Meldungen aus Nicaragua vom 02.02.2009

  1. In den politischen Parteien gärt es
  2. Nationalversammlung wählt Kommissionsvorsitzende
  3. Rumors fly about “agreement” on municipal election challenges
  4. Ortega and Murillo to attend ALBA summit
  5. International aid dependent on compliance with “fundamental principles”
  6. USA unterstützen nicaraguanische Kriegsmarine
  7. Deportee from U.S.
  8. Inter-American Press Society criticizes Ortega government

In den politischen Parteien gärt es

Durch den Rücktritt des Abgeordneten Juan Ramon Jimenez von der Fraktion der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) in der Nationalversammlung verringerte sich deren Mitgliederzahl von vier auf drei. Damit würde die MRS ihren Status als offizielle Fraktion in der Nationalversammlung und zugleich den Anspruch auf bestimmte Privilegien, wie zum Beispiel die Bezahlung von Mitarbeitern, verlieren. Aber Luis Callejas von der Nicaraguanischen Demokratischen Fraktion (BDN) wechselte in einem, wie er es nannte, Akt „der Solidarität im Kampf gegen die Diktatur Präsident Daniel Ortegas“ zur MRS über; damit war der MRS ihr Status gesichert. Die MRS verlor ihre rechtliche Anerkennung als politische Partei vor den Gemeindewahlen 2008. Jimenez hatte seit seiner Wahl im Jahr 2007 nicht mit der MRS gestimmt und entschloss sich nun endlich, die Partei zu verlassen, nachdem ihn, wie er sagte, Victor Hugo Tinoco, Monica Baltodano und Edmundo Jarquín in Presseerklärungen beschuldigt hatten, er würde die Fraktion im Auftrag der Sandinistischen Partei (FSLN) unterwandern und sei dafür von der FSLN bezahlt worden.

El Nuevo Diario berichtete, in den Korridoren der Nationalversammlung kursierten Witze über das neue MRS-Mitglied und über dessen neue Kollegen, die ihn, wie es unter Sandinisten üblich ist, mit „Companero“ anredeten. Callejas gehörte in den 1980er Jahren zu den Contras.

Unterdessen gab Eduardo Montealegre, der sowohl als Präsidentschaftskandidat als auch als Kandidat für den Bürgermeisterposten von Managua unterlegen war, auf einer Pressekonferenz am 28. Januar bekannt, dass seine Gruppierung, bekannt als „Lasst-uns-mit-Eduardo-gehen“-Bewegung (MVE), sich auflöst und dass er und die übrigen Mitglieder der Unabhängigen Liberalen Partei (PLI) beitreten würden. Montealegre war zum Parteilosen geworden, nachdem ihm als Vorsitzenden der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN), deren Präsidentschaftskandidat er 2006 gewesen war, vorgeworfen worden war, es sei bei Parteitagen zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Die PLI ist vor über sechzig Jahren als Opposition gegen die Wahlambitionen des Präsidenten Anastasio Somoza Garcia gegründet worden. Der langjährige Vorsitzende der Partei Virgilio Godoy ist zur Zeit sehr krank. Laut Aussage des Obersten Wahlrats hat die PLI derzeit einige Schwierigkeiten, ihren Rechtsstatus zu behalten, weil sie Probleme hat, in der Mehrheit der Departamentos des Landes regionale Untergliederungen der Partei zu bilden. Montealegre sagte, die MVE werde im März offiziell der PLI beitreten, und er werde im Land herumreisen, um die Parteistrukturen zu stärken und die Opposition gegen den „Pakt“ zwischen dem Ex-Präsidenten Arnoldo Aleman von der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) und dem derzeitigen Präsidenten Daniel Ortega von der FSLN zu organisieren. Am Tag darauf begrüßte Jose Esteban Gonzalez von der kleinen Sozial-Christlichen Partei Montealegres Entscheidung und erklärte, seine Partei werde mit der PLI zusammenarbeiten, um einen „Großen Einheitsblock“ gegen die Regierung Daniel Ortegas zu bilden

In einer Presseerklärung bedauerte die PLC Montealegres Entscheidung. Darin hieß es, die PLC habe sich am 23. Januar getroffen und dabei beschlossen, ihre Strukturen zu erweitern und zu modernisieren. Dadurch hätte es zu einer vereinigten liberalen Bewegung kommen können, wenn die MVE beschlossen hätte, mitzumachen, und das wäre „für die FSLN die schlimmste Nachricht“ gewesen. Die Ankündigung der MVE, sie werde der PLI beitreten, stellt dagegen „für die FSLN die allerbeste Nachricht“ dar. In der PLC-Erklärung heißt es, die FSLN werde wegen des Parteiwechsels der MVE die Wahlen 2011 gewinnen, und das werde bedeuten: „Ortega für immer“.

