Meldungen aus Nicaragua vom 02.10.2006

  1. OAS kritisiert Intervention und nennt den Wahlvorgang "normal"
  2. National Assembly reforms Energy Stability Law
  3. Über 500 Kinder erkranken nach Verzehr genetisch veränderter Nahrung des World Food Programms
  4. Incoming President will inherit US$3.5 billion debt
  5. World Vision survey shows 77% intend to vote
  6. Alemán describes himself as leader of the PLC
  7. Chaos im Krankenhaus von Ocotal wegen anhaltender Stromabschaltungen
  8. Regenwald-Verband: Die Situation in Bosawás ist chaotisch

OAS kritisiert Intervention und nennt den Wahlvorgang "normal"

Am 25. September gab die Wahlbeobachter-Kommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) eine Erklärung heraus, in der sie jüngste Beispiele ausländischer Einmischung in die nicaraguanische Wahldebatte kritisierte. "Die Zukunft der politischen Einrichtungen in diesem Land hängt ausschließlich von der Entscheidung der nicaraguanischen Bürger ab. Für die OAS-Kommission besteht die Rolle der internationalen Gemeinschaft darin, dass sie mit den nicaraguanischen Einrichtungen und Organisationen zusammenarbeitet, damit der Wille des nicaraguanischen Volkes in freien und transparenten Wahlen zum Ausdruck kommen kann," hieß es in der Erklärung.

Die Veröffentlichung der OAS-Erkärung erfolgte genau vier Tage, nachdem die schwedische Botschafterin in Nicaragua Eva Zetterberg behauptet hatte, der Oberste Wahlrat (CSE) "ist eine voreingenommene Organisation. Er bringt es nicht fertig, auf seine Bindung an bestimmte politische Parteien zu verzichten." Ihre Aussage führte zu Empörung unter den Mitgliedern des CSE und der zwei größten Parteien, der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) und der sandinistischen Partei (FSLN).

Die nicaraguanische Presse interpretierte die OAS-Erklärung als Antwort auf Zetterbergs Ausführungen und auf die Stellungnahme des US-Kongress-Abgeordneten Dan Burton, der letzte Woche Nicaragua besuchte. Auf einer Presse-Konferenz in Managua sagte Dan Burton, die Rückkehr des FSLN-Vorsitzenden Daniel Ortega an die Macht werde seine Regierung veranlassen, ihre Beziehungen zu Nicaragua zu "überdenken".

Unbeeindruckt von der OAS-Kritik, wiederholte der US-Botschafter Paul Trivelli am 25. September die unterschwellige Drohung, die Burton wenige Tage vorher geäußert hatte, dass ein Wahlsieg der von den Sandinisten geführten Allianz ‚Das Vereinigte Nicaragua siegt' negative Folgen für die in den USA arbeitenden Nicaraguaner haben werde. "Bei vielen Gelegenheiten haben wir gesagt, dass dieser Wahlvorgang für Nicaragua, für die Region und für die USA aus vielen Gründen wichtig ist; darunter auch für die halbe Million Nicaraguaner, die in den USA leben." Laut Trivelli stellen die Erklärungen Burtons während seines jüngsten Aufenthalts in Nicaragua keine Intervention dar; er habe nur erklärt, was geschehen würde, wenn Ortega die bevorstehenden Wahlen gewinnt.

Trivelli fuhr fort: "In meiner Regierung, im US-Kongress und im privaten Sektor besteht offenbar großes Interesse daran, Nicaragua in dieser Zeit der Wahlen zu besuchen." Der nächste auf der Liste offizieller Besucher des Landes in der Zeit der Wahlen ist US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der am 1. Oktober in Managua ankam, um an der VII. Verteidigungsminister-Konferenz des amerikanischen Kontinents teilzunehmen.

Unterdessen hat der nicaraguanische Außenminister Norman Caldera am 28. September bestätigt, dass die Regierung die OAS-Wahlbeobachter-Kommission gebeten habe, ihren zweiten Vor-Wahl-Bericht zunächst noch zurückzuhalten. Dieser Bericht sollte am 5. Oktober veröffentlicht werden, aber laut Caldera hat die Regierung beschlossen, die Veröffentlichung hinauszuschieben, um eine "Konfrontation" mit dem CSE zu vermeiden und der Wahlbehörde die Möglichkeit zu geben, einige Probleme, die in dem ersten OAS-Bericht genannt worden sind, zu "lösen"; dazu gehören Probleme im Hinblick auf die Ausgabe von Ausweisen und die Einflussnahme politischer Parteien innerhalb des CSE.

