Meldungen aus Nicaragua vom 21.01.2008

  1. Delegierte kündigen Ende der institutionellen Krise an
  2. PLC and ALN prepare to sign electoral alliance
  3. Significant progress in CENIS investigation and in renegotiation of CENIS debt
  4. Chavez vierter Besuch in Nicaragua innerhalb eines Jahres
  5. Experts continue media discussion about how to save Nicaragua's lakes
  6. Mindestlohn um 15% erhöht
  7. Desperate S.O.S of Mayangna communities
  8. Government announces nutrition and health care programs for children

Delegierte kündigen Ende der institutionellen Krise an

Nach mehreren Tagen intensiver Gespräche zwischen den vier größeren politischen Parteien (der Sandinistischen Partei, FSLN, der Liberal-Konstitutionalistischen Partei, PLC, der Nicaraguanischen Liberalen Allianz – Konservative Partei, ALN-PC, und der Sandinistischen Erneuerungsbewegung, MRS) verkündete der PLC-Delegierte José Pallais, dass eine Vereinbarung, die dem Konflikt zwischen Legislative und Exekutive erfreulicher Weise ein Ende setzt, unmittelbar bevorsteht.

Die derzeitige institutionelle Krise begann Ende November, als das Berufungsgericht in Managua (TAM) anordnete, dass die Änderung des Gesetzes 290, durch die die Einsetzung der Bürgerräte (CPS) verboten worden war, ausgesetzt wird. Der Beschluss war in der Nationalversammlung gefasst worden, war aber noch nicht in Kraft getreten. Zwei Tage, nachdem das Berufungsgericht angeordnet hatte, den Parlamentsbeschluss auszusetzen, erfolgte ein Präsidenten-Erlass, mit dem Präsident Daniel Ortega anordnete, dass die CPSs offiziell eingesetzt werden. Die Oppositionsparteien (PLC, ALN-PC und MRS), die zusammen über eine Mehrheit in der Nationalversammlung verfügen, reagierten auf das, was sie als Aufoktroyierung der CPSs durch den Präsidenten ansahen, mit der Bildung des „Blocks gegen die Diktatur“, einem parlamentarischen Zusammenschluss mit dem Hauptziel, die Politik der FSLN-Regierung zu stoppen. Eine der ersten Maßnahmen des Blocks bestand darin, dass sie Ende 2007 der parlamentarischen Arbeit fernblieben und bei entscheidenden Gesetzesvorlagen, wie zum Beispiel dem nationalen Haushalt für 2008, nicht mit abstimmten.

Die Vereinbarung, die Pallais nach einem Treffen mit Vertretern der vier Parteien in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz ankündigte, hat eine Reform des Ley de Amparo zur Grundlage, durch die festgelegt wird, dass nationale Gerichte keine Berufungsanträge annehmen dürfen, wenn das Gesetz, gegen das sie sich richten, noch nicht in Kraft getreten ist. Ausgenommen davon sollen einzig und allein die Fälle sein, in denen der/die Vorsitzende eines der vier Zweige der Regierung (Exekutive, Legislative, Jurisdiktion und Wahlbehörde) seine/ihre Beunruhigung darüber zum Ausdruck bringt, dass seine/ihre verfassungsmäßigen Rechte durch eine bevorstehende Gesetzesvorlage beschnitten werden. Laut Pallais besteht bei 95% der vorgelegten Änderungen zum Ley de Amparo Einigkeit zwischen den vier Parteien. Die Änderungen werden voraussichtlich in dieser Woche beschlossen.

