Meldungen aus Nicaragua vom 17.07.2007

  1. Union Fenosa legt einen neuen Strom-Rationierungsplan vor, um einer von INE verhängten 50 000-Dollar-Strafe zu entgehen
  2. Nicaraguanische Regierung erreicht Vereinbarung mit IWF
  3. Three successive tropical hurricanes hit the Caribbean coast
  4. Lob für Ortegas gebührenfreies Gesundheitsprogramm; Managua soll zur ersten "Analphabetismus-freien" Hauptstadt in Zentralamerika erklärt werden
  5. Closer relations with communist China
  6. Professional beggars: A chronicle of the route of poverty

Union Fenosa legt einen neuen Strom-Rationierungsplan vor, um einer von INE verhängten 50 000-Dollar-Strafe zu entgehen

Die Stromkrise, der sich Nicaragua gegenüber sieht, besteht inzwischen schon seit fast drei Jahren, und über 600 000 Kunden sind davon betroffen. Im Juni hat die Regierung eine Strafe von 2,4 Millionen US-Dollar, die die Leitung des Verbraucherschutzes über Disnorte und Dissur verhängt hatte, aufgehoben. Am 28. Juni billigte die Regierung ein Gesetz, das Union Fenosa die Genehmigung erteilt, bis zu 20% des landesweiten Bedarfs (oder etwa 480 Megawatt) aus nicht-erneuerbaren Energie-Quellen zu schöpfen. Das Gesetz gewährt Union Fenosa auch Privilegien in Form günstiger Kredite beim Kauf von Energie von staatlichen Gesellschaften.

Am 10. Juli schickte der Vorstand von Union Fenosa einen neuen Strom-Rationierungsplan an die zuständigen Stellen des Nicaraguanischen Energie-Instituts (INE). Der Plan war in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Energie und Minen (MEM) und Verantwortlichen von INE entstanden und führt genau auf, wann und wo sich das 80-Megawatt-Defizit auswirkt. Wenn allerdings irgend ein Fehler bei den Stromerzeuger-Gesellschaften auftritt, wird der Stromausfall unkontrollierbar ansteigen.

Union Fenosa hat zwei Verteiler in Nicaragua: Disnorte und Dissur. Der INE-Vorstand erklärte, eine 50 000-Dollar-Strafe, die über Disnorte und Dissur verhängt worden war, weil sie gegen Artikel 54 des Elektro-Industrie-Gesetzes verstießen, werde nun aufgrund des Plans suspendiert. Artikel 54 beinhaltet, dass Strom-Verteiler 48 Stunden im Voraus Stromausfälle festlegen, veröffentlichen und ihre Kunden davon informieren müssen. Der INE-Vorstand legte fest, dass diese Bestimmung auch für Union Fenosa gilt; denn mit der Art und Weise, wie die spanische Gesellschaft die Stromausfälle nach Belieben handhabte, statt eine Vereinbarung einzuhalten, wie sie sie vor einigen Tagen mit der nicaraguanischen Regierung geschlossen hat, war INE nicht einverstanden. Die Vereinbarung mit Präsident Daniel Ortega legt fest, dass die Stromabschaltungen einen festen Zeitplan einhalten müssen, den Union Fenosa strikt einhalten muss, und nur bei unvorhergesehenen Vorfällen darf davon abgegangen werden.

Laut dem neuen, von Union Fenosa festgelegten Rationierungsplan ist Managua zwischen 7 Uhr früh und 2 Uhr mittags nicht von Stromabschaltungen betroffen, während die übrigen 17 Departamentos in der gleichen Zeit ohne Strom sind. Die Rationierung in den Departamentos geschieht in zwei Blöcken, wobei die meisten Kunden am Morgen davon betroffen sind. Von 14 Uhr bis 18 Uhr ist Managua laut Plan ohne Strom, damit in dieser Zeit die anderen Departamentos mit Elektrizität versorgt werden können. Abends und nachts (zwischen 16 Uhr und 22 Uhr) finden im ganzen Land Stromabschaltungen statt, aber auch das geschieht nach festgelegtem Plan. Dieser Zeitplan erlaubt Geschäftsleuten und der Regierung, in den Morgenstunden geregelt Arbeiten durchzuführen, und gibt auch dem Handel genügend Zeit, mit den Nachmittagen ohne Strom "zurechtzukommen". Die Stromausfälle in Managua werden nie mehr als fünf Stunden dauern. An den Wochenenden wird es keine Stromabschaltungen geben, da der Energie-Bedarf da beträchtlich niedriger ist.

