiges Justizsystem und einen unabhängigen Wahlrat fördert“, „die Rechtsstaatlichkeit stärkt“ und „das Recht auf Vereinigungs- und Meinungsfreiheit respektiert“. Der Text definiert keinen dieser Begriffe, verlangt aber, dass der Staatssekretär „den zuständigen Kongressausschüssen Änderungen bescheinigt und darüber Bericht erstattet“, dass die Anforderungen erfüllt werden.

Antwort auf Senator Patrick Leahy

Zu denjenigen, die den Gesetzentwurf im Senat mit protegieren, gehört Senator Patrick Leahy (D-VT), der ein starkes Interesse an zentralamerikanischen Themen hat und den Versuch unterstützt hat, die Demokratie in Honduras nach einem Militärputsch und Wahlbetrug in diesem Land wiederherzustellen. Er hat dazu beigetragen, die Auszahlung eines Prozentsatzes der US-Militärhilfe an Guatemala und Honduras aufgrund von Menschenrechtsverletzungen zu verzögern.

Senator Leahy antwortete auf einen Wähler, der an ihn schrieb, um sich dem NICA-Gesetz zu widersetzen, dass er besorgt sei „... über die grundlegenden Menschenrechte und verantwortungsvolle Staatsführung in Nicaragua, die Bedingungen für freie und faire Wahlen und eine unabhängige Justiz, die es in diesem Land derzeit nicht gibt“. Er schrieb: „Die Ortega-Regierung ist bekannt für ihre korrupten Praktiken, die Kontrolle der Gerichte und der Wahlkommission und die Missachtung der Menschenrechte, und wir sollten keine von Steuerzahlern finanzierten Darlehen an diese Regierung unterstützen, es sei denn, sie erfüllt grundlegende Anforderungen, die dem nicaraguanischen Volk zugute kommen.“

In diesem Text untersuchen wir diese Argumente und auch die möglichen Auswirkungen des NICA-Gesetzes, falls es umgesetzt werden sollte.

Menschenrechte in Nicaragua

Jeder, der in Nicaragua lebt oder Nicaragua besucht, wird bestätigen, dass Nicaragua eines der sichersten Länder Lateinamerikas ist, mit der niedrigsten regionalen Mordrate, einer Polizei, die in der Region als Vorbild für ihre gemeinde-basierende Polizeiarbeit gilt, dass es fast keine oder überhaupt keine gewalttätigen Banden gibt, eine wirksame Bekämpfung des Drogenhandels und der damit häufig verbundenen Korruption stattfindet, die Rechte von LGBTs geachtet werden, keine Morde an politischen Persönlichkeiten oder Journalisten verübt werden, es keine politischen Gefangenen gibt und eine freie Presse existiert. Diejenigen, die Länder wie Guatemala und Honduras kennen, erwähnen oft auch die ungehemmten politischen Diskussionen, die man mit normalen Nicaraguanern führen kann, die sich nicht scheuen, ihre Meinungen mitzuteilen, und die im Gegensatz zu den Nachbarländern oft lautstark sind. Die Meinung, dass ihre ‚Menschenrechte‘ unterdrückt werden, ist deshalb nicht allgemein anerkannt.

Freiheit der Meinungsäußerung

Drei große überregionale Tageszeitungen veröffentlichen unabhängig und ohne jegliche Einschränkung ihre Berichte, wobei sich zwei Zeitungen stark gegen die gegenwärtige Regierung stellen, während die dritte Zeitung ausgewogener berichtet. Fernsehsender befinden sich sowohl im Besitz von Oppositionsgruppen als auch von regierungsnahen Gruppen, und die erstgenannten enthalten oft Programme, die kritisch gegenüber der Regierungspolitik oder Regierungsvertretern sind. Es gab nie Versuche, oppositionelle Fernsehsender zu schließen. Anders als in Honduras gibt es keine Pläne, soziale Medien zu zensieren, und jeder hat einen freien Zugang zum Internet in öffentlichen Räumen wie Parks. Telekommunikationsanbieter, Internetprovider, etc. sind allesamt private Unternehmen.

Laut Reporter ohne Grenzen rangiert Nicaragua auf Rang 92 von 180 Ländern bei der Meinungsfreiheit. Es stimmt, dass das Land seit seiner letzten Bewertung an mehreren Stellen schlechter bewertet wurde, aber es liegt immer noch weit vor den benachbarten Ländern wie Panama, Honduras, Mexiko oder Kolumbien sowie vor dem größten Teil Afrikas und einem Großteil der asiatischen Länder. Das Argument, dass es keine „freie Presse“ gibt, ist daher unbegründet.