Im Gegenzug gegen die Pläne Montealgres beabsichtigt der Vorstand der Nationalversammlung, in dem FSLN und Nicaraguanische Liberale Allianz (ALN) die Mehrheit haben, die Nationalversammlung am 3. Februar darüber abstimmen zu lassen, ob eine Sonderkommission gebildet werden soll, die Maßnahmen in die Wege leitet, durch die Montealegre wegen seiner Beteiligung an der illegalen Ausgabe von Staatsanleihen, CENIs genannt, seine Privilegien als Mitglied der Nationalversammlung, vor allem seine Immunität, verlieren soll. Ramiro Silva von der ALN weigerte sich, bekannt zu geben, wie die zwei Mitglieder seiner Partei im Vorstand der Nationalversammlung zu dem genannten Konflikt Stellung genommen haben. Der PLC-Abgeordnete Wilfredo Navarro sagte jedoch, seine Partei sei gegen das Vorhaben. Er erklärte: „Die Liberalen sind verpflichtet, Montealegre zu verteidigen, auch wenn Eduardo sich offensiv und aggressiv gegenüber der PLC verhalten hat, denn er ist ein Liberaler und ein Demokrat.“ Es wurde bestätigt, dass die Nationalversammlung eine Aufforderung vom Richter am Strafgerichtshof Julio Caesar Areas erhalten hat, die Immunität Montealegres aufzuheben, damit ihm der Prozess wegen Betrugs gemacht werden kann; dabei geht es um einen Betrag von bis zu 620 Millionen US-Dollar. Neben Montealegre sind 38 weitere frühere Funktionäre angeklagt. (Radio La Primerísima, 28., 29. Jan.; El Nuevo Diario, 27., 30. Jan.)

Nationalversammlung wählt Kommissionsvorsitzende

In der Nationalversammlung wurden die Vorsitzenden für die ständigen Kommissionen gewählt. Dabei gingen sechs Kommissionen an die Sandinistische Partei (FSLN), darunter die wichtige Wirtschaftskommission, fünf an die Liberal-Konstitutionalistische Partei, drei an die Nicaraguanische Liberale Allianz und eine an einen unabhängigen Delegierten. Mitglieder der Nicaraguanischen Demokratischen Fraktion, die keine Partei ist, sondern eine Gruppe kleiner Parteien, zeigten sich enttäuscht darüber, dass sie keinen Vorsitz erhalten hatten.

Der sandinistische Abgeordnete Wálmaro Gutierrez, der der Vorsitzende der Wirtschaftkommission ist, erklärte, dass zu den wichtigen Gesetzesvorlagen, die in der Kommission bearbeitet werden und über die er in diesem Monat berichten wolle, der nationale Haushalt für 2009, ein Antrag zu einer zentralamerikanischen Zollunion und eine mit der spanischen Elektrizitätsgesellschaft Union Fenosa getroffene Rahmenvereinbarung gehören. Er sagte, der Wirtschaftskommission lägen derzeit insgesamt 66 Gesetzesvorlagen vor. Bei vielen von ihnen handle es sich um staatliche Maßnahmen, mit denen auf die internationale Wirtschaftskrise reagiert werden solle; dazu gehöre ein Wohnungsbeschaffungsprogramm, die Bestätigung der Vorstandsmitglieder einer Staatlichen Entwicklungsbank und eine Gesetzesvorlage zu Landwirtschaftsfragen. Er sagte, 22 Millionen US-Dollar an Investitionsbeträgen und 60 Millionen US-Dollar an Unterstützung aus Spanien hingen davon ab, dass die Vereinbarung mit Union Fenosa unterschrieben wird. Der Haushalt wurde zwar in der Zeit, als die Nationalversammlung wegen politischer Differenzen nicht einberufen wurde, durch Präsident Daniel Ortega per Dekret bestätigt, aber mehrere Geberländer wollen erst dann weitere Hilfsgelder locker machen, wenn der Haushalt von der Nationalversammlung formal bestätigt worden ist.

