Meldungen aus Nicaragua vom 10.11.2008

  1. Haushoher Sieg der Sandinisten bei Gemeindewahlen am Sonntag; internationale Beobachter erklären: kein Wahlbetrug; Liberale zweifeln Ergebnisse an
  2. Fifteen Nicaraguans die in burning bus in Guatemala
  3. Russischer stellvertretender Ministerpräsident zu Besuch; Kadetten der Armee verlassen Nicaragua zum Studium in Russland
  4. Saison der Kaffee-Ernte beginnt mit Problemen
  5. Civil society leaders report threats and break-ins
  6. U.S. Labor Department gives US$5 million to Project Love effort to end child labor
  7. IDB finances study to reactivate railroad in Mesoamerica
  8. US Ambassador predicts effects of financial crisis on Nicaragua
  9. Microfinance institutions to loan less due to economic crisis

Haushoher Sieg der Sandinisten bei Gemeindewahlen am Sonntag; internationale Beobachter erklären: kein Wahlbetrug; Liberale zweifeln Ergebnisse an

Laut jüngstem Bericht des Obersten Wahlrats Nicaraguas (CSE), veröffentlicht am Montag Abend, hat die Sandinistische Partei (FSLN) bei den Wahlen am Sonntag, dem 9. November, in 94 Gemeinden gesiegt, darunter in der Hauptstadt Managua, wo Alexis Arguello Eduardo Montealegre eine Niederlage bereitete, und in neun weiteren Departamento-Hauptstädten.

CSE-Präsident Roberto Rivas erklärte, dass Montealegre, der Kandidat der Liberalen Allianz, der dem FSLN-Kandidaten Arguello unterlegen ist und die Ergebnisse anzweifelte, seine Beschwerden nach den Regeln des Wahlgesetzes beim CSE einreichen solle. In den früheren Stunden am Montag, als die Wahlzettel in 69% der Wahlbezirke von Managua ausgezählt waren, hatte der CSE berichtet, dass Arguello in Managua 51,3% der Stimmen erhalten hatte, Montealegre 46,45 %. Bei einer CID-Umfrage, die am Freitag vor den Wahlen veröffentlicht und zwischen dem 31. Oktober und dem 2. November durchgeführt worden war, sprachen sich 40% für Arguello und 38% für Montealegre aus; 20% waren noch unentschieden.

Laut CSE haben die Sandinisten u.a. in folgenden Städten gesiegt: Ciudad Sandino, Tipitapa, Boaco, Jinotepe, Diriamba, Chinandega, Chichigalpa, El Viejo, Somotillo, Rivas, San Juan del Sur, Estelí, Condega, San Juan de Limay, León, Nagarote, Telica, Somoto, Palacaguina, Telpaneca, Yalaguina, Masatepe, Niquinohomo, Matagalpa, Ciudad Darío, San Ramón, Esquipulas, Muy Muy, Ocotal, Jalapa, Kukra Hills, Corn Island und San Carlos.

Die Liberalen gewannen u.a. in Corinto, Juigalpa, Santo Tomas, La Trinidad, Jinotega, El Cua, San Rafael del Norte, Wiwilí, Masaya, Matiguás, Rio Blanco, Ciudad Antigua, Bluefields, Bocana de Paiwas, El Rama, Muelle de los Bueyes, El Castillo. Aus El Sauce lagen erst wenige Rückmeldungen vor.

Wahlbeobachter aus mehreren lateinamerikanischen Ländern, die der CSE eingeladen hatte, betonten, dass beim Auszählen der Stimmen kein Betrug vorgekommen sei. Die Beobachter vertraten das Komitee Lateinamerikanischer Wahlexperten (CEELA), das Quito-Protokoll und das Tikal-Protokoll; sie setzten sich zusammen aus Präsidenten südamerikanischer, zentralamerikanischer und karibischer Wahlgerichte. Die Beobachter erklärten: „Die Logistik war gut geplant und gut gehandhabt,“ und sie fügten hinzu: „Wir fanden keine Gebiete, in denen das Wahlgeheimnis der Bürger verletzt wurde, was ein extrem wichtiger Grundsatz beim Wahlvorgang ist; auch wurde, nach unserer Feststellung, nirgends Zwang auf die Wähler ausgeübt.“ Die Beobachter fassten ihre Erfahrungen folgendermaßen zusammen: „In den Orten, in denen wir als Beobachter tätig waren, kam es zu keinem Fall von Betrug, und wir sind der Meinung, dass jede politische Partei, die den Vorwurf des Betrugs erhebt, verpflichtet ist, dafür vor den zuständigen Gremien Beweise zu liefern.“ Am 5. November hatte der CSE bekanntgegeben, dass keine nationale Beobachtergruppe zu den Wahlen zugelassen werde und dass faire Wahlen durch Wahlbeamte und Wahlbeobachter der konkurrierenden politischen Parteien gewährleistet würden. Mehrere Gruppen, darunter „Ethik und Transparenz“ sowie das Institut für Entwicklung und Demokratie (IPADE), hatten Anträge auf Wahlbeobachtung gestellt.