José Miguel Insulza, Generalsekretär der OAS, der zur Zeit in Nicaragua ist, um an der VII. Verteidigungsminister-Konferenz teilzunehmen, bestätigte am 29. September, dass die OAS-Kommission nicht beabsichtige, noch vor den Wahlen einen weiteren Bericht vorzulegen. Insulza erklärte außerdem, dass der nicaraguanische Wahlprozess sich "normal" entwickle und "annehmbaren internationalen Standards" entspreche.

Weiterhin sagte er, "Funktionäre und Vertreter eines Landes sollten sich nicht, auch nicht durch Worte, in die Angelegenheiten eines anderen Landes einmischen. Leider ist ausländische Einmischung zur Gewohnheit geworden, obwohl die OAS ganz und gar nicht für diese Gewohnheit ist. Es wäre uns lieber, alle würden es ablehnen, die Wahlergebnisse beeinflussen zu wollen." (El Nuevo Diario, 26. 9., 27. 9., 29. 9., 1. 10; La Prensa, 27. 9., 28. 9., 30. 9.; Radio Ya!, 28. 9., 1. 10.; Radio 580, 1. 10.)

Über 500 Kinder erkranken nach Verzehr genetisch veränderter Nahrung des World Food Programms

Die Nicaraguanische Allianz zum Schutz Biologischer Vielfalt wirft dem World Food Programm (WFP) vor, durch die Ausgabe genetisch veränderter (GM) Nahrung in den Gemeinden Jinotega und Siuna hätten über 500 Kindern schwerwiegende gesundheitliche Schäden erlitten. Das World Food Programm gibt in den verschiedensten Teilen Nicaraguas Lebensmittel an mehr als 1,5 Millionen Personen aus, vorwiegend an Kinder, schwangere Frauen und Familien, die in extremer Armut leben.

Der Vize-Bürgermeister von Siuna Evanisto Luna sagte, über 120 Kinder in Siuna mussten die Gesundheitszentren der Gemeinde aufsuchen, weil sie nach dem Verzehr der vom WFP ausgegebenen Lebensmittel unter Durchfall, Übelkeit, Schwindel und Hautkrankheiten litten. Auf Bitten der städtischen Behörden von Jinotega und Siuna führte die Allianz zum Schutz von Bio-Vielfalt Tests bei den vom WFP ausgegebenen Lebensmitteln durch; dabei wurden genmanipulierte Nahrungsmittel-Bestandteile festgestellt.

Laut Julio Sánchez, Vertreter der Allianz zum Schutz Biologischer Vielfalt, stellt das Vorhandensein genveränderter Nahrungsmittel "ein unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit dar und hat negative Folgen für die nationale biologische Vielfalt, die nationale Wirtschaft und die Umwelt."

Die Allianz sowie die Stadtverwaltungen von Jinotega und Siuna fordern die Regierung auf, zu veranlassen, 1) dass die Lebensmittel aus WFP-Spenden aus dem Land abtransportiert werden, damit keine weiteren gesundheitlichen Probleme entstehen und damit die nicaraguanische Bio-Vielfalt nicht beeinträchtigt wird, 2) dass das WFP die Nahrungsmittel künftig innerhalb von Nicaragua kauft, damit keine weitere gen-manipulierte Nahrung importiert wird, 3) dass Verfahren entwickelt werden, die es nicaraguanischen Familien auf dem Land ermöglichen, ihre eigenen Lebensmittel zu produzieren und nicht mehr von den Spenden des WFPs abhängig zu sein, und 4) dass das Gesetz über Bio-Sicherheit und biologische Vielfalt verabschiedet wird.

Sabrina Quezada, beim WFP zuständig für Information, betonte, dass die Lebensmittel, die die Organisation an nicaraguanische Familien ausgegeben hat, für den menschlichen Verzehr geeignet seien. "Wir arbeiten mit MAG-FOR (Ministerium für Land- und Forstwirtschaft) und MINSA (Gesundheitsministerium) zusammen, und was wir verteilen, entspricht den Regeln und Verfahrensweisen beider Ministerien. (El Nuevo Diario, 28. 9.; Radio 580, 28. 9.; www.rebelión.org, 28. 9.)