Von oppositionellen Gruppen wurde behauptet, die Regierung hätte politische Demonstrationen unterdrückt. Obwohl es bei einigen Gelegenheiten zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen ist, ist klar, dass diese oft auf provozierende Handlungen von Demonstranten zurückzuführen sind. Auf jeden Fall - um ein Beispiel zu nennen - konnte eine der Hauptgruppen, die gegen den Bau des geplanten interozeanischen Kanals protestiert, mehr als 80 Demonstrationen durchführen (obwohl ihre Anhänger oft Waffen wie Macheten bei den Demonstrationen mit sich führten). Kritik an der Regierung wird häufig in Gesprächen geäußert, und niemand würde die Behauptung ernst nehmen, dass die Menschen Angst haben, ihre Meinung kundzutun.

Andere Aspekte der Menschenrechte

Nicaragua wird vom Weltwirtschaftsforum als eines der besten Länder der Welt für die Gleichstellung der Geschlechter eingestuft und belegt hier Platz 6 von 145 Ländern. Das Land punktet vor allem in den Bereichen politische Beteiligung und Möglichkeiten (Empowerment), bei Gesundheit und Bildung. Nicaragua hat den fünfthöchsten Anteil weiblicher Parlamentarierinnen in der Welt.

Nicaragua wird auch von der UNO auf Platz 45 beim „Welt-Glücks-Index“ eingestuft, in dem Themen wie Bruttosozialprodukt, soziale Unterstützung, Lebenserwartung, Entscheidungsfreiheit, Großzügigkeit und wahrgenommene Korruption bewertet werden. Nicaragua war das Land, das von 155 von der UNO untersuchten Ländern 2017 die meisten Fortschritte bei diesen Indizes erreicht hat.

Häusliche Gewalt ist in Nicaragua nach wie vor ein erhebliches Problem, das jedoch vom Familienministerium, der Polizei und den Gerichten angegangen wird. Nicaragua hat ein Inzidenzniveau von 0,29 bei einem internationalen Index für häusliche Gewalt, der unbefriedigend ist, aber besser ist als das von den meisten anderen lateinamerikanischen Ländern und besser als die Vereinigten Staaten (0,35).

Eine Region Nicaraguas bleibt bei den Menschenrechten problematisch - ein Teil der nordöstlichen Ecke des Landes, die an Honduras grenzt. In den letzten Jahren gab es zahlreiche Todesfälle im Kampf um Landrechte zwischen Siedlern aus anderen Teilen Nicaraguas und aus indigenen Gemeinschaften. Im Jahr 2017 kam es jedoch zu einer erheblichen Verringerung dieser Todesfälle im Vergleich zu 2015 und 2016.

Verantwortungsvolle Regierungsführung und freie und faire Wahlen

Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Unterstützung für die gegenwärtige Regierung hoch ist, und zwar durchweg zwei Drittel oder mehr der Befragten, die in unabhängigen Umfragen von CID-Gallup, M&R Consultants, Borge Associates, etc. befragt wurden. Präsident Daniel Ortega und andere Regierungsfunktionäre wie die Polizeichefin erhalten bei solchen Umfragen durchweg ein hohes Maß an öffentlicher Unterstützung. Angesichts der Ineffizienz der Oppositionsparteien bei der Entwicklung eines alternativen Regierungsprogramms ist es nicht verwunderlich, dass Ortega seit 2007 zweimal an die Macht gewählt wurde.

Die letzten Wahlen im November 2017 fanden für die Gemeinden statt - Bürgermeister, Vizebürgermeister und Stadträte. Während der Vorbereitungen für diese Wahlen warb die Abgeordnete Ileana Ros-Lehtinen wegen der angeblichen Unzulänglichkeit der Wahlvorkehrungen für das NICA-Gesetz. Dennoch begrüßte die US-Regierung anschließend die Transparenz, die ihrer Ansicht nach durch die Anwesenheit von OAS-Beobachtern bei den Wahlen entstanden sei. Die OAS hatte während der Wahlperiode einen Stab von 60 Mitarbeiter im Land. In ihrem Bericht wurden „typische Schwächen aller Wahlprozesse“ identifiziert, die „den durch die Abstimmung zum Ausdruck gebrachten Willen des Volkes nicht wesentlich beeinträchtigt haben“. Die nicaraguanische Regierung hat die Kritik akzeptiert und sich verpflichtet, mit der OAS zusammenzuarbeiten, um die Institutionalität und Transparenz ihrer Wahlprozesse weiter zu stärken.

