Nachricht von Partnern aus Nicaragua zur aktuellen Situation

Deutsche Übersetzung: Sabine Eßmann, Nicaragua-Forum HD e.V.

Ausgabe vom 14.05.2018

Der Dialog kann beginnen, aber es gibt auch andere Interessen

Stellungnahme von José Antonio Zepeda, langjähriger Vorsitzender der Lehrergewerkschaft ANDEN, Abgeordneter in der Nationalversammlung, am 12.05.2018.
(Übersetzung einer Sprachnachricht)
Heinz Reinke vom Nicaragua-Forum hatte José Antonio gefragt: Wie hat sich die Situation in der letzten Woche entwickelt und welche Möglichkeiten für einen Dialog mit den verschiedenen Protestgruppen siehst du?
Welche Rolle spielt dabei die Kirche, welche die Menschenrechtskommission der OAS?

José Antonio Zepeda: „Es handelt sich um einen Plan (wie in Venezuela), um fortschrittliche oder linksgerichtete oder revolutionäre Regierungen zu stürzen. Im Grunde ging es den Protestierenden nicht um die Sozialgesetzgebung und auch nicht um wirtschaftliche Probleme. Sondern es wird versucht, in der Bevölkerung Stimmung zu machen. Daniel Ortega wird als Diktator bezeichnet und für alles was geschieht wird die Regierung verantwortlich gemacht.

Es ist sehr bedauerlich, dass die Proteste in solcher Gewalt mündeten und dass es bei den Auseinandersetzungen Tote gab. Es wird oft behauptet, dass es alles Studierende waren, aber es gab Tote auf verschiedenen Seiten, darunter waren Studierende, Polizisten und FSLN-Anhänger. Diese Gewalt ist für Nicaragua sehr bedauerlich, denn diejenigen, die bei der Revolution und im Contra-Krieg dabei waren, dachten, dass sie nie mehr gegeneinander kämpfen.
Aber es gibt einige Leute, die Interesse daran haben, diesen Konflikt und die Unsicherheit aufrechtzuerhalten.

Die Regierung hat alle Anstrengungen unternommen, um die Gewalt zu unterbinden, sie hat die Sozialgesetzreform auf Eis gelegt und die Polizei zunächst zurückgezogen. Sie hat versucht die Institutionen und öffentlichen Einrichtungen sowie Privateigentum zu schützen.

Jetzt gibt es auf Vermittlung der Bischöfe hin einen Dialog, die Regierung ist auch dazu bereit, auch die Unternehmer und andere Gruppen haben ihre Bereitschaft erklärt, doch die Jugendlichen haben sich weder organisiert, noch Interesse am Dialog gezeigt.

Bis gestern gab es eine relative Ruhe.
Seitens der Bischöfe wurden 4 Ziele bzw. Bedingungen festgelegt, die die Regierung akzeptiert hat. Eine davon ist, dass die Zentralamerikanische Menschenrechtskommission kommt, eine weitere, dass der Verkehr frei fließen kann. Jetzt haben aber gestern die Jugendlichen wieder Straßensperren errichtet, den Verkehr an einigen Stellen blockiert. Außerdem wurden wieder Rathäuser und Häuser der Frente Sandinista in Brand gesteckt.
Die Busunternehmer haben nun gefordert, dass die Benzinpreise nicht erhöht werden. Inzwischen ist aber der Ölpreis auf dem Weltmarkt gestiegen, worauf die nicaraguanische Regierung bzw. die nationale Wirtschaft keinen Einfluss hat. Daher haben sich jetzt auch die Busunternehmer den Protesten angeschlossen.

Das Panorama ist im Moment sehr komplex.
Die Bischöfe haben vier Bedingungen gestellt und die Regierung hat diese Bedingungen akzeptiert. Die Regierung wird die Forderungen erfüllen.

