NicaNotes ist ein Blog für Menschen, die zu Nicaragua arbeiten und/oder an Nicaragua interessiert sind, veröffentlicht vom Nicaragua Network (USA), einem Projekt der Allianz für globale Gerechtigkeit. Hier werden Nachrichten und Analysen aus dem Kontext der langen Geschichte des Nicaragua-Netzwerks in Solidarität mit der Sandinistischen Revolution veröffentlicht.
Zusammengestellt von Chuck Kaufman, deutsche Übersetzung Nicaragua-Forum HD e.V.

Ausgabe vom 30.08.2017

Wenn Sie mit Streichhölzern spielen, könnten Sie verbrennen

Von Chuck Kaufman

In den letzten Wochen hat sich ein kleines, aber aufschlussreiches Drama abgespielt, das zeigt, wie sehr sich Nicaragua seit der Wahl von Daniel Ortega zum Präsidenten im November 2006 verändert hat. Es zeigt auch, wie US-Amerikaner damit fortfahren, ihre altbekannten Rollen zu spielen, Lügen und Desinformation zu verbreiten, wie sie die Macht in ihren Fingern halten wollen und sich diese dabei verbrennen.

Carlos Ponte, der Direktor der rechtsgerichteten Washingtoner Denkfabrik Freedom House, musste dies gerade lernen. Ponte behauptete in einem Fernsehinterview am 16. August, dass die US-Regierung eine „Schwarze Liste“ von korrupten nicaraguanischen Regierungsbeamten und Wirtschaftsführer habe, die ihre Visa verlieren würden, mit denen sie die Vereinigten Staaten besuchen. Ponte sagte u.a., der Verband der großen Privatunternehmen (COSEP) und dessen Vizepräsidenten Cesar Zamora befänden sich auf der Liste. Zamora ist außerdem Präsident der Kammer für Energie.

Früher wäre eine Erklärung wie diese von Ponte von Mitgliedern des Kongresses und der Medien akzeptiert worden, und der COSEP-Verband, der Nicaraguas größte Konzerne vertritt, hätte sich von allen Verhandlungen und Annäherungen an die sandinistische Regierung ferngehalten. Doch dies war eine andere Epoche in den 80er Jahren. Nicaraguas große Unternehmen haben inzwischen herausgefunden, dass sie tatsächlich mehr Geld verdienen können, wenn sie alle sechs Monate ihre Löhne erhöhen und die Arbeitsgesetze einhalten, weil das so genannte dreigliedrige Modell wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Stabilität schafft.

Die von der Regierung moderierten Mindestlohnverhandlungen zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern haben die gewerkschaftliche Organisierung gestärkt, Streiks reduziert, ausländische und inländische Investitionen angezogen und makroökonomische Stabilität geschaffen, was von Weltbank und IWF gelobt wird, die dem Land zuvor verheerende neoliberale Strukturanpassungsprogramme aufgezwungen hatten.

Als Cesar Zamora fragte: „Wo ist diese Liste? Wer hat sie erstellt? und daraufhin eine Washingtoner Anwaltsfirma mit der Erstellung einer Verleumdungsklage gegen Ponte und Freedom House beauftragte, war Ponte gezwungen zuzugeben, dass es keine Liste gibt und versuchte, anderen die Schuld zu geben, um eine Haftung in Zamoras Klage zu vermeiden. Zamora sagte, dass es „Sektoren gibt, die zur Konfrontation der Vergangenheit zurückkehren wollen“.

In den 1980er Jahren waren die COSEP-Führer von den Sandinisten als „patriotische Produzenten“ bezeichnet worden, was eine sehr großzügige Verwendung des Wortes Patriotisch beinhaltete. Sie wurden patriotische Produzenten genannt, nur weil sie nicht das Land verließen und ihr Kapital mitnahmen, sondern weil sie weiterhin wirtschaftlich aktiv produzierten, während die USA eine Stellvertreter-Armee finanzierten, um die Sandinisten zu stürzen. Patriotisch bedeutete nicht, dass Nicaraguas Kapitalisten die sandinistische Revolution unterstützten, die die 45 Jahre bestehende Somoza-Diktatur gestürzt hatte. In der Tat gingen sie [COSEP] oft lautstark gegen die sogenannte „kommunistische“ Regierung vor. Sie unterstützten die Contra-Terroristen oft ganz offen mit Geldern und anderen Unterstützungen. Die sandinistischen Beamte verschlossen davor ihre Augen, weil das Land angesichts der US-Wirtschaftsblockade absolut auf die wirtschaftliche Aktivität der COSEP-Mitglieder angewiesen war.

