Meldungen aus Nicaragua vom 24.09.2007

  1. Ortega legt Plan für Wiederherstellung der RAAN vor
  2. Crisis within ALN-PC intensifies
  3. Papst gratuliert Nationalversammlung zur Aufrechterhaltung des Abtreibungsverbots
  4. Gasoline shortage continues while economist warns of dire effects of unprecedented oil price
  5. ENACAL begins works on water project which aims to benefit 300,000 in Managua
  6. Crime rate by 15% in a year
  7. Wolkenbruchartige Regenfälle verursachen im Norden schwere Überflutungen, Ernte-Verluste und Erdrutsche
  8. US State Department reports growing Iranian influence within Nicaragua

Ortega legt Plan für Wiederherstellung der RAAN vor

Präsident Daniel Ortega legte am 23. September der nicaraguanischen Presse den "Plan zur Wiederherstellung und Rehabilitierung" des Gebietes vor, das vom Hurricane Felix betroffen war. Damit hoffte er, internationale Finanzhilfe für die in dem Plan genannten ehrgeizigen Projekte zu erhalten. Das Dokument war von den örtlichen Behörden der Autonomen Nordatlantikregion (RAAN) erstellt worden, denen militärische Stellen und mehrere Regierungseinrichtungen beratend zur Seite standen; es sieht für die kommenden sechs Monate Investitionen von 292,3 Millionen US-Dollar vor.

Laut offiziellen Statistiken sind vom Hurricane Felix, der am 4. September mit Windstärke fünf auf die karibische Region Nicaraguas traf, 198 069 Menschen betroffen, von denen die meisten jetzt ohne Dach überm Kopf dastehen. Bisher wurden 102 Tote gemeldet (von denen 35 noch nicht identifiziert sind); 133 Personen werden noch vermisst. Der Hurricane verursachte folgende materielle Schäden: die Zerstörung von 20 394 Häusern, 57 Kirchen, 102 Schulen und 43 Gesundheitszentren, 300 Meilen unpassierbar gewordene Straßen, einschließlich Brücken und Abflussrinnen, 216 000 Morgen vernichteter Feldfrüchte, den Verlust von 40 011 Stück Vieh sowie die Zerstörung von 1 366 kleinen Booten und 48 355 Sets an Fischereigeräten. Die Regierung schätzt, dass Felix materielle Schäden von über 850 Millionen US-Dollar verursacht hat. Hinzu kommt, dass 1,2 Millionen Morgen Wald zerstört wurden. Die Regierung bezeichnete die "ökologische Tragödie" als "gewaltig".

Als Teil des "Plans zur Wiederherstellung und Rehabilitierung", durch den die Region innerhalb von sechs Monaten neuen Aufschwung erhalten soll, weisen die Behörden insbesondere auf die Notwendigkeit hin, im kommenden halben Jahr, solange die wichtigsten Maßnahmen zur Rekonstruktion von Infrastruktur und Wohnhäusern sowie die Wiederherstellung der Landwirtschaft und der Fischerei-Industrie durchgeführt werden, 18 500 Tonnen Grundnahrungsmittel als Sofortmaßnahme zu beschaffen. Bisher haben das Welt-Ernährungs-Programm und andere internationale Organisationen als Katastrophenhilfe die Lieferung von 4 500 Tonnen Nahrungsmittel zugesagt; damit verbleibt ein Defizit von 14 000 Tonnen.

Der Plan sieht im Einzelnen folgendes vor: 16,5 Millionen US-Dollar für Nahrungsmittelhilfe, 148 Millionen US-Dollar für den Wiederaufbau von Häusern, 40 Millionen US-Dollar für den Wiederaufbau von Schulen, Gesundheitszentren, des regionalen Krankenhauses und von Kirchen (die Regierung schlägt vor, dass in jeder Gemeinde drei "sichere Unterkünfte" in Form eines Gesundheitszentrums, einer Kirche und einer Schule gebaut werden, die künftig bei Katastrophenalarm zur Verfügung stehen; sie schlägt außerdem vor, das neue regionale Krankenhaus viel größer zu bauen als das alte, das teilweise zerstört worden ist), 46 Millionen US-Dollar für die Wiederherstellung des landwirtschaftlichen Sektors (die Bewohner der RAAN arbeiten mehrheitlich in der Landwirtschaft), 21 Millionen US-Dollar zur Wiederherstellung der Fisch-Industrie (dem zweitwichtigsten Beschäftigungssektor in der Region), 18,3 Millionen US-Dollar für den Schutz der Wälder, die vom Hurricane betroffen waren (die von Felix verursachte Waldzerstörung hat die Gefahr von Waldbränden enorm vergrößert. Der Plan zum Schutz der Wälder sieht vor, dass in 175 Gemeinden Waldschutzbrigaden eingerichtet und entsprechend ausgerüstet werden und dass außerdem die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen ergriffen werden, wie zum Beispiel der Bau von Kontrolltürmen innerhalb des verwüsteten Gebietes), 2,5 Millionen US-Dollar für Gefahrenabwendung (dazu gehört die Schaffung eines Frühwarnsystems und die Unterrichtung der Bevölkerung, wie sie sich im Katastrophenfall schützen kann). Gesamtsumme: 292,3 Millionen US-Dollar.

