Meldungen aus Nicaragua vom 18.08.2008

  1. Brief katholischer Bischöfe über „Licht und Schatten rings um uns“
  2. Ortega fordert politische Kritiker zu politischen Vorschlägen auf
  3. Ortega cancels trip to Paraguay inauguration after denunciation by Minister for Women
  4. National police break drug trafficking network in Lake Nicaragua
  5. Government reacts loudly to declarations of Swedish Ambassador Eva Zetterberg
  6. Spannungen je näher die Gemeindewahlen rücken
  7. Government seeking financing for port at Monkey Point
  8. Economic news briefs

Brief katholischer Bischöfe über „Licht und Schatten rings um uns“

Am 15. August veröffentlichten die katholischen Bischöfe von Nicaragua einen Brief an die Gläubigen, in dem sie ihre Freude darüber zum Ausdruck brachten, dass die Energie-Krise des Landes überwunden ist, dass die Regierung die Kleinbauern unterstützt, dass Schulen gebaut werden und freie Schulbildung gewährleistet wird und dass die Subventionierung kirchlicher Schulen aufgestockt wurde. Sie lobten auch das gebührenfreie Gesundheitswesen und Verbesserungen bei der medizinischen Versorgung sowie Verbesserungen im Wohnungs- und Straßenbau und in der Straßensanierung.

Dieses Lob für die Regierung Präsident Daniel Ortegas (der in dem Brief nicht namentlich genannt wurde) wurde jedoch überschattet von der schwerwiegenden Kritik an „Finsternis und Schatten“, die sich nach Meinung der Bischöfe in Nicaragua ausbreiten. Als Erstes weisen die Bischöfe mit Nachdruck auf Hunger und extreme Armut hin, die nach ihrer Auffassung allerdings teilweise weltweite Ursachen haben. Extreme wirtschaftliche Bedingungen führten, so die Bischöfe, zu weiteren Problemen; dazu gehören Gewalt in der Familie, vorzeitiger Schulabbruch, erzwungene Wanderbewegungen, Landbesetzungen und Drogenhandel.

Des Weiteren kritisierten die Bischöfe das Niveau der politischen Auseinandersetzung, das bestimmt wird von Kränkungen und Beleidigungen. Sie wiesen darauf hin, dass der Mangel an Transparenz in der Verwendung der aus dem Ausland erhaltenen Gelder zu einem Vertrauensverlust seitens der internationalen Geberländer führe. „Mit großer Sorge,“ so die Bischöfe, „stellen wir eine Rückkehr zu längst überwunden geglaubten Formen autoritären Verhaltens fest,“ und sie fuhren fort: „Weder sollten unterschiedliche Meinungen als destabilisierend angesehen werden noch sollte denjenigen ständig mit Kränkungen und Beschuldigungen begegnet werden, die nicht auf der Seite der Regierung stehen.“

Als Nächstes riefen die Bischöfe die Bürger auf, sich im November an den bevorstehenden Gemeindewahlen zu beteiligen, und die Regierung forderten sie auf, „sich genau an die Regeln zu halten, die freie und transparente Wahlen garantieren,“ und die größtmögliche Anzahl nationaler und internationaler Beobachter zuzulassen. Schließlich forderten die Bischöfe die Medien auf, wahrheitsgemäß, objektiv und professionell zu berichten, damit eine informierte Wählerschaft erreicht wird.

Georgina Munoz, Vorsitzende der Zivilen Koordination, erklärte, der Brief der Bischöfe komme spät, aber er sei wichtig; denn er weise deutlich auf die Realität hin, mit der die Menschen in Nicaragua konfrontiert sind; dazu gehöre Armut, Ungerechtigkeit, Mangel an Anerkennung der Institutionen und die Weigerung, sich mit den Menschen auseinanderzusetzen. Der Brief zeige sehr deutlich den „Zweifel der Leute an der Rechtmäßigkeit der bevorstehenden Gemeindewahlen.“

Der Parlamentsabgeordnete Victor Hugo Tinoco von der Sandinistischen Befreiungsbewegung (MRS) sagte, der Pastoralbrief stelle so etwas dar „wie die Öffnung eines Fensters in einem dunklen Raum, so dass Licht und Luft hereinkommen können, um die Lage in Nicaragua zu verändern.“ Eduardo Montealegre, Kandidat der Liberalen Allianz für den Bürgermeisterposten in Madrid, wies mit Nachdruck auf die Tatsache hin, dass der Bischof die Bevölkerung aufruft, im November von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen und sich nicht zu enthalten.

