Meldungen aus Nicaragua vom 08.01.2007

  1. Umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen für die Amtseinführung des Präsidenten, die größer ausfällt als alle bisherigen
  2. Evidence of widespread corruption within Bolaños administration begins to emerge
  3. CENIDH legt gegen Verbot therapeutischer Abtreibung vor dem Obersten Gerichtshof Berufung ein
  4. Der neue Erziehungsminister will "Schulautonomie" abschaffen
  5. MIFIC authorizes illegal increase in price of medicines
  6. UNICEF calls on authorities to do more to prevent AIDS infections among children
  7. Environmentalist describes extent of crisis
  8. More unrest in Bilwi (Puerto Cabezas) jail

Umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen für die Amtseinführung des Präsidenten, die größer ausfällt als alle bisherigen

Die Leiterin der Nationalen Polizei Aminta Granera und der Oberkommandierende der nicaraguanischen Armee Omar Halleslevens luden am 6. Januar zu einer Pressekonferenz ein, bei der sie Auskunft gaben über die Sicherheitsvorkehrungen für die für den 10. Januar vorgesehene Amtseinführung des neuen Präsidenten. Etwa 14 900 Polizisten und Armeemitglieder sind für die Sicherheitsmaßnahmen, die für die Zeit vom 6. Januar bis zum 12. Januar vorgesehen sind, eingeplant. Halleslevens gab zu, dass Sicherheit zu garantieren für so ein gewaltiges Ereignis, kompliziert ist, aber dass er zuversichtlich sei, dass die Sicherheitskräfte "bereit" sind, sich der Aufgabe zu stellen.

Granera begründete den Umfang der Sicherheitsmaßnahmen damit, dass "wir noch nie eine so große Anzahl höchster offizieller Gäste zur Amtseinführung eines Präsidenten bei uns empfangen haben." Sie erklärte, seit den 80er Jahren habe es kein offizielles politisches Ereignis dieser Größenordnung gegeben. Siebzehn Staatsoberhäupter haben zur Amtseinführung ihr Kommen zugesagt; darunter alle zentralamerikanischen Präsidenten sowie Hugo Chávez aus Venezuela, Evo Morales aus Bolivien, Alán García aus Peru, Álvaro Uribe aus Kolumbien, Felipe Calderón aus Mexiko, Rafael Correa aus Ecuador, Chen Sui Bian aus Taiwan, Leonel Fernández aus der Dominikanischen Republik und Mahmud Ahmadinedschad aus dem Iran. Aus weiteren 65 Ländern haben sich hochrangige Regierungsdelegationen angesagt. Zusätzlich zu den offiziellen Delegationen wird mit über 1000 ausländischen Journalisten gerechnet. Außerdem erwarten die Organisatoren, dass mindestens 300 000 Anhänger der neuen Regierung zur öffentlichen Amtseinführung des Präsidenten kommen werden, die auf der Plaza La Fe Juan Pablo II im Anschluss an die offizielle Feier stattfinden wird.

Granera erklärte, dass es den Bürgern von Managua am 10. Januar verboten sei, Feuerwaffen, Messer oder explosives Material bei sich zu haben; das sei Teil der Maßnahmen, durch die die Ruhe auf den Straßen garantiert werden soll. Von 8 Uhr früh am 10. Januar bis Mitternacht am 11. Januar soll auch der Verkauf von alkoholischen Getränken verboten sein. Sie forderte die Öffentlichkeit zur Mithilfe bei diesen speziellen Sicherheitsmaßnahmen auf.

Die offizielle Amtseinführung beginnt um 16 Uhr auf dem Platz der Blockfreien Nationen "Omar Torrijos", in dessen Nähe sich die neuen Präsidentschaftsbüros befinden werden, das Olof-Palme-Kongresszentrum (1). Nach seiner Amtseinführung wird Daniel Ortega einen Zug zur Plaza La Fe anführen, wo er seine erste öffentliche Rede als Präsident Nicaraguas halten wird. Später am gleichen Abend will Ortega die ausländischen Staatsoberhäupter und die Regierungsdelegationen im Olof-Palme-Kongresszentrum empfangen. Schließlich wird Ortega offiziell die Mitglieder seines Kabinetts benennen und sie noch am gleichen Abend der Presse vorstellen.

(1)Am 3. Januar gab Rosario Murillo, Sprecherin der Sandinistischen Partei (FSLN), Ortegas Entscheidung bekannt, während seiner Amtszeit nicht den Präsidentenpalast zu seinem Amtssitz zu machen, weil dessen Unterhalt zu teuer sei und nicht mit dem Wunsch der neuen Regierung, sich für "Einfachheit" einzusetzen, übereinstimme. In dem Gebäude sollen stattdessen mehrere Ministerien und staatliche Gesellschaften untergebracht werden, die derzeit keine eigenen Bürogebäude haben und deshalb hohe Mieten bezahlen müssen. Die Büros des Präsidenten werden in das Kongresszentrum "Olof Palme" umziehen. (El Nuevo Diario, 3. 1., 4. 1., 6. 1., 8. 1.; La Prensa, 4. 1., 7. 1.; Radio Ya! 8. 1.)