Die Pressekonferenz, auf der der Plan vorgestellt wurde, wurde vom Präsidenten des Indigenen Rats in der RAAN, Carlos Sanders, zu einem dramatischen SOS-Aufruf genutzt. Laut Sanders hatten Mitglieder der indigenen Gemeinden in der RAAN bereits vor der Katastrophe begonnen, aus der Region auszuwandern; jetzt "bitten wir dringend um Soforthilfe, um das Verschwinden unserer indigenen Stämme in naher Zukunft zu verhindern."

Im Verlauf der vergangenen Woche gab es mehrere Beschwerden von Mitgliedern der Gemeinden, die von Felix betroffen waren, dass die Behörden nicht genug getan hätten, um Todesfälle zu vermeiden. Die Behörden wurden außerdem beschuldigt, sie würden Nahrungsmittel und sonstige materielle Hilfe nicht wirksam verteilen. Am 19. September schickte der Ältesten-Rat der Moskitia einen öffentlichen Brief an Präsident Ortega und an den Oberkommandierenden des nicaraguanischen Heeres Omar Halleslevens, in dem sie verlangten, dass eine Untersuchung durchgeführt wird, durch die man feststellt, warum vor dem Eintreffen des Hurricanes nicht weite Gebiete evakuiert worden sind. Laut Ältesten-Rat trägt der nicaraguanische Staat die unmittelbare Schuld daran, dass auf den Cayos-Miskitos-Inseln viele Fischer, die niemand vor der drohenden Gefahr gewarnt hatte, umkamen.

Am 20. September reiste eine Gruppe von zehn Abgeordneten der Nationalversammlung, neun von Parteien der Opposition und einer von der Partei des Nicaraguanischen Widerstands, die mit der sandinistischen Partei verbündet ist, nach Puerto Cabezas, um aus erster Hand Informationen zu sammeln. Während der Anwesenheit der Abgeordneten nahmen Hunderte von Bewohnern der Region an einer Kundgebung teil, um eine wirkungsvollere Verteilung der Hilfsgüter zu verlangen. Laut Aussagen von KundgebungsteilnehmerInnen haben mehrere Gemeinden bisher noch überhaupt keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Außerdem verlangten die KundgebungsteilnehmerInnen, dass die 33 Leichen vermutlich nicaraguanischer Miskitos, die nicht-identifiziert in einem Gemeindegrab in Honduras beerdigt wurden, nach Nicaragua überführt und dort beerdigt werden.

Elizabeth Enriquez, die Bürgermeisterin von Puerto Cabezas, übte Kritik am Oberkommandierenden der Marine in der RAAN, Julio Cesar Zapata, weil er, laut ihren Angaben, die Suche nach Überlebenden erst zwei Tage nach dem Hurricane aufgenommen habe. Enriquez nannte Zapata einen "Rassisten"; sie erklärte, sie habe ihn gleich nach Durchzug des Hurricane aufgefordert, nach Überlebenden zu suchen, aber "er scherte sich nicht um die sterbenden Miskitos, weil er ein Mestize ist".

Die Ereignisse im Zusammenhang mit Hurricane Felix haben die gravierende Schwäche und in einigen Gemeinden das völlige Fehlen eines Katastrophenplans überdeutlich gemacht. So können einige Teile der RAAN weder über Telefon noch über Rundfunk erreicht werden. Hinzu kommt, dass ein Großteil der indigenen Bevölkerung die Bedeutung der gelben, grünen und roten Warnsignale, die im Katastrophenfall von den Behörden benutzt werden, nicht kennt.

Andere Kommentatoren erklärten, die Reaktion der derzeitigen Regierung sei sehr gut gewesen im Vergleich zu der der Regierung des einstigen Präsidenten Arnoldo Aleman während des Hurricane Mitch im Jahr 1998. (El Nuevo Diario, 20. 9., 21. 9., 24. 9; La Prensa, 20. 9.; Radio La Primerísima, 24. 9.; Radio 580, 20. 9.)

Papst gratuliert Nationalversammlung zur Aufrechterhaltung des Abtreibungsverbots

Am 24. September bezeichnete Papst Benedikt XVI. die in der vergangenen Woche erfolgte Beschlussfassung der Nationalversammlung, die Bestrafung jeglicher Art Abtreibung beizubehalten, als "sehr positiv". Der Papst gratuliert der nicaraguanischen Regierung dazu, dass sie auf internationalen Foren für das Leben Stellung nimmt "trotz des beträchtlichen internen und internationalen Drucks", sich für das Gegenteil einzusetzen. Er fuhr fort: "Es ist äußerst wichtig, dass der nicaraguanische Staat und die nicaraguanische Gesellschaft verstärkt den Frauen helfen, die während ihrer Schwangerschaft schwerwiegende Komplikationen haben."