Korruption

Es stimmt, dass es in Nicaragua Korruptionsprobleme gibt, aber es ist keineswegs offensichtlich, dass diese schlimmer sind als in vielen anderen lateinamerikanischen Ländern. In allen Nachbarländern, von Mexiko bis Kolumbien, einschließlich Costa Rica und Panama, gab es in jüngster Zeit öffentlich bekannt gewordene Korruptionsvorfälle auf hohen Regierungsebenen, wie wir bei der Verhaftung und Inhaftierung eines ehemaligen Präsidenten in Guatemala, bei Korruptionsvorwürfen bei der jüngsten Erweiterung des Panamakanals und in vielen anderen Fällen gesehen haben. Die in Costa Rica bis 2014 regierende Präsidentin, Laura Chinchilla, wird derzeit wegen 14 Korruptionsfällen angeklagt. Bekanntlich ist die Korruption in Honduras weit verbreitet und führte zu einer von der OAS eingesetzte Sonderkommission, deren Präsident vor kurzem wegen mangelnder Zusammenarbeit mit der honduranischen Regierung zurückgetreten ist.

Im Kontrast dazu werden in Nicaragua hingegen Korruptionsvorwürfe nur selten mit Detailinformationen der Ankläger veröffentlicht. Eine Ausnahme bilden die Anschuldigungen gegen Roberto Rivas, den Präsidenten des Obersten Wahlrates (Supreme Electoral Council CSE), der im Dezember von der US-Regierung sanktioniert wurde. Als Reaktion auf Bedenken gegen ihn hat die nicaraguanische Regierung im Februar die Mehrzahl der Funktionen von Rivas als Leiter der CSE aufgehoben und an seinen Stellvertreter übertragen.

Ein Beispiel für die positiven Maßnahmen Nicaraguas gegen Korruption sind Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche. Nicaragua wird regelmäßig von der Financial Action Task Force (FATF), dem internationalen Gremium, das die Anstrengungen jedes Landes zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung überwacht, bewertet. Bis vor zwei Jahren stand Nicaragua auf der FATF-Liste der Länder mit hohem Risiko. Nach diesem Zeitpunkt wurde das Land jedoch von der Liste der FATF mit „hohem Risiko“ gestrichen, da es mit internationalen Gremien zusammenarbeitet, um die Kontrollen zur Bekämpfung der Geldwäsche zu verstärken. Im letzten Bericht des IWF über die nicaraguanische Wirtschaft wurden die Fortschritte bei der Bekämpfung der Geldwäsche anerkannt und die Regierung aufgefordert, ihre diesbezüglichen Anstrengungen fortzusetzen.

Unabhängige Justiz

Nicaragua ist sich bewusst, dass es Probleme mit der Korruption in der Justiz gibt und hat deshalb ein Programm, um dieses Problem systematisch anzugehen, indem Richter, die sich als korrupt erwiesen haben, aus dem Amt entfernt werden. Die Richter werden vom Präsidenten ernannt und von der Nationalversammlung in einem ähnlichen Verfahren wie in den Vereinigten Staaten und den meisten westlichen Demokratien gewählt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Sandinistische Partei seit über 10 Jahren an der Macht ist, ist es einfach eine logische Funktion der Demokratie, dass die meisten Justizbeamten dem Sandinismus positiv gegenüber stehen, genauso wie es logisch war, dass von 1990-2007 nur sehr wenige Richter Sympathisanten der Sandinisten waren.

