Meldungen aus Nicaragua vom 29.08.2005

  1. Dates set for Aleman's court cases in Panama and USA
  2. Neue Studie zeigt erschreckendes Ausmaß an Hunger in ländlichen Gebieten Nicaraguas
  3. Lewites und Montealegre immer noch Favoriten im Rennen um die Präsidentschaft
  4. Nicaraguas Elektrizitätssystem am Kollabieren
  5. Landwirtschaftliche Produzenten verlangen dringend Straßenreparaturen
  6. Police believe motive behind journalist's murder was argument over taxi fare
  7. Ruth Herrera says DR-CAFTA will bring water privatization
  8. US Court rules in favor of Nemagon victims

Neue Studie zeigt erschreckendes Ausmaß an Hunger in ländlichen Gebieten Nicaraguas

Eine Studie, die vom deutschen Zweig von Brot für die Welt finanziert und in ländlichen Gemeinden verschiedener Regionen Nicaraguas durchgeführt wurde, zeigt, dass ein erschreckend hoher Prozentsatz der Bewohner auf dem Land nur ein oder zwei Mahlzeiten am Tag zu sich nimmt. Von 1 121 Familien, die in Ortschaften von León, Chinandega, Carazo und Boaco wohnen, nehmen 42,9 % nur höchstens zwei Mahlzeiten am Tag zu sich, während 26,3 % höchstens eine Mahlzeit am Tag zu sich nehmen. Daraus geht hervor, dass 69,2 % im Zustand chronischen oder extremen Hungers leben.

62,4 % derjenigen Familien, die keine drei Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen, sagen, der Grund, warum sie Schwierigkeiten haben, sich ausreichend zu ernähren, ist, dass sie keinen Zugang zu Land haben, auf dem sie Nahrungsmittel anbauen können; 73,9% geben dagegen an, es fehle ihnen das nötige Geld, um genügend Nahrungsmittel zu kaufen.

Abschließend stellt die Studie fest, dass fehlende Bildung ein weiterer Faktor ist, der das Problem allgemeiner Armut und verbreiteten Hungers in den ländlichen Regionen Nicaraguas verschärft. "Menschen, die keine formale Bildung erhalten konnten, haben auch keine Chance erhalten, neue Fähigkeiten und Einstellungen zu entwickeln, durch die sie ihrem Leben eine Wendung zum Besseren geben könnten."

Eine weitere Schlussfolgerung der Studie von "Brot für die Welt" ist, dass "die Politik in Nicaragua die Gemeinden spaltet, ihnen damit die Möglichkeit nimmt, ihre Ressourcen zum Wohl der Gemeinde einzusetzen, und dadurch selbst Hunger und Armut verursacht."

Inzwischen hat der Generalsekretär des Wirtschaftskomitees für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) Jose Luis Machinea bekannt gegeben, dass Nicaragua, Honduras, Paraguay und Bolivien die vier Länder auf dem Kontinent sind, die die größten Schwierigkeiten haben, die Millenniumsziele der Vereinten Nationen zu erreichen; eines der Ziele ist, die extreme Armut bis 2015 um 50% zu reduzieren. "Es erscheint höchst unwahrscheinlich, dass Nicaragua diese Ziele erreicht," sagte er. (El Nuevo Diario, 23.8.; La Prensa, 27.8.)

Lewites und Montealegre immer noch Favoriten im Rennen um die Präsidentschaft

Eine Umfrage, die am 13. und 14. August in Managua vom Zentrum für Soziale und Wirtschaftliche Untersuchungen (CINASE) durchgeführt und letzte Woche publiziert wurde, zeigt, dass ein großer Teil der Einwohner der Hauptstadt (die etwa ein Viertel der Einwohner Nicaraguas ausmachen) für die Präsidentschaftskandidaten Herty Lewites und Eduardo Montealegre ihre Stimme abgeben würden, und das trotz der Tatsache, dass beide Männer aus ihrer jeweiligen Mehrheitspartei hinausgeworfen wurden und nun im Rahmen von Bündnissen viel kleinerer politischer Gruppierungen für die Präsidentschaft kandidieren.