Doch die Sandinistische Erneuerungsbewegung MRS unter Führung von Dora María Tellez hat dazu aufgerufen, Rathäuser anzuzünden und Straßenblockaden zu errichten. Es wurde sogar ein Wohnhaus eines Gewerkschaftsführers in Masaya angegriffen.
Sie versuchen, Chaos und Anarchie zu verbreiten, z.B. durch die Plünderungen auf dem Mercado Oriental und auf dem Huembes. Sie wollen auf internationaler Ebene das Bild erzeugen, dass das Leben in Nicaragua unmöglich wird.
Wenn man morgens oder mittags durch die Straßen geht ist alles ruhig, die Läden sind geöffnet und alles ist normal. Doch gegen 17 oder 18 Uhr kommen die „Vandalen“ und Kriminellen.
Natürlich muss man differenzieren zwischen den Studenten, die ihre eigenen, besonderen, internen Forderungen haben und den bezahlten Verbrechern. Die Leute aus den Stadtvierteln kennen sie zum Teil und sagen, dass es keine von ihnen sind, es sind Bandenmitglieder darunter und auch Leute, die aus den USA deportiert wurden. Sie stiften Unruhe und Chaos und verbreiten Unsicherheit.

Die Regierung hat die Bedingungen akzeptiert, die Unternehmer haben ihre Vertreter nominiert, auch die Jugendlichen der Universitäten sind inzwischen zu einem Dialog bereit. Ab Montag wird verhandelt und alle Themen werden auf den Tisch kommen. Allerdings gibt es immer noch diejenigen, die einen Staatsstreich wollen, und Finanzierung aus den USA dafür bekommen und die nicht am Dialog interessiert sind.
Wir wollen Frieden und Stabilität, die Frente und die Regierung wollen Frieden und Stabiltät aber sie können sich nicht Bedingungen auferlegen lassen, die ihre Würde verletzen.

Die Frente ist an Dialog gewöhnt. Seit sie 1990 ihre Waffen abgegeben haben wollen sie keinen Krieg. Die einzig sinnvolle Alternative ist ein Frieden mit Entwicklung und zwar einer Entwicklung für alle. Manche aber wollen dies nicht und einige Politiker, die die Leute nicht bei Wahlen von sich überzeugen konnten, versuchen es jetzt auf diese Weise.

Die Frente Sandinista weiß dass sie sich reformieren muss, dass sie Fehler gemacht hat und diese analysieren und aufarbeiten muss. Ich habe Hoffnung, dass wir weiterkommen. Der erste Schritt ist getan.
Die Situation wird jedoch die Pläne beeinträchtigen, die die Entwicklung für die Armen im Land verbessern sollten.

Bewaffnete Protestierende

Auf die Lügen und Verleumdungen die in den sozialen Netzwerken verbreitet werden, antworten wir nicht direkt, weil wir keinen Sinn darin sehen. Es gibt die Möglichkeit, sich im Fernsehen und Internet zu informieren."

Hinzufügung von Jose Antonio am 13.05.18

"Trotz der Vereinbarungen zum Dialog wurde am Samstag die Zentrale der Lehrergewerkschaft ANDEN in Masaya niedergebrannt. Dies zeigt, in welcher Sprache einige der Beteiligten sprechen. Daher sind wir in Alarmbereitschaft, ob auch in anderen Orten wieder so etwas passiert.

Die Unternehmer, die Jugendlichen, die Kirche und die Regierung haben zu Frieden und Ruhe aufgerufen aber die MRS, die hinter diesen Anschlägen steckt, verfolgt ihren Plan zur Destabilisierung des Landes weiter. Einige sind sogar bewaffnet, sie haben Kriegswaffen wie das M16.

Wir bitten euch darum, diese Dinge zu veröffentlichen, und aufzudecken, dass es sich um einen von US-Stellen initiierten Plan handelt, der hier von der MRS und von aus den USA finanzierten Nichtregierungsorganisationen ausgeführt wird."

Anden-Gebäude in Masaya angezündet