Meldungen aus Nicaragua vom 28.01.2007

  1. Die Nationale Hafen-Gesellschaft ist bankrott
  2. IDB wird Nicaraguas Schulden um 984 Millionen Dollar reduzieren, aber befürchtet, dass das Land die nächste Auszahlung verliert
  3. Ortega übt heftige Kritik an internationaler Politik, aber fordert die internationalen Institutionen auch zu Flexibilität auf
  4. Initiative for cross-the-board salary adjustments
  5. Assembly approves changes to executive branch powers and special commission is named
  6. Therapeutic abortion: taking a second look
  7. Oil under the ALBA will be "free market oil"
  8. Increased mass of child laborers in the workforce

Die Nationale Hafen-Gesellschaft ist bankrott

Die Nationale Hafen-Gesellschaft (EPN) hat mehr als 55 460 000 US-Dollar Schulden und ist damit praktisch bankrott, so jedenfalls lautet der Finanz-Bericht, den die neuen Behörden dieser Einrichtung vorlegen.

Laut Virgilio Silva, dem Verwaltungsdirektor der EPN, hat die EPN einen "kritischen Punkt" erreicht, da nicht genügend Geld vorhanden ist, um in die Häfen zu investieren oder um Gerätschaften und Maschinen, die für die Aufrechterhaltung des regulären Betriebs nötig sind, zu reparieren. Der Vorsitzende der EPN erklärte: "Diese Gesellschaft ist geplündert und ausgeraubt worden; dadurch ist diese entsetzliche finanzielle Katastrophe entstanden." … "Es gibt nur sehr wenige Unterlagen, die helfen könnten, eine wirksame Kontrolle der vergangenen Geschäftszeit durchzuführen." Hinzu kommt, dass die Projekte, über die irgendwelche Unterlagen existieren, in der Vergangenheit herbe Kritik erfahren haben.

Virgilio Silva bestätigte, dass er Präsident Daniel Ortega gebeten habe, 77 Millionen US-Dollar in Form einer Anleihe zur Verfügung zu stellen, um die Krise, die der EPN droht, zu überwinden. Dabei ließ er auch die Möglichkeit offen, dass diese Anleihe das Ergebnis von Verhandlungen mit der Regierung von Venezuela ist.

Die neuen Behörden der EPN haben erklärt, auf den Mitarbeiter-Listen seien die Namen von Angestellten aufgeführt, die es nie gegeben hat. Sie seien von Präsident Bolanos eingestellt worden, und bestimmte Beamte hätten regelmäßig jeden Monat ihre Gehälter kassiert. Das habe wie am Schnürchen geklappt. Einer der wichtigsten Namen auf der Liste sei Carlos Lugo Marenco, der angeblich die Position des Stellvertretenden Direktors inne hatte und laut den Unterlagen der neuen Administration ein Monatsgehalt von 2 000 US-Dollar bezog. Aus der Liste geht auch hervor, dass die Hafen-Gesellschaft 13 500 US-Dollar an sieben nicht-vorhandene Angestellte auszahlte und außerdem 15 100 US-Dollar an elf weitere.

Filemón Bonilla Abarca, Sekretär des Nationalen Verbands der Hafen-Gewerkschaften, erklärte, er verfüge über die Konten, auf die monatlich 35 000 US-Dollar von der EPN an Amelia Alemán, die verstorbene Schwester des Ex-Präsidenten Arnoldo Alemán, überwiesen wurden.

Silva sagte abschließend, er habe dem Generalstaatsanwalt Hernán Estrada alle Unterlagen übergeben, die als Beweis-Stücke dienen können, dass von dem früheren Vorsitzenden Roberto Zelaya Blanco und anderen Funktionären der Gesellschaft 1 663 800 US-Dollar unterschlagen worden sind.. Nach Silvas Aussage "ist es dringend nötig, dass wir dieses Geld wieder in die Hand bekommen, um neue Gerätschaften zu kaufen … und um die Überprüfung der bisherigen Verwaltung abzuschließen". (El Nuevo Diario, 23. 1. 07; La Prensa, 24. 1. 07)

IDB wird Nicaraguas Schulden um 984 Millionen Dollar reduzieren, aber befürchtet, dass das Land die nächste Auszahlung verliert

Der Präsident der Nicaraguanischen Zentralbank Antenor Rosales gab diese Woche bekannt, dass die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (IDB) beschlossen hat, Nicaraguas Schulden um 984 US-Dollar zu reduzieren. Rosales erklärte auf einer Presse-Konferenz, dass die Schuldenstreichung auf der Konferenz des Verwaltungsrats der IDB zwischen dem 16. und 20. März in Guatemala zum Abschluss gebracht wird. Vorausgesetzt, dass dort die Zustimmung erfolgt, gilt die Streichung vom 1. Januar 2007 an. Er bemerkte, die durchschnittlichen jährlichen Ersparnisse betrügen zwischen 2007 und 2044 etwa 26 Millionen US-Dollar; dadurch würden nahezu 22 Millionen US-Dollar für Projekte der Armutsbekämpfung frei, die andernfalls an die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank gefallen wären.

Der Leiter der Zentralbank erklärte, dass die 984 Millionen US-Dollar sich zusammensetzen aus 786 Millionen an Geldern und198 Millionen an Zinsen, die 2044 auslaufen. Er fügte hinzu, dass sich die Gesamtschulden bei der IDB von 1,535 Milliarden US-Dollar auf 749 Millionen US-Dollar verringern; das bedeutet, dass die gesamte Höhe der Auslandsschulden von 4,525 Milliarden auf 3,739 Milliarden reduziert wird.

