NicaNotes ist ein Blog für Menschen, die zu Nicaragua arbeiten und/oder an Nicaragua interessiert sind, veröffentlicht vom Nicaragua Network (USA), einem Projekt der Allianz für globale Gerechtigkeit. Hier werden Nachrichten und Analysen aus dem Kontext der langen Geschichte des Nicaragua-Netzwerks in Solidarität mit der Sandinistischen Revolution veröffentlicht.

Zusammengestellt von Chuck Kaufman, deutsche Übersetzung Nicaragua-Forum HD e.V.

Ausgabe vom 11.04.2018

Private Überweisungen aus dem Ausland - ein bedeutender Posten der Wirtschaft

2017 überwiesen Nicaraguaner 1,3 Milliarden US$ nach Hause zu ihren Familien. Das ist ein großer Batzen Geld, halb so viel wie die gesamte Wirtschaftskraft vor Jahren während der Zeit der Revolutionsregierung, als ich beteiligt war. Der letzte Census in USA (2010) ergab, dass 348.202 Nicaraguaner in den USA lebten. Ich weiß nicht, wie die Zahl zustande kam, denn im Fragebogen der Zählung von 2010 finde ich keine Frage zur Nationalität, aber nehmen wir einfach an, dass die Zahl stimmt. Ich vermute, dass die Zahl heute nicht viel höher ist angesichts des Wirtschaftswachstums in den vergangenen zehn Jahren und den wiedererlangten Verbesserungen bei Einkommen und sozialen Rechten, die die Nicaraguaner während der neoliberalen Jahre ab 1990 verloren hatten. Als Fußnote sollte ich hier erwähnen, dass der Census eine Volkszählung ist. Sie sagt nichts darüber aus, ob es sich um US-Bürger handelt, oder welchen Einwanderungsstatus jemand hat, oder nicht hat.

Ich übernehme also die unbewiesene Annahme, dass die nicaraguanische Bevölkerung in den USA stabil geblieben ist und komme zu der Rechnung, dass 1,3 Milliarden US$ aufgeteilt auf 384.202 Menschen bedeutet, dass durchschnittlich jeder Nicaraguaner seiner Familie zu Hause 3.733,47 US$ überwies.

Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe letztes Jahr keine 3.733,47 US$ gespart. Und die meisten Arbeiter in den USA auch nicht. Auch wenn man annehmen kann, dass eine kleine Zahl von Nicaraguanern mit unrechtmäßig erworbenem Reichtum hierher kamen, weil sie an der Diktatur Somozas beteiligt oder hochrangige Offiziere in der Nationalgarde waren, gehe ich davon aus, dass diese nicht mit mehr als ein paar Cents an den durchschnittlichen Überweisungen beteiligt sind.

Nicaraguaner, die nicht mit Besitz von Reichtum hierher kamen, kamen oft mit überhaupt nichts, wie alle anderen Migranten aus Zentralamerika und Mexiko auch. 2500 mit zeitlich begrenztem Status (TPS), den Trump ihnen kürzlich entzog, waren glücklich über das Hemd auf ihrem Körper, nachdem sie alles durch den Hurrican Mitch 1999 verloren hatten. Und die Gruppe der Nicaraguaner, die hier sind ohne Papiere, verdienen wahrscheinlich nicht einmal den Mindestlohn.

Alles in allem: sie schickten 1,3 Milliarden US$ nach Hause. Ich kann nur ahnen, welch harte Arbeit und welches Elend sie auf sich nahmen, um ihre Familien zu Hause zu unterstützen. Tatsächlich kann ich mir das vorstellen, denn ich lebe in Arizona im Grenzgebiet und kann sehen, wie meine mexikanischen Nachbarn und Freunde gezwungen waren, auszuwandern, als NAFTA eine Million kleine Bauernhöfe zum Aufgeben zwang. Diese Bauern konnten ihren Lebensunterhalt nicht mehr erwirtschaften, nicht, weil sie schlechte Landwirte gewesen wären, sondern weil sie nicht mehr gegen die hoch subventionierte US-amerikanische Agrarindustrie wettbewerbsfähig waren.