Unterdessen erhob die Opposition den Vorwurf des Wahlbetrugs. El Nuevo Diario sagte, dass einige Wahllokale erst nach geheimen Absprachen geöffnet wurden, andere schlossen, als Leute noch Schlange standen. Die Zeitung behauptete, dass einige Wahlhelfer beschädigte Personalausweise anerkannten, wenn sie sicher waren, dass die Wähler für die Sandinisten stimmten, aber Ausweise derer, von denen sie annahmen, dass sie für die Opposition stimmen würden, nicht anerkannten. Die Zeitung berichtete, dass einige Wahlbeobachter in Managua und León abgewiesen wurden, weil ihr Name auf ihrem Berechtigungsausweis falsch geschrieben war, und dass nur Wahlbeobachter akzeptiert wurden, die keine Kritik äußerten. Die Tageszeitung behauptete, dass einige Wahllokale vorzeitig schlossen, Wahlbeobachter der Opposition abgewiesen wurden und sandinistische Wahlbeamte und Wahlbeobachter die Auszählung unter sich vorgenommen haben. Die Zeitung zitierte den Verband Ethik und Transparenz, der behauptete: „Die Wahlen waren die irregulärsten, um nicht zu sagen betrügerischsten, die wir seit den Zeiten Somozas hatten.“ Schlussendlich schickte Ethik und Transparenz Wahlbeobachter ohne Berechtigungsausweise los, denen, als sie die Wahllokale betreten wollten, der Zugang verwehrt wurde.

Am Montag, als allmählich die Ergebnisse bekannt wurden, kam es zu Ausschreitungen. Laut La Prensa kam es in Managua zwischen Sandinisten und Liberalen zu Zusammenstößen mit Schusswaffen, Stöcken und Steinen, und zwar vor dem Wahlkampfbüro von Montealegre. Dort hatte Montealegre die Wahlbehörde beschuldigt, sie habe vor, „zu betrügen“. Laut ersten Berichten am Montag Abend, darunter auch Berichte von Radio BBC, kam es zu zwei Todesfällen. Aber spätere Berichte sprachen nicht von Toten, sondern von vier Verletzten. In Matagalpa wurden Sandinisten, die vor einem Wahllokal auf die Ergebnisse warteten, von einer Unterstützer-Gruppe der Liberalen angegriffen. 200 Menschen mischten sich in den Tumult, ehe die Polizei dem Ganzen ein Ende setzte. (Radio La Primerísima, 5., 7., 11. November; El Nuevo Diario, 10. Nov.; La Prensa, 10. November)

Russischer stellvertretender Ministerpräsident zu Besuch; Kadetten der Armee verlassen Nicaragua zum Studium in Russland

Präsident Daniel Ortega und Vizepräsident Jaime Morales Carazo trafen sich mit einer Abordnung der Russischen Föderation, die von dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Igor Sechin geführt wurde. Es war Sechins zweiter Besuch in Nicaragua während der vergangenen Monate. Er sagte, es sei ein Arbeitsbesuch, um mit den Vorbereitungen für Ortegas Januar-Besuch in Moskau zu beginnen. „Wir haben verschiedene Arbeitsgruppen eingesetzt, um Vorschläge zu Themen wie Energie, Bergbau, Landwirtschaft, Fischerei, Transport u.a zu erarbeiten,“ erklärte Sechin und fügte hinzu: „Wir sind bereit, langfristige Beziehungen aufzubauen, wobei es uns einerseits um unsere jeweiligen Interessen geht, andererseits um eine vertrauensvolle Beziehung zwischen unseren beiden Ländern.“

Einer der Aspekte der russisch-nicaraguanischen Zusammenarbeit wurde gestern von der Armee bekanntgegeben, die ein Kommunikee herausgab, in dem erklärt wurde, dass 14 Kadetten der Militär-Akademie der Armee am 6. November Nicaragua für eine sechsjährige Ausbildung in Russland verlassen haben, um danach als Piloten, Militäringenieure und Experten auf weiteren Gebieten wie zum Beispiel der Artillerie zurückzukehren.

