Meldungen aus Nicaragua vom 26.11.2007

  1. Kampf um die Bürgerräte geht weiter
  2. Internationale Geber-Gruppe lobt Anti-Armutsprogramm der Regierung
  3. AMNLAE-Präsidentin gegen Verbot therapeutischer Abtreibung
  4. Conflicts continue within ALN and FSLN
  5. CECOCAFEN facilitates visit of US medical brigade
  6. Nicaragua to crack down on illegal harvesting of sea turtle eggs
  7. Garment industry conference held in Managua; Humboldt Center accuses factories of violating environmental laws
  8. Venezuelan donation helps alleviate food shortage

Kampf um die Bürgerräte geht weiter

Am 19. November hat die Nationalversammlung mit 52 Stimmen Präsident Daniel Ortegas jüngstes Veto gegen Gesetz 630 zurückgewiesen. Im Gesetz 630 hatte die Nationalversammlung erklärt, dass die Bürgermacht-Räte (CPCs) nicht ein struktureller Teil des Staates sein könnten. Die Räte wurden durch das im Januar von der Nationalversammlung beschlossene Gesetz 290 über Organisation, Zuständigkeitsbereich und Verfahrensweisen der Exekutive geschaffen. 37 der 38 sandinistischen Abgeordneten enthielten sich der Stimme, während einer, Gustavo Porras, mit seiner Stimme das Veto des Präsidenten unterstützte. Abgelehnt wurde das Veto des Präsidenten von den Abgeordneten der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC), der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN), der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) und zwei früheren MRS-Mitgliedern, die "Verbündete" der FSLN geworden waren, Juan Ramon Jimenez und Mario Valle.

Die CPCs würden jetzt nicht mehr Teil der Exekutive sein, aber könnten der Partei-Struktur der FSLN angegliedert werden, ohne Regierungsgelder oder offiziellen Status. Während der Debatte, die der Beschlussfassung vorausging, argumentierte der sandinistische Abgeordnete José Figueroa Aguilar, die Verfassung gebe dem Präsidenten die Möglichkeit, solche Einrichtungen zu schaffen, und den Bürgern das Recht, sich an den Entscheidungen der Exekutive zu beteiligen. Er nannte die Ablehnung des Vetos eine Einmischung der Legislative in die Angelegenheiten der Exekutive. Präsident Ortega nannte die Abgeordneten, die gegen die CPCs votierten, "reaktionär" und stellte die Verfassungsmäßigkeit des Beshlusses in Frage. Er sagte, der 30. November als Termin für die Einsetzung der CPCs als Teil seines Kabinetts stehe fest. Nach Angaben der Sprecherin und First Lady Rosario Murillo verfügen die CPCs inzwischen über eine Million Mitglieder.

Ramiro Silva, ein Abgeordneter der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN) erinnerte seine KollegInnen daran, dass sie selbst im Januar dem Gesetz, das die Einsetzung der Räte zulässt, zugestimmt haben.

Am 20. November hat das Berufungsgericht in Managua verfügt, dass der Präsident der Nationalversammlung René Núnez das Gesetz erst veröffentlichen darf, wenn das Oberste Gericht über zwei Einwände des Vorstands der CPCs entschieden hat. Die Verfassungskommission wird innerhalb von 60 Tagen über den ersten Einwand entscheiden, der nicht allzu bedeutsam ist; aber das gesamte Gericht wird über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes entscheiden; dafür steht ihm mehr Zeit zur Verfügung. Das Oberste Gericht ist ebenfalls zweigeteilt, es besteht aus acht FSLN-Richtern und acht PLC-Richtern.

Letzte Woche besuchte Ortega Costa Rica, um dort den Präsidenten des Landes Oscar Arias zu treffen. In einer Pressekonferenz am Ende des Besuchs kritisierte er die Gegner der CPCs; er beschuldigte führende Köpfe der Opposition, sie würden von der Regierung der Vereinigten Staaten finanziert. "US-Botschafter Paul Trivelli hat das selbst öffentlich zugegeben," stellte Ortega fest, "und er hat hinzugefügt, das sei die Unterstützung, die sein Land für die Demokratie zur Verfügung stellt."