Damit sie ihre Familien, die sie zurücklassen mussten, mit Geldüberweisungen unterstützen konnten, waren meine Nachbarn aus Mexiko und auch die Nicaraguaner gezwungen, jeden Job, den sie finden konnten, anzunehmen und wurden oft noch um ihre ohnehin niedrigen Löhne betrogen. Sie leben oft mit vielen anderen zusammen in einem Haus, damit sie die Miete teilen konnten. Und sie leiden an weiterem Mangel. Nicaraguaner sind damit nicht allein. Ich könnte gleiches schreiben über Menschen aus irgendeinem anderen Land des globalen Südens.

Die meisten Menschen in den USA haben keine Ahnung davon, wie das Leben ist für Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, weil sie ihre Familien nicht mehr ernähren können. Dank der sandinistischen Regierung ist in den vergangenen 11 Jahren der Strom der Nicaraguaner, die aus wirtschaftlichen Gründen fliehen müssen, zu einem kleinen Rinnsal geworden. Wenn aber der nicaraguanische Haushalt von 14 Milliarden auf die 1,3 Milliarden der Auslandsüberweisungen durch Mitbürger verzichten müsste, würde das eine schwere Rezession zur Folge haben.

Wegen des institutionalisierten Rassismus und dem Mythos über die Einzigartigkeit der USA, der von den Medien und unseren Schulen verbreitet wird, wissen die US-Amerikaner nicht, aus welchen Gründen Menschen hierher kommen, um zu arbeiten. Wir wissen nicht, wie schwer sie arbeiten, und wir wissen nicht, wie eingeschränkt ihr Leben sein muss, damit sie Geld nach Hause schicken können, damit ihre Familien essen können.

Es ist ein Versäumnis der Bewegungen für Solidarität und für Rechte der Einwanderer, dass diese Geschichten nicht oft genug erzählt werden. Menschen, die in den USA leben, müssen wissen, dass die meisten Menschen weltweit lieber zu Hause blieben, wo sie ihre Kultur verstehen und ihre Sprache sprechen. Unsere Familien, Freunde und Nachbarn müssen wissen, dass es unsere Wirtschaftspolitik, unser Militarismus, unsere Umweltzerstörung, unser Lebensstandard ist, der Einwanderer zur Migration zwingt. Es ist die falsche Botschaft, zu sagen, sie emigrierten, weil sie ein besseres Leben haben wollen. Es ist richtiger, zu sagen, dass sie emigrieren, damit sie überhaupt leben können.

Kurzmeldungen aus Nicaragua vom 11.04.2018

Kläranlage für Bluefields

Nach Informationen durch Finanzminister Iván Acosta hat die Zentralamerikanische Bank für wirtschaftliche Integration (CABEI) einen Kredit über 38,9 Millionen US$ für Wasser und sanitäre Einrichtungen in der Gemeinde Bluefieled in der Südkaribischen Autonomen Region (RACS) bewilligt. Das Projekt, das 28.000 Einwohnern zugutekommen wird, beinhaltet die Konstruktion einer Kanalisation und Kläranlage. (Nicaragua News, 9. Apr.)

Entbindungsheime

Vizepräsidentin Rosario Murillo gab bekannt, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Modell der nicaraguanischen Entbindungsheime zum erfolgreichen Gesundheitsmodell erklärt hat: „Die WHO hat bestätigt, dass die Vorgehensweise in Nicaragua eine erfolgreiches Modell zur Rettung von Leben ist. Dieses wertvolle Beispiel wird im jährlichen Report dieser UNO-Abteilung genannt werden.“ (Nicaragua News, 6. Apr.)

