Meldungen aus Nicaragua vom 25.07.2005

  1. Sandinisten feiern 26. Jahrestag des Triumphs der Revolution
  2. Oliver Garza trifft ein mit dem Auftrag, 2006 den sandinistischen Sieg abzuwenden
  3. Legislature increases pressure on Bolaños to accept constitutional reforms
  4. Government to bring in strict environmental laws
  5. Freedom for Aleman "imminent"
  6. Energie-Krise führt zu Hunger in nicaraguanischen Familien
  7. Two former banana workers arrive in USA for Nemagon case
  8. Plagues of rats and worms destroy crops in Waspam

Sandinisten feiern 26. Jahrestag des Triumphs der Revolution

Am 19. Juli wurde auf dem Papst Johannes Paul II.-Platz in Managua der 26. Jahrestag des Triumphs der populären sandinistischen Revolution gefeiert. Einige Journalisten berichteten, dass mehr als eine halbe Million Menschen an der Feier teilnahmen; diese Angabe wurde allerdings von der Nationalen Polizei, die für die Sicherheit bei der Veranstaltung zuständig war, nicht bestätigt. Es kam zu keinerlei ernsthaften Zwischenfällen und zu keinen Festnahmen. Aus allen Teilen Nicaraguas trafen Busladungen von FSLN-Anhängern ein, um ihre Unterstützung für Daniel Ortega, den Chef der Sandinistischen Partei, zu zeigen. Ortega war in den vergangenen Monaten innerhalb und außerhalb seiner Partei heftig dafür kritisiert worden, dass er im Vorfeld der allgemeinen Wahlen von 2006 keine Vorwahlen zuließ.

Die Veranstaltung wurde von Ortegas Lebenspartnerin Rosario Murillo organisiert, die auch die Moderation übernahm. Musiker und Tänzer aus allen Teilen Nicaraguas und von anderen Ländern waren zur Mitgestaltung des Programms eingeladen; bedeutsam allerdings war, dass die Lieder der Brüder Mejia Godoy, der Musikergruppe, die traditionell am engsten mit der Sandinistischen Partei in Verbindung gebracht wird, zu den Festlichkeiten nicht zugelassen waren. Carlos Mejia Godoy hat in den vergangenen Monaten Ortega öffentlich kritisiert und sich für Herty Lewites eingesetzt, den sandinistischen Ex-Bürgermeister von Managua, der bei den allgemeinen Wahlen im nächsten Jahr für die Präsidentschaft kandidieren möchte. Auf der Tribüne befanden sich verschiedene religiöse Symbole, darunter Bilder der Jungfrau Maria und eine Darstellung der katholischen Kirche. Leopoldo Brenes, der kürzlich von Miguel Obando die Leitung der katholischen Kirche in Nicaragua übernommen hatte, saß während der Veranstaltung direkt neben Ortega auf der Haupttribüne und sprach ein kurzes Gebet. "Niemals zuvor sah man die Sandinistische Partei in so enger Verbindung zur katholischen Kirche," bemerkte der politische Kommentator Eduardo Mareno Tercero.

Unter den von Ortega speziell Geladenen befanden sich Vertreter der salvadorianischen revolutionären Partei Farabundo Marti für Nationale Befreiung (FMLN), indigene Führer von der Karibikküste, die Delegierten der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) Carlos Noguera und Eduardo Mena sowie, am umstrittensten, Arnoldo Alemans Pate und Ex-Leiter von Wahlkampagnen Jaime Morales Carazo. Morales war bei den Friedensverhandlungen Ende der 80er Jahre, die schließlich zur Beendigung des Contra-Kriegs führten, der erste Verhandlungspartner auf Seiten der Contra. In den zurückliegenden Jahren hat sich Morales von Aleman distanziert; er versteht sich selbst als unabhängigen liberalen Abgeordneten. Trotzdem war seine Anwesenheit direkt neben Ortega auf der Haupt-Tribüne für viele politisch Engagierte eine höchst umstrittene Platzierung. Morales selbst hat zu Gerüchten, er werde möglicherweise 2006 die Leitung des Wahlkampfes für Ortega übernehmen, weder positiv noch negativ Stellung genommen.

Schließlich trat Ortega ans Rednerpult. Er sprach fast zwei Stunden lang. Er zeigte sich überzeugt, dass die Sandinisten im November 2006 mit ihm als Präsidentschaftskandidaten den Sieg davontragen, und sagte, dass seinen Gegnern dann "nichts anderes übrig blieb, als die Ergebnisse anzuerkennen." Weiter versprach er, "wenn wir die Präsidentschaft gewinnen, Nicaragua von der Armut zu befreien", und er sagte, die jüngsten Proteste gegen den sandinistisch-liberalen Pakt seien eine "Provokation" seitens derer, die die Interessen der Kapitalisten vertreten. Er verurteilte gewisse Sektoren der Presse, indem behauptete, sie seien an politischer Polarisierung und nicht am Dialog interessiert, und verschiedentlich nannte er die Sandinistische Partei eine Partei des Friedens, der Versöhnung und des Fortschritts.

Carlos Tunnerman, Mitglied der Bewegung für Nicaragua und Organisator der jüngsten Anti-Pakt-Märsche, kritisierte Ortega; er sagte, seine Rede sei ein Widerspruch in sich selbst. "Wir stellen immer wieder diesen unlogischen Widerspruch in Ortegas Rhetorik fest: Er will uns eine Zukunft des Friedens und der Versöhnung vorgaukeln, aber immer wieder greift er zu einer Sprache der Konfrontation." Im Weiteren weist Tunnerman darauf hin, dass Ortega Proteste voll und ganz unterstützt, sofern die Protestierenden Anhänger der Sandinisten und Ortegas sind, aber Anti-Pakt-Demonstrationen sind für Ortega eine Provokation.

