Meldungen aus Nicaragua vom 22.01.2007

  1. Gesetze, die das Machtverhältnis zwischen Präsident und Parlament verändern, aufgeschoben
  2. Contaminated Wells in Western Nicaragua
  3. Oberste Rechnungsprüfer untersuchen Korruptionsfälle der Bolanos-Regierung
  4. Catholic Church reminds FSLN of their commitments regarding abortion law
  5. New agreements to save energy
  6. BANDES: Administrative Costs make it difficult to lower interest
  7. Decelerating Economy
  8. Der schmale Grat zwischen Wirtschaft und Politik in der Beziehung zu Venezuela

Gesetze, die das Machtverhältnis zwischen Präsident und Parlament verändern, aufgeschoben

Die Nationalversammlung beschloss, fünf Gesetze und Verfassungsänderungen, die während der Präsidentschaft von Bolanos verabschiedet worden sind und die das Machtverhältnis zwischen Präsident und Nationalversammlung entscheidend zugunsten der Legislative verändern würden, um ein Jahr zu verschieben. Bei der Abstimmung stellte die Sandinistische Front (FSLN) zusammen mit der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN) die Mehrheit. Die Liberal-Konstitutionalistische Partei (PLC) stimmte dagegen, und die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS) enthielt sich der Stimme. Das Einfrieren der Gesetzesänderung bedeutet, dass Ortega seine Macht als Regierungs-Chef nicht mit der Nationalversammlung, in der die FSLN keine Mehrheit hat, teilen muss.

Durch die genannten Reformen, die im November 2004 und im Januar 2005 beschlossen worden sind, wird die Befugnis des Präsidenten im Hinblick auf die Ernennung von Ministern, stellvertretenden Ministern, Leitern nicht-staatlicher Einrichtungen und Botschaftern eingeschränkt, indem die Nationalversammlung die Macht hat, die vom Präsidenten für hohe Positionen Ernannten zu bestätigen oder abzulehnen.

Die Verfassungsänderungen, die ebenfalls die Möglichkeiten des Präsidenten in den Bereichen Wasser, Energie und Telekommunikation einschränken, sind die gleichen, die in Nicaragua im Jahr 2005 eine politische und institutionelle Krise auslösten und zu einer politischen Intervention seitens der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) führten. Die Reformen waren von den damaligen Oppositionsparteien FSLN und PLC durchgesetzt worden und führten zu einer Krise, weil Ex-Präsident Enrique Bolanos alle derartigen Verfassungsänderungen ablehnte mit dem Hinweis, es handle sich dabei um einen "technischen Staatsstreich".

Ortega, der am 10. Januar das Präsidentenamt übernahm, hatte versprochen, er werde diese Verfassungsänderungen so, wie sie beschlossen worden waren, respektieren. Diese Auffassung der FSLN schien jedoch am 20. Januar überholt zu sein.

Die Nationalversammlung beschloss außerdem die Schaffung einer Sonderkommission, die aus Vertretern der im Parlament vertretenen Parteien besteht und deren Aufgabe es ist, eine "gründliche Reform" der Verfassung des Landes vorzunehmen, wobei zunächst die Zivilgesellschaft angehört werden soll.

Die Schaffung dieser Sonderkommission wurde von Edwin Castro, dem Parteivorsitzenden der FSLN, beantragt und mit den Stimmen der ALN und der sandinistischen Parteien beschlossen.

Eduardo Montealegre von der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN-PC) sagte, seine Partei werde beantragen, dass der Präsident nur für eine Legislaturperiode, ohne die Möglichkeit einer Wiederwahl, gewählt werden kann; sie werde außerdem beantragen, dass diese weitreichenden Verfassungsreformen auch eine Verringerung des Staatsapparats beinhalten.

Ortega hat angekündigt, er werde weitreichende Verfassungsreformen in die Wege leiten, um das gesamte Verwaltungssystem des Landes zu verändern; er werde dem Land die Struktur einer "direkten Demokratie" geben mit der Beteiligung von "Volksversammlungen" in den Departamenten, in den Kreisen und bis hinein in vergessene Gemeinden. (La Prensa, 19. 1. 07)

Oberste Rechnungsprüfer untersuchen Korruptionsfälle der Bolanos-Regierung

Das Oberste Rechnungsprüfungsbüro Nicaraguas und die Nationalversammlung haben damit begonnen, die Masse an Korruptions-Anklagen und die unzähligen Unregelmäßigkeiten, die die neuen Beamten in verschiedenen staatlichen Behörden entdeckt haben, zu untersuchen.

Angestellte, die es nie gab, fragwürdige Verträge, überhöhte Arbeitsvereinbarungen mit gewaltigen Honoraren und Unterschlagungen durch Angestellte der früheren Regierung von Präsident Enrique Bolanos sind nur einige der Anklagen, die das Büro, laut Aussage ihrer Mitglieder, täglich erhält.