Bekämpfung der Armut

Nach Einschätzung des Vertreters der Weltbank in Nicaragua, Luis Constantino, hat Nicaragua bedeutende Fortschritte beim Kampf gegen Armut gemacht mit Hilfe der erfolgreichen von der Bank finanzierten Projekte. „Nicaragua hat messbare Erfolge erzielt in der Durchführung seiner Projekte zur Verbesserung der Lebensqualität. Aus Sicht der Weltbank sind die Erfolge Nicaraguas positive Beispiele, die wir weiter unterstützen wollen“, erklärte Constantino, als die Regierung ankündigte, dass die Weltbank einen Kredit über 145 Millionen zur Bekämpfung der Armut bewilligt habe. Minister Acosta: „Die Finanzierung läuft über drei Kredite: 60 Millionen $ für flächendeckende Gesundheitsfürsorge; 35 Millionen für die Infrastruktur im Fernstraßenbau und 50 Millionen für das nicaraguanische Programm zur Registrierung von Eigentum (PRODEP).“ Vizepräsidentin Rosario Murillo bestätigte die Verpflichtung der Regierung zur Stärkung der Rechtssicherheit und der Eigentumsrechte im Land: „Das ist eine fundamentale Aufgabe unserer Regierung. Wir sind dankbar für die Unterstützung der Weltbank“. Murillo kündigte auch einen Kredit der kanadischen Regierung über 16,3 Millionen US$ an. (Nicaragua News, 3., 4. Apr.)

Wachstum der Wirtschaft

Der Vertreter der Weltbank Luis Constantino sagte, Nicaragua habe während der letzten paar Jahre eine der höchsten Wachstumsraten in Lateinamerika erreicht: “Nicaragua war unter den führenden Staaten der Region hinsichtlich des Wirtschaftswachstums und deshalb ist unsere Strategie für das Land, sein Wirtschaftswachstum weiter zu stärken“. (Nicaragua News, 4. Apr.)

Defizit im Sozialversicherungssystem

Jose Adan Aguerri, der Vorsitzende des Obersten Rates der Privatwirtschaft (COSEP), sagte über das sich vergrößernde Defizit im Sozialversicherungssystem (INSS): “Es ist uns klar, dass wir an der Nachhaltigkeit des Sozialversicherungssystems arbeiten müssen und wir haben uns an den drei Stellen zu beteiligen, die für die Kosten aufkommen müssen.“ Er bezog sich dabei auf die drei Standbeine für ein erfolgreiches dreigliedriges Modell für Arbeitssicherheit: privates Unternehmertum, Gewerkschaften und Regierung. Aguerri schlug ein Treffen dieser Gruppen vor, um eine Lösung für das Defizit in der Sozialversicherung zu beschließen. Roberto Gonzalez, Generalsekretär der Vereinigung der Gewerkschaft der sandinistischen Arbeiter (CST) will die Gruppe der Berater vergrößern und “Volkswirte, Rentnervereinigungen und Akademiker mit besonderer Sachkenntnis” einbeziehen“. Der IMF hat darauf gedrungen, dass Nicaragua das Problem des zunehmenden Defizits in der Sozialversicherung löst. (El Nuevo Diario, 4. Apr.; Informe Pastran, 9. Apr.)

Feuers im Indio-Maiz- Naturreservat

Die Regierung von Nicaragua hat um internationale Hilfe gebeten bei der Bekämpfung des außer Kontrolle geratenen Feuers Im Indio-Maiz- Naturreservat, das sich schon über 3500 Hektar ausgebreitet hat. Mexiko hat einen Löschhubschrauber mit einem Tank für 450 Gallonen (ca. 1800l) Wasser zur Verfügung gestellt. Insgesamt 800 Personen von der Rettungseinheit (UHR), aus Zivilschutz und Freiwillige der Nationalen Katastrophenhilfe (Sinapred) sind bei der Brandbekämpfung eingesetzt. (El Nuevo Diario, 9 Apr.)

Holz beschlagnahmt

Das Umweltbataillon der Armee beschlagnahmte in einer Aktion gegen illegale Abholzung in der Nähe von Rosita im „Minendreieck“ in der Nordkaribischen Autonomen Region 165m ³ Holz. Das meiste davon ist Mahagoni von einem Wert von 3 -4 US$ pro 0,0024m³ (ca 1458 $ pro m³). (El Nuevo Diario, 10. Apr.)


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