Interessant war, dass Ortega es wagte, jene zu kritisieren, "die sich durch Korruption bereichern"; damit meinte er Aleman, allerdings ohne seinen Namen zu nennen. Der Philosoph Alejandro Serrano Caldera glaubt, dass Teil der Vereinbarungen des Paktes sei, sich gegenseitig öffentlich zu kritisieren, um eigene Anhänger nicht abzuschrecken, gleichzeitig aber hinter verschlossenen Türen zusammen zu arbeiten. (La Prensa, 20.7. und 23.7.)

Oliver Garza trifft ein mit dem Auftrag, 2006 den sandinistischen Sieg abzuwenden

Der frühere US-Botschafter in Nicaragua Oliver Garza traf am 22. Juli im Land ein und wird dort bis September, wenn Paul Travelli den Posten des Botschafters übernimmt, als Interims-Botschafter tätig sein. Die US-Behörden machten nicht einmal den Versuch, die wahren Gründe für Garzas Aufenthalt in Nicaragua zu verheimlichen. Am 20. Juli gab der Staatssekretär im US-Außenministerium Roger Noriega der Zeitung La Prensa ein Interview, in dem er Garzas Abordnung nach Nicaragua als "sehr wichtig für die US-Regierung" bezeichnete; weiterhin sagte er: "Er (Garza) wird unsere sehr große Sorge hinsichtlich der SAM-7-Raketen überbringen und deutlich machen, für wie wichtig wir es halten, dass die demokratischen Elemente sich in Nicaragua zusammen tun, damit bei den allgemeinen Wahlen 2006 beste Ergebnisse erzielt werden. Er wird unseren Freunden in der liberalen Bewegung auch nochmal mitteilen, dass sie sich entscheiden müssen; entweder sind sie Freunde der USA, oder sie sind Feinde."

Viele glauben, dass Garza versuchen wird, etwas Ähnliches in die Wege zu leiten wie die Nationale Union der Opposition; das war das Parteienbündnis, das unter Leitung von Violeta Chamorro die FSLN 1990 besiegte. Einflussreiche Mitglieder der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC), zum Beispiel Arnoldo Alemans Tochter Maria Dolores Aleman, antworteten auf die Frage nach Garzas Auftrag, dass sie keinerlei Auflage oder Erpressung von irgendeiner Seite akzeptieren würden. Andere dagegen, wie zum Beispiel Enrique Quinones, Fraktionsführer der Liberalen in der Nationalversammlung, drückten sich gegenüber der Presse diplomatischer aus und sagten: "Wir wollen weiterhin Freunde der Sandinistischen Partei sein, aber wir wollen auch unsere Beziehungen zur US-Regierung verbessern."

Unterdessen hat Preeti Shah, Sprecherin der US-Botschaft in Managua, die Presse am 20. Juli informiert, dass Maria Haydee Osuna ihr US-Visum entzogen wurde. Osuna ist Departamento-Präsidentin der PLC in Managua und Vize-Präsidentin des Nationalen Exekutiv-Komitees der PLC. Shah sagte, dass § 12 f des US-Einwanderungsgesetzes (ein Paragraph, der sich auf Korruption und/oder sonstige illegale Aktionen bezieht), auf Osuna angewandt wird; sie fügte allerdings hinzu, es sei nicht ihre Aufgabe, weitere Einzelheiten zu nennen. Mit Osuna ist ein weiterer Name auf der langen Liste einflussreicher Mitglieder der Liberalen Partei und von Mitgliedern der Aleman-Familie, denen ihre US-Visa entzogen worden sind; bei allen wurde der gleiche Paragraph des US-Einwanderungsgesetzes angewandt. Die Liberale Partei sieht dieses Vorgehen als eine Art Erpressung seitens der US-Regierung, wodurch Druck auf die PLC ausgeübt werden soll, ihren Pakt mit der Sandinistischen Partei zu brechen. (La Prensa, 21.7. und 23.7.; El Nuevo Diario, 24.7.)

Energie-Krise führt zu Hunger in nicaraguanischen Familien

Die Energie-Krise, verursacht durch die noch nie dagewesene Höhe der Ölpreise, fordert ihren Zoll von Nicaraguas Armen. Der Preis der billigsten Basis-Produkte ist als Folge der gestiegenen Produktions- und Transportkosten in den vergangenen Wochen und Monaten in die Höhe geschossen. Minimale Gewinne bei Produktion und Transport der Güter, die im Land produziert werden, und zusätzlich ein immer niedriger bewerteter Cordoba gegenüber dem Dollar, all das bedeutet, dass die Arbeiter nichts haben, um den Stoß abzufangen; denn ihre Löhne werden selten erhöht, nicht einmal für einen Inflationsausgleich. Eine Frau, die in Managuas Huembes-Markt von El Nuevo Diario interviewt wurde, sagte, sie gebe jetzt wöchentlich 47 US-Dollar für die Ernährung ihrer dreiköpfigen Familie aus, während sie vor nur vier Monaten dafür 25 US-Dollar ausgab.

Finanzminister Mario Arana verkündete am 21. Juli, die Regierung plane, die öffentlichen Ausgaben zu reduzieren, um die Inflation zu verringern. Der Volkswirt Sergio Santamaria hält das für eine unrealistische und wirkungslose Maßnahme im Hinblick auf ein sehr ernstes und komplexes Problem. "Die Regierung sieht das Problem immer zu spät und ihre Lösungsversuche sind unrealistisch. Sie sollte die Situation von Grund auf angehen und in diesem Land endlich in den Energie-Sektor investieren. Die Energie-Krise hat gerade erst begonnen." (El Nuevo Diario, 23.7.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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