Meldungen aus Nicaragua vom 19.05.2008
- Ortega bietet Preisermäßigung von 1,30 US-Dollar pro Gallone Benzin, dadurch Ende des Streiks der Transportarbeiter
- Controversies continue to surround asylum of FARC members
- IWF hält Auszahlung von 39 Millionen US-Dollar zurück wegen fehlender Beschlussfassung zum Anti-Betrugs-Gesetz
- Community leaders of Sandy Bay issue desperate call for help
- Frauengruppen äußerst besorgt über hohe Zunahme von Gewalt gegen Frauen
- INAFOR plans reforestation in RAAS, forest fire devours 3,000 hectares in RAAN
- Open heart surgery available for impoverished children in Nicaragua's children hospital
- US Embassy advises US citizens in Nicaragua to take extra care
Ortega bietet Preisermäßigung von 1,30 US-Dollar pro Gallone Benzin, dadurch Ende des Streiks der Transportarbeiter
Der Transportarbeiterstreik wurde während der ganzen vergangenen Woche fortgesetzt trotz der Tatsache, dass die Regierung und die Mehrheit der Transport-Kooperativen am 9. Mai eine Vereinbarung unterzeichnet hatten, dass der Preis pro Gallone Benzin (1 Gallone = 4,5 Liter, d. Übers.) für Transport-Kooperativen um 0,30 US-Dollar heruntergesetzt wird. Der Ausstand wurde jedoch fortgesetzt, weil eine kleine Anzahl von Vertretern des Transportsektors sowie deren Unterstützer und Arbeiter darauf bestanden, eine Reihe wichtiger Überlandstraßen und Kreuzungen zu blockieren und diejenigen Transportarbeiter, die normal zur Arbeit gehen wollten, davon abzuhalten.
Laut Meldungen kam es fast täglich zu gewalttätigen Vorfällen; der aufsehenerregendste fand am 9. Mai in Las Maderas (einer kleinen Stadt an der Panamericana 45 km nördlich von Managua) statt, als eine Gruppe Demonstranten zwei Lastwagen anzündete. Während des Geschehens setzten die Anti-Aufstands-Polizisten, die dort Dienst taten, Tränengas gegen die Demonstranten ein, von denen sie mit Steinen angegriffen wurden. Laut einigen Medienberichten waren etliche Demonstranten keine echten Vertreter des Transportsektors, sondern asoziale Jugendliche, die sich offensichtlich gegen Bezahlung an der Demonstration beteiligten.
Während der Woche gab es nur wenig öffentlichen oder Lastwagenverkehr zwischen den Städten. Die gesamte Wirtschaft des Landes wurde in Mitleidenschaft gezogen. Als Folge kam es zu einem Mangel an verderblichen Lebensmitteln auf den Märkten und Störungen in Schulen, Universitäten, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen.
Am 16. Mai verkündeten jedoch die führenden Mitglieder der Nationalen Kammer für Transport (CNT) (der Gruppe, die die noch andauernden Protestaktionen organisierte), das Ende des elftägigen Streiks. Das geschah, nachdem Präsident Daniel Ortega bekannt gegeben hatte, er sei bereit, für Kooperativen des öffentlichen Verkehrs (Taxis, Busse und Boote) einen Preisnachlass von 1,30 US-Dollar anzubieten. Ortega verkündete das während einer Veranstaltung in der Casa de los Pueblos ("Haus der Völker), an der sein Kabinett, mehrere Abgeordnete und Repräsentanten der lokalen Regierung, über 800 führende Mitglieder und Vertreter verschiedener Transport-Kooperativen und mehrere hundert Mitglieder von Kooperativen, Gewerkschaftern und volksnahen Organisationen teilnahmen. Die Veranstaltung wurde life im nationalen TV und im Radio gesendet.
