Meldungen aus Nicaragua vom 03.03.2008

IWF-Delegation beginnt zweiwöchige Begegnungsrundreise mit der Regierung

Am 25.Februar begann eine Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF) unter der Leitung von Luis Cubeddu eine zweiwöchige Reise nach Nicaragua, während der die Delegationsmitglieder beabsichtigen, den bisherigen Fortschritt bei der Verwirklichung eines sich über drei Jahre erstreckenden wirtschaftlichen Abkommens zu beurteilen, das die Organisation mit der Regierung von Nicaragua im letzten Jahr unterzeichnet hat. Am 26.Februar sagte Antenor Rosales, Präsident der Zentralbank von Nicaragua, dass die Regierung und der IWF u.a. die wirtschaftlichen Ergebnisse von 2007 und die Aussichten für 2008 ebenso wie die Geld-, Lohn- und Steuerpolitik diskutieren würden. Während der Woche hielten sich die Vertreter des IWF mit Kommentaren gegenüber der Presse zurück. Aber am 27.Februar äußerte sich Luis Cubeddu doch und sagte, dass "die makroökonomische Politik“ der Regierung "weiterhin solide ist."

Am 26.Februar protestierten Beschäftige des Gesundheitswesens, Lehrer und Beschäftigte des Dienstleistungssektors außerhalb des Hauptquartiers der Zentralbank (, wo sich Regierungsvertreter und die IWF-Delegation trafen,) gegen die Einmischung des IWF in wirtschaftliche Entscheidungen der Regierung, besonders in Entscheidungen, die die Bezahlung des öffentlichen Dienstes betreffen. "IWF raus (aus Nicaragua)", riefen die Beschäftigten, die in ihrer Mehrheit zu den Gewerkschaften gehören, die der regierenden Partei der Sandinisten (FSLN) verbunden sind, wie z.B. die Föderation der Beschäftigten im Gesundheitswesen (FETSALUD), der Verband der Lehrer von Nicaragua (ANDEN) und die Nationale Arbeiterfront (FNT). Die Protestierenden kritisierten auch Rosales dafür, sich den Auflagen des IWF zu beugen.

In Übereinstimmung mit dem Wirtschaftsprogramm des IWF sollten die Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst dem Gesamtwirtschaftswachstum entsprechen und dürfen nicht über 12% liegen. Nach den Worten von Bayardo Arce, dem Wirtschaftsberater des Präsidenten, hat die Delegation des IWF ihre "Besorgnis" über die kürzlich angekündigte Steigerung der Löhne für die Beschäftigten im Gesundheits- und Bildungswesen von 12% auf 16% ausgedrückt. Die Führer von FETSALUD, ANDEN und FNT sagen, dass nur eine Lohnerhöhung von 30% die Inflation der letzten eineinhalb Jahre ausgleichen würde.

Am 27.Februar legte die Regierung dem IWF einen detaillierten Bericht über die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Venezuela vor (einschließlich des Imports von Öl aus Venezuela zu Vorzugszahlungsbedingungen), was nicht im nationalen Haushaltsplan erfasst ist. Nach den Worten von Rosales äußerte sich die Regierung vollkommen offen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. Bayardo Arce sagte, ohne weitere Einzelheiten zu erwähnen, dass die Delegation des IWF besorgt sei, dass die Kooperation mit Venezuela, sollte sie nicht in den Haushaltsplan aufgenommen werden, Inflation verursachen könnte, eine Behauptung, wie er sagte, die die Regierung nicht teilte.

Am 28.Februar kündigte Rosales an, dass die Regierung in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des IWF plane, das im Umlauf befindliche Geldaufkommen im Lande zu beschränken, um die Inflation zu bekämpfen. Rosales sagte, dass die Regierung das Ziel habe zu vermeiden, dass sich die Inflation im Jahre 2008 langsam in den zweistelligen Bereich schleiche, und dass, zusammen mit anderen Maßnahmen, die Beschränkung des im Umlauf befindlichen Geldaufkommens helfen werde, dieses Ziel zu erreichen, indem die Fähigkeit der Regierung erhöht werde, Staatsanleihen zu verkaufen. Einige Wirtschaftsanalytiker fürchten, dass die Maßnahme jedoch den Handel verringern und deshalb die Arbeitslosigkeit steigern wird.