Während gute Sozialisten bei der gegenwärtigen Zusammenarbeit zwischen COSEP und der Regierung von Präsident Daniel Ortega vielleicht erbleichen und manchmal kann ich selbst kaum glauben, welch positive Dinge ich über die kleine wirtschaftliche Elite Nicaraguas schreiben kann, hat doch die Zusammenarbeit und nicht die gegenseitige Behinderung messbare positive Wirkungen erzielt. Die Millenniumsziele der UN bei der Armutsbekämpfung wurden erreicht. Die politische Polarisierung hat enorm an Bedeutung verloren. Und das Wirtschaftswachstum ist eines der höchsten in der Region. Nicaragua hat eine Bevölkerung von 6,15 Millionen Menschen, etwa so viel wie der Staat Arizona. Das Land kann sich nicht allein vom Weltkapitalismus zurückziehen, deshalb hat die sandinistische Regierung das Nächstbeste getan und eine gerechtere wirtschaftliche Verteilung im Kontext des Kapitalismus sichergestellt durch die Wiederherstellung der wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Menschen.

Die Reduzierung der Armut, die Erhöhung der formellen Beschäftigung, die Kontrolle der Inflation und die Anlockung von Investitionen haben das Leben der Armen verbessert und gleichzeitig die Profite der Kapitalisten erhöht. Ponte machte den Fehler, zu denken, dass er 1987 lebt und nicht 2017. Freedom House erlitt dadurch einen Glaubwürdigkeitsverlust und ich hoffe, dass Ponte persönlich eine wirtschaftliche Niederlage erleiden wird, wenn er unvermeidlicherweise Zamoras Klage außergerichtlich beilegen wird.

Kurzmeldungen aus Nicaragua vom 30.08.2017

Kaffeeexporte

Die Kaffeeexporte übertrafen in den 10 Monaten dieses Agrarzyklus die Vorperiode bei einem Umsatz von fast 424 Mio. US-$ um stolze 21,6 %. Hauptabnehmer waren die USA, Belgien, Deutschland, Italien, Kanada, Japan und die Schweiz. (Nicaragua News, 28. August)

Wahlkampagne

Der oberste Wahlrat von Nicaragua (CSE) hat die Ethikrichtlinien für die Kommunalwahlen am 5. November 2017 vorgelegt. In den Leitlinien heißt es: „Alle Kandidaten und politischen Parteien führen eine pädagogische, informative und respektvolle Wahl-Kampagne in Übereinstimmung mit der politischen Verfassung und dem Wahlgesetz durch. Die Kampagne fängt offiziell am 21. Sept. an und endet am 1. November,“ hieß es in der CSE-Mitteilung. (Nicaragua News, 25. August)

Staatsanleihen

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von Fitch Ratings bestätigte Nicaraguas "B +" -Wert für das Rating der Staatsanleihen mit einer stabilen Perspektive für die Währungen im In- und Ausland. In dem Bericht hieß es weiter, dass die positive Bilanz auf einem Rückgang der Verschuldung, einer umsichtigen Fiskalpolitik und einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum von 5,2 % in den letzten fünf Jahren basiere. Moody bestätigte kürzlich auch sein Rating für Nicaragua und wies darauf hin, dass die internationalen Finanzzentren nicht allzu besorgt seien über die Aussichten der Verabschiedung des NICA Act durch den US-Kongress. Das NICA-Gesetz würde Nicaragua den Zugang zu internationalen Krediten unmöglich machen und der Wirtschaft einen schweren Schlag versetzen. (Nicaragua News, 24. August)

Schmuggel

Die Marine Nicaraguas berichtete, dass letzte Woche in der Gemeinde Kukra Hill in der Autonomen Region Südkaribik (RACS) eine Ladung Schmuggelholz und Waffen beschlagnahmt wurde. Zehn Personen wurden bei der erfolgreichen Operation verhaftet, bei der vier Schiffe mit illegalem Holz von gefährdeten Arten, eine UZI-Maschinenpistole und zwei Pistolen beschlagnahmt wurden. (Nicaragua News, 24. August)

Tourismus-Wachstum

Das World Tourism Barometer der United Nations World Tourism Organization (UNWTO) zählt Nicaragua zu den acht am schnellsten wachsenden Tourismus-Zielen weltweit. Die UNWTO gibt an, dass im Jahr 2016 1,5 Millionen Besucher in Nicaragua gezählt wurden, was einem Zuwachs von 28,4% gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2015 entspricht. (Nicaragua News, 24. August)

Familienbetriebe

Vizepräsidentin Rosario Murillo kündigte die Einführung eines Programms für ländliche Kleinunternehmen an, um für sie den Zugang zu kostengünstigen Darlehen zur Finanzierung der Gründung kleiner Familienunternehmen zu erleichtern. „Das Ministerium für Haushaltswirtschaft wird den Teilnehmern des Programms Schulungen und Unterstützung anbieten, um den Erfolg der neuen Familienunternehmen sicherzustellen“, sagte Murillo. (Nicaragua News, 23. August)


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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de | Übersetzung: Rudi Kurz | V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
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