Erfüllung der grundlegenden Bedürfnisse zum Wohle des nicaraguanischen Volkes

Senator Leahy erklärte, dass die nicaraguanische Regierung „grundlegende Anforderungen nicht erfüllt, die dem nicaraguanischen Volk zugute kommen sollen“. Dies ist eine Aussage, die gar nicht mit den unabhängigen Berichten über den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritte im Land übereinstimmt. Seit 2007, als Ortega wieder zum Präsidenten gewählt wurde, wurde u.a. folgendes erreicht:

  1. Nicaragua hat als erstes Land hat die Millenniums-Entwicklungsziele der UNO zur Bekämpfung der Unterernährung erfüllt, wofür es von der UNO hervorgehoben wurde.
  2. Nicaragua halbierte die Armut und die extreme Armut. Zwischen 2009 und 2014 sank die allgemeine Armutsquote von 42,5% auf 29,6% und sie ist seitdem weiter gesunken.
  3. Nicaragua wurde von der UNESCO dank der Alphabetisierungsprogramme als „Analphabetismus-frei“ eingestuft.
  4. Verbesserung beim UN-Index für die menschliche Entwicklung, so dass das Land jetzt vor Honduras und Guatemala liegt und die Menschen eine längere Lebenserwartung haben als in diesen Ländern oder in El Salvador. Beim Index für die geschlechtsspezifischen Entwicklung (GDI, ein von den Vereinten Nationen veröffentlichter Wohlstandsindikator) rangiert Nicaragua höher als Mexiko – das ein weitaus reicheres Land ist.
  5. Die Erneuerung vieler Krankenhäuser und die Sicherheit, dass alle Städte und Stadtviertel Zugang zu den kostenlosen Gesundheitsdiensten haben, inklusive der 24-Stunden-Gesundheitszentren, und zu den öffentlichen Krankenhäusern in vielen Gebieten.
  6. Die Planung für die Wasserver- und Abwasserentsorgung, durch die mehr Menschen Zugang zu den Diensten haben und die zur Erreichung der entsprechenden Millenniums-Entwicklungsziele führten.
  7. Aufgrund der geringen Zahl an Gewaltverbrechen ist Nicaragua zu einem der sichersten Länder der Hemisphäre zu werden.
  8. Die Ortega-Regierung hat Nicaragua zu dem gemacht, was die Weltbank als „Paradies für erneuerbare Energien“ bezeichnet, indem sie es erreicht hat, dass im Jahr 2017 54% des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt wurden und sie verfolgt das Ziel, bis 2020 90% zu erreichen. Außerdem hat sie die Stromversorgung von nur der Hälfte der Bevölkerung im Jahr 1990 auf 94% der Bewohner Anfang 2018 ausgeweitet.

Ein Ergebnis dieser gewaltigen Errungenschaften ist es, dass Nicaragua - im Gegensatz zu den Ländern des „nördlichen Dreiecks“ (Honduras, Guatemala und El Salvador) - nur ein sehr kleiner Teil der Tausenden von Menschen ohne Aufenthaltstitel nach Mexiko und in die USA reisen.

Verwendung von internationalen Darlehen

Nicaragua hat Zugang zu Finanzmitteln von einer ganzen Reihe internationaler Institutionen, die beendet werden könnten, wenn das NICA-Gesetz beschlossen und durchgesetzt würde. Die wichtigsten Institutionen sind die Weltbank und ihre assoziierten Institutionen, der IWF und die Interamerikanische Entwicklungsbank. Alle drei haben in jüngster Zeit ihre Zufriedenheit über die Art und Weise zum Ausdruck gebracht, wie Nicaragua die bereitgestellten Mittel verwendet hat - es gab keine Vorwürfe wegen Korruption oder Missbrauchs von Geldern durch diese Einrichtungen. Der IWF hat auch seine Besorgnis über die möglichen Auswirkungen des NICA-Gesetzes auf Nicaragua zum Ausdruck gebracht, falls es umgesetzt würde.

Hier sind Beispiele dafür, wie Projekte, die den gewöhnlichen Nicaraguanern zugute kommen, leiden würden, wenn das NICA-Gesetz durchgesetzt und diese Kredite gestoppt würden, und sich die derzeitige Umgangsweise der Weltbank und der IDB gegenüber der Regierung Nicaraguas ändern würde.

Weltbank (und Internationale Entwicklungsbank)

Ein aktuelles, vielschichtiges Projekt der Weltbank verbessert den Zugang der Menschen zu Gesundheitsdiensten und Wasserversorgung und stärkt die Landrechte. Die von der Weltbank dazu veröffentlichten Ergebnisse:

Durch „casas maternas“ oder Vorgeburts-Heime hat sich die Gesundheit von Müttern und Kleinkindern verbessert: Von 2012 bis 2015 stieg der Anteil der schwangeren Frauen, die vier pränatale Kontrolluntersuchungen erhielten, von 50 auf 73 Prozent; die Zahl der Frauen, die entsprechende Angebote annahm, stieg von 72 Prozent auf 87 Prozent; der Prozentsatz der Kinder, die mit dem Pentavalent Impfstoff geimpft wurden, stieg in den ausgewählten kommunalen Gesundheitsnetzwerken von 88 auf 98.