Aufgrund des Preisnachlasses von 1,30 US-Dollar müssen Beschäftigte im Transportsektor derzeit 3,15 US-Dollar pro Gallone Diesel bezahlen. Das ist der niedrigste Preis in Zentralamerika. (In Honduras werden derzeit pro Gallone Diesel 3,79 US-Dollar bezahlt, in El Salvador 4,31 US-Dollar). Am 17. Mai erklärte Alberto Guevara, Minister für Öffentliche Finanzen, dass der zusätzliche Nachlass von 1 US-Dollar "das Ergebnis von Gesprächen Ortegas mit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez" gewesen sei. Guevara sagte, die beiden seien zum Ergebnis gekommen, dass es möglich sei, den zusätzlichen Nachlass über Gelder von ALBA (die Bolivarianische Alternative für die Menschen in Unserem Amerika) zu decken. Guevara erklärte, der ursprüngliche Nachlass von O,30 US-Dollar werde über die Profite beglichen, die die gemischte Gesellschaft ALBANISA aus dem Verkauf des Öls erzielt, das unter Sonderzahlungsbedingungen aus Venezuela importiert wird; der zusätzliche Preisnachlass von 1 US-Dollar werde dagegen aus dem gemeinsamen ALBA-Fonds gedeckt.
Zusätzlich zu dem Preisnachlass von 1,30 US-Dollar pro Gallone versprach Ortega, dass seine Regierung Kredite zu Niedrig-Zinsen (8% pro Jahr) ermöglicht für den Kauf von Batterien, Reifen, Schmiermitteln und anderem Zubehör zu Preisen unter Weltmarktniveau. Ähnliche Kredit-Vergünstigungen stünden Bus- und Taxi-Besitzern zur Verfügung, die elektronische Bezinuhren installieren oder ihre Fahrzeuge auf die Benutzung von Propangas umstellen wollten (wodurch eine bis zu 50%ige Bezin-Ersparnis erreicht würde). Außerdem versprach Ortega, die Schaffung einer inter-institutionellen Kommission in die Wege zu leiten, deren Aufgabe es sein solle, mit Vertretern des Transport-Sektors andere Fragen sowie Probleme im Transportsektor zu diskutieren. (TV-Kanal 2, 14.5., 16.5.; TV-Kanal 4, 117.5.; Radio La Primerísima, 13.5., 19.5.; El Nuevo Diario, 17.5.)
IWF hält Auszahlung von 39 Millionen US-Dollar zurück wegen fehlender Beschlussfassung zum Anti-Betrugs-Gesetz
Am 14. Mai gab der Präsident der Nicaraguanischen Zentralbank Antenor Rosales bekannt, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) beschlossen hat, die erste Auszahlung für ein für drei Jahre (2007-2010) vorgesehenes Wirtschaftsprogramm auszusetzen, weil – neben anderem – die Nationalversammlung bisher eine Gesetzesvorlage, durch die der Elektrizitätsdiebstahl reduziert werden soll, noch nicht verabschiedet hat. Das drei-Jahres-Programm sieht einen 111 Millionen US-Dollar-Kredit vor, von dem 39 Millionen US-Dollar in den ersten Monaten 2008 hätten ausgezahlt werden sollen.
Rosales sagte, eine hochrangige IWF-Delegation werde Nicaragua im Juni besuchen, um festzustellen, in wie weit die Bedingungen, die in dem Wirtschaftsprogramm festgelegt sind, erfüllt wurden.
Das Sondergesetz für Verantwortliche Verwendung der Grundversorgung mit Elektrizität (bekannt als Anti-Betrugs-Gesetz) wurde vom Parlament noch nicht verabschiedet, weil die Delegierten der Oppositionspartei ihre Zustimmung davon abhängig machen, dass der Beschluss des Obersten Wahlrats, die Gemeindewahlen in drei an der nordkaribischen Küste gelegenen Gemeinden auf April 2009 zu verschieben, rückgängig gemacht wird. (Radio La Primerísima 15.5.; TV-Kanal 2, 15.5.)