CENIDH legt gegen Verbot therapeutischer Abtreibung vor dem Obersten Gerichtshof Berufung ein

Das Nicaraguanische Menschenrechtszentrum (CENIDH) legte am 8. Januar vor dem Obersten Gerichtshof gegen Gesetz 603 Berufung ein. Der Text der Berufung war von Vertretern einer großen Anzahl von Menschenrechtsgruppen, Frauengruppen und Gruppen aus dem medizinischen Sektor unterzeichnet worden. Gesetz 603, das Ende des vergangenen Jahrs beschlossen worden ist, reformierte Artikel 165 Strafgesetzbuch und nahm damit den Frauen das Recht auf therapeutische Abtreibung. Seit über 100 Jahren war die therapeutische Abtreibung legal in Fällen, in denen Leben oder Gesundheit einer Schwangeren auf dem Spiel stand oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung war.

Ehe CENIDH die Berufung einreichte, führte die Organisation am Morgen des 8. Januar eine Demonstration in den Straßen von Managua durch, um die allgemeine Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. An der Demonstration nahmen Vertreter der Gruppen und Organisationen teil, die die Berufung unterzeichnet hatten, sowie Menschen, die das Abtreibungsverbot ablehnen.

Der Nationale Koordinator der Nicaraguanischen Gesellschaft, der Allgemein-Mediziner Leonel Arguello, der am Marsch teilnahm, sagte, dass sowohl 28 verschiedene nicaraguanische medizinische Vereinigungen als auch die medizinischen Fakultäten aller nationalen Universitäten "die Berufung unterstützen". Laut Arguello "fordern die Delegierten der Nationalversammlung uns mit der Verabschiedung des Gesetzes 603 auf, keine Ärzte zu sein, nicht menschlich zu sein, sie fordern uns auf, unsere Pflicht (Leben zu retten) zu vergessen, unsere medizinischen ethischen Maßstäbe zu vergessen."

Bayardo Izabá, CENIDHs Rechtsberater, erklärte, die Entscheidung, gegen das Verbot therapeutischer Abtreibung Berufung einzulegen, sei getroffen worden, weil es eine Reihe fundamentaler Menschenrechte verletzt, wie zum Beispiel das Recht auf Leben, das Recht, nicht gefoltert zu werden, und das Recht, nicht diskriminiert zu werden, alles Rechte, die angeblich in der nicaraguanischen Verfassung garantiert werden. CENIDH hat Berufung eingelegt unter dem Hinweis, dass das Gesetz einerseits verfassungswidrig sei, andererseits den Status Nicaraguas als säkularen Staat verletze. Itzabá erklärt, die Verabschiedung des Gesetzes 603 sei Folge der offenen Unterstützung religiöser Dogmen durch die Nationalversammlung, der eine riesige Demonstration gegen therapeutische Abtreibung, die von der katholischen Kirche organisiert worden war, vorangegangen war.

"In Wahrheit gibt es keine legalen Argumente, die für die Unterstützung des Gesetzes 603 sprechen," erklärt Izabá. "Von Wahl-Interessen und religiösen Dogmen sollte nicht das Schicksal von Frauen abhängen, die Komplikationen während ihrer Schwangerschaft haben." Der nationale Leiter von CENIDH Gonzalo Carrión sagt, er sei zuversichtlich, dass die Richter des Obersten Gerichtshofs "verantwortungsbewusst genug sind, um sich für die verfassungsmäßig verbrieften Menschenrechte einzusetzen." Der Gerichtshof hat vier Monate Zeit, um hinsichtlich der Berufung zu einer Entscheidung zu kommen; während dieser Zeit werden die Richter voraussichtlich medizinische und andere Experten über die Implikationen des Gesetzes 603 befragen.

Maria Martha Blandón von der Nicaraguanischen Frauenbewegung sagte, wenn der Oberste Gerichtshof nicht im Sinne der Berufung ein Urteil abgibt, werde "die Todesrate bei Müttern steigen" und es werde "mehr Söhne und Töchter ohne Mütter" geben. Blandon erklärt, dass arme Frauen und Frauen in ländlichen Gebieten in besonderer Weise von dem Abtreibungsverbot betroffen sein werden.