Rosales kündigte auch an, dass er in Kürze eine weitreichende Debatte über mögliche wirtschaftliche Maßnahmen führen werde, die den Wechselkurs zum US-Dollar betrifft. Nach den Worten von Rosales haben Vertreter einiger Wirtschaftsbereiche empfohlen, die Einschätzung des Cordoba gegenüber dem Dollar zu ändern, oder aber sogar die Wirtschaft von Nicaragua zu dollarisieren.

Am 1.März schließlich verkündete Rosales, dass die Regierung von Nicaragua den IWF ersucht hätte dabei zu helfen, einen Fond für den Wiederaufbau und die Sanierung der Nordatlantischen Autonomen Region (RAAN) einzurichten, die im September 2007 vom Hurrikan Felix verwüstet wurde. Rosales sagte, dass die Regierung den IWF ersucht hätte, an einer internationalen Konferenz in Europa teilzunehmen, um einen Fond für die Opfer des Hurrikan einzurichten. Darüberhinaus habe die Regierung den IWF gebeten, mehr Fondgelder direkt für Nicaragua zu bestimmen, damit die Regierung den Wiederaufbauplan durchführen könne.

Weitere Einzelheiten über die Diskussionen zwischen der Regierung und dem IWF werden während der kommenden Tage erwartet, da der Besuch der Delegation des IWF in Nicaragua sich dem Ende nähert. (El Nuevo Diario, 26.+27.02., Radio La Primerísima, 26.,28.+29.02., Radio 580, 03.01., TV-Kanal 8, 03.03.)

Montealegre Bürgermeisterkandidat der PLC für Managua

Nach einer Woche politischer Ungewissheit und Verhandlungen in letzter Minute benannten die politischen Parteien von Nicaragua am 3.März ihre Bündnisse für die bevorstehenden Kommunalwahlen (,die für den 2.November diesen Jahres geplant sind). Am 2.März wurde bekannt gegeben, dass der frühere Präsidentschaftskandidat Eduardo Montealegre beschlossen habe, das Angebot des früheren Präsidenten Arnoldo Aleman anzunehmen, für das Bürgermeisteramt von Managua als Bewerber einer Allianz zu kandidieren, die von der Konstitutionellen Liberalen Partei (PLC) angeführt wird, deren Ehrenpräsident Aleman ist. Die Große Liberale Allianz besteht aus der PLC, der Bewegung "Wir sind für Eduardo" und der Mittelamerikanischen Einheitspartei (PUCA).

Anfänglich hatte Montealegre Alemans Angebot abgelehnt, das sich vielleicht angesichts der vielen Konflikte, die es zwischen den beiden Männern gegeben hat, als vergifteter Kelch erweisen kann. Schließlich jedoch hat Montealegre, dessen legaler Status als Präsident seiner eigenen Partei, der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN), ihm vor zehn Tagen durch eine Entscheidung des Obersten Wahlrates (CSE) aberkannt worden war, das Angebot akzeptiert, das Analytiker als seine einzige verbliebene politische Option beschrieben hatten. Das Bündnis wurde auf der Basis gegenseitigen Misstrauens gebildet, und Montealegres Position innerhalb des Bündnisses ist angesichts der Ergebnisse der jüngsten CSE-Entscheidung sehr schwach. Montealegre wird für das Amt des Bürgermeisters von Managua neben Enrique Quiñonez als Bewerber für den Stellvertreterposten kandidieren. Quiñonez ist einer der unverblümtesten Kritiker von Aleman in der PLC.

Die Bündnisse haben bis zum 14.März Zeit, ihre Kandidatenlisten aufzustellen, und einige Analytiker sagen voraus, dass Montealegre in letzter Minute von Aleman noch verraten werden wird. Sollte die Große Liberale Allianz in der Tat Montealegre als Kandidat für das Bürgermeisteramt von Managua aufstellen, besteht die große Möglichkeit, dass er auf seine Kandidatur verzichten muss, sollte der Generalstaatsanwalt gegen ihn gerichtlich vorgehen und ihn wegen Korruption im Zusammenhang mit seiner Verwicklung in den andauernden CENIS-Wertpapierskandal anklagen.

