Meldungen aus Nicaragua vom 27.08.2007

  1. Zoll beschlagnahmt Vorratstanks von Exxon Mobil beim Versuch, Verhandlungsposition mit PETRONIC zu verbessern
  2. Arias and Ortega reopen bilateral relations despite ongoing historical discrepancies
  3. Taiwan möchte "allen verfügbaren nicaraguanischen Kaffee" importieren
  4. Aleman still the most powerful figure within Nicaraguan right wing
  5. Justizkomitee veröffentlicht Bericht über Entwurf zur Reformierung des Regierungsgesetzes
  6. Government to send proposal for three year economic program to IMF
  7. Over one million children without birth certificates
  8. Ministry of Agriculture distributes seeds to small farmers

Zoll beschlagnahmt Vorratstanks von Exxon Mobil beim Versuch, Verhandlungsposition mit PETRONIC zu verbessern

Am 17. August beschlagnahmten die nicaraguanische Zollbehörde (DGA) auf Veranlassung der Richterin für Zivil- und Arbeitsrecht in Chinandega, Socorro Toruño, einen Teil der Ölvorratstanks im Hafen von Corinto, die zum Besitz der multinationalen Gesellschaft Exxon Mobil gehören. Toruño ordnete die Beschlagnahmung als Reaktion auf unbezahlte Gewerbesteuer-Schulden der multinationalen Gesellschaft in Höhe von 2.909.482 US-$ an.

Nach neun Tagen der Verhandlungen zwischen Regierungsbeamten und Vertretern der Exxon Mobil - Zentrale gab es in der Presse Berichte der Zollbehörden und der Gemeindeverwaltung von Managua über weiteren Schulden von Exxon Mobil, die sich auf fast 20 Millionen US-$ belaufen. Diese Entwicklung führte zu Furore in der Presse und Warnungen der US-Botschaft, dass das "gute Investitionsklima" in Nicaragua "in Gefahr gerät" durch die vom Minister für Energie und Bergbau, Emilio Rappaccioli, am 26. August ankündigte Beschlagnahmung. Laut Rappaccioli gäbe es ein Übereinkommen von Exxon Mobil mit der Regierung, über die Zahlung der Steuern zu verhandeln, sobald die Anlagen der Gesellschaft in Corinto zurückgegeben würden. Die Existenz einer solchen Vereinbarung wurde jedoch von Exxon Mobil bestritten. Rappaccioli kündigte außerdem an, dass es Verhandlungen mit Exxon Mobil gäbe über die Nutzung der Tanks durch die halbstaatliche nicaraguanische Ölgesellschaft (PETRONIC), um dort venezolanisches Öl zu lagern.

Obwohl es von Ministern der Regierung, von Zoll und PETRONIC - Vertretern bestritten wurde, scheint es doch ziemlich offensichtlich zu sein, dass die Beschlagnahmung von Exxon Mobils Anlagen stattfand, um Druck auf die Gesellschaft auszuüben, mit PETRONIC über die Verwendung der Vorratstanks zu verhandeln (die mehrere Monate unbenutzt waren). Von der Presse wurde die Regierung dafür stark kritisiert, dass sie unehrliche oder hinterhältige Methoden anwende, um ihre Ziele zu erreichen. Laut El Nuevo Diario habe die Regierung damit demonstriert, dass es ihre bevorzugte Methode für Verhandlung sei, den Partnern "die Waffe an den Kopf zu halten".

Hinter den allgemeinen Schlagzeilen in den Medien steht jedoch die Tatsache, dass Nicaragua in einer Energiekrise steckt, die alle Wirtschaftssektoren in Mitleidenschaft zieht und die Gesellschaft Exxon Mobil, die ein Monopol auf die Ölverarbeitung hat und über 80% des Ölmarkts in Nicaragua kontrolliert, bisher keine Bereitschaft für eine Zusammenarbeit mit der Regierung gezeigt hat, um die bestehende Krise zu überwinden. Exxon Mobil hatte sich geweigert, Millionen Dollars an Steuern zu bezahlen, den Kreditrahmen für die Elektrizitätserzeuger auszudehnen und ihre ungenutzten Tanks an PETRONIC zu vermieten.

Etwa ein Jahr lang hat PETRONIC jetzt schon Öl aus Venezuela unter deutlich günstigeren Zahlungsbedingungen als Teil der Bolivarischen Alternative für die Amerikas (ALBA) importiert. Wegen dem Fehlen von Lagereinrichtungen waren jedoch die venezolanischen Tanker, die das Öl transportieren, gezwungen, pro Tag 100.000 US-$ Gebühren zu bezahlen, um im Hafen von Corinto zu bleiben, während das Öl mit Tanklastwagen abtransportiert wurde.

Bisher ist es unklar, wie die Minikrise gelöst werden kann. Als Richterin Toruño am 27. August versuchte, wie von Rappaccioli angekündigt, den beschlagnahmten Besitz an Exxon Mobil zurückzugeben, weigerte sich die Gesellschaft, die Tanks zurückzunehmen. Vertreter von Exxon Mobil sagten, dass die Gesellschaft die Rückgabe der Tanks nicht akzeptieren werde, bis das Öl von PETRONIC, das mit Erlaubnis des Zoll gegenwärtig in den Tanks gelagert würde, entfernt ist.