Die Umfrage-Ergebnisse wurden auf sehr verschiedene Weise von den beiden wichtigsten Tageszeitungen des Landes veröffentlicht. La Prensa (die allerdings nicht vermerkte, dass die Umfrage nur in Managua durchgeführt wurde) berichtete, dass 78,5% der von CINASE befragten FSLN-Anhänger sagten, sie würden, wenn die Wahlen in der Umfrage-Woche stattfänden, für Lewites und nicht für Ortega stimmen, selbst wenn Lewites nicht der Kandidat des Sandinisten, sondern der einer anderen Partei wäre. Die Zeitung berichtete auch, dass 82,4% der Anhänger der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) sagten, sie würden für Eduardo Montealegre stimmen, auch wenn er nicht der Kandidat eines Bündnisses wäre, zu dem auch die PLC gehört.

Laut der Zeitung El Nuevo Diario (die darauf hinwies, dass die Umfrage nur in Managua durchgeführt wurde) unterstützen indessen 47,6% der FSLN-Anhänger, die befragt wurden, Lewites als Kandidaten ihrer Partei, während 15,5% für Daniel Ortega sind. Von denen, die für Lewites sind, würden, laut El Nuevo Diario, 78,5% ihn sogar, wenn er für eine andere Partei kandidiert, unterstützen. Was Montealegre betrifft, so sind 56,1% der PLC-Mitglieder für ihn als Kandidaten gegenüber 4% für Arnoldo Aleman und 1,8% für den derzeitigen Vizepräsident Jose Rizo. Von denen, die mit Montealegre sympathisieren, sagen 82,4%, sie würden ihn auch als Kandidaten einer anderen politischen Partei unterstützen.

Dem Ex-Bürgermeister von Managua Lewites wurde seine Partei-Mitgliedschaft entzogen, nachdem er Ortega zu Vorwahlen, auf denen der FSLN-Kandidat für die allgemeinen Wahlen im nächsten Jahr gewählt werden sollte, herausgefordert hatte. Er steht nun an der Spitze eines politischen Bündnisses, das aus der Christlichen Alternative (AC), der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) und anderen Gruppierungen besteht.

Montealegre hatte innerhalb der PLC ein ähnliches Schicksal wie Lewites, als er begann, öffentlich die Abhängigkeit der Partei vom einstigen Präsidenten Arnoldo Alemán anzukreiden; wegen Geldwäsche und Betrugs verbüßt letzterer derzeit eine 20jährige Gefängnisstrafe.

FSLN und PLC sind die weitaus größten Parteien in Nicaragua, aber ihre ablehnende Haltung gegenüber Vorwahlen und die zunehmend ablehnende Haltung der Öffentlichkeit gegenüber dem Liberal-Sandinistischen Pakt bedeuten für beide Parteien eine Gefährdung ihrer Chancen auf einen Wahlsieg im nächsten Jahr. 70,1% derer, die an der Umfrage von CINASE teilnahmen, sagten, es wäre ihnen recht, wenn Vorwahlen stattfänden.

Am 28. August fand die dritte Anti-Pakt-Demonstration statt, diesmal in Chinandega im Norden des Landes. In den vergangenen Monaten haben ähnliche Demonstrationen in Managua und Granada stattgefunden. Etwa 3 500 Leute nahmen diesmal am Protestmarsch teil. Er wurde vom Netzwerk für Nicaragua organisiert, einer Dachorganisation von Organisationen der Zivilgesellschaft. Teilnehmer erschienen in blau-weiß (den Farben der nicaraguanischen Flagge) und trugen Transparente, auf denen sie ihre Empörung über den PLC-FSLN-Pakt, der für sie ein Staatsstreich ist, zum Ausdruck brachten. Eine der Demonstrantinnen erklärte, um ihre Ablehnung gegenüber "Korruption und all den anderen anti-demokratischen Aktionen, in die unsere Politiker tagtäglich verwickelt sind, zum Ausdruck zu bringen," habe sie sich entschlossen teilzunehmen, obwohl sie an sich eine PLC-Unterstützerin sei. Die Präsidentschaftskandidaten Herty Lewites, Eduardo Montealegre und Jose Antonio Alvarado waren bei der Demonstration anwesend. (La Prensa, 24.8., 25.8., 28.8.; El Nuevo Diario, 24.8., 29.8.; Radio Liberación Estelí, 19.8.)

