Meldungen aus Nicaragua vom 28.11.2006

  1. Ortega meets with Tom Shannon and Central American presidents
  2. PLC zweifelt offizielle Liste von Nationalversammlungsabgeordneten an
  3. Wirtschaftswissenschaftler fordern, neue Regierung müsse Maßnahmen zur Umverteilung ergreifen
  4. Managua bus fare to be reduced to US$0.14 in December
  5. Sorge um wachsende Gewalt gegen Frauen in Mittelamerika
  6. Increased tension between PLC leaders as result of election loss
  7. Artists hope new government can save Nicaraguan culture from extinction
  8. Bolaños welcomes US$37 million BCIE loan for new hydroelectric plant
  9. Union leaders beaten and human rights lawyers threatened at Mil Colores

PLC zweifelt offizielle Liste von Nationalversammlungsabgeordneten an

Bei eine Pressekonferenz hatte der Präsident des Obersten Wahlrats (CSE), Roberto Rivas, das offizielle Endergebnisse der letzten Parlamentswahlen vom 22. November bekannt gegeben und dabei die Wahl des sandinistischen Politikers Daniel Ortega zum Präsidenten und Jaime Morales Carazo zu seinem Stellvertreter bestätigt. Die CSE-Vertreter veröffentlichten auch die Liste der 220 Abgeordneten und ihre Stellvertreter für die Nationalversammlung und für das Zentralamerikanische Parlament (PARLACEN), die am letztem 15. November zum ersten Mal offiziell vorgestellt worden waren. Am 23. November wurden die offiziellen Ergebnisse der Wahlen in der nationalen Presse bekannt gegeben.

Die Nationalversammlung wird im Zeitraum von 2007 - 2012 aus 38 sandinistischen Abgeordneten (FSLN), 25 Abgeordneten der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC), 22+2 Abgeordneten des Liberalen nicaraguanischen Bündnises (ALN) (der zweitplazierte Präsidentschaftskandidat Eduardo Montealegre und der scheidende Präsident der Republik, Enrique Bolaños, erhalten automatisch Sitze in der Versammlung zuerkannten) und fünf Abgeordneten der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) bestehen.

Rivas widersprach der Behauptung der PLC, der Präsident des regionalen Wahlrats (REC) der Autonomen Nördlichen Atlantik-Region (RAAN), Nery González, habe einen "offensichtlichen Betrug" begangen, um "den Sitz eines Stellvertreters von uns zu stehlen". Laut dem Sprecher der PLC fälschte González die Unterschrift von Alicia Delvie, einem leitenden Mitglied des REC, auf dem Dokument, mit dem die Vertreter des REC ihre Annahme der letzten Stimmenzählung in der Region zum Ausdruck brachten. Die Ansprüche der PLC wurden von dem Direktor Roberto Courtney von der zivilgesellschaftlichen Organisation Ethik und Transparenz (EyT) gestützt, der sagte, die Partei habe "klare Beweise" für ihren Widerspruch. CSE Präsident Rivas bezeichnete den Fall als eine geschlossene Angelegenheit und sagte, dass die Wahlergebnisse aus der RAAN vom REC unterschrieben und besiegelt worden seien. Die PLC reagierte auf Rivas Anmerkung mit der Drohung, den Fall vor Gericht zu bringen.

Sowohl die ALN als auch die MRS akzeptierten die offiziellen Wahlergebnisse, wenn auch mit einem gewissen Grad des Unwillens. ALN-Sprecher Eliseo Nuñez sagte, die Partei habe, "keine andere Option, als die Ergebnisse zu akzeptieren", nachdem ihr Widerspruch vom CSE zurückgewiesen worden sei. Nuñez fuhr mit der Aussage fort, dass die ALN die Absicht habe, Nationalen und Internationalen Beobachtergruppen die Sorgen der Partei über die Widersprüchlichkeiten während des Wahlprozesses zu überreichen.

Stellvertretend für die MRS sagte Victor Hugo Tinoco, dass "angesichts der Regeln des Spiels, die die führenden Politiker von FSLN und PLC eingeführt haben, sind dies die Ergebnisse". Tinoco sagte die Fraktion der MRS werde "stark und kritisch" sein.

US-Botschafter Paul Trivelli vertrat die Ansicht, dass die gewählte Nationalversammlung, um "politisch ausgewogener" sein werde, weil die Parteien zu Verhandlungen verpflichtet seien, um Gesetze zu verabschieden. Trivelli drückte seine Zufriedenheit darüber aus, dass die Kontrolle der zwei Parteien über das Parlament zu Ende gegangen sei.

In der kommenden Woche beginnen die vier in der Nationalversammlung vertretenen politischen Bündnisse mit Verhandlungen, um eine Versammlungsleitung für 2007 zu wählen. Daniel Ortega hat schon den Wunsch nach einem von der FSLN geführten Bündnis erklärt und sagte, der Vorsitz über die Nationalversammlung solle "vielfältig" und "repräsentativ" sein, (El Nuevo Diario, 22., 23. + 24.11., La Prensa, 23.+25.11., Radio la Primerísima, 24.11.)

