Meldungen aus Nicaragua vom 07.04.2008

  1. Violence erupts in Bilwi over proposal to postpone municipal elections
  2. Widersprüche bei den CENIS-Schulden werden deutlicher, je näher der Zahlungstermin rückt
  3. IWF akzeptiert Gehaltserhöhung von 16% im öffentlichen Dienst; Regierung bittet um mehr Gelder für RAAN
  4. Pestizidopfer erheben Beschwerde gegen Mitgliedsorganisation der Weltbankgruppe
  5. Transportation Ministry announces ambitious plans for road maintenance with international support
  6. Saca, Zelaya and Ortega meet to discuss development of Gulf of Fonseca
  7. Ortega calls on South American Presidents to overcome dispute through dialog

Widersprüche bei den CENIS-Schulden werden deutlicher, je näher der Zahlungstermin rückt

Der Präsident der Nicaraguanischen Zentralbank, Antenor Rosales, traf sich am 2. April mit den Richtern der Verfassungskammer des Obersten Gerichts, um die schwierige Angelegenheit der Zahlungen des Staats auf die CENIS-Papiere (Staatliche Schuldverschreibungen) zu erörtern. Während der Besprechung wiederholte Rosales seine Position, dass der Staat weiterhin die CENIS-Schulden bedienen müsse, bis es ein Gesetz gibt, das die Zahlungen verhindere. Laut Rosales würde ein neuer Gerichtsbeschluss, der die Zentralbank auffordert, die Zahlungen auf die Schulden auszusetzen, gegen das allgemeine Gesetz zur Regelung von Schuldverschreibungen verstoßen. Das Gesetz führe "mit aller Klarheit aus, dass kein Boykott, keine Beschlagnahmung, kein abgegebenes Versprechen oder eine Vererbung ..., dazu führen dürfe, dass selbst eingegangene Verpflichtungen zur Zahlung nicht eingehalten werden."

Rosales berichtete außerdem, dass der Aufsichtsrat der Zentralbank (zu dem neben Rosales, dem Finanzminister Alberto Guevara auch Enrique Salvo, Javier Morales und Evenor Valdivia gehören) bisher die Neuverhandlung der CENIS-Schulden nicht genehmigt habe, die vor kurzem mit den Privatbanken vereinbart worden war, die CENIS-Papiere halten. Die Neuverhandlung würde den Zinssatz von 8,23% auf 7,23% senken und den Zeitraum der Rückzahlung der Schulden durch die Regierung auf zehn Jahre begrenzen. In Folge der Neuverhandlung müsste die Regierung dieses Jahr nur 5 Millionen US-$ statt 48 Millionen US-$ für die Schuld zahlen. Rosales erklärte jedoch, dass der Aufsichtsrat die Neuverhandlung nicht genehmigt habe, weil seine Vorgänger, die eine ähnliche Neuverhandlung während der Regierung von Enrique Bolaños (2001 - 2006) genehmigten hätten, infolge der damaligen Neuaushandlung der Schulden wahrscheinlich wegen einer strafbarer Tat verfolgt würden (und deshalb wird wohl das rechtsgültig), was allgemein als eine verbotene Verschuldung bezeichnet wird.

Als Ergebnis sagte Rosales, dass die Zentralbank die nächste Zahlung auf diese Schulden (etwa 20 Millionen US-$) auf den 15. April festgesetzt habe. Er sagte, dass diese Entscheidung von dem Wunsch getragen sei, dass deutlich werde, "Nicaragua wird als ein ... verantwortungsvolles und ernstes Land betrachtet ..., das seine [finanziellen] Verpflichtungen einhält."

Inzwischen kündigte der Präsident der Verfassungskammer, Francisco Rosales, an, dass das Gericht noch vor dem 15. April über die vom Büro des Obersten Rechnungsprüfers vorgebrachte Klage zum CENIS-Betrug entscheiden werde.