Frauengruppen äußerst besorgt über hohe Zunahme von Gewalt gegen Frauen
Laut Fatima Millon ist das Netzwerk der Frauen gegen Gewalt "äußerst besorgt über das Ausmaß an Gewalt gegen Frauen". Nach Angaben dieser Organisation wurden im Jahr 2000 in Nicaragua 29 Frauen ermordet. 2007 erhöhte sich diese Zahl auf 65. Während der ersten drei Monate von 2008 wurden bereits 18 Frauen ermordet. Die gleiche Gruppe nimmt an, dass mindestens ein Drittel aller nicaraguanischen Frauen und Mädchen und ein Viertel der nicaraguanischen Jungen Opfer sexuellen oder physischen Missbrauchs geworden sind.
Ein Teil des Problems besteht, laut Millon, darin, dass die nicaraguanischen Behörden Fällen häuslicher Gewalt nicht adäquat nachgehen. So kennt das Frauen-Netzwerk viele Fälle von Frauen, die von ihren Partnern ermordet wurden und bereits Monate vor ihrer Ermordung ständig Drohungen erhalten hatten; aber die Behörden haben, obwohl ihnen die Situation bekannt war, laut Millon, nichts getan. "Wir sind in den Händen eines Justizsystems, das Frauen nicht günstig gesinnt ist, einem System, das Frauen vielmehr unnötigen Risiken aussetzt."
Laut Millon ist eine weitere entscheidende Ursache dafür, dass die Behörden auf die verbreitet anzutreffende Gewalt nicht adäquat reagieren, darin zu sehen, dass viele Beamte weiterhin häusliche Gewalt für eine private Angelegenheit halten. Um in der Öffentlichkeit auf das Problem hinzuweisen, organisiert das Frauen-Netzwerk gegen Gewalt wöchentliche Kundgebungen in den größeren Städten des Landes.
Die Leiterin des Zentrums für die Prävention von Gewalt (CEPREV) Monica Zapaquett ist der Meinung, dass die zunehmende geschlechtsspezifische Gewalt in Lateinamerika daraus resultiert, dass das traditionelle soziale machismo-Rollenverständnis in eine Krise geraten ist. "Unsere Länder erwecken den Eindruck, dass wir in diesen Fragen eine moderne Auffassung haben, weil wir hinsichtlich häuslicher Gewalt eine moderne Gesetzgebung haben, aber diese Gesetzgebung gibt nicht den kulturellen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungsstand unserer Gesellschaften wieder."
Während in der Öffentlichkeit die geschlechtsspezifische Rollenverteilung beträchtliche Veränderungen erfahren hat, indem Zehntausende nicaraguanischer Frauen in Berufe eingetreten sind und Zehntausende nicaraguanischer Männer Opfer von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung wurden, hat sich, laut Zalaquett, die geschlechtsspezifische Rollenverteilung zu Hause nicht geändert. Männer, die ihre Verdienstmöglichkeit verlieren, fühlen sich bedroht und tendieren dazu, zu Hause gewalttätig zu werden, "dort wo die Frauen noch völlig ungeschützt sind, … wo Straflosigkeit und Familien-Diktatur herrschen. Wir haben maskuliner gewordene Frauen, ohne dass die Männer gleichzeitig femininer geworden sind."
Zalaquett erklärt, dass eine Hauptursache für rollenbedingte Gewalt in lateinamerikanischen Gesellschaften in der Art und Weise zu suchen ist, wie Jungen erzogen werden. Sie ist der Meinung, dass die Gesellschaft Jungen "emotional kastriert" und ihnen die Überzeugung einimpft, dass Männlichkeit und Gewalt zusammengehören. (www.re.-uit.org , 16.5.)
Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
Abo des News-Dienstes in englischer Sprache für 60 US-$ jährlich bei Nicaragua Network, 1247 E Street, SE, Washington, DC 20003, e-mail: nicanet(at)igc.apc.org.
Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzungen: Agnes Bennhold, Peter Schulz, Rudi Kurz.
Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.
Nicaragua-Forum Heidelberg | Konto Nr. 1517732
Bezirkssparkasse Heidelberg | BLZ: 672 500 20
Stichwort: Information
Letzte Meldungen
Sie finden die Liste der zuletzt veröffentlichten Meldungen immer auf der Seite
Meldungen
ganz oben.
Schlüsselworte für diese Seite: