Meldungen aus Nicaragua vom 27.12.2005

  1. IWF bestätigt Schuldenerlass
  2. Bolaños considered dissolving legislature during political crisis
  3. Latin America distances itself from Washington
  4. Civil society organizations call for reforms to electoral regulations
  5. Attorney declares justices innocent "ahead of time"
  6. Humboldt-Zentrum schlägt Reformen des allgemeinen Wassergesetzes vor
  7. Journalist enthüllt die Wahrheit über die Situation der Kaffeepflücker
  8. ANDEN proposes beginning school year in May

IWF bestätigt Schuldenerlass

Am 21. Dezember bestätigte der internationale Währungsfonds (IWF) die Streichung von 100% der Schulden Nicaraguas bei der Organisation als Teil der multilateralen Initiative zum Schuldenerlass (MDRI), der von den G-8-Staaten im letzten Juli beschlossen worden war. Humberto Arbulu, der Vertreter des IWFs in Nicaragua, erklärte, dass nach der Änderung der makroökonomischen Politik durch die nicaraguanische Regierung nun festgestellt wurde, dass Fortschritte im Kampf gegen die Armut und bei der Steuerung der öffentlichen Ausgaben erreicht werden konnten. "Es gibt keine weiteren Bedingungen mehr", erklärte Arbulu, "es gibt keine weiteren Hindernisse. Der Schuldenerlass ist sicher."

In der letzten Woche hatte der IWF die nicaraguanische Legislative dazu gezwungen, weitere Reformen zur Abgabenordnung als Bedingungen für den Schuldenerlass zu beschließen. Aufgrund des sandinistischen Widerstands gegen die Reformen war es jedoch nicht möglich, dass diese Änderungen noch vor dem Ende des Jahres verabschiedet wurden.

Der Führer der sandinistischen Partei, Daniel Ortega, sagte, dass er mit der Entscheidung des IWFs, die Schulden zu erlassen, "zufrieden" sei. "Es wurde deutlich, dass Dinge erreicht werden können durch ernsthaftes und verantwortungsbewusstes Verhandeln." Ortega fuhr mit der Erklärung fort, "wir sind verpflichtet, die Reformen zur Abgabenordnung während des nationalen Dialogs im Jahr 2006 zu erörtern", sagte dabei aber nicht, ob sich die FSLN dem Druck des IWF beugen werde und die Verabschiedung des Gesetzes ermöglichen werde.

Im letzten Juli war den Nicaraguanern versprochen worden, dass auch ihnen 100% der ausländischen Schulden erlassen werden sollten wie für alle vierzig ärmsten Nationen der Welt, wobei jetzt klar ist, dass dies so nicht der Fall ist. Während der IWF über den Erlass von 100% der Schulden Nicaraguas (und von 18 anderen Ländern) bei der Institution (200 Millionen US-$ im Falle von Nicaragua) berichtet, erwartet das Land durch sein ökonomisches Programm für 2006 neue Schulden. Die gesamte Summe von Nicaraguas Auslandsschulden beläuft sich gegenwärtig auf 5,309 Milliarden US-$, von denen nur 830 Millionen US-$ in Folge des MDRIs der G-8 erlassen werden. Dies sind 200 Millionen US-$ beim IWF und 630 Mio. US-$ bei der Weltbank. (Durch die vielfach gerühmte Initiative zum Schuldenerlass für hochverschuldete arme Länder (HIPC) sollten Nicaraguas externe Schulden von 6,3 Milliarden US-$ auf 2,5 Milliarden US-$ reduziert werden. Es scheint, dass diese Sache keinen so glücklichen Ausgang genommen hat.) (La Prensa, 22. + 24.12., El Nuevo Diario, 22. + 23.12, Radio Ya!, 21.12.)

Humboldt-Zentrum schlägt Reformen des allgemeinen Wassergesetzes vor

Clemente Martinez vom Humboldt Zentrum bestätigte die Pläne, Anfang 2006 eine Reihe von Beratungen mit unterschiedlichen Wirtschafts- und anderen Sektoren durchzuführen, von denen er sagt, dass sie dazu beitragen sollen, einen Vorschlag für die Reform des allgemeinen Wassergesetzes zu erarbeiten. Das Gesetz war im Februar 2005 in der ersten Runde mit den Stimmen der Abgeordneten in der Nationalversammlung verabschiedet worden. Laut Martinez gibt es jedoch mehrere Widersprüchlichkeiten in dem Gesetz, die negative Auswirkungen auf die benachteiligten Sektoren der nicaraguanischen Bevölkerung hätten, wenn das Gesetz in der vorliegenden Form in Kraft treten würde.

Martinez erklärte, dass das Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt sagt, dass die Ahnenrechte von indigenen Gemeinschaften auf ihre Wasserquellen respektiert werden sollen, "um sich in diesem Punkt mit der Aussage zu widersprechen, dass alle Wasserquellen nach Verhandlungen mit regionalen und autonomen Regierungen zur Nutzung durch öffentliche Versorgungsbetriebe freigegeben werden können".