Laut Berichten der überregionalen Zeitungen und mehrerer Oppositions-Abgeordneter ist die Ankündigung der bevorstehenden Lösung der institutionellen Krise das Resultat eines zusätzlichen „Paktes“ zwischen Daniel Ortega und Ex-Präsident Arnoldo Aleman, der der Ehrenpräsident der PLC ist. Als Teil der angeblich neuen Vereinbarung zwischen den beiden forderte Aleman „seine“ Richter im Obersten Gerichtshof auf, den rechtlichen Status der CPSs aufrecht zu erhalten im Gegenzug für seine Freiheit. Anfang Dezember hatte ein mehrheitlich sandinistisches Gericht für Aleman Hausarrest angeordnet und ihm damit die Freiheiten, die er im Familienkreis genossen hatte, entzogen. Am 9. Januar wurde Aleman wieder die Freiheit, mit den Familienangehörigen zusammen zu leben, zuerkannt. Am folgenden Tag, dem 10. Januar, verfügten die 16 Richter des Obersten Gerichtshofs (acht FSLN-Richter und acht PLC-Richter), dass die CPSs verfassungsgemäß und legal sind.

Victor Hugo Tinoco, MRS-Abgeordneter, erklärte, dass Ortega und Aleman diese Runde des (politischen) Spiels gewonnen haben und dass es ihnen mit dieser neuen Vereinbarung gelungen sei, den Block Gegen die Diktatur zu zerbrechen. Tinoco sagte, er glaube allerdings nicht, dass der Block „tot“ sei, sondern dass die Vereinbarung zwischen Ortega und Aleman ihn im Augenblick „suspendiert“ hat. Tinoco sagte, der Block habe sich nach Ortegas Aufoktroyierung der CPSs spontan und ohne Festlegung der Hauptziele gegründet. Er ist der Meinung, dass sich der Block in der Zeit bildete, in der Aleman in der Nationalversammlung „vorübergehend die Kontrolle über die PLC-Fraktion verloren hat“. „Offensichtlich hat sich Aleman die Kontrolle zurückgeholt,“ fügte er hinzu. Des Weiteren sagte Tinoco, dass der Block, wenn die Oppositionsparteien von Ortega abermals in solchem Ausmaß mit „verrückten“ Maßnahmen gereizt werden, durchaus reaktiviert werden könne.

Der ALN-PC-Abgeordnete Javier Vallejos ist indessen der Auffassung, dass die neue Vereinbarung zwischen Ortega und Aleman nicht unbedingt bedeutet, dass der Block tot ist. Vallejos meint, dass sich zeigen werde, ob der Block noch funktioniert, wenn über bestimmte Parlaments-Vorlagen (wie zum Beispiel die Amnestie für frühere staatliche Amtsträger, die der Korruption verdächtigt werden) in der Nationalversammlung diskutiert und abgestimmt wird. Das sei der eigentliche Test. Dann „werden wir sehen, wem die Loyalität der Abgeordneten gilt,“ meinte Vallejos. (Radio La Primerísima, 16.1., 18.1.; El Nuevo Diario, 20.1.; Channel 2, 21.1.)

Chavez vierter Besuch in Nicaragua innerhalb eines Jahres

Venezuelas Präsident Hugo Chavez besuchte Nicaragua zum vierten Mal, seitdem Daniel Ortega vor einem Jahr Präsident wurde. Am 16. Januar kam Chavez zu einem zweitägigen Besuch in Nicaragua an, begleitet von zehn Ministern und einer Anzahl weiterer hoher Beamter. Ziel des Besuchs war es, die bilaterale Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu überprüfen und den Integrationsprozess zu intensivieren. Chavez traf am 15. Januar in Zentralamerika ein, um an der Amtseinführung des neuen guatemaltekischen Präsidenten Alvaro Colom teilzunehmen. Er sagte, er habe während seines Aufenthalts in Zentralamerika „intensive Zusammenkünfte“ mit Colom, mit dem honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya und mit Ortega gehabt. Ziel der Treffen sei es gewesen, „innerhalb der entstehenden viel-poligen Welt einen Machtblock zu festigen.“

Während des Besuchs in Nicaragua trafen sich Chavez und Ortega mit kleinen, mittleren und großen landwirtschaftlichen Gesellschaften und Kooperativen, besuchten gemeinsam ein Baseball-Spiel und tauchten unter anderem überraschend in den Büros der Zeitung La Prensa auf.