Mit der Warnung, dass die ökonomischen Beziehungen zwischen Nicaragua und den USA in Folge der gegen Exxon Mobil ergriffenen Maßnahmen "ernsthaft beschädigt" werden könnten, argumentierte der US-Botschafter Paul Trivelli, dass die US-Regierung die Möglichkeit habe, es als Bedrohung zu betrachtet, wenn die Ortega-Regierung die Energiekrise mit der Einfuhr von venezolanischem Öl überwinden wolle. Während der letzten zehn Tage geriet Nicaragua innerhalb des amerikanischen Kontinents ins Zentrum des Machtkampfs um die Kontrolle über die regionalen Energiemärkte. (Radio La Primerisima, 21.,23., 24.+27.08., Radio 580, 21.+24.08., La Prensa, 26.+27.08., El Nuevo Diario, 21.+27.08.)

Taiwan möchte "allen verfügbaren nicaraguanischen Kaffee" importieren

Am 27. August sagte der Präsident von Taiwan, Chen Shui-bian, dass sein Land bereit sei, allen auf dem internationalen Markt "verfügbaren nicaraguanischen Kaffee" zu importieren. Shui-bian kündigte auch an, dass eine taiwanesiche Delegation von Investoren und Technikern im September nach Nicaragua kommen werde, um nach Möglichkeiten zu suchen, die Produktion von Kaffee und andere landwirtschaftliche Waren im Land zu steigern.

Shui-bian, der am 26. August in Managua zu einem dreitägigen Besuch als Teil seiner Tour durch Mittelamerika ankam, um damit die taiwanesischen Beziehungen zu der Region zu konsolidiert, bezeichnete Präsident Daniel Ortega als seinen "besten Freund", und Nicaragua als "wichtigsten Verbündeten" [Nur einen Tag vorher hatte er dasselbe über El Salvador und seinen Präsidenten Elias Saca gesagt.] "Ich schätze dieses Land, die Wichtigkeit dieser (Sandinistischen) Regierung und die Unterstützung, die ich meinem Bruder, meinem besten Freund Comandante Daniel Ortega geben kann", sagte Shui-bian bei einer politischen Veranstaltung in Matagalpa am 27. August.

Bei der Veranstaltung wurden 250 Starter-Pakete an arme Bauernfamilien als Teil des Null-Hunger-Programms verteilt und Ortega dankte Shui-ban für die Schenkung seiner Regierung von 1,1 Mio. US-$ für das Regierungsprogramm zur Bekämpfung der extremen Armut. Ortega fuhr mit der Aussage fort, er hoffe, dass Nicaragua und Taiwan in der Lage seien, mit "fairen Handelsbeziehungen" als Teil dieser "neuen Phase der bilateralen Beziehungen" zu beginnen. Er bat auch darum, dass taiwanesische Anleger nicht nur in nicaraguanischen Freihandelszonen, sondern auch in Bereiche wie der Landwirtschaft und der Rinderzucht und in kleine und mittlere Unternehmen investierten. (La Prensa, 27.08., Kanal 4, 26.08.)

Justizkomitee veröffentlicht Bericht über Entwurf zur Reformierung des Regierungsgesetzes

Am 24. August veröffentlichte das von dem Abgeordneten der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC), Jose Pallais, geführte Justizkomitee der Nationalversammlung einen ersten Bericht über den Gesetzesvorschlag zur Reformierung des Regierungsgesetzes (Gesetz 290), mit dem versucht werden soll, die Einführung der von Ortegas Regierung initiierten Bürgerräte (CPCs) zu verhindern. Der Bericht wurde trotz des überwältigenden Übereinstimmung bei einer kürzlichen Befragung von zivilgesellschaftlichen Organisationen zu dem Thema erstellt, laut der dass sich die CPCs nicht in die Strukturen der Bürgerbeteiligung vor Ort einmischen würden, was bisher eines der Hauptargumente der Opposition gegen die CPCs ist.

Im Artikel 1 des Gesetzesvorschlages, der von der PLC, dem Nicaraguanischen Liberalen Bündnis (ALN) und der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) initiiert wurde, heißt es: "Es wird ausdrücklich verboten, dass die Regierung Räte als Struktur der Regierung mittels einer Regierungs-Verordnung einrichtet". Artikel 11 des Gesetzesvorschlages hebt die Notwendigkeit hervor, dass jeder Körper oder jede Organisation von Bürgern auf einer breiten politischen Basis stehen muss und dass die Mitglieder ohne Bezahlung oder persönlichen Nutzen aktiv sein müssen. Es heißt darin weiter, dass die Bürger keinerlei Privilegien erhalten sollen und dass die Regierung einzelne Organisationen der Bürgers nicht diskriminieren darf, z.B. durch aktivere Einbeziehung als andere Organisationen.

Interessanterweise schien das Justitzkomitee den Beratungen mit den Organisationen der Zivilgesellschaft während den letzten Wochen nur eine geringe Bedeutung beigemessen zu haben. Mehrere der befragten Organisationen hatten darin übereinstimmend betont, dass es gesetzlich unmöglich sei, die Einführung des CPCs zu verhindern, weil die Beteiligung an und die Interaktion mit den CPCs für Bürger und Institutionen gleichermaßen freiwillig sei. (El Nuevo Diario, 24.+25.08., Radio La Nueva Ya, 24.08.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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