Ortega seinerseits sagte, bei den Gesprächen zwischen den Nicaraguanern und den Russen sei es um das langerträumte Projekt des interozeanischen Kanals und andere Projekte, wie zum Beispiel die Fertigstellung des Flughafens von Punta Huete im Norden von Managua, gegangen. Sechin verließ Managua am Samstag, um nach Cuba, Venezuela und Bolivien weiterzufliegen. (Radio La Primerísima, 7. November; La Prensa, 8. November)

Saison der Kaffee-Ernte beginnt mit Problemen

Die Saison der Kaffee-Ernte begann vor dem Hintergrund niedriger Kaffeepreise, die vor allem auf die Krise auf den internationalen Finanzmärkten zurückzuführen sind, und Analysten sagen voraus, dass der Preis für den Rest des Jahres niedrig bleiben wird. Laut einem Bericht über Preise, der vom Nationalen Kaffee-Rat (Conocafe) verfasst worden ist, haben der schwache Dollar, der hohe Ölpreis und, nach Angaben von Kaffeebauern, eine Flut minderwertigen vietnamesischen Kaffees Auswirkungen auf den Preis künftigen Kaffees. Laut Angaben der Welt-Kaffee-Organisation hat die Nachfrage nach Kaffee weltweit um 3,4% abgenommen. Nicaragua wird in diesem Jahr voraussichtlich etwa 1,6 Millionen Zentner Export-Kaffee produzieren, etwa 300 000 Zentner weniger als letztes Jahr.

In diesem Jahr machen sich die Kaffeebauern Sorgen, dass ihr Verdienst niedriger ist als die Produktionskosten. Nach drei Jahren hoher Preise, mit bis zu 160 US-Dollar je Zentner, fiel der Preis in der letzten Woche auf unter 110 US-Dollar je Zentner. Nicaraguanische Experten erklären, dass für etwa 17% des Kaffees, den das Land exportiert, zwischen 20 US-Dollar und 80 US-Dollar mehr als die genannte Summe bezahlt wird, weil es sich dabei um „speziellen Kaffee“, das heißt qualitativ erstklassigen Kaffee, handelt, Bio- oder fair gehandelten Kaffee.

Die Kosten für Dünger sind ebenfalls in die Höhe geschnellt. Laut Aussage des Abgeordneten der Liberal-Konstitutionalistischen Partei Freddy Torres „kosteten im letzten Jahr hundert britische Pfund (1 brit. Pfund = ca. 0,454 gr., d.Übers.) stickstoffhaltigen Düngers zwischen 15 und 17 US-Dollar. Heute sind es 40 US-Dollar.“ Der Verband der Kaffee-Produzenten hat dem Arbeitsministerium mitgeteilt, dass in dieser Saison ein Mindestlohn, der höher als 18 Córdobas (95 Cents) pro Container (ca. 1 Kubikmeter) liegt, die Ernte gefährden würde. In der letzten Ernte-Saison betrug der Mindestlohn 13,5 Córdobas plus Essen.

Walter Navas, Generalsekretär des Nationalen Kaffee-Rates, erklärt ebenfalls, dass die Produktionskosten beachtlich gestiegen sind. Produzenten im Norden des Landes müssen für den Transport von Arbeitern aus anderen Departamentos aufkommen, Ausgaben, die aufgrund des schlechten Zustands der Straßen und der hohen Benzinkosten gestiegen sind. Letzte Woche hat die Nationalversammlung einer zusätzlichen Summe von 7,56 Millionen US-Dollar für Straßenarbeiten nicht zugestimmt. Kaffeebauern sagen, dass es für ihren Bedarf dringend nötig wäre, dass 1 100 Kilometer Straße repariert werden.

Die Armee und die Nationale Polizei trafen sich mit Kaffeebauern, um mit ihnen Sicherheitsfragen für die Ernte zu diskutieren. Alljährlich erreichen während der Ernte Kaffee-Diebstahl, Raub und Überfälle ihren Höhepunkt. Nach Angaben der Nationalen Polizei wurden im vergangenen Jahr 3 500 brit. Pfund Kaffee gestohlen. Der für die ländlichen Gebiete zuständige Sicherheits-Chef der Nationalen Polizei Marlon Montano bestätigte, dass die Polizei sechs kriminellen Gangs, die zwischen Matagalpa und Jinotega operieren, auf der Spur ist und ihre Patrouillen verstärken wird. Walter Navas, Generalsekretär von Concafe, betonte, dass die schlechten, schlammigen Straßen, auf denen Reisende stecken bleiben, die bevorzugten Gebiete für Raubüberfälle sind. Die Armee hat 1 500 Soldaten zur Verstärkung der Polizei während der Erntesaison abgeordnet.

Laut Landwirtschaftsminister Ariel Bucardo hat die Regierung von Präsident Daniel Ortega mit einer Investition von über 100 Millionen US-Dollar in diesem Jahr ein ehrgeiziges Reaktivierungsprogramm für den Kaffeesektor auf den Weg gebracht. Im vergangenen Jahr haben die Kaffeeproduzenten gegen die Einführung einer 15prozentigen Steuer protestiert. In diesem Jahr fordern sie, dass die Steuer wegen der sich abzeichnenden schlechten internationalen Marktverhältnisse suspendiert wird. (La Prensa, 5. + 8. November)

Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung: Agnes Bennhold, Peter Schulz, Rudi Kurz.
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