Chaos im Krankenhaus von Ocotal wegen anhaltender Stromabschaltungen

Die einzigen voll ausgestatteten Operationsräume im einzigen Krankenhaus im Departamento Ocotal sind seit 28. September außer Betrieb, nachdem die anhaltenden Stromabschaltungen die Klima-Anlage und andere notwendige elektrische Geräte außer Betrieb setzten. Trotz wiederholter Zusagen der Elektro-Verteiler-Gesellschaft Unión Fenosa, dass die elektrische Versorgung von Krankenhäusern und Gesundheitszentren garantiert sei, war das Ocotal-Krankenhaus wie zahllose andere Krankenhäuser im Land in den vergangenen Monaten von Stromabschaltungen stark betroffen.

Kleinere Operationen werden in einem kleineren Operationsraum durchgeführt, und die Krankenhaus-Angestellten tun, was sie können, um Notfälle medizinisch zu versorgen. "Gott behüte uns davor, dass wir es mit Messerstichen, Schusswunden oder Autounfällen zu tun bekommen," sagte Dorian Sevilla, Departaments-Delegierter des Gesundheitsministeriums (MINSA), denn ich weiß nicht, was wir in solchen Fällen tun würden."

Mercedes Osorio, stellvertretende Leiterin des Krankenhauses, berichtete, dass mehrere andere elektrische Geräte aufgrund der jüngsten Stromabschaltungen endgültig oder vorübergehend außer Betrieb sind, darunter das Gerät, das die elektrische Notversorgung automatisch anschaltet, wenn der Strom ausgeschaltet wird. Das bedeutet, dass das Leben der Patienten, die auf lebenserhaltende Maschinen angewiesen sind, darunter eine Anzahl Babys, die Brutkästen brauchen, in Gefahr ist.

Sevilla rief alle Einrichtungen und Organisationen des Departamentos auf, sich mit den Patienten und den Angestellten des Krankenhauses zu solidarisieren und zu fordern, "dass Unión Fenosa ihren Versprechungen nachkommt, die Stromversorgung der Gesundheitszentren und Krankenhäuser zu garantieren." Der Krankenhaus-Vorstand ist dabei, das Ausmaß der Schäden zu berechnen, damit MINSA entsprechende Forderungen an die multinationale Stromverteiler-Gesellschaft richten kann. (El Nuevo Diario, 30. 9., Radio Ya! 29. 9.)

Regenwald-Verband: Die Situation in Bosawás ist chaotisch

Die internationale Umwelt-Organisation Regenwald-Verband ist besorgt über das schockierende Ausmaß der Zerstörung im Biosphären-Reservat Bosawás in der Autonomen Nordatlantik-Region (RAAN). Der Koordinator des Regenwald-Verbands Jaime Guillén beschrieb die Situation als "chaotisch" aufgrund des Fehlens staatlicher Kontrolle.

Vertreter des Regenwald-Verbands, die in Nicaragua arbeiten, luden den El-Nuevo-Diario-Journalisten Fermin López ein, sie auf einem Flug über das Gebiet zu begleiten, damit er sich aus der Luft ein Bild von der Zerstörung macht. Weite Gebiete einer Landschaft, die als Nicaraguas ausgedehntestes "unberührtes" Regenwaldgebiet beschrieben wird, sind abgeholzt worden, um ausgedehnten landwirtschaftlichen Plantagen und Vieh-Farmen Platz zu machen. Diese landwirtschaftlichen Neugründungen sind nicht autorisiert (das Bosawás-Reservat gilt als Schutzgebiet). Sie sind weitgehend das Werk von Neuankömmlingen, die von dem Land Besitz ergreifen, ohne dafür die Genehmigung seitens der örtlichen Gemeinden oder irgend einer anderen Behörde zu haben.

Der Regenwald-Verband arbeitet mit einheimischen indigenen Behörden zusammen. Dabei geht es um Projekte zur gesunden Entwicklung von Naturressourcen. (El Nuevo Diario, 27. 9.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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