  1. Die Besitzrechte auf dem Land wurden gestärkt und kommen 15 der 21 indigenen Territorien Nicaraguas in der historisch marginalisierten atlantischen Regionen zugute. Von 2005 bis 2013 profitierten im Rahmen des Land Administration Project (PRODEP) über 104.000 Menschen aus 214 Gemeinden von fünf großen ethnischen Gruppen; für 18 Prozent des Staatsgebiets wurde das Land registriert und mit Eigentumstiteln versehen - mit Unterstützung dieses Projekts.
  2. Von 2009 bis 2015 erhielten mehr als 168.000 Begünstigte des Projekts „Großraum Managua Wasser und Abwasser-Projekt“ (Greater Managua Water and Sanitation - PRASMA) Zugang zu einer zuverlässigen Wasserversorgung und mehr als 62.000 zu sanitären Einrichtungen. In ländlichen Gebieten erhielten von 2008 bis 2015 mehr als 68.000 Begünstigte des ländlichen Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsprojekts (PRASNICA) Zugang zu Wasserver- und Abwasserentsorgung.
  3. Die Weltbank kommentiert die „effiziente Arbeitsteilung unter den wichtigsten Entwicklungspartnern“ und die „befriedigende Umsetzungsgeschwindigkeit“ ihrer Projekte in Nicaragua. Sie lobte Nicaraguas „disziplinierte makroökonomische Politik“, die es ihm ermöglichte, „von der Krisenbewältigung zu längerfristigen, wegweisenden Strategien zur Armutsbekämpfung überzugehen, insbesondere in abgelegenen ländlichen Gemeinden“.
Interamerikanische Entwicklungsbank

Die IDB hat derzeit mehr als 1 Milliarde Dollar an Entwicklungsdarlehen an Nicaragua vergeben, u.a. für:

Ein Darlehen von 133 Mio. USD zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Nicaraguas Trockenkorridor (die Departamentos Nueva Segovia, Madriz, Esteli, Matagalpa und Jinotega). Finanziert werden der Bau, die Zertifizierung und die Ausstattung von Krankenhäusern, Gesundheitszentren, Gesundheitsposten und Warteheimen für Schwangere sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Servicequalität und zur Ausbildung von Mitarbeitern des Gesundheitsministeriums.

Ein von der Gates-Foundation begleitend unterstütztes Projekt zur Bekämpfung der Malaria in Mittelamerika. Das kürzlich genehmigte Darlehen in Höhe von 72 Mio. USD zur Verbesserung des Zugangs zu Trinkwasser und zur sanitärer Grundversorgung bezieht sich auf 11 Städte in verschiedenen Departamentos und in der Hauptstadt Managua.

Die IDB hat in einem Bericht von 2015 die institutionellen Fähigkeiten der lateinamerikanischen Länder analysiert, um eine effektive, effiziente und transparente öffentliche Verwaltung einzuführen. Sie berichtete, dass die Regierungen mit den niedrigsten Werten für den MfDR im Jahr 2007, zu denen auch Nicaragua gehörte, „bedeutende Schritte zur Verbesserung ihrer nationalen öffentlichen Verwaltungssysteme unternommen haben“. Zusammen mit Nicaragua gab es acht weitere Länder, die „substantielle Fortschritte“ erzielten, während in 15 anderen Ländern die Fortschritte nur „ausreichend“ waren.

Mögliche Auswirkungen des NICA-Gesetzes

Das NICA-Gesetz könnte die Finanzierung der oben genannten Arten von Krediten, die üblicherweise zu „weichen“ Bedingungen, mit verlängerten Rückzahlungsfristen und niedrigen Zinssätzen erfolgen, stoppen.

Alle Projekte, die von den internationalen Organisationen finanziert werden, in denen die USA vertreten sind, sind auf die eine oder andere Weise an der Armutsbekämpfung beteiligt, in einem Land, das trotz seiner Fortschritte immer noch das zweit- oder drittärmste Land der westlichen Hemisphäre ist.

