Meldungen aus Nicaragua vom 13.08.2007

  1. Lula verspricht, seinen "lieben Freund" Ortega beim Lösen der Energiekrise zu unterstützen
  2. Nicaragua and Haiti join PETROCARIBE
  3. Indigenous peoples demand respect of their ancestral rights
  4. Regierung bereitet ein Gesetz zur radikalen Veränderungen des Steuersystems vor
  5. US-Steuer auf Zigarren verursacht Massenarbeitslosigkeit in Mittelamerika
  6. National Assembly reforms penal code creating longer sentences for treason
  7. Deputies announce possible fracture of ALN bench
  8. Prisoners offered opportunity to take part in National Literacy Campaign
  9. Bolaños called to appear before commission considering his prosecution

Lula verspricht, seinen "lieben Freund" Ortega beim Lösen der Energiekrise zu unterstützen

Am 7. August kam der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula Da Silva in Managua für einen 24 Stunden - Staatsbesuch an. Während der Reise fanden zwei Treffe mit Präsident Daniel Ortega statt und er nahm an dem Forum von brasilianischen und nicaraguanischen Geschäftsleuten teil, das mit seinem Besuch zusammenfiel. Er traf außerdem den Präsidenten des nationalen Versöhnungskomitees, Kardinal Miguel Obando y Bravo.

Während Lulas Besuchs, bei dem er sagte, dass er seinem "lieben Freund" Daniel Ortega "seine Solidarität auszudrücken" möchte, unterschrieben die zwei Präsidenten eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Brasilien und Nicaragua. Das Dokument enthält eine Reihe von Vereinbarungen zu Außenpolitik, Handel, Energie, Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft, dem Tourismus und Sport. Lula versprach auch, dass seine Regierung das nicaraguanische Regierungsprogramm unterstützen werde, das das Ziel hat, Armut, Hunger, soziale Ausgrenzung und Analphabetismus zu verringern. "Sie alle können sicher sein, dass Nicaragua in Brasilien einen starken Verbündeten hat", sagte Lula, "einen Verbündeten, der ihnen seine eigene Vision nicht überstülpt". Lula forderte Ortega dazu auf, Brasilien noch vor dem Ende des Jahres zu besuchen, um dabei die Details über die zweiseitigen Vereinbarungen zu erörtern.

Obwohl nur wenige Details von den Projekten bekannt gegeben wurden, die mit brasilianischer Unterstützung durchgeführt werden sollen, lag eine deutliche Betonung auf der Rolle, die Brasilien zur Lösung der nicaraguanischen Energiekrise spielen kann. Während einer in der Sandinistischen Parteizentrale (FSLN) stattfindenden Pressekonferenz sagte Lula, dass seine Regierung hydroelektrische Projekte finanzieren werde und auch nicaraguanischen Geschäftsleuten helfen wolle, die Produktion von Agrotreibstoff aus Zuckerrohr zu steigern. "Ohne Energie können wir nicht über Wirtschaftswachstum reden", sagte er.

Einzelne Medien hatten vorhergesagt, dass Ortega und Lula außer Stande wären, eine gemeinschaftliche Position zu der Produktion von Agrotreibstoffen zu formulieren wegen Ortegas anhaltender Kritik an den Initiativen in Lateinamerika zur Herstellung von Ethanol aus Mais. Über diese Angelegenheit sagte Ortega "wir haben keine Diskrepanz mit Lula... unsere Diskrepanz besteht mit Bush, der auf die absurde Idee verfallen ist, Ethanol aus Mais zu produzieren". Ortega fuhr mit der Aussage fort, dass es in Nicaragua ein "Verbrechen" wäre und die Nahrungsmittelsicherheit der Nation gefährden würde, wenn hier Ethanol aus Mais produziert würde.

Über dasselbe Thema sagte Lula, "die Agrotreibstoff - Politik jedes Landes muss an den Realitäten dieses Landes orientiert werden... jedes Land muss selbst seine eigene Entscheidung treffen".

Bei derselben Pressekonferenz drückten Lula und Ortega den Willen ihrer beiden Regierungen aus, gegen das organisierte Verbrechen und den Terrorismus "in all seinen Formen" zu kämpfen. "Wir verdammen die Terroristenangriffe auf die Zwillingstürme", sagte Ortega, "aber wir verdammen auch die US-Invasion im Irak". Die zwei Präsidenten drückten ihre Sorge um die fortwährenden Maßnahmen aus, die zur Durchsetzung und Verstärkung des US-Embargos gegen Kuba dienten. Beide stimmten darin überein, dass die Vereinten Nationen einen Prozess der Demokratisierung durchmachen müssten, um die Verbreitung von Frieden und Gerechtigkeit in der Welt zu ermöglichen. Die Präsidenten fuhren mit der Selbstverpflichtung fort, sich für einen gerechteren Welthandel zu engagieren und sagten, dass der Welthandel gegenwärtig unter der "Tyrannei des globalen Kapitalismus" stehe. Zum Abschluss kündigte Ortega an, dass Brasilien Nicaragua 95% der 405,9 Millionen US-$ Schulden erlassen habe.