Am 3. April wiederholte auch Generalstaatsanwalt Hernan Estrada seine Position in der Sache, indem er ankündigte, dass das Büro des Generalstaatsanwalts (das Teil der inter-institutionellen Kommission zur Untersuchung des CENIS-Betrugs ist) noch vor dem 15. April aktiv werde, um sicherzustellen, dass der Staat die planmäßigen Zahlungen auf diese Staatsverschuldung nicht leiste. "Ich denke, dass die nicaraguanische Bevölkerung nicht will, dass [die Zentralbank] zahlt. ... Es ist wahr, dass es wichtig ist, was der Internationale Währungsfonds denkt, und es wichtig ist, was die Bankiers denken, aber was die Leute denken, ist wichtiger" sagte Estrada.

Der Staatsanwalt Armando Juarez, der die Untersuchung des CENIS-Betrugs durchführte, hatte vor kurzem angekündigt, dass die Untersuchung beendet worden sei und dass rechtliche Maßnahmen gegen jene Personen eingeleitet würden, die für dieses Verbrechen gegen den Staat verantwortlich seien. Er erwähnte dabei aber die Namen der Personen nicht. Juarez hatte es als besonders wichtig bezeichnet, dass die Zahlungen auf die Schulden ausgesetzt werden, weil es nicht mehr möglich sei, vom Staat ausgegebenes Geld wiederzuerlangen, wenn die Illegalität dieser Schulden festgestellt werde.

Die CENIS-Schulden entstanden, als der Staat Wertpapiere ausgab, um die öffentlichen Einlagen im nationalen Bankwesen nach der Bankkrise im Jahr 2000 während der Regierungszeit von Arnoldo Alemans zu sichern. Der ganze Prozess, zu dem das Auslösen des Zusammenbruchs von drei nationalen Banken, die Ausgabe, der Verkauf und die Neuverhandlung des Werts der Wertpapiere (CENIS) gehört, hat zum Entstehen einer Staatsverschuldung von 492 Millionen US-$ geführt und wird jetzt als der größte Finanzbetrug in der Geschichte von Nicaragua bezeichnet. Mehr als ein Dutzend Amtsträger und Privatbankiers, zu denen auch der Bürgermeister-Kandidat für Managua, Eduardo Montealegre, gehört, sammelten in Folge des Betrugs viele Millionen Dollar ein. (Kanal für nicaraguanische Nachrichten, CDNN 03.04.; Radio La Primerisima, 03.+04.04.; El Nuevo Diario, 03.04., La Prensa 04.04.)

IWF akzeptiert Gehaltserhöhung von 16% im öffentlichen Dienst; Regierung bittet um mehr Gelder für RAAN

Am 2. April kündigte der Präsident der nicaraguanischen Zentralbank, Antenor Rosales, an, dass der internationale Währungsfonds (IWF) die Entscheidung der nicaraguanischen Regierung akzeptiert habe, die Bezahlung der Arbeiter im öffentlichen Dienst um 16% zu erhöhen, obwohl anfangs jede Gehaltserhöhung, die über 12% liege, verboten worden war. Rosales gab jedoch zu, dass es mit der internationalen Institution immer noch "einige Differenzen" zwischen der Regierung und dem IWF über das Unterzeichnung einer Vereinbarung zu dem drei Jahr laufenden Wirtschaftsprogramm gäbe, das im Jahr 2007 beginnen sollte.

Rosales erklärte, dass es Diskrepanzen gäbe zwischen IWF und Regierung über die entsprechend einzuführenden Maßnahmen zur Kontrolle der Inflation. Auch sei der IWF enttäuscht über die Verzögerungen bei der Verabschiedung eines speziellen Gesetzes zur verantwortungsvollen Nutzung der Grundversorgung mit Elektrizität (des Antibetrugsgesetzes). Die Oppositionsparteien (die eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung haben) boykottieren die Abstimmung über dieses Gesetz gegenwärtig aus Protest gegen Pläne, die Kommunalwahlen in drei Städten der Nördlichen Autonomen Atlantischen Region (RAAN) zu verschieben.