Eine Woche vorher, am 17. September, veröffentlichte die Katholische Bischofskonferenz Nicaraguas eine Presseerklärung, in der sie der Entscheidung der Abgeordneten Lob zollten. "Wir danken Gott, weil jetzt viele Kinder in der Lage sind, ihre Existenz mit uns zu teilen, und weil jetzt viele Frauen trotz der Schwierigkeiten, die die Mutterschaft für sie mit sich bringt, jetzt in der Lage sind, sich über ihr Zusammenwirken mit Gott bei der Schaffung neuen Lebens zu freuen," hieß es in der Erklärung.

Im Laufe der Woche reichte der Präsident des Rechts-Komitees der Nationalversammlung, José Pallais, einen Antrag ein für eine weitere Strafrechtsreform, durch die eine Ausnahmeregelung geschaffen würde für Ärzte, die gezwungen sind, eine Abtreibung vorzunehmen, um das Leben der Mutter zu retten. Dieser Antrag würde Ärzte vor Strafe schützen, aber er würde zur Folge haben, dass sie immer noch vor Gericht gehen und dort beweisen müssten, dass das Leben der Mutter ernsthaft gefährdet ist. Pallais sagt, er sei überzeugt, dass die Nationalversammlung dem Antrag zustimmt. Er erklärt, er sei der Meinung, dass es, nach allem, was geschah, unmöglich ist, in naher Zukunft die therapeutische Abtreibung zu legalisieren, selbst dann, wenn der Oberste Gerichtshof das Abtreibungsverbot für verfassungswidrig erklärt.

In einem Interview mit El Nuevo Diario, das am 23. September veröffentlicht wurde, sprach die brasilianische Theologin und Nonne Ivonne Gebara ein vernichtendes Urteil aus über die von den Abgeordneten beschlossene Beibehaltung des Abtreibungsverbots: "Ich frage mich - welches Leben verteidigen sie? Warum verteidigen sie nicht das Leben der Straßenkinder, die von der Gesellschaft abgetrieben worden sind? Warum verteidigen sie nicht das Leben derer, die kein Heim, nichts zu essen, kein Land zur Bearbeitung und keine Zukunft haben? Warum sprechen sie im Namen Gottes nur vom Leben des Embryos? Warum sprechen sie im Namen Gottes nicht von den vielen anderen Leben?"

Die jüngste Beschlussfassung, das Abtreibungsverbot in Nicaragua beizubehalten, war für Gebara "ein wahrer Schock, vor allem im Hinblick auf das, was wir in Lateinamerika unter Sandinismus verstehen." Laut Gebara ist die Frage der Abtreibung "keine religiöse Frage." Sie ist der Meinung, dass der Parlamentsbeschluss "die philosophische und anthropologische Auffassung zum Ausdruck bringt, dass Frauen weniger fähige Lebewesen sind, dass die Männer für die Frauen entscheiden müssen und dass Frauen nicht das Recht haben, autonom über ihren eigenen Körper zu entscheiden."

Gebara ist der Meinung, dass der gesamte Komplex "zur Machtfrage" geworden ist und dass die Kirche im Machtkampf ihren Platz verteidigen möchte." Sie fährt fort: "Diese Kirchen, diese politischen Parteien, sie haben keine überzeugenden Konzepte mehr, deshalb kommen sie uns mit diesem hoch emotionalen Fragenkomplex und treten so auf, als seien sie diejenigen, die das Leben verteidigen." (Radio La Primerísima, 18. 9., 21. 9., El Nuevo Diario, 23. 9., 24. 9.)

Wolkenbruchartige Regenfälle verursachen im Norden schwere Überflutungen, Ernte-Verluste und Erdrutsche

In den Departamentos Nueva Segovia und Jinotega im Norden Nicaraguas haben wolkenbruchartige Regenfälle in mehreren Gemeinden schwere Überflutungen verursacht. In der Nähe der Stadt Dipilto hat sich am 23. September ein 50 Meter breiter und 200 Meter langer Erdrutsch ereignet; er war eine Warnung für die Stadt und die nahe gelegenen Gemeinden, die sich am Fuß des Berges El Volcán befinden. Dem Erdrutsch fielen glücklicherweise keine Menschenleben zum Opfer, und er verursachte auch keine Schäden an Infrastruktur oder Häusern und auch keine Ernteschäden. El Volcán ist vollständig abgeholzt und stellt deshalb eine ernste Gefahr im Hinblick auf Erdrutsche von beträchtlicher Größe dar.

Im Departamento Jinotega sollen die Gemeinden Apanás, Yalí, Wiwilí und Pantasma von Überflutungen betroffen sein; in einer Reihe weiterer Gemeinden besteht Überflutungsgefahr, wenn die Regenfälle anhalten. In der Region sind Dutzende von Häusern teilweise zerstört, und mehr als 200 Personen wurden evakuiert. Es muss angenommen werden, dass die Ernte großen Schaden genommen hat. Die Brücke zwischen Pantasma und Wiwilí ist ebenfalls zerstört worden. (Radio Liberación Estelí, 24. 9.; La Nueva Radio, 23. 9.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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