Unterdessen haben führende PLC-Funktionäre den Rücktritt von Parlamentspräsident Rene Núnez gefordert. In dem Kommuniqué der Partei heißt es: "Die Liberale Partei ist der Meinung, dass der Präsident der Nationalversammlung seines Postens enthoben werden sollte, weil er die Veröffentlichung des Gesetzes (630) versäumte, gegen das Ortega ein Veto einlegte, das wiederum abgelehnt wurde." In den folgenden Tagen verweigerten die Abgeordneten von PLC, ALN und MRS zweimal das Quorum, um damit gegen das Versäumnis von Núnez, die Veröffentlichung des Gesetzes in Auftrag zu geben, zu protestieren.

Präsident Ortega reagierte darauf mit den Worten: "Wenn sie das Parlament paralysieren, zwingen sie mich, per Dekret zu regieren. Wenn sie die Gesetze, die dem Wohle des Volkes dienen, ablehnen, werde ich sie beschließen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht." Er fügte hinzu, es sei nicht der beste Weg, so weit zu gehen und die Gerichte entscheiden zu lassen.

In der Ausgabe von La Prensa vom 26. November wurde schließlich berichtet, dass Augusto Valle, ALN-Abgeordneter aus Matagalpa, geschworen hat, dass alle Mitglieder seiner Fraktion die Berufungsgerichte ihrer jeweiligen Departamente auffordern würden, die Einsetzung der CPCs am Freitag, 30. November, zu verbieten. Er nannte die CPCs politische Instrumente, die benutzt werden, um mit Geld aus der öffentlichen Schatulle Meinungen zu kaufen. Er sagte, er anerkenne das Recht, CPCs zu organisieren, aber nur als partei-interne Gruppen. (La Prensa, 21.11., 22.11., 23.11., 24.11., 26.11.: El Nuevo Diario, 20.11., 21.11., 24.11., 26.11.)

Internationale Geber-Gruppe lobt Anti-Armutsprogramm der Regierung

Die Budget-Unterstützer-Gruppe der Geberländer brachte ihr "völliges Vertrauen" in die nicaraguanische Regierung zum Ausdruck und sicherte die Zuweisung von etwas mehr als 100 Millionen US-Dollar Unterstützung für das kommende Jahr zu. Eine ihrer Prioritäten im Hinblick auf Unterstützung ist der Kampf gegen extreme Armut, von der, wie sie betonen, 46% der 5,1 Millionen Nicaraguaner betroffen sind. Die Regierung Daniel Ortegas sicherte zu, dass die Unterstützung größtenteils für den Kampf gegen Armut verwendet wird.

Zur Budget-Unterstützer-Gruppe gehören Deutschland, Finnland, Norwegen, die Niederlande, das Vereinigte Königtum, die Schweiz, die Weltbank, die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank und die Europäische Kommission. Der genannte Betrag für 2008 bedeutet eine Erhöhung der Hilfsgelder um mehr als 20 Millionen US-Dollar im Vergleich zu 2007.

Der Weltbank-Vertreter Joseph Owen, dessen Organisation im Rotationsverfahren den Vorsitz in der Budget-Unterstützer-Gruppe inne hat, erklärte, man sei mit der Arbeit der Regierung während der vergangenen 11 Monate sehr zu frieden. "Ich bin der Auffassung, dass die Regierung sehr sehr gut gearbeitet und beachtliche Fortschritte erzielt hat. Zu Beginn ging es ein bisschen langsam voran, aber jetzt liegt uns der gesamte Entwurf für die Verwirklichung der Anti-Armuts-Programme vor," sagte er. "Auch haben wir Verständnis für die besonderen Schwerpunkte. Die Regierung konzentriert sich insbesondere auf soziale Programme, und meiner Meinung nach legt sie großen Wert auf die Verbesserung der Infrastruktur für Klein- und Mittel-Produzenten und auf Maßnahmen zur Verbesserung der Energie-Versorgung. Wir sehen Fortschritte, und ich möchte der Regierung gratulieren," schloss Owen.