Nicaraguas Elektrizitätssystem am Kollabieren

Am 24. August waren mehrere Departamentos im Norden und Westen des Landes von Stromausfällen betroffen, nachdem ein Teil der Stromerzeugung im Westlichen Elektrizitätswerk zusammengebrochen war. Der Schaden trat unvorhergesehen ein, und es dauerte mehr als 12 Stunden, bis alles repariert war; in dieser Zeit waren Häuser und Geschäfte in den Regionen León, Chinandega, Matagalpa, Chontales, Rio San Juan und Managua ohne Strom.

Es hat sich herausgestellt, dass das Westliche Elektrizitätswerk, eines der Werke, in dem Elektrizität erzeugt und an Union Fenosa verkauft wird, wegen wirtschaftlicher Probleme mit Fenosa einen seiner Generatoren im Werk abstellen musste. Fenosa gibt zu, dass sie aufgrund der gestiegenen internationalen Ölpreise über 22 Millionen US-Dollar Schulden bei den Elektrizitätsgesellschaften hat. Da Fenosa 74,04 US-Dollar für ein Megawatt Energie, das 94,04 US-Dollar kostet, zahlt, sehen sich die Stromerzeuger gezwungen, all ihr Geld in den Kauf von Öl zu stecken und die Instandhaltung der Ausrüstung zu vernachlässigen. Laut Union Fenosa lässt sich dieses Problem nur dadurch lösen, dass die Regierung eine weitere Preiserhöhung genehmigt, für die die Konsumenten, die in ihren Häusern Elektrizität benutzen, aufkommen müssen.

Cesar Zamora, Verwaltungs-Chef des Elektrowerks Corinto-Energie-Gesellschaft, vertritt die Meinung, dass dieser jüngste Energie-Ausfall der erste von vielen ist, die im Kommen sind. Denn die Energie-Krise dauert an; "wenn wir die Maschinen in dem Zustand, in dem sie sind, weiterbenutzen, wird früher oder später das gesamte System kollabieren." Derzeit aber gibt es im Präsidentenbüro keinen offiziellen detaillierten Plan der Regierung, wie die Energie-Krise, die momentan das Land beutelt, angegangen werden kann. (La Prensa, 24.8.; El Nuevo Diario, 26.8.)

Landwirtschaftliche Produzenten verlangen dringend Straßenreparaturen

Am 22. August haben über 1000 landwirtschaftliche Produzenten, Busbesitzer und Vertreter von Ortsverwaltungen aus den nördlichen und zentralen Departamentos von Matagalpa, Jinotega und Chontales eine Kundgebung vor dem Präsidentschaftsgebäude in Managua abgehalten und verlangt, dass die Regierung über 900 Kilometer Straße in ihren jeweiligen Regionen reparieren lässt. Organisiert wurde der Protestmarsch von den lokalen Verwaltungen der drei Regionen zusammen mit lokalen Landwirtschafts- und Transportverbänden.

Ein sehr hoher Prozentsatz der nationalen Produktion an Grundnahrungsmitteln, Milchprodukten, Fleisch und Kaffee für den nationalen Konsum und den Export wird in Matagalpa, Jinotega und Chontales produziert. Neunzig Prozent des gesamten Kaffees, der in Nicaragua produziert wird, stammt von dort. Aber die Straßen, die zu diesen höchst produktiven Gebieten Nicaraguas führen, sind laut Amilcar Navarro, Präsident der Vereinigung Nicaraguanischer Kaffee-Produzenten (UNICAFE), in "absolut katastrophalem Zustand".