Am 15. Juli demonstrierten in Masaya Dutzende gegen die ständigen Stromabschaltungen. Sie forderten, dass Union Fenosa das Land verlässt und die Stromverteilung in Nicaragua beendet. Nach den Bildern des lokalen Fernsehsenders Kanal 2 wurde die Demonstration von den örtlichen Vorstandsmitgliedern der sandinistischen Partei (FSLN) angeführt. Die Demonstranten machten Union Fenosa verantwortlich für die Stromverteilung der vergangenen sieben Jahre und für die ständigen Stromabschaltungen, von denen Tausende bis zu zwölf Stunden täglich betroffen sind. Sie forderten eine Rückkehr zur staatlich kontrollierten Stromverteilung.

Der neue Stromrationierungsplan wird vom 16. Juli an umgesetzt und gilt bis zum 31. Juli 2007. Der Präsident der Nicaraguanischen Handelskammer José Adán Aguerri sagte: "Die Abschaltungen sind so gerecht verteilt wie möglich;" es werde versucht, die sozialen und wirtschaftlichen Härten zu reduzieren. Laut Union Fenosa sind Mängel in der Stromproduktion in den Kraftwerken schuld an den Stromabschaltungen. Die spanische Gesellschaft hat für die Lösung der Probleme im Kraftwerkssystem ihre Hilfe angeboten. (El Nuevo Diario, 10., 13., 15. Juli; La Prensa, 10., 12., 14. Juli; Radio la Primerísima, 10. Juli)

Nicaraguanische Regierung erreicht Vereinbarung mit IWF

Viel früher als erwartet, erreichte die nicaraguanische Regierung eine Absichtsvereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Laut Mitteilung des Präsidenten der Zentralbank von Nicaragua (BCN) Antenor Rosales willigte die Regierung ein, dass die staatliche Ölgesellschaft Petronic während einer Pressekonferenz der Wirtschaftexpertengruppe der Regierung ihre vierteljährlichen Rechenschaftsberichte übergab. Auf diese Weise wird die Regierung über alles Auskunft geben, was sich auf die Kooperation mit Venezuela bezieht; Rosales betonte allerdings, dass diese Kooperation "nicht zu höherer Verschuldung führen wird".

Laut Bayardo Arce, Wirtschaftsberater des Präsidenten, legt die Vereinbarung fest, dass "ein Teil der Kredite als Zahlung an soziale Entwicklungseinrichtungen geht." Er fügte noch hinzu, dass diese Kooperation zusammen mit dem bewilligten Defizit der strikten Überprüfung durch die Finanzorgane unterliegt.

Laut Rosales stimmte das IWF der Absicht der Regierung zu, in die Vereinbarung mit dem Fonds soziale Ziele einzubauen. Im Juni 2008 muss die Regierung in einem Halbjahresbericht über die Fortschritte, die bei den in die Vereinbarung eingebauten Zielen erreicht wurden, Rechenschaft ablegen. Rodolfo Delgado, Staatssekretär für technische Fragen beim Präsidenten, weist jedoch darauf hin, dass der Bericht über die sozialen Fortschritte abhängt von der Auswertung von vier sozialen Programmen der Weltbank: dem Bericht aus dem Jahr 2006 über Armutsziffern, einem Bericht über die Fortschritte, die im Nationalen Entwicklungsplan von 2006 verzeichnet sind, dem Rahmen, in dem diese Regierung ihre Zusammenarbeit mit der Weltbank einplant, und einem Bericht über die Prioritäten der Regierung. Alle diese Berichte müssen spätestens Ende September der Weltbank übergeben werden, um von dort an den IWF weitergeleitet zu werden.

