Meldungen aus Nicaragua vom 29.09.2008

  1. Ortega interveniert bei Tropigas; Verbraucher-Gruppe fordert Verstaatlichung des Öl-Imports
  2. Wahlkampf für Novemberwahlen beginnt
  3. Government programs produce positive results in diverse communities
  4. Nicaragua implements studies to save Lake Cocibolca; replaces mangrove forests on Pacific
  5. Zoilamerica Narvaez withdraws demand at Inter-American Human Rights Commission
  6. Nicaragua watches U.S. financial crisis closely
  7. Regierung legt Mindestlöhne fest
  8. Controversies around NGOs continue

Ortega interveniert bei Tropigas; Verbraucher-Gruppe fordert Verstaatlichung des Öl-Imports

Um eine Krise bei der Beschaffung von Kochgas und der Verteilung an die Bevölkerung zu vermeiden, rief Präsident Daniel Ortega am 24. September einen halbjährigen Wirtschafts-Notstand aus. Der Erlass ermächtigte das Nicaraguanische Energie-Institut (INE), „für einen Zeitraum von sechs Monaten Zugriff auf die Gesellschaft Tropigas Nicaragua zu haben“ und das Verteilernetz für Kochgas zu übernehmen. Die Gesellschaft Tropigas hat darauf bestanden, nur dann weiterhin Propangas einzuführen, wenn sie die Genehmigung erhält, den Preis, den die Öffentlichkeit bezahlen muss, um 100% zu erhöhen. Die 25-Pfund-Gasflasche (1 engl. Pfund = ca. 454 Gramm, d.Übers.), die am häufigsten benutzte Gefäß-Größe im Land, kostet derzeit 15 US-Dollar. Tropigas verfügt über ca. 60% des Kochgas-Marktes in Nicaragua; den Rest teilen Esso-Gas, Petrogas und Z-Gas unter sich auf. Ortega wies darauf hin, dass Tropigas von INE zur Kasse gebeten worden ist, weil die Gesellschaft Gasflaschen, die nicht voll waren, verkauft hat; die Gesellschaft hat die Strafgebühren von 172 065 US-Dollar noch nicht bezahlt.

Am folgenden Tag erklärte Efren Baez, der Rechtsberater von Tropigas, die Gesellschaft werde alle Rechtsmittel ausschöpfen, um den Eingriff der Regierung rückgängig zu machen. Tropigas gehört Da-Gas in Guatemala. Baez sagte, es gebe keinen Grund für eine so extreme Maßnahme. „Sie kamen und nahmen uns die Gesellschaft weg,“ sagte er und fügte hinzu: „Mal sehen, wie INE die Ressourcen managed.“ „Wir hoffen, dass sie uns alles ordnungsgemäß zurückgeben,“ sagte er.

Gemäß Erlass sind die Eigentumsrechte der Gesellschaft nicht betroffen. Tropigas ist seit 55 Jahren in Nicaragua tätig. Vizepräsident Jaime Morales Carazo erklärte am 26. September, dass das nicht der erste Schritt in Richtung Beschlagnahmung von Eigentum sei; er kündigte an, dass demnächst Gas aus El Salvador und Guatemala geliefert werde und dass er erwarte, dass sich die Versorgungslage demnächst normalisiert.

Die Nicaraguanische Industrie-Kammer veröffentlichte eine Erklärung, in der sie darauf hinwies, dass der Zugriff auf Tropigas „eine extreme Maßnahme“ sei und dass es besser gewesen wäre, die Regierung hätte stattdessen Dialog und Mediation gewählt.

Unterdessen wird der Benzinpreis weiterhin kontrovers diskutiert. Während der Ölpreis auf dem Weltmarkt kürzlich um 39% gesunken ist, ist das Benzin an den Tankstellen in Nicaragua nur um knapp 7% billiger geworden. Am 26. September wurde eine Vereinbarung getroffen, dass die Tankstellen, die ihr Benzin von der Exxon-Raffinerie erhalten, den Preis für Normal- und Super-Benzin um mehr als 25 Cent je Liter senken. Einige Tankstellen haben ihre Preise heruntergesetzt, aber in wesentlich geringerem Maß, nur um 5 Cent pro Liter.

Am 28. September hat das Nationale Verbraucherschutz-Institut (INDEC) seinen Druck auf Exxon, die Preise zu senken, verstärkt, indem u. a. ein Dutzend Taxis um 8 Uhr früh vor der Raffinerie-Gesellschaft parkten. INDEC-Leiter Marvin Pomares erklärte, dass nicaraguanische Familien wegen der hohen Lebensmittelpreise, die Folge der gestiegenen Benzinpreise sind, in große Not geraten. „Die Situation wird für die Bevölkerung unerträglich,“ sagte er und fügte hinzu, seine Organisation fordere die Verstaatlichung des Rohöl-Imports und Preiskontrollen und unterstütze einen Antrag, für den bereits 5000 Unterschriften vorliegen und der in den kommenden zwei Wochen in der Nationalversammlung eingereicht wird, dass die geforderten Maßnahmen verwirklicht werden. (Radio La Primerísima, 24., 25., 29. September; El Nuevo Diario, 26., 27. September; La Prensa, 29. September)

Wahlkampf für Novemberwahlen beginnt

Die Kampagne für die Wahlen, in denen die Nicaraguaner über die Bürgermeister, Vizebürgermeister und Gemeinderatsmitglieder in 146 Gemeinden entscheiden, hat am 25. September begonnen, allerdings ohne den sonst üblichen, vom Obersten Wahlrat gesponserten Fanfarenstoß. Die Wahlen werden am 9. November stattfinden. Die zwei wichtigsten Parteien sind die Sandinistische Partei (FSLN) und das Parteienbündnis mit der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) an führender Stelle. Außerdem nehmen die folgenden kleineren Parteien an den Wahlen teil: die Nicaraguanische Liberale Allianz (ALN), die Partei des Nicaraguanischen Widerstands (PRN) und die Alternative für einen Wechsel (AC).