Navarro fürchtet, dass ein großer Teil der 1 800 Zentner Kaffee aus diesen drei Departamentos Schaden nehmen wird, weil es zu lange dauert, bis die Produktion aus den Gebieten hinaustransportiert wird; und das bedeutet für die Produzenten enorme Verluste. Der Präsident von UNICAFE sagt, dass man in diesem Jahr mit der besten Ernte der vergangenen Dekade rechnet. Die nicaraguanischen Kaffee-Farmer haben während der vergangenen sieben Jahre schwer gelitten, da Trockenheiten und ständig sinkende internationale Kaffee-Preise dazu geführt haben, dass ihre Arbeit alles andere als lukrativ war. In diesem Jahr erreichen die Kaffeepreise auf dem internationalen Markt 100 US-Dollar pro Zentner (vor wenigen Jahren betrug der Preis pro Zentner nur 42 US-Dollar). Navarro erklärte: "Wir hofften, dass dies das Jahr ist, in dem wir einige der Schulden aus den Produktionseinbußen der vergangenen Jahre zurückzahlen können; aber ironischer Weise hat der Regen, dem wir eine so gute Ernte verdanken, auch die Straßen, auf die wir angewiesen sind, um unsere Produkte aus dem Gebiet zu transportieren und zu verkaufen, vollständig ruiniert."

Bauern, die Milchprodukte, Fleisch und Grundnahrungsmittel produzieren, stehen vor dem gleichen Problem. In einigen Teilen von Chontales sind die Straßen so schlecht, dass sie für die meisten Fahrzeuge nicht befahrbar sind. In Juigalpa, der Hauptstadt von Chontales, sind die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe geschossen, weil es schwierig ist, Nahrungsmittel in die Stadt zu schaffen, selbst von sehr nahe gelegenen Dörfern und Gemeinden. "Ein Kohlkopf kostet jetzt 18 Cordobas," sagt Marina Lorio, Bürgermeisterin von Juigalpa, und fügt hinzu: "Die Leute sind verzweifelt; sie können es sich nicht mehr leisten, Nahrungsmittel zu kaufen."

Bolanos lehnte ein Treffen mit den Vertretern der landwirtschaftlichen Produzenten-Verbände, die an der Demonstration teilnahmen, ab, und alles, was Leal Ernesto, Sekretär des Präsidenten, zu sagen hatte, war, dass "derzeit nicht genug Geld da ist, um Straßen zu reparieren." Er empfahl, dass die örtlichen Verwaltungen Steuergelder für die Reparaturen benutzen und dass die betroffenen Bauern 1 US-Dollar für jeden Zentner, den sie verkaufen, zur Verfügung stellen.

Pedro Solorzano, Transportminister, verstieg sich zu einem ebenso wenig hilfreichen Rat. Er gibt den Abgeordneten die Schuld, die "der Regierung 60 Millionen Cordobas (3,75 Millionen US-Dollar) schulden. Wenn sie dieses Geld zurückzahlen, wird die Regierung es gern für 60 Kilometer Straßenbau benutzen." (El Nuevo Diario, 23.8.; Radio Ya! 23.8.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
Abo des News-Dienstes in englischer Sprache für 60 US-$ jährlich bei Nicaragua Network, 1247 E Street, SE, Washington, DC 20003, e-mail: nicanet@igc.apc.org.

Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

Bankverbindung:
Nicaragua-Forum Heidelberg | Konto Nr. 1517732
Bezirkssparkasse Heidelberg | BLZ: 672 500 20
Stichwort: Information

Letzte Meldungen

Sie finden die Liste der zuletzt veröffentlichten Meldungen immer auf der Seite

Meldungen

ganz oben.