Meldungen aus Nicaragua vom 18.09.2006

  1. Noch kein Ende der Energie-Krise in Sicht
  2. Ortega: OAS will den Wahlprozess diskreditieren
  3. Police reveal findings of investigation into methanol poisoning
  4. Alemán: FSLN victory would mean “another ten years of national tragedy”
  5. Economist emphasizes need to invest in education and small businesses
  6. US government to “donate” US$12 million for Nicaraguan electoral process
  7. Ministry of Health calls for urgent action to resolve energy crisis
  8. Untersuchung zeigt: Auswanderung von Eltern hat Auswirkungen auf Kinder

Noch kein Ende der Energie-Krise in Sicht

Nachdem sich die Stromversorgung am Wochenende im ganzen Land spürbar verschlechtert hat - aus vielen Gebieten wurden bis zu 12-stündige Abschaltungen gemeldet - berief Präsident Bolanos eine Dringlichkeits-Konferenz ein, zu der Vertreter aus dem Energie-Sektor geladen waren. Das Treffen fand am 11. September im Büro des Präsidenten statt. Bei dem Treffen erklärten sich einige der Energie-Gesellschaften bereit, ihre Werke trotz der hohen Schulden, die die Elektro-Verteiler-Gesellschaft Unión Fenosa bei ihnen hat, nicht abzuschalten.

Unión Fenosa ihrerseits versprach, bei der Zentrale des multi-nationalen Konzerns in Madrid eine Anleihe von 9 Millionen US-Dollar aufzunehmen, um einen Teil der eigenen Schulden zurückzuzahlen und Elektrizität bei benachbarten zentralamerikanischen Ländern zu kaufen.

Genau genommen aber wurde bei dem Treffen wenig erreicht, weil sich die größte Stromerzeuger-Gesellschaft in Nicaragua, GEOSA, weigerte, in ihren Betrieben die Abschaltungen zu stoppen. Die Gesellschaft erklärte, sie werde die Abschaltungen nur dann stoppen, wenn Unión Fenosa die Summe, die sie der Gesellschaft schuldet, bezahlt.

Am 12. September erklärte David Castillo, der Präsident des Nationalen Energie-Instituts (INE), vor der Presse, dass Bolanos nach der Konferenz INE aufgefordert habe, eine "drastische" Erhöhung der Elektrizitäts-Gebühren vorzunehmen und auf eine Fortsetzung des Schlichtungsverfahrens gegenüber Unión Fenosa zu verzichten. "Außerdem befahl Bolanos, dass der Staatsbetrieb Hydrogesa," ein Wasserkraftwerk am Apanás-See, "auf volle Touren geschaltet wird", obwohl das den See überbeansprucht und damit die Stromversorgung während der bevorstehenden trockenen Jahreszeit gravierend gefährdet ist. Castillo sagte, INE habe die Aufforderung von Bolanos abgelehnt und das Geheiß des Präsidenten, den Apanás-See im Übermaß in Anspruch zu nehmen, kritisiert.

Als Folge der Produktionsbeschränkungen in den GEOSA-Betrieben meldete die Nachrichtenzentrale der Energie-Betriebe am 13. September im Hinblick auf den landesweiten Strombedarf ein 25%iges Defizit. Laut Nachrichtenzentrale bedeutet das für alle Unión-Fenosa-Kunden Abschaltungen zwischen drei und acht Stunden. Fachleute des Zentrums bezeichneten Bolanos' Entscheidung, Hydrogesa volltourig laufen zu lassen, als "gefährlich".

Unterdessen hat der Vize-Präsident der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) Wilfredo Navarro eine Wendung um 180 Grad vorgenommen und bekannt gegeben, seine Partei habe "ihre Befürwortung der 9-Millionen-US-Dollar-Unterstützung für Unión Fenosa", die Bolanos bei der Nationalversammlung beantragt hat, "ausgesetzt". Laut Navarro kam es zu dieser Entscheidung, "weil uns klar geworden ist, dass die Regierung, die Energie-Gesellschaften und Unión Fenosa eine fiktive Energie-Krise schaffen, um einen Vorwand für eine Erhöhung der Stromgebühren zu haben." Navarro sagte, die Regierung versuche, die Nationalversammlung dahingehend "unter Druck zu setzen", dass sie für die 9-Millionen US-Dollar stimmt. "Die PLC-Fraktion wird eine Erhöhung der Stromgebühren nicht zulassen," fuhr er fort.

Auch die Sandinistische Partei (FSLN) sprach sich gegen Bolanos' Vorschlag, Unión Fenosa 9 Millionen US-Dollar zu geben, aus. Da auf diese Weise beide großen Parteien gegen den Vorschlag sind, ist anzunehmen, dass er in der Woche, die mit dem 18. September beginnt, von der Nationalversammlung abgelehnt wird. Laut Bolanos und Vertretern von Unión Fenosa ist aber die Annahme des kontrovers beurteilten Antrags die einzige Möglichkeit, um der Energie-Krise Herr zu werden.

Während die Behörden sich weiterhin außer Stande sehen, die Krise zu lösen, nähert sich die nicaraguanische Wirtschaft einem totalen Kollaps; von deren katastrophalen Auswirkungen sind vor allem die ärmsten Teile der Gesellschaft betroffen. (El Nuevo Diario, 12. 9., 14. 9., 16. 9.; La Prensa, 13. 9., 14. 9., 15. 9., 17. 9.; Radio La Primerísima, 12. 9., 15. 9.; Canal 2 Telenoticias, 12. 9., 14. 9.)