Gleichzeitig aber wies er darauf hin, dass es noch einiges zu tun gebe. "Wir sind bereit, den Kooperativen und Klein-Gewerbe-Betreibern soweit irgend möglich zu helfen," betonte er, "aber das ist nicht ausschließlich Regierungsaufgabe, sondern Aufgabe der nicaraguanischen Bevölkerung." Owen gab nicht an, was stattdessen zu tun sei, aber er wiederholte, dass zu den entscheidenden Aufgaben des Landes die Regierbarkeit und ein gutes Investitionsklima gehören.

Alberto Guevara, Minister für Gebäude und Öffentliches Kreditwesen, erklärte, die Budget-Unterstützer-Gruppe erhalte "jederzeit" vollen Zugang, um die Wirksamkeit der Programme zu überprüfen. Er sagte, 64% der Hilfe werde für den Kampf gegen Armut verwendet. (La Prensa, 24.11.)

AMNLAE-Präsidentin gegen Verbot therapeutischer Abtreibung

Dora Zeledon, Präsidentin der Frauenbewegung Luisa Amanda Espinoza (AMNLAE), erklärte am 23. November: "Im Hinblick auf Frauenrechte macht der Staat täglich einen Schritt zurück. In den vergangenen 16 Jahren gab es kein einziges Gesetz, das die Bedürfnisse von Frauen aufgriff. Und jetzt wird sogar unser Recht auf Leben unter Strafe gestellt."

Anlässlich des 25. November, des Internationalen Tages gegen Gewalt gegen Frauen, erhob sie Klage dagegen, dass die Nationalversammlung nicht nur die therapeutische Abtreibung, die in Nicaragua mehr als hundert Jahre lang erlaubt war, verboten hat, sondern dass sie es auch abgelehnt hat, das Verbrechen des Mordes an Frauen in das neue Strafgesetzbuch aufzunehmen. Sie beschwor die Abgeordneten, den Familien-Kodex, der "seit Jahren in einer Schublade verschlossen ist" zu verabschieden, die therapeutische Abtreibung zuzulassen und für Gender-Angelegenheiten im Etat einen Posten vorzusehen. Sie betonte, die Ministerien für Gesundheit und Erziehung müssten Kampagnen durchführen, um auf Gewalt gegen Frauen hinzuweisen und um Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, den Zugang zu Gerichten zu erleichtern. Sie wies darauf hin, dass Gewalt gegen Frauen nicht nur Frauen betrifft, sondern auch Kinder, und dass das Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft hat. Mit der Forderung, der Gewalt gegen Frauen ein Ende zu setzen, beteiligten sich in der Woche vor dem 25. November Tausende von Frauen an Demonstrationen in Managua und in den verschiedenen Departamenten des Landes.

Unterdessen hat der Nicaraguanische Verband Für Menschenrechte (ANPDH) vor der Staatsanwaltschaft in Managua Anklage erhoben gegen neun weibliche Mitglieder des Nicaraguanischen Netzwerks Frauen Gegen Gewalt (darunter auch die Koordinatorin dieser Organisation Violeta Delgado) sowie gegen andere Frauenorganisationen. Ihre Anklage lautet auf Verheimlichung eines Verbrechens und Zusammenschluss, um ein Verbrechen zu begehen. Die Anklage bezieht sich offensichtlich auf die vor mehreren Jahren unternommenen Anstrengungen, eine therapeutische Abtreibung bei einem nicaraguanischen Kind zu ermöglichen, das in Costa Rica vergewaltigt worden ist. Sofía Montenegro von der Autonomen Frauenbewegung verlas auf einer Pressekonferenz ein Kommuniqué; daraus ging hervor, dass ANPDH zwar seit einiger Zeit nichts hat verlauten lassen, dass der Verband aber vom Bischof von Estelí Abelardo Mata kontrolliert wird. Montenegro brachte die Vermutung zum Ausdruck, dass Präsident Daniel Ortega und seine Frau Rosario Murillo hinter den Anklagen stecken. (El Nuevo Diario, 24.11, 26.11; La Prensa, 23.11., 26.11.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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