Am 4. Januar hat die Nicaraguanische Frauenbewegung eine Kampagne begonnen, um über therapeutische Abtreibung öffentlich aufzuklären. Eveling Flores, eine Vertreterin der Bewegung, sagte, bei der Kampagne der katholischen Kirche, die zum Verbot therapeutischer Abtreibung führte, sei gewaltig manipuliert worden. Laut Flores hofft die Organisation, 150 000 Unterschriften unter eine Petition gegen das Verbot zu sammeln. Die Petition soll dann der neuen Nationalversammlung vorgelegt werden.

Unterdessen hat Leopold Brenes, Erzbischof von Managua, in der ersten Messe dieses Jahres, am 1. Januar 2007, in der Kathedrale von Managua die Gläubigen aufgerufen, das Abtreibungsverbot aufrecht zu erhalten. In seiner Predigt forderte Brenes zu "Respekt vor allem Leben" auf. Er sagte, die "stillen Tode", die die Folge von Abtreibung, von Forschung an menschlichen Embryonen und von Euthanasie sind, seien eine Verletzung des Lebens in Frieden. (El Nuevo Diario, 2. 1., 4. 1., 8..1.; La Prensa, 8. 1.; Radio La Primerísima, 7. 1., 8.1.)

Der neue Erziehungsminister will "Schulautonomie" abschaffen

Der neue Erziehungsminister Miguel de Castillo gab bekannt, er plane, alle während der vergangenen sechzehn Jahre beschlossenen Gesetze, die das Recht auf gebührenfreie Schulbildung oder sonstige Rechte der Bevölkerung auf Erziehung verletzen, rückgängig zu machen. De Castillo erklärte, er werde am 11. Januar, einen Tag nach seiner Amtseinführung als Erziehungsminister, die sofortige Abschaffung der Schulautonomie bekannt geben. Als die öffentlichen Schulen für autonom erklärt wurden (entsprechend den Forderungen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds'), wurde das staatliche Schulwesen praktisch privatisiert, da alle staatlichen Geldzuwendungen mit Ausnahme der Lehrergehälter gestrichen wurden. Die Gesetze zur Schulautonomie hatten zur Folge, dass die Schulen sich gezwungen sahen, zunehmend auf Geld von den Eltern angewiesen zu sein, um funktionsfähig zu sein. De Castillo erklärte, er werde dafür sorgen, dass vom 11. Januar an alle Kosten für den Unterhalt der Schulen vom Ministerium für Erziehung, Kultur und Sport (MECD) übernommen werden. Er führte nicht näher aus, wie er das erreichen will und woher das zusätzliche Geld kommen wird.

De Castillo gab all das am 7. Januar bei der Vereidigung von 250 städtischen Erziehungs-Ombudsleuten bekannt. Der neue Erziehungsminister will landesweit 1 500 städtische Erziehungs-Ombudsleute einsetzen, die den Verlauf der Bildungsreformen, die er als Teil seines Plans der "Rettung öffentlicher Schulen" einführen will, begleiten sollen. Hauptaufgabe der Ombudsleute wird es sein, dafür zu sorgen, dass in allen Teilen Nicaraguas der freie und allgemeine Zugang zu den Schulen gewährleistet ist.

Norma Moreno, Ombudsfrau speziell für Kinder und Jugendliche, sagt, dass auf Castillo "große Herausforderungen" zukommen, aber sie hat hohe Erwartungen an den neuen Minister, der ein erfahrener Lehrer und einer der Gründer des Nicaraguanischen Bildungs-Forums und der nicaraguanischen Initiative für Menschliche Entwicklung ist. Bei einer Konferenz mit Castillo, die kürzlich stattgefunden hat, wurde beschlossen, dass Moreno eine Liste mit dringlichen Empfehlungen für das öffentliche Bildungswesen ausarbeiten und dem neuen Minister vorlegen soll.

Moreno sagte, diese Liste werde u.a. die folgenden Empfehlungen enthalten: die Einführung von Maßnahmen, die das Ziel haben, das Fernbleiben vom Unterricht zu reduzieren (derzeit haben 50 % der Schüler, die sich zu Beginn des Schuljahrs eingeschrieben haben, am Ende des Schuljahrs die Schule verlassen, weil die Eltern sich ihren Schulbesuch nicht mehr leisten können); umfangreiches Anwerben von Lehrern, die eine Ausbildung für den Unterricht mit behinderten Schülern haben (derzeit haben 97 % der Kinder mit Behinderung keine Möglichkeit, eine öffentliche Schule zu besuchen); die Einführung neuer Wege, wie das Problem behandelt werden soll, wenn Lehrer im Verdacht stehen oder ihnen nachgewiesen wird, dass sie Schüler sexuell oder physisch missbrauchen; und die Einführung einer Anzahl von Änderungen in dem kürzlich eingeführten Handbuch zur Sexualerziehung. (El Nuevo Diario, 4. 1., 8. 1.; La Prensa, 8. 1.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info@nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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