In einer Presse-Notiz vom 27. Januar kam Rosales noch mal auf das Thema zu sprechen. Dabei stellte er fest, dass das Land Gefahr läuft, die nächste Kredit-Auszahlung seitens der IDB von 24.5 Millionen US-Dollar zu verlieren. Er erklärte, dass die Gelder, die die IDB der bisherigen Regierung von Enrique Bolanos (2002-2007) für verschiedene Projekte zugesagt hatte, nicht "ordnungsgemäß" ausgegeben worden seien; deshalb sei die volle Auszahlung in Frage gestellt. Er fügte hinzu, dass die gegenwärtige Regierung von Daniel Ortega, die am 10. Januar an die Macht gekommen ist, die Projekte, die er nicht im Einzelnen nennen wollte, zu Ende führen werde, um die vom IDB zugesagten Kredite weiterhin zu erhalten. (El Nuevo Diario, 25.1.07; La Prensa, 27.1.07, 27. 1. 07)

Ortega übt heftige Kritik an internationaler Politik, aber fordert die internationalen Institutionen auch zu Flexibilität auf

Am 26. Januar während seines ersten offiziellen Treffens mit Delegationen der internationalen Gemeinschaft übte Präsident Daniel Ortega vor Vertretern der verschiedenen internationalen Finanz-Institutionen, vor Botschaftern und anderen in Nicaragua akkreditierten Diplomaten heftige Kritik an der Art und Weise, wie während der vergangenen 16 Jahre wirtschaftlich mit Nicaragua verfahren worden ist. In einer fast einstündigen Rede kritisierte Ortega vor allem die wirtschaftliche Vorgehensweise der von den USA bestimmten internationalen Finanz-Institutionen, die, wie er sagte, armen Ländern wie Nicaragua übergestülpt wird.

Ortega betonte, dass das neoliberale Vorgehen nicht im geringsten gerecht sei und während der vergangenen 16 Jahre in keiner Weise die angepeilten Ergebnisse gezeitigt hat. Er wies darauf hin, dass dieses Vorgehen zu größerer Armut und mehr Analphabetismus geführt und Nicaragua ins totale Abseits gebracht hat; außerdem wurde dadurch in den vorausgegangenen Regierungen die Korruption gefördert. Der Präsident forderte die Finanz-Institutionen auf, im Hinblick auf sein Wirtschaftsprogramm flexibel zu sein, die internationale Gemeinschaft forderte er auf, Nicaragua zu unterstützen, und an die diplomatischen Delegationen wandte er sich mit der Bitte, gegenüber den Plänen seiner Regierung aufgeschlossen zu sein.

Im Anschluss an Ortega nahm der US-Botschafter Paul Trivelli gegenüber den Medien zur Rede des Präsidenten Stellung. Er sagte: "Es wäre interessant, Näheres über die Art und Weise, wie die neue Regierung die Armut bekämpfen will, zu hören, damit wir als Geberländer dazu beitragen." Als Antwort auf Ortegas Aufforderung zu Flexibilität seitens der internationalen Organisationen erklärte er: "Bis jetzt wurden keinerlei Programme auch nur erwähnt, deshalb fehlen auch die Voraussetzungen, um flexibel zu reagieren."

Mirna Liévano, Vertreterin der IDB, stellte fest und bezog sich damit auf Ortegas Aufforderung zu Flexibilität, dass die IDB über mehr als 50 Jahre Erfahrung im Land verfügt und die Entwicklung Nicaraguas begleitet hat; sie betonte: "Seitens der Bank gibt es wirklich kein Überstülpen. Bei den Projekten handelt es sich um solche, denen die Regierung Vorrang gibt und uns dann um Unterstützung bittet. Das heißt: Wir unterstützen, was uns auf diese Weise vorgelegt wird."

Andererseits erklärte der Vertreter des IWF Humberto Arbuló, dass jede derartige Äußerung des Präsidenten eines Landes, das in Verbindung zum IWF steht, beunruhigt. Er sagte jedoch: "Ich kann derzeit noch keinerlei Stellung beziehen, ehe das Gesagte nicht schriftlich vor mir liegt und ich es gründlich studiert habe; denn es ist eine Sache, etwas mündlich vorgetragen zu bekommen, und eine andere Sache, es zu lesen. Es ist mir lieber, ich lese es zunächst, ehe ich offiziell Stellung nehme."

Im Hinblick auf die für Ende Januar vorgesehenen Verhandlungen mit dem IWF erklärte Bayardo Arce, der Wirtschaftsberater des Präsidenten, in einer weiteren Anmerkung, die Regierung Ortega habe beschlossen, das Treffen auf Mitte Februar zu verschieben, um Näheres über die Ergebnisse der IDB-Konferenz in Amsterdam, Holland, hinsichtlich der Schuldenstreichung für Nicaragua zu erfahren.

Arce betonte, es gebe keine strikte Tagesordnung, obwohl die Regierung Ortega ins Zentrum dieser Treffen "das Ankurbeln von Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen" stellen wird. Er erklärte, dass die FSLN die Bedingungen des IWF, sofern diese mit den genannten Schwerpunkten übereinstimmen, akzeptieren werde. Er fuhr fort, wichtig sei, "einerseits makro-ökonomische Stabilität zu sichern, um über eine lebensfähige Wirtschaft zu verfügen, andererseits eine funktionsfähige Regierung zu etablieren und festzustellen, auf welche Ressourcen wir dabei zurückgreifen können." Trotzdem war es ihm wichtig zu betonen, dass sie nicht die gleiche Haltung einnehmen werden wie die vorangegangenen Regierungen. (La Prensa, 27. 1. 07, 28. 1. 07; El Nuevo Diario, 27. 1. 07)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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