Der sandinistische Abgeordnete Douglas Aleman und der PLC-Abgeordnete Freddy Torres sind sich darin einig, dass es wichtig ist, den Vorstand der Entwicklungsbank zu bestätigen. Darüber, dass eine solche Bank gegründet werden müsse, bestand bereits 2007 Einigkeit, aber nun soll sie die Arbeit aufnehmen. „Das war eine Forderung von uns an die Nationalversammlung, die wir energisch vorangetrieben haben,“ sagte Torres und fügte hinzu: „Jetzt wollen wir, dass sie in die Gänge kommt. Lasst sie beginnen und gebt ihr Gelder!“ Der Vorsitzende der Wirtschaftskommission Gutierrez sagte: „Wir verhandeln mit internationalen Gebern,“ um für die neue Bank finanzielle Zusagen festzumachen. Zu den sonstigen wichtigen Anträgen, die in diesem Jahr in der Nationalversammlung behandelt werden sollen, gehören das Gesetz über Küsten-Zonen und ein Telekommunikations-Gesetz. (El Nuevo Diario, 29. Jan.; La Prensa, 2. Febr.)

USA unterstützen nicaraguanische Kriegsmarine

Robert Callahan, US-Botschafter in Nicaragua, gab am 27. Januar bekannt, dass seine Regierung der nicaraguanischen Kriegsmarine Geräte im Wert von 400 000 US-Dollar liefern werde. Zur Lieferung gehören sechs Zodiac-Schlauchboote, sechs in Sumpfgebieten benutzbare Boote, drei elektrische Generatoren, dazu Rettungs- und Kommunikationsgeräte. Die Boote sind zum Gebrauch für Patrouillenfahrten in Nicaraguas Küstengewässern bestimmt. Callahan kündigte außerdem an, dass das US-Marine-Boot HSV-2 Swift, ein Katamaran, in Nicaragua andocken wird, um Marineoffiziere zur Ausbildung der nicaraguanischen Marine herzubringen. In der vergangenen Woche war die Einfahrt dieses Schiffes in nicaraguanische Hoheitsgewässer von der Nationalversammlung genehmigt worden. Ein zusätzliches Kontingent an US-Militär wird für ein knappes Jahr in Nicaragua bleiben, um bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung in Pueblo Nuevo, Estelí und anderen Städten zu helfen.

Callahan sagte, er sei „beeindruckt“ von den Bemühungen der nicaraguanischen Armee im Kampf gegen das organisierte Verbrechen; ganz besonders lobte er die Kriegsmarine für ihre Erfolge im Einsatz gegen Drogenhändler in Nicaraguas Hoheitsgewässern. „Ich gratuliere Ihnen zu Ihren Erfolgen,“ sagte er, „und ich möchte Ihnen versichern, dass wir mit unserer Hilfe weiterhin befreundeten Armeen in der Region beistehen, die unsere Vorstellungen von Demokratie, Achtung der Gesetze, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Verfassung und Sozialstaatlichkeit teilen.“ Callahan war von Armee-Chef Omar Halleslevens begleitet.

Santiago Estrada, Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, sagte, im Jahr 2008 seien von den Streitkräften mehr als 7,435 Kilo Kokain, 15 Schnellboote und 179 Waffen beschlagnahmt sowie 31 Drogenhändler gefasst worden. „Damit gehören wir zu den drei Top-Marine-Kräften im Kampf gegen den Drogenhandel,“ erklärte er.

Callahan wiederholte jedoch, dass ein Teil der US-Hilfe für Nicaragua, einschließlich des Millennium-Projekts, noch eingefroren sei, weil die Zweifel über Wahlbetrug bei den Gemeindewahlen am 9. November 2008 immer noch nicht ausgeräumt seien. „Das Wichtigste ist“, meinte er, „dass die Nicaraguaner Vertrauen in den Wahlprozess haben. Aber sobald dieses Problem gelöst ist, werden alle Länder, da bin ich sicher, ihre internationale Unterstützung fortsetzen.“ (Radio La Primerísima, 27. Jan.; El Nuevo Diario, 27. Jan.)


Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Katherine Hoyt / Paul Baker.
Abo des News-Dienstes in englischer Sprache für 60 US-$ jährlich bei Nicaragua Network, 1247 E Street, SE, Washington, DC 20003, e-mail: nicanet(at)igc.apc.org.
Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung: Agnes Bennhold, Peter Schulz, Rudi Kurz.
Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

Bankverbindung:
Nicaragua-Forum Heidelberg | Konto Nr. 1517732
Bezirkssparkasse Heidelberg | BLZ: 672 500 20
Stichwort: Information

Letzte Meldungen

Sie finden die Liste der zuletzt veröffentlichten Meldungen immer auf der Seite

Meldungen

ganz oben.

Schlüsselworte für diese Seite:

Nicaragua

Parteien

Abgeordnete

Montealegre

MRS

USA

Kriegsmarine

Nationalversammlung

Vorsitzende
Kommissionen