Roberto Courtney, Vorsitzender der nationalen Wahlbeobachter-Gruppe Ethik und Transparenz, sagte, er hoffe, der Brief werde die Regierung davon überzeugen, dass sie auf die Bischöfe hören müsse, „statt alle diejenigen, die vernünftige Vorschläge machen, zu disqualifizieren.“ (La Prensa, 15. August; El Nuevo Diario, 15. August)

Ortega fordert politische Kritiker zu politischen Vorschlägen auf

Präsident Daniel Ortega forderte am 17. August seine politischen Gegner auf, konkrete politische Vorschläge zu machen, anstatt ständig die Art und Weise, wie er das Land regiert, zu kritisieren. Er sagte, die ständige Kritik seitens der Opposition sei parteipolitischer Natur und enthielte keine Vorschläge, wie man die schwierige Lage, in der sich das Land befinde, in den Griff bekommen könne. Er erklärte, seine Opponenten spielten die Rolle des „Herrn, der gegen alles opponiert“. Seine Aufforderungen formulierte er bei der Einweihungsfeier eines Überlaufbeckens am Apanas-See im Departamento Jinotega. Die Tageszeitung La Prensa schrieb, Ortega fordere zum Dialog auf, zeige dabei aber die gleiche „aggressive Haltung gegenüber der Opposition und der Zeitung La Prensa.“

Maximino Rodriguez, Fraktionsführer der Liberal-Konstitutionalistischen Partei in der Nationalversammlung, sagte, der Präsident solle die Voraussetzungen für einen nationalen Dialog schaffen, damit die Vorschläge der Opposition in die Regierungspolitik einbezogen werden können; andernfalls, fügte er hinzu, werde nichts erreicht.

Edmundo Jarquín, Koordinator der Sandinistischen Erneuerungsbewegung, bezeichnete Ortegas Erklärungen als positiv; denn sie eröffneten die Möglichkeit, dass er diejenigen anhört, die anderer Meinung sind als seine Regierung. Er fügte hinzu, seine Partei habe seit Ortegas Amtsübernahme viele Vorschläge gemacht; einige davon seien von der Regierung aufgegriffen worden, wenn auch mit Verspätung und zögerlich. Einer davon war, das Geld aus Venezuela zur Subventionierung von Öl und Dienstleistungen im Elektrosektor zu verwenden, was die Regierung zehn Monate später realisierte. Jetzt schlug Jarquín der Regierung vor, die Befreiung von der Einkommenssteuer von 2 560 US-Dollar pro Jahr auf 10 520 US-Dollar pro Jahr zu erhöhen. Jarquín sagte, davon würden 55 000 Menschen, die aufgrund der Inflation erlebt haben, wie die Kaufkraft ihrer Löhne geschrumpft ist, profitieren.

Der liberale Abgeordnete Francisco Aguirre Sacasa sagte, er sei optimistisch und hoffe, dass die Veränderung in der politischen Auseinandersetzung anhalte. Er forderte dazu auf, die Lasten gerechter zu verteilen und, unter anderem, einen nationalen Energieplan zu erstellen. Eduardo Montealegre, Kandidat der Liberalen Allianz für das Amt des Bürgermeisters von Managua, meinte jedoch: „Die Vorschläge sind da, aber Ortega praktiziert sie nicht“, und er fügte hinzu: „ Er hört nur auf Hugo Chavez.“. (La Prensa, 17. August; El Nuevo Diario, 17. August)

Spannungen je näher die Gemeindewahlen rücken

Die Liberal-Konstitutionalistische Partei (PLC) forderte vergangene Woche den Präsidenten des Obersten Wahlrats Roberto Rivas auf, diejenigen Menschen wegen Wahlbetrugs anzuzeigen, die Wähler-Unterschriften gefälscht haben, um „unter falschen Voraussetzungen eine Adressen-Änderung zu beantragen.“ Laut Angaben der PLC haben Beamte des Wahlrats während des Wähler-Verifizierungsprozesses, der am 26. und 27. Juli stattfand, Straftaten begangen. Laut einer PLC-Veröffentlichung „haben sandinistische Bürgermeister nicaraguanischen Staatsbürgern auch das Recht verweigert, ihre Anträge auf Ausstellung einer Geburtsurkunde einzureichen.“

In der vergangenen Woche hatten PLC-Funktionäre behauptet, dass in den Anträgen auf Adressenänderung bei 80 000 Menschen in verschiedenen Gemeinden des Landes Auffälligkeiten festgestellt worden sind. Der PLC-Vizevorsitzende Wilfredo Navarro sagte, dass die Änderungen auf der vorläufigen Liste, die am 10. August beim Obersten Wahlrat eingereicht wurde, nicht vorgenommen worden waren. Das sei laut Navarro, Teil der Machenschaften der sandinistischen Partei, um auf die Anzahl der Wähler in denjenigen Gemeinden Einfluss zu nehmen, in denen die PLC knapp gewonnen hatte.