Im Juni hat der Oberste Wahlrat zwei kleinen Parteien, der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) und der Konservativen Partei (PC), ihren Rechtsstatus aberkannt. Der Rat erklärte dazu, die MRS habe eigene interne Regeln verletzt und der PC habe nicht die erforderliche Mindestzahl an Kandidaten für die Wahlen aufgestellt.

Die FSLN, die in 87 der landesweit insgesamt 153 Gemeinden die Mehrheit hat, hofft, dass der frühere Box-Weltmeister Alexis Arguello zum Bürgermeister von Managua gewählt wird. Arguello kündigte an, Auftakt seines Wahlkampfes sei eine Kundgebung auf dem Platz der Revolution am 4. Oktober. Eduardo Montealegre, Kandidat der Liberalen, eröffnete seinen Wahlkampf am 28. September mit einer Kundgebung auf dem Platz Johannes Paul II. Er versicherte, er werde die Wahl „mit Hilfe der demokratischen Stimmen“ gewinnen.

Die politischen Parteien betonten, sie würden die Straßen nicht anderen Gruppen überlassen. Das hat politische Diskussionen angeheizt und bei einigen zu Befürchtungen geführt, der Wahlkampf könnte in Gewalt ausarten. Politische Gewalt, hinter der sandinistische Gruppen standen, führte dazu, dass eine Demonstration und Kundgebung der Opposition, die für den 20. September in León geplant waren, abgesagt wurden. Religiöse Gruppen, Geschäftsleute und Gruppen der Zivilgesellschaft riefen dazu auf, bei dem, was sie das „bürgerliche Fest“ der Wahlen nannten, friedlich zu bleiben.

Die Tatsache, dass der Oberste Wahlrat bisher keine Wahlbeobachter zu den Wahlen zugelassen hat, hat Besorgnis erregt. Die Mitglieder des Rats erklärten, sie würden immer noch die Möglichkeit erwägen, nationale und internationale Beobachter zu den Wahlen einzuladen. Am 25. September forderte das US-Außenministerium die Regierung Nicaraguas auf, „zu garantieren, dass alle Nicaraguaner die Möglichkeit haben, an freien, sauberen und transparenten Wahlen teilzunehmen.“ Auch forderten die USA die nicaraguanischen Behörden dringend dazu auf, „die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, dass unabhängige Wahlbeobachter zugelassen werden.“ Präsident Daniel Ortega reagierte darauf mit dem Hinweis, die Vereinigten Staaten täten besser daran „ihr eigenes Wahlsystem zu verbessern“, da ja in den USA „der Kandidat, der die meisten Stimmen erhält, nicht Präsident wird,“ so geschehen im Jahr 2000, und deshalb sei, so betonte er, das US-System nicht demokratisch.

Sowohl die FSLN, die an der Macht ist, als auch die oppositionelle PLC scheinen diese lokalen Wahlen zu einem Referendum über die 22monatige Präsidentschaft Ortegas machen zu wollen. Wilfredo Navarro, ein hoher PLC-Funktionär, sagte: „Die Wahlen werden ein Referendum sein, bei dem deutlich wird, wie sehr die Leute Daniel Ortega und seine Familie ablehnen.“ Kandidat Montealegre fügte hinzu: „Die Leute werden entscheiden, ob sie zu Diktatur und Totalitarismus zurückkehren oder zur Demokratie voranschreiten wollen.“

Arguello seinerseits sagte, die FSLN werde mehr als die 87 Bürgermeister-Posten, die sie jetzt inne hat, gewinnen, weil Ortega „lobenswerte“ Arbeit gemacht hat, und diese Zugewinne seien nötig, um ein „neues Modell“ des Sozialismus in Nicaragua zu festigen. Etwa 3,7 Millionen Nicaraguaner werden am 9. November bzw., was sieben Gemeinden an der Atlantikküste, die vom Hurrikan Felix betroffen waren, betrifft, am 18. Januar 2009 ihre Stimme abgeben. (Radio La Primerísima, 25. September; El Nuevo Diario, 28. September)

Regierung legt Mindestlöhne fest

Am 24. September gab die Arbeitsministerin Jeannette Chavez bekannt, dass die Regierung die Mindestlöhne einseitig um 18% erhöht, nachdem die Verhandlungspartner aus den Bereichen Regierung, Handel und Gewerkschaften während einer 60tägigen Verhandlungsrunde zu keiner Einigung hatten kommen können. Die neue Lohnfestlegung gilt ab 1. Oktober. Die neue Regelung legt fest, dass Arbeiter in den Freihandelszonen des Landes einen Monatslohn von mindestens 121 US-Dollar oder einen Stundenlohn von 30 Cent erhalten; Landarbeiter mindestens 71 US-Dollar pro Monat oder 30 Cent pro Stunde; Bauarbeiter mindestens 166 US-Dollar pro Monat oder 70 Cent pro Stunde und Hausangestellte mindestens 104 US-Dollar pro Monat oder 43 Cent pro Stunde.

José Adan Aguerri, Vorsitzender des Obersten Rats Privater Unternehmen (COSEP) sagte, seine Organisation unterstütze die Lohnerhöhungen nicht; sie „gefährden feste Anstellungen und verringern für Arbeiter die Aussicht, einen Arbeitsplatz zu finden.“ (Radio La Primerísima, 24., 25. September)

Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Übersetzung: Agnes Bennhold.
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