Guillermo Arguello, der Leiter des Obersten Rechnungsprüfungsbüros, stellte fest, dass die Anzahl der Korruptionsfälle aus der Zeit der Bolanos-Regierung die gesamte Arbeitskapazität des Obersten Rechnungsprüfungsbüros in Anspruch nimmt; deshalb wurde beschlossen, dass die Rechnungsprüfer jeder Einrichtung ihre eigenen Untersuchungen durchführen sollen. Er kündigte an, dass in den kommenden Tagen eine Eingabe an den Obersten Gerichtshof und an die Generalstaatsanwaltschaft abgeht, in der es um die kriminellen Machenschaften eines früheren hohen Beamten geht, der von einer Einrichtung, die nicht namentlich genannt wird, ein Darlehen von 30 000 US-Dollar erhielt.

Die Leiterin der Nicaraguanischen Wasserleitungs- und Abwässer-Gesellschaft (ENACAL) Ruth Herrera bestätigt, dass sie eine Einrichtung übernommen hat, die aufgrund angeblicher Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung Verluste von bis zu 100 Millionen Dollar verzeichnet.

Das Familienministerium berichtete von 17 500 US-Dollar, die einem Beamten im vergangenen Oktober als Abfindung gezahlt wurden, außerdem von Unregelmäßigkeiten bei der Adoption Minderjähriger. Unterdessen überprüft das Ministerium für Bau und Transport eine Reihe Infrastruktur-Projekte und öffentliche Bau-Projekte, denn laut Aussage der neuen dafür zuständigen Behörden wurden dort eine größere Anzahl Unregelmäßigkeiten entdeckt.

Laut Angaben der Kontrollbehörde für Interne Kontrollen wurden zwischen dem 15. Dezember und dem 9. Januar insgesamt mindestens 18 Ergebnisse interner Kontrollen aus ebenso vielen Einrichtungen für weitere Untersuchungen an das Oberste Rechnungsprüfungs-Büro geschickt. (AFP aus Managua, 20. 1. 07)

Der schmale Grat zwischen Wirtschaft und Politik in der Beziehung zu Venezuela

Präsident Daniel Ortega hat wenige Stunden, nachdem er den Amtseid geleistet hatte, zusammen mit seinem venezolanischen Kollegen Hugo Chávez die Mitgliedschaft in der Bolivarischen Alternative für die Länder Amerikas (ALBA) unterzeichnet, ein Projekt, das gegenüber der Freihandels-Vereinbarung für die Dominikanische Republik und Zentralamerika (DR-CAFTA), die von den Vereinigten Staaten durchgesetzt wurde, eine Alternative der Integration und Kooperation für Lateinamerika und die Karibik sein soll.

Nicaragua hatte DR-CAFTA bereits unterzeichnet, eine Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten, die derzeit Gültigkeit hat. Die offizielle Haltung der nordamerikanischen Regierung zeigt jedoch, dass sie die Entscheidung Präsident Ortegas, engere Beziehungen zu Venezuela und Iran zu knüpfen, respektiert; aber sie weist auch darauf hin, dass der ALBA-Text wesentlich weniger diskutiert wurde als die DR-CAFTA-Vereinbarung. Gleichzeitig garantierte der venezolanische Botschafter in Nicaragua Miguel Gomez, dass die Unterzeichnung von ALBA und von anderen Vereinbarungen mit Venezuela nicht bedeutet, dass Nicaragua von der DR-CAFTA-Vereinbarung zurücktreten muss.

Die Vereinbarung beinhaltet, dass Venezuela Öl und Öl-Derivate zu Vorzugspreisen an Nicaragua liefert, dass es eine Öl-Raffinerie baut und dass es eine Entwicklungsbank einrichtet, deren Aufgaben bereits von der Banken-Aufsicht genehmigt sind, und dass weitere bilaterale Vereinbarungen hinzukommen, die mit Kontakten zu den Ministerien für Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft und Ernährung verbunden sind.

Diese Vereinbarungen sind in manchen Bereichen mit Skepsis aufgenommen worden wegen der Schnelligkeit, mit der sie abgeschlossen wurden, ohne dass die Gesamtheit der Vereinbarungen der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht worden war. Dagegen wird eingewandt, dass die Texte nicht in ihrer Gesamtheit veröffentlicht werden können. So jedenfalls wurde auch bei DR-CAFTA verfahren, bis die Vereinbarung von der Nationalversammlung jedes Landes ratifiziert worden war. Diese Vereinbarungen haben vorläufigen Charakter und müssen der Nationalversammlung vorgelegt werden; die aber kann die Vereinbarung nur entweder ablehnen oder annehmen, sie aber nicht verändern, weil die zuständige Kommission Ortega auf Regierungsebene die endgültige Fassung gab. (El Nuevo Diario, 21. 1. 07)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Jaimie Miller.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info@nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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