Darüber hinaus könnten Maßnahmen der USA durchaus Auswirkungen auf eine ähnliche Finanzierung durch europäische Einrichtungen z.B. aus der EU haben. Die Auswirkungen wären für die politischen Klassen Nicaraguas nicht spürbar, sondern für die arme Mehrheit der Bevölkerung, die von solchen Projekten profitiert.

Die Vereinigten Staaten würden wohl auch gegen ihre eigenen Interessen handeln, indem sie das NICA Act umsetzen, und zwar aus zahlreichen Gründen:

Die USA haben sich an den positiven Meinungsbildungen aller wichtigen internationalen Gremien über die Art und Weise beteiligt, wie Nicaragua die zur Verfügung gestellten Finanzmittel verwendet, ohne dass Andeutungen gemacht wurden, dass Geld für andere Zwecke umgeleitet worden wäre oder mit Korruption in Verbindung stünde. Ihr Handeln wird daher als scheinheilig erscheinen, im Gegensatz zu den Beweisen, die von den genannten Gremien gesammelt wurden, deren einflussreiches Mitglied sie ist.

Wenn die Bemühungen zur Armutsbekämpfung durch das NICA-Gesetz drastisch beeinträchtigt würden, könnte die Migration aus Nicaragua zunehmen. Wie bereits erwähnt, tragen die Nicaraguaner wenig zur undokumentierten Migration von Zentralamerika in die USA bei: Das könnte sich ändern.

Wenn sich die USA und internationale Organisationen aus Nicaragua „zurückziehen“, ist der Weg frei für mehr bilaterale Hilfe aus asiatischen Ländern, insbesondere aus China, Taiwan, Japan oder aus Russland. Die USA würden zweifellos an Einfluss in ihrer Nachbarregion Mittelamerika verlieren.

Indem die USA Nicaragua für die Sanktionierung durch internationale Gremien auswählten, würden dies als eine politische Handlung gegen eine Regierung der linken Mitte angesehen, mit der die USA nicht einverstanden sind, wobei die Gründe für die Ergreifung der Maßnahmen so subjektiv und schwer zu rechtfertigen sind und die Maßnahmen, die Nicaragua ergreifen muss, um Sanktionen zu entkommen, vage definiert sind und die Beurteilung ihrer ‚Einhaltung‘ (effektiv) im völligen Ermessen der Trump-Regierung liegen würde.

Praktisch alle nicaraguanischen Familien wurden durch den schrecklichen Contra-Krieg, der von den USA illegal finanziert und unterstützt wurde und erst vor 27 Jahren endete, in irgendeiner Weise geschädigt. Die USA haben sich geweigert, Wiedergutmachungen für diesen Krieg zu leisten, obwohl sie vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag (World Court) dazu verurteilt wurden. Die USA nahm ihre Feindseligkeit gegenüber den Sandinisten wieder auf und stellte ihren Wahlerfolg in Frage, seit sie 2007 an die Macht zurückgekehrt sind. Der NICA Act wird deshalb als Teil einer langen Geschichte der USA gewertet, die die Revolution von 1979 und die Fortschritte der Nicaraguaner in den letzten 39 Jahren untergraben hat.

Und schließlich zeigt jede Meinungsumfrage oder politische Analyse der Reaktionen Nicaraguas auf das NICA-Gesetz, dass es nicht nur (wie erwartet) von der Regierung, sondern auch von der öffentlichen Meinung, den NGOs, dem Privatsektor, den Finanzinstitutionen, den meisten anderen politischen Parteien, den Kirchen usw. entschieden abgelehnt wird. Es steht außer Frage, dass das Gesetz selbstzerstörerisch sein wird - es wird in Nicaragua selbst nicht positiv aufgenommen, sondern als ein noch feindseligeres Eingreifen der USA in die legitimen Versuche Nicaraguas gewertet werden, mit Hilfe internationaler Institutionen die Armut zu verringern und sich wirtschaftlich und sozial zu entwickeln. Tatsächlich werden die Vereinigten Staaten als Angreifer auf die ärmsten Menschen in einem Nachbarland angesehen, die Sache würde als ein einfacher Akt politischer Rachsucht gelten.

Für US-Bürger: Ergreifen Sie Maßnahmen! Kontaktieren Sie Ihre Abgeordneten, um das Nica-Gesetz zu stoppen!

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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de | Übersetzung: Rudi Kurz | V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
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