Ein anderer Aspekt der Vereinbarung behandelt die Energie-Verluste in Nicaragua, bei denen es, laut Rosales, zu einer Überprüfung kommen wird. Im April 2008 muss die Regierung eine Überprüfung der Elektro-Industrie vorlegen, aus denen die Ursachen für die Verluste auf dem Stromsektor hervorgehen, und die Vorschläge zur Lösung des Problems enthält. Im Dezember dieses Jahres wird Nicaragua in der Lage sein, über die nötige gesetzliche Handhabe zu verfügen, um Betrug im Elektrobereich zu bestrafen.

Der IWF bewilligte für die nächsten drei Jahre einen Kredit von 90 Millionen US-Dollar (30 Millionen weniger als ursprünglich vorgesehen) …

Die Regierung willigte ein, die Investitionen auf dem Stromsektor zu fördern; allerdings stimmte der IWF nicht der ursprünglichen Absicht der Regierung zu, dafür zusätzliche Darlehen aufzunehmen. (La Prensa, 11. Juli; El Nuevo Diario, 11. Juli)

Lob für Ortegas gebührenfreies Gesundheitsprogramm; Managua soll zur ersten "Analphabetismus-freien" Hauptstadt in Zentralamerika erklärt werden

Socorro Aid, Vertreterin der Pan-Amerikanischen Gesundheitsorganisation (OPS) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Nicaragua, erklärte, dass die gebührenfreie Gesundheitsversorgung in Nicaragua "eine Wende um 180 Grad darstellt, in dem Sinn, dass auf dem Gebiet der Gesundheit jetzt keine finanziellen Transaktionen mehr vorgenommen werden." Sie betonte, dass die Art und Weise, wie die nicaraguanische Regierung die Gesundheitsversorgung praktiziert, von den Gesundheitsorganisationen, die sie in Managua repräsentiert, unterstützt wird.

Von anderer Seite wurde hinzugefügt, dass auch die Gesundheitsversorgung auf lokaler Ebene Zustimmung findet, vor allem in Gebieten mit hoher Mütter- und Säuglingssterblichkeit. Weitere Einzelheiten wurden allerdings nicht genannt.

Präsident Ortega hat auch die gebührenfreie Schulbildung in die Wege geleitet und setzt sich für eine Alphabetisierungskampagne ein. Im Hinblick auf die Lese- und Schreibfähigkeit hat die sandinistische Regierung in einer offiziellen Verlautbarung angekündigt, dass Managua am Mittwoch, 18. Juli, zur "Analphabetismus-freien Hauptstadt" erklärt werden soll. Laut Telémaco Talavera, dem Präsidenten des Nationalen Rats der Universitäten, hat Managua - nach der Alphabetisierungskampagne, die 2005 mit Hilfe der cubanischen audio-visuellen Methode "Yes I Can" initiiert wurde - derzeit eine Analphabetenrate von 3%. Die offizielle Erklärung muss von der UNESCO bestätigt werden; die genannten Angaben waren das Ergebnis eines Zensus, an dem, laut Talavera, mehr als 2000 Studenten teilnahmen; die Bestätigung seitens der internationalen Organisation sei bereits beantragt worden. Ziel des Nationalen Alphabetisierungsrats, der kürzlich von den neuen sandinistischen Behörden geschaffen worden ist, ist es, Nicaragua im Jahr 2009 zum Analphabetismus-freien Territorium zu erklären. Die Kampagne soll die karibische Küstenregion einbeziehen, deren indigene Bewohner in ihren eigenen Sprachen lesen und schreiben lernen werden.

Unter der früheren sandinistischen Regierung (1979-1990) wurde die Analphabetismus-Rate in Nicaragua auf 12,5% reduziert; unter neoliberaler politischer Ausrichtung während der vergangenen 16 Jahre stieg die Zahl auf 35%. (El Nuevo Diario, 13. Juli; La Prensa, 13. Juli; Radio la Primerísima, 14. Juli)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Melissa Schröder.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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