Chavez versprach, dass Venezuela Nicaragua alle Unterstützung zukommen lassen werde, die das Land braucht (hinsichtlich Öl, Energie, Düngemitteln und finanziellen Mitteln), um mit den finanziellen Schwierigkeiten fertig zu werden, die sich aus der Weigerung der Oppositionsparteien, den Haushalt für 2008 abzusegnen, ergeben. Ortega sagte, dass im Februar eine Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF) nach Nicaragua kommt; sollte die Nationalversammlung bis dahin den Haushalt nicht beschlossen haben, werde das Wirtschaftsprogramm, das von der Regierung und dem IWF unterzeichnet wurde, suspendiert. Die Folge sei dann, laut Ortega, dass das Land keinen Zugang zu den 600 Millionen US-Dollar, die der IWF und weitere internationale Geber zugesagt haben, und dem Land der finanzielle Kollaps drohe. Nicaragua „wird nicht kollabieren,“ sagte Chavez, „hier ist die Hand des Freundes, die euch aufhilft.“

Während Chavez’ Besuch wurde beschlossen, dass Nicaragua die Höhe der Exporte bestimmter Nahrungsmittel an Venezuela im Laufe des Jahres 2008 beachtlich erhöhen wird. Landwirtschaftsminister Ariel Bucardo kündigte an, dass Nicaragua in diesem Jahr 6000 Tonnen schwarze Bohnen, 6000 Tonnen Fleisch und 23 000 Tonnen Sorghum an Venezuela liefern wird.

Über die Fortschritte beim Bau der Öl-Raffinerie in Port Sandino, die von der venezolanischen Regierung finanziert wird, wurde während des Besuchs ebenfalls gesprochen. Die erste Konstruktionsphase der Raffinerie, die es Nicaragua ermöglichen wird, Öl und weitere Ölprodukte zu exportieren, wurde bereits in Angriff genommen. Laut Regierungsquellen ist geplant, dass noch im Laufe dieses Jahres drei der sechs Vorrats-Tanks, von denen jeder eine Kapazität von 100 000 Fass Öl hat, fertiggestellt werden. (El Nuevo Diario, 16.1., 17.1.; Radio Nicaragua, 16.1.; Radio La Primerísima, 16.1.; Channel 4, 17.1.)

Mindestlohn um 15% erhöht

Nach zehn Verhandlungstagen haben am 17. Januar Vertreter des Finanzministeriums, der großen Gewerkschaften und der kleinen, mittleren und kleinsten Gesellschaften eine Vereinbarung über eine sofortige 15%ige Erhöhung der Mindestlöhne unterzeichnet. Der Vertreter des Obersten Rats der Privaten Unternehmen (COSEP) Mario Zelaya unterzeichnete die Vereinbarung nicht. Er sagte, dafür bestehe keine dringende Notwendigkeit, da Präsident Daniel Ortega die Erhöhung bereits am 16. Januar angekündigt habe. Während der Verhandlungen hatte sich COSEP für eine 12%ige Erhöhung eingesetzt, während die Front Staatlicher Arbeitnehmer eine 20%ige Erhöhung forderte.

Luis Barboza, Vertreter der Front Staatlicher Arbeitnehmer, sagte, die 15%ige Erhöhung bedeute monatlich 14,74 US-Dollar zusätzlich für 90 000 ArbeiterInnen in Freihandelszonen, 90 000 Bauarbeiter, 30 000 ArbeiterInnen im Dienstleistungsgewerbe und 650 000 LandarbeiterInnen.

Laut Gustavo Porras, dem Vorsitzenden der Front Staatlicher Arbeitnehmer, handelt es sich um eine reale Mindestlohn-Erhöhung von 14%, wenn man die Inflation des letzten Jahres einrechnet. Er bezeichnete die reale 14%ige Erhöhung als „Sieg“ für die ArbeitnehmerInnen, obwohl er einräumte, dass die Inflationsrate bei bestimmten Grundnahrungsmitteln wie Bohnen höher liegt und die reale Lohnerhöhung damit für viele ArbeitnehmerInnen weniger als 14% beträgt. (El Nuevo Diario, 17.1.; Radio 580, 17.1.; Channel 2, 17.1.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info@nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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