Ebenfalls am 2. April drängte der Präsident des Obersten Rats der Privatunternehmer (COSEP), Jose Adan Aguerri, die Oppositionsparteien dazu, das Antibetrugsgesetz zu verabschieden, um die Auszahlung von 100 Millionen US-$ (vom IWF und anderen internationalen Institutionen und Geberländern) im Mai zu ermöglichen. Er sagte: "In Fällen wie diesem findet die politische Klasse immer einen Weg, Wirtschaft und Politik zu mischen, ... wir hoffen, dass die politische Klasse, die uns in diese Situation gebracht hat, uns auch wieder herausführt."

Zum Abschluss kündigte Rosales an, dass die Regierung den IWF darum gebeten habe, die Gesamtsumme an ökonomischen Programmen von 113 US-$ auf 147 US-$ zu erhöhen, um mehr Geld für den Wiederaufbau und die Wiederherstellung der von dem Orkan Felix 2007 zerstörten Gebiete zu haben. Rosales sagte, dass er optimistisch sei, dass die Differenzen mit dem IWF überwunden würden und dass eine Vereinbarung, die die Grundlagen für die Fortsetzung des ökonomischen Programms lege und die für beide Parteien zufriedenstellend sei, im Mai in Washington bei dem dort stattfindenden Treffen unterzeichnet werden könne. (Radio La Primerisima, 01.+02.04., TV-Kanal 4, 02.04.)

Pestizidopfer erheben Beschwerde gegen Mitgliedsorganisation der Weltbankgruppe

Eine Gruppe von über 700 nicaraguanischen Zuckerplantagenarbeiter, deren Gesundheit in der Plantage "Ingenio San Antonio", aufgrund der unsachgemäßen Verwendung von Pestiziden schwerwiegend geschädigt wurde, haben eine Beschwerde gegen die Internationale Finanz-Corporation erhoben, die im Jahr 2006 der Gesellschaft 55 Millionen US-$ geliehen hatte, trotz der Verletzung von Umweltrechten, Menschenrechten und Arbeitsrechten. Ingenio San Antonio ist Teil der Nicaraguanischen Zuckerbesitz-Gesellschaft und Arbeitgeber der betroffenen Arbeiter.

Die Internationale Finanz-Corporation, die Teil der Weltbankgruppen ist, bezeichnet es als ihr Hauptziel, privatwirtschaftliche Investition in Entwicklungsländer zu fördern. Mit dem Darlehen von 55 Millionen US-$ an die Nicaraguanische Zuckerbesitz-Gesellschaft sollte die Produktion der Gesellschaft erhöht und eine Äthanolanlage gebaut werden. Die Nicaraguanische Zuckerbesitz-Gesellschaft gehört der Pellas-Familie, eine der reichsten und mächtigsten Familien in Nicaragua. [Neben Zucker produziert die Gesellschaft den beliebten Rum Flor de Caña.]

Das Hauptargument in der von den nicaraguanischen Arbeitern vorgebrachten Beschwerde ist es, dass die Epidemie des chronischen Nierenversagens unter Arbeitern der Ingenio San Antonio durch die unsachgemäße Verwendung von Pestiziden auf der Plantage verursacht wurde. Laut dem nicaraguanischen Verband der an chronischen Nierenversagen Leidenden, starben 2.677 frühere Arbeiter von Ingenio San Antonio im Laufe der letzten Jahre in Folge der Krankheit.

Unter anderem wird in der Beschwerde auch die nicaraguanischen Zuckerbesitz-Gesellschaft auch die Unterdrückung von Gewerkschaften, das Nichtbezahlen von Abgaben an die Rentenversicherung durch die Gesellschaft und die Verschmutzung von Böden und Wasservorräten in der Region in Folge der übermäßigen Verwendung von Pestiziden zur Last gelegt.

Der aktuelle Ombudsmann der Internationalen Finanz-Corporation muss nun innerhalb von fünfzig Tagen über die Beschwerde entscheiden, ungeachtet dessen ob die Beschwerde berechtigt war oder nicht. Wenn Beschwerden angenommen werden, führt dies in der Regel dazu, dass der Ombudsmann Empfehlungen ausspricht. (Radio La Primerisima, 02.04., www.rel-uita.org, 02.04.)

Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Übersetzungen: Agnes Bennhold, Peter Schulz, Rudi Kurz.
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