Lulas Besuch und das parallele Forum von brasilianischen und nicaraguanischen Geschäftsleuten wurden von Vertretern des privaten nicaraguanischen Sektors als positiv betrachtet. Der Präsident der Handelskammer, Jose Adan Aguerri, sagte, dass er sich von Lulas Aussagen zu "konkreten Lösungen für die Energiekrise" ermutigt fühle. Der Präsident des Obersten Rats der privaten Unternehmer (COSEP), Erving Kruger, sagte, dass er "begeistert" und "sehr zufrieden" mit dem Ergebnis des Treffens von nicaraguanischen und brasilianischen Geschäftsleuten sei. Auch einzelne Abgeordnete vom rechten Flügel drückten ihre Zustimmung zu Lulas Besuch aus, sie sagten u.a. dass es ermutigend war, dass Lula nicht deshalb gekommen sei, um Nicaragua seine eigenen Ideen aufzuerlegen. (El Nuevo Diario, 08.08, 09.08., Radio La Primerisima, 09.08., La Nueva Radio Ya, 09.08.)

Regierung bereitet ein Gesetz zur radikalen Veränderungen des Steuersystems vor

Am 9. August kündigte Walmaro Gutierrez, Abgeordneter der Sandinistischen Partei (FSLN), an, dass die Regierung einen Gesetzentwurf vorbereite, der eine "integrale Veränderung des Besteuerungssystems ermöglichen wird.... Dabei reden wir nicht über eine einfache Reform", sagte Gutierrez, [wir reden] "über eine Änderung des Systems um 180 Grad, so dass das Gewicht des Systems nicht mehr auf jene mit den niedrigsten Gehältern und der geringsten Kaufkraft fällt."

Der Gesetzesentwurf, bei dem zur Vorsorge auch ein Dokument einbezogen wurde, das die Regierung vor kurzem mit internationalen Finanzinstitutionen unterzeichnet hat, werde voraussichtlich in sechs Wochen fertig sein. Dann sollen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Sektoren konsultiert werden, sagte Gutierrez. Das Ziel des Gesetzes sei es, alle während den letzten 16 Jahren innerhalb des Besteuerungssystems entstandenen Verzerrungen abzuschaffen.

Zu den im Gesetzesvorschlag benannten Änderungen gehören laut Gutierrez:
1.) eine gründliche Revision von Steuerentlastungen und Befreiungen;
2.) Einkommensteuer soll nur von Arbeitern bezahlt werden, die monatlich über 494 US-$ verdienen (gegenwärtig bezahlen alle, die im Monat mind. 228 US-$ verdienen Einkommensteuer);
3.) der Übergang von komplementären Steuergesetz soll durch ein Gesetz für Übergangspreise ermöglicht werden, damit die Änderungen am Besteuerungssystem beendet werden könnten.
Dieses Gesetz soll es auch möglich machen, all jene Institutionen und Gesellschaften anzuklagen, die gegenwärtig keine Einkommensteuer bezahlen. (Radio La Primerisima, 09.08.)

US-Steuer auf Zigarren verursacht Massenarbeitslosigkeit in Mittelamerika

Am 10. August verabschiedete der US-Kongress Gesetze, durch die eine neue Steuer auf Importe von handgemachten Zigarren erhoben wird. Die Auswirkungen des neuen Gesetzes in den zigarren-produzierenden Ländern in Mittelamerika (vor allem Nicaragua, Honduras und die Dominikanische Republik) werden katastrophal sein. Laut Wirtschaftswissenschaftler Alejandro Martinez Cuenca verletzt das neue Gesetz das Freihandelsabkommen mit Zentralamerika und der Dominikanischen Republik (Dr. CAFTA) durch die Einführung einer Handelsschranke in die USA auf ein aus Mittelamerika importiertes Produkt.

Martinez glaubt, dass die Steuer (die mehr als 10 US-$ pro Zigarre betragen kann) deutliche soziale und politische Folgen nicht nur für Mittelamerika, sondern auch für die USA haben wird. In Mittelamerika und der Karibik ist der Lebensunterhalt von über 3,5 Millionen Menschen von der Arbeit in der Tabakindustrie abhängig. Sollten die Tabakfirmen gezwungen werden, die Region zu verlassen (was sie laut Martinez wären, sobald die neue gesetzliche Regelung in Kraft treten wird) werden die entstehende Arbeitslosigkeit zusammen mit dem Hunger und Elend wahrscheinlich eine starke Erhöhung der illegalen Einwanderung in die USA verursachen.

In Nicaragua arbeiten etwa 15.000 Menschen in Tabakfabriken und mehr als 30.000 auf den Tabakfeldern. Die Mehrzahl dieser Arbeitskräfte sind Frauen, die den Unterhalt ihrer Familien mitfinanzieren.

Mitglieder der Nationalversammlung baten ihre nordamerikanischen Pendants, noch einmal über die Folgen ihrer Taten "nachzudenken", bevor sie das Gesetz in Kraft setzen. Die Nationalversammlung beabsichtigt, in den kommenden Tagen eine Gruppe nach Washington zu schicken, die zusammen mit Delegationen aus anderen betroffenen zentralamerikanischen und karibischen Ländern und mit ihren jeweiligen Botschaftern in Washington Einfluss auf den US-Kongress nehmen sollen, um die Gesetze zu widerrufen. (El Nuevo Diario, 11.08.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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