Ortega: OAS will den Wahlprozess diskreditieren

In seiner Rede auf einer zweitägigen Konferenz des Ständigen Rats Politischer Parteien Lateinamerikas und der Karibik (COPPPAL), die am 11. und 12. September in Managua stattfand, hat der Vorsitzende der Sandinistischen Partei (FSLN) und Präsidentschaftskandidat Daniel Ortega erklärt, die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) habe vor, die bevorstehenden allgemeinen Wahlen in Nicaragua zu diskreditieren. Laut Ortega werde die OAS-Wahlbeobachtungs-Mission, die derzeit in Nicaragua ist, im Oktober, "nur wenige Wochen vor den Wahlen, einen Bericht vorlegen, in dem sie das Wahlverfahren disqualifiziert." Er fuhr fort: Die Absicht sei, dass der Bericht "von der Mehrheit der Mitgliedsländer der OAS unterstützt wird und auf diese Weise unseren (der FSLN) Wahlsieg disqualifiziert."

Weiterhin meinte der FSLN-Vorsitzende, er glaube nicht, dass dieser Bericht von einer Mehrheit der OAS-Mitglieder unterstützt werde, aber trotzdem "werde er eine gewisse Wirkung haben." Ortega sagte, die nach Nicaragua entsandte Kommission sei die größte und teuerste Wahlbeobachtungs-Mission, die in den vergangenen Jahren in eines der lateinamerikanischen Länder geschickt wurde, wobei 80% der Kosten von der US-Regierung übernommen werden. "Das ist auch der Grund," fügte er hinzu, "warum wir - bei allem gebührenden Respekt für einige der Mitglieder der OAS-Mission und für das Carter-Zentrum - gesagt haben, dass wir Wahlbeobachtern nicht trauen."

Ortegas Erklärungen wurden von den Führungen der anderen drei großen politischen Allianzen, die sich um die Präsidentschaft bewerben, kritisiert. Der Vizepräsident der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) Wilfredo Navarro bezeichnet Ortegas Kommentare als "anachronistisch"; er nennt die OAS-Mission eine "Garantin" für Transparenz im Wahlverfahren.

Victor Hugo Tinoco von der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) sagte, Wahlbeobachtung sei unumgänglich, weil der Oberste Wahlrat (CSE) nicht unparteiisch sei und nicht das Vertrauen der politischen Parteien genieße.

Der Wahlkampf-Leiter der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN) Adolfo Arguello sagte: "Wir verstehen nicht, wieso es jemandem nicht recht sein sollte, wenn eine so angesehene Organisation wie die OAS uns durch das ganze Wahlverfahren hindurch begleitet."

Hingegen forderte der Vorsitzende der Minderheits-Allianz Alternative für einen Wechsel (AC) Orlando Tardencilla dazu auf, Ortegas Behauptungen ernst zu nehmen. Er meinte, es sei "falsch", dass Wahlbeobachter einigen Kandidaten ihren Segen geben und andere disqualifizieren.

Die OAS reagierte auf Ortegas Erklärungen mit einer Presse-Mitteilung, die von der Zentrale der Organisation in Washington DC veröffentlicht wurde. In der Presse-Mitteilung wurde betont, dass die Arbeit der OAS in keiner der 14 Wahlen, die sie im vergangenen Jahr als Beobachterin begleitet hat, in Frage gestellt worden sei. "Die Wahlbeobachter-Mission in Nicaragua ist nicht Teil der internen politischen Auseinandersetzung und wird die öffentlichen Erklärungen der politischen Führer und Funktionäre dieses Landes nicht kommentieren," heißt es in der Erklärung. (El Nuevo Diario, 12. 9., 14. 9.; La Prensa, 13. 9.; Radio Ya!, 12. 9.; Radio La Primerísima, 13. 9.)

Untersuchung zeigt: Auswanderung von Eltern hat Auswirkungen auf Kinder

Am 12. September stellte Martha Cranshaw, Vertreterin des Netzwerks Nicaraguanischer MigrantInnen, die Ergebnisse einer Untersuchung vor zu der Frage: "Was bedeutet Emigration für meine Familie?" Laut Statistik des MigrantInnen-Netzwerks haben von 900 000 nicaraguanischen EmigrantInnen, die außerhalb des Landes arbeiten, 450 000 Kinder in Nicaragua.

100% der Kinder, die im Rahmen der Untersuchung interviewt wurden, gaben an, dass sich ihr Leben geändert hat, seitdem ihre Familie getrennt ist. 77% sagen, dass sie ständig traurig sind, seitdem ihre Eltern Nicaragua verlassen haben, um in einem anderen Land zu arbeiten. Viele Kinder, deren Eltern in anderen Ländern leben, zeigen veränderte Verhaltensweisen und sind für die Erwachsenen, die sie betreuen, zu Problemkindern geworden. Häufiger als andere Kinder zeigen sie in der Schule Konzentrationsschwierigkeiten und verlassen vorzeitig die Schule. Teenager-Jungen, deren Eltern in anderen Ländern arbeiten, greifen häufiger als andere zum Alkohol, und Mädchen im gleichen Alter sind häufiger als andere Mädchen in Gefahr, schwanger zu werden. Die Auswirkungen auf Kinder ist größer, wenn die Mutter zur Arbeit in ein anderes Land geht als wenn der Vater auswandert. (Radio La Primerísima, 12.9.; El Nuevo Diario, 13. 9.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
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