Zum Beispiel, so Navarro, „nahm der FSLN-Kandidat in El Rosario in Carazo alle Familienmitglieder, die er in Managua hatte, und ließ sie sich beim Wahlrat in El Rosario einschreiben.“ Er sagte, auch in Rosario gaben mehr als 60 Menschen als Adressen Orte an, die sich als Weiden, Müllgruben und sogar Tier-Friedhöfe herausstellten.

Die PLC-Fraktion in der Nationalversammlung kündigte an, sie werde Außenminister Samuel Santos und den Obersten Wahlrat auffordern zu erklären, warum sie sich so hartnäckig geweigert haben, mehr internationale Wahlbeobachter-Gruppen ins Land zu lassen, und warum nationalen Beobachter-Gruppen, dazu gehören ‚Ethik und Transparenz’ und das ‚Institut für Entwicklung und Demokratie’ (IPADE), so viele Steine in den Weg gelegt wurden. Navarro sagte, die Auffälligkeiten bei der Verifizierung der Wähler, der Mangel an Beobachtern und die komplette Kontrolle der Struktur der Wahlen durch die Regierungspartei …, all das könnte dem Ansehen des Wahlrats schaden.

Der Wahlkalender lässt Parteien und Bürgern bis 10. September Zeit, ihre Einwände gegen die vorläufige Liste vorzubringen oder Ergänzungen einzureichen. Danach können Parteien und Einzelpersonen bis 30. September Einwände gegen die geänderte Liste vorbringen.

In der Autonomen Nordatlantikregion (RAAN), wo erst am 18. Januar gewählt wird, hat unterdessen Brooklyn Rivera, der Vorsitzende der Yatama-Partei, erklärt, seine Partei erwarte, dass sie in den Gemeinden der Region gewinnt; er wies allerdings darauf hin, dass die schleppende Ausgabe der Wähler-Ausweise eine geringe Wahlbeteiligung zur Folge haben könnte. Hohe PLC-Funktionäre sagten, Yatama könnte seinen Rechtsstatus verlieren, wenn die Partei weiterhin eigene Kandidaten ernennt. Der PLC-Vorsitzende und Ex-Präsident Arnoldo Aleman erklärte, Yatama sei Teil der Wahl-Allianz mit der sandinistischen Partei, und das Wahlgesetz lege fest, dass eine Partei in einer Wahl, an der auch die Allianz teilnimmt, keine eigenen Kandidaten aufstellen könne. Rivera entgegnete: „Wir müssen unsere Identität als indigene und regionale Partei bewahren. Nur in nationalen Wahlen werden wir Teil der Allianz sein.“ Yatama ernannte eigene Kandidaten für die Bürgermeister- und Vizebürgermeister-Posten und für die Stadtparlamente in den Gemeinden Puerto Cabezas, Waspam und Prinzapolka.

Edwin Castro, sandinistischer Fraktionsvorsitzender in der Nationalversammlung, vertritt ebenfalls die Meinung, dass Yatama das Recht hat, eigene Kandidaten für die drei Gemeinden aufzustellen, auch wenn sie ein Bündnis mit seiner Partei geschlossen hat. „Sie ist eine Partei der autonomen Region, und sie ist dazu befugt,“ sagte er.

Am 14. August erklärte Eduardo Montealegre, er werde seine Kandidatur für den Bürgermeisterposten von Managua nicht an die Liberale Allianz, die von der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) angeführt wird, abtreten. Die Liberalen hoffen, 100 der 153 über Wahlen zu besetzenden Bürgermeisterposten für sich zu gewinnen, und es wird gemunkelt, dass die PLC ohne Rücksprache mit anderen Parteien den Wahlrat aufgefordert hat, annähernd 100 Kandidaten für Bürgermeister- und Vizebürgermeisterposten sowie für Gemeindeparlamente auszutauschen, darunter 40 Mitglieder der Lasst-uns-mit-Eduardo-gehen-Bewegung. Eliseo Nunez wies darauf hin, dass, wenn das Gerücht stimmt, dass die PLC einen Austausch vorgenommen hat, die Koalition „ernsthaft gefährdet“ wäre.( El Nuevo Diario, 11., 14., 17. August; La Prensa, 12., 14., 15. August)

Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Übersetzung: Agnes Bennhold.
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