Meldungen aus Nicaragua vom 24.10.2005

  1. Nationalversammlung ratifiziert Rahmengesetz
  2. IWF fordert 25%ige Erhöhung der Elektrizitätsgebühren
  3. Erziehungsministerium suspendiert Mittel für Schulspeisungen
  4. Supreme Court defends Justice Argüello in drug money scandal
  5. Nicaragua receives warning from regional financial institution
  6. Key witness excluded from Adolfo Olivas murder case
  7. Nicaragua: among list of alarmingly corrupt countries
  8. Freedom of expression in Nicaragua undermined at shocking rate
  9. Eight groups of Nemagon victims unite
  10. MARENA rules all harvesting of sea turtles and turtle eggs illegal

Nationalversammlung ratifiziert Rahmengesetz

Am 19. Oktober wurde in Nicaraguas Nationalversammlung mit einer gewaltigen Mehrheit von 85 Stimmen das als "Rahmengesetz" bekannte Gesetz verabschiedet. Dieses Gesetz ist das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen Präsident Bolanos und dem Vorsitzenden der Sandinistischen Partei (FSLN) Daniel Ortega. Beide Männer erklären, das Gesetz werde dem Land Stabilität und ein Ende der politischen Krise bringen. Zwei Abgeordnete der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) waren abwesend, und zwei andere, darunter Maria Auxiliadora Aleman, die Tochter des Ex-Präsidenten Arnoldo Aleman, enthielten sich der Stimme.

Der US-Botschafter in Nicaragua, Paul Trivelli, brachte seine Zustimmung zu dem Gesetz zum Ausdruck, das, seiner Meinung nach, dem Land Stabilität bringen wird. "Wenn eine Vereinbarung, die Bolanos mit Ortega oder mit sonst jemandem getroffen hat, dazu beiträgt, dass die politische Krise in Nicaragua beendet wird, dann ist das, so finde ich, eine gute Idee," erklärte er.

Das "Rahmengesetz" legt fest, dass die kürzlich vorgenommenen Verfassungsänderungen, durch die die Exekutive beträchtlich geschwächt und die Legislative gestärkt wird, erst im Januar 2007 in Kraft tritt (wenn Bolanos' Amtszeit endet). Diese Verfassungsänderungen, die als Wurzel der derzeitigen politischen Krise gesehen werden, wurden von den Mehrheitsparteien (der PLC und der FSLN) auf den Weg gebracht und beschlossen. Ortega erklärte, seine entgegengesetzte Entscheidung, den Präsidenten zu veranlassen, das "Rahmengesetz" zu formulieren und ihm zuzustimmen, entspringe dem Wunsch, eine Lösung aus der politischen Krise zu finden; allerdings nehmen ihm nur wenige politische Kommentatoren diese Behauptung ab. Mehrere sind der Meinung, dass Ortega nicht das Geringste an Stabilität gelegen ist, sondern dass er der Liberalen Partei seine politische Macht zeigen will, indem er sie nach jahrelanger politischer Bündnispartnerschaft in die Isolation treibt.

Der Abgeordnete Orlando Tardencilla von der Blau-Weißen Fraktion schlug eine Änderung der Gesetzesvorlage vor, durch die kein Präsidentschaftskandidat von den allgemeinen Wahlen im November 2006 ausgeschlossen sein würde. Das wäre den Präsidentschaftskandidaten Herty Lewites und Eduardo Montealegre zugute gekommen, deren Kandidaturen aufgrund ungeklärter Anklagen gefährdet sind. Auch herrschte verbreitet die Meinung, eine derartige Änderung der Gesetzesvorlage könnte zur Präsidentschaftskandidatur des Ex-Präsidenten und verurteilten Geldwäschers Arnoldo Aleman führen. Der Änderungsantrag fand