Die andere hauptsächliche politische Allianz, die sich beim CSE registrieren ließ, war die Allianz des Vereinigten Nicaraguanischen Triumphs unter der Führung der Partei der Sandinisten (FSLN). Dieses Bündnis besteht aus der FSLN, der Nationalen Konvergenz, der Demokratischen Christlichen Union, der Bewegung für Christliche Einheit, Yatama und einer Splittergruppe der Nationalistischen Liberalen Partei. Die Regierungssprecherin Rosario Murillo, die die Allianz in Begleitung des Kandidaten für das Bürgermeisteramt von Managua, des Boxers Alexis Arguello, registrieren ließ, sagte, dass 50% aller Kandidaten für das Amt der Bürgermeister und seiner Stellvertreter und der Gemeinderäte Frauen sein würden.

Drei andere kleinere Parteien meldeten am 3.März Allianzen an: die Sandinistische Erneuerungsbewegung MRS (, die eigene Kandidaten aufstellen wird trotz früherer Absichten, sich mit Montealegre zu verbünden), die Nicaraguanische Liberale Allianz ALN (, die auf eine Handvoll Mitglieder reduziert worden ist, nachdem Montealegres Position als Präsident der Partei für ungültig erklärt wurde), und die Alternative für einen Wechsel (AC). (El Nuevo Diario, 29.02., 03.03., Radio La Primerísima, 28.+29.02., 01.+03.03., Kanal für Nicaragua News (CDDN),03.03., Kanel 57 (100% noticias), 03.03.)

UN warnt vor einer Nahrungskrise in Mittelamerika wegen der schnell steigenden Lebensmittelpreise

Am 26.Februar veröffentlichte das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen eine Erklärung, in der sie vor der Möglichkeit einer Nahrungskrise in Mittelamerika wegen der steigenden Kosten von Grundnahrungsmittelprodukten wie z B. Getreide und Bohnen warnen. Nach den Worten dieser Organisation haben Studien gezeigt, dass auf Grund der verallgemeinerten Inflation des letzten Jahres, die sich besonders auf die Lebensmittelpreise ausgewirkt hat, die Bevölkerung von El Salvador heute nur 60% der Kalorienzahl wie im Mai 2006 verbraucht.

Als Reaktion auf die Möglichkeit einer regionalen Krise hat das Welternährungsprogramm eine Sonderkommission ins Leben gerufen, um die Lage im Blick zu behalten, und forderte die Internationale Gemeinschaft auf, mit den Regierungen und den Menschen der Länder Mittelamerikas zusammenzuarbeiten.

Das Ministerium für Landwirtschaft und Forstwesen von Nicaragua (MAGFOR),das ebenfalls über die Lage besorgt ist, kündigte die Einführung einer Politik für Lebensmittel- und Ernährungssicherheit und Souveränität an, die die Regierung verpflichten wird, Schritte zu unternehmen zu garantieren, dass die Bevölkerung Zugang zu Grundnahrungsmittelprodukten hat. Gegenwärtig wird die beabsichtigte Politik mit dem Ministerium für Handel und Gewerbe, den Räten für Bürgermacht aus dem Bereich der landwirtschaftlichen Kooperativen, der Gewerkschaft der Bauern und Viehzüchter (UNAG), der Vereinigung der Landarbeiter (ATC) und der Nahrungsmittel und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) beraten.

Nach den Worten von Julio Castillo, politischer Direktor von MAGFOR, basiert der Vorschlag auf der Voraussetzung, dass die wirksamste Art und Weise, Souveränität im Bereich der Lebensmittel und Nahrungssicherheit zu garantieren, die ist, die Erzeugung von Grundnahrungsmittelprodukten vor Ort zu steigern. Castillo sagt, dass diese Politik eine Verpflichtung von Seiten der Regierung darstellen wird, die Produktion von Lebensmitteln durch arme Familien im ländlichen Nicaragua zu ermutigen und zu erleichtern. (Radio La Primerísima, 02/26, 03/01)

Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Übersetzungen: Agnes Bennhold, Peter Schulz, Rudi Kurz.
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