Wirtschaftswissenschaftler fordern, neue Regierung müsse Maßnahmen zur Umverteilung ergreifen

Die neue Regierung muss Maßnahmen ergreifen, um das Vermögen im Land umzuverteilen, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Sergio Santamaría und der Finanzgesetzesexperte Julio Francisco Báez. Beide stimmten überein, dass als Teil dieses Prozesses die Durchführung einer Tribut-Reform (Steuern) wesentlich sei. Báez empfiehlt, dass die Regierung zuerst eine Untersuchung von Auswirkungen einer Tributreform durchführen und gleichzeitig die von der gegenwärtigen Regierung begonnene Finanzreform umsetzen soll. Die Reformen, die bisher von Wirtschaftswissenschaftlern und führende Wirtschaftspolitiker angeregt worden waren, hatten nur dazu gedient, ein schon ungerechtes System noch zu verschlimmern. "Die Reform der Tributpflicht bedeutet nicht etwa, Steuern zu erheben", sagt Báez, "es geht darum, zu verbessern ..., wer was bezahlt, was bevorzugt behandelt werden soll, und warum ArbeiterInnen eine schwerere Last tragen".

Santamaría empfiehlt der neuen Regierung, Prioritäten bei den von bestimmten Wirtschaftssektoren genossenen Steuerbefreiungen zu setzen, um den Bedürfnissen von anderen Bereichen zu entsprechen, vor allem denen der ArbeiterInnen und des landwirtschaftlichen Sektors. Laut Santamaría verliert die nicaraguanische Regierung jährlich zwischen 220 Millionen US-$ und 330 Millionen US-$ in Folge der von großen Unternehmen und Anlegern genossenen Steuerbefreiungen, Geld, das verzweifelt benötigt wird, um die Gehälter der Arbeiter zu bezahlen.

Santamarías andere Empfehlung ist die Senkung der den höheren Staats-Beamten zuerkannten Megagehälter und die Einführung eines gerechteren Systems der Einkommensteuer, wodurch jene mit größerem Jahreseinkommen eine höhere Einkommensteuer bezahlen sollen. (El Nuevo Diario, 22.+24.11.)

Sorge um wachsende Gewalt gegen Frauen in Mittelamerika

Seit 2002 wurde in Mittelamerika über 3.988 Fälle von feminicid (Entführungen, sexuelle Misshandlungen und Mord speziell gegenüber Frauen) berichtete, wie eine Studie des Interamerikanischen Instituts für Menschenrechte (IIDH) feststellt. Diese entsetzliche Zahl ist eine Ursache für die Sorge von Menschenrechtsgruppen, die versuchen, das Bewusstsein gegenüber dem Problem in einzelnen Ländern der Region, vor allem in Guatemala und El Salvador zu schärfen. Während in Belize seit 2002 nur über acht Fälle von feminicide berichtet wurde, gab es 1.398 Fälle in Guatemala, 1.320 in El Salvador und 613 in Honduras. In Nicaragua gab es 315 Fälle, in Costa Rica 146 und in Panama 188. El Nuevo Diario sprach davon, dass sie Situation in Nicaragua "fast einer Epidemie" gleiche.

Die Mehrheit der ermordeten Frauen wurde nach der IIDH Studie Opfer ihrer Partner, ihrer früheren Partner, von Freunden, Verwandten oder von Bandenmitgliedern. Die Institution drängt darauf, unmittelbare Maßnahmen zu ergriffen, um die beunruhigende Gewalttätigkeit gegen Frauen in der Region zu verringern. Eine ihrer Hauptempfehlungen ist es, dass schon in der Schule damit begonnen wird, den Kindern ein anderes Frauenbild / die Wertschätzung gegenüber Frauen zu vermitteln.

Die nicaraguanische Ombudsfrau für Frauen, Deborah Grandison, klagte über die hohe Zahl von Gewalttätigkeiten gegen Frauen in der nicaraguanischen Gesellschaft, so sei vor allem in den ärmsten Sektoren Gewalt gegen Frauen "normal" geworden. Grandison vertritt die Ansicht, dass häusliche Gewalt in Nicaragua "zu einem öffentlichen Gesundheitsproblem erklärt werden soll", um die Angelegenheit aus der Stille und der Scham heraus an die Öffentlichkeit zu holen.

Laut einem Bericht in El Nuevo Diario vom 25. November, dem internationalen Tag für den Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen, sind die Faktoren, die zu solch hoher Gewalttätigkeit führen, Armut, Alkoholmissbrauch, eine Kultur der übertriebenen Männlichkeit, die das Leben und den Körper der Frauen kontrollieren will sowie ein unterfinanziertes und korruptes Justizsystem. Alleine 2006 wurden über 20 nicaraguanischen Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet. (El Nuevo Diario, 25.11., Radio La Primerísima, 25.11.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
Abo des News-Dienstes in englischer Sprache für 60 US-$ jährlich bei Nicaragua Network, 1247 E Street, SE, Washington, DC 20003, e-mail: nicanet@igc.apc.org.

Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

Bankverbindung:
Nicaragua-Forum Heidelberg | Konto Nr. 1517732
Bezirkssparkasse Heidelberg | BLZ: 672 500 20
Stichwort: Information

Letzte Meldungen

Sie finden die Liste der zuletzt veröffentlichten Meldungen immer auf der Seite

Meldungen

ganz oben.