Er fuhr mit der Aussage fort, dass das Humboldt Zentrum über den Artikel besorgt ist, der vorsieht, dass, alle laufenden Verträge mit privaten Gesellschaften über die Nutzung von Wasserressourcen bis zu ihrem Ablauf von keinen Änderungen durch das Gesetz betroffen sein werden. "Wir wissen von Verträgen, die eine Laufzeit von mehr als 20 Jahre haben", erklärte Martinez.

Martinez nahm an einem Forum für Umweltorganisationen mit dem Titel "Die Situation und sie Zukunft unserer Wasserressourcen" teil, das von der Konrad Adenauer Stiftung organisiert wurde und am 20. Dezember stattfand. (La Prensa, 21.12.05)

Journalist enthüllt die Wahrheit über die Situation der Kaffeepflücker

Ricardo Guerrero Nicaragua, ein Journalist von La Prensa, arbeite eine Woche als Kaffeepflücker auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Jinotega, ohne dass seinen Vorgesetzten oder den Pflück-Kollegen seine wahre Identität bekannt gewesen wäre. Der entstandene Bericht gibt den Lesern die seltene Gelegenheit, die harte Realität der Arbeitsbedingungen von Kaffeepflückern in Nicaraguaner kennen zu lernen.

Während Kaffee eines der wichtigsten Produkte der nationalen Wirtschaft ist, gibt es keine erkennbaren Anstrengungen der Regierung, diesen Wirtschaftszweig zu unterstützen. Die Eigentümer nicaraguanischer Kaffeebetriebe produzieren ihre jährliche Ernte oft mit einem Verlust, während die nicaraguanischen Kaffeepflücker Lohn-Sklaven unter entsetzlichen Bedingungen sind.

"Jeden Dezember ziehen viele tausend Familien und Personen aus den nördlichen Regionen Nicaraguas in die Kaffeefincas von Jinotega und Matagalpa, um zusätzlich etwas für Weihnachten zu verdienen", beginnt Guerrero seinen Bericht. "Wir arbeiten mindestens zwölf Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche. Ich arbeitete neben Kindern, schwangeren Frauen und älteren Menschen. Viele der Arbeiter hatten keine Schuhe. Erfahrene Pflücker können in vier Wochen etwa 2.600 Cordobas (153 US-$) verdienen. Eine große Verbesserung gegenüber den 400 Cordobas (23,50 US-$) Monatseinkommen, das ArbeiterInnen in der Landwirtschaft zu anderen Zeit des Jahres in der Region Jinotega verdienen können."

"Am Ende jedes Tages tat mein ganzer Körper weh. Aber ich war dankbar dafür, dass ich so zutiefst erschöpft war, sonst hätte ich es für unwahrscheinlich gehalten, dass ich in der eisig kalten Scheune geschlafen hätte, auf meinem aus Bananenstaudenblättern und Plastikmaterial gebauten Bett zusammen mit 300 anderen Pflückern."

Guerrero erklärt, dass vor etwa zehn Jahren ein Kaffeepflücker während der Kaffeeernte genug verdient habe, um die Schulgebühren seiner Kinder für einen guten Teil des Jahres zu bezahlen. Heutzutage gehen nur noch sehr wenigen Kinder von Kaffeepflückern in die Schule. Die Schülerzahlen in ländlichen Schulen im Gebiet der Regionen von Jinotega und Matagalpa sind in den letzten Jahren dramatisch gefallen, zusammen mit den Internationalen Kaffeepreisen. Sogar die Eigentümer der Kaffeebetriebe haben Schwierigkeiten, ihre Kinder in die Schule schicken zu können.

Eine Hauptschwierigkeit der Kaffeeproduzenten ist der Zustand der Straßen, die genutzt werden, um die Erzeugnisse der landwirtschaftlichen Betriebe in die Städte transportieren zu können, wo die Bohnen an die Exporteure verkauft werden können. Guerrero erklärt z.B., wie die 40 Kilometer lange Busfahrt von Jinotega zum landwirtschaftlichen Betrieb, auf dem er arbeitete, vier Stunden dauerte. Die Verzögerungen, die dabei entstehen, den Kaffee von einer Stelle zur Nächsten zu bringen, hat Einfluss auf die Qualität des Produkts. Oft sind die Bauern dazu gezwungen, wegen der Verschlechterung ihr Produkte zu einem viel niedrigeren Preis zu verkaufen.

Während die Zwischenhändler sowohl in Nicaragua als auch im Ausland ein Vermögen mit dem modernen Tageshandel des Kaffees machen können, besteht die Lebenswirklichkeit von jenen, die sicherstellen, dass die Ernte auf den Markt kommt, aus leeren Mägen und nackten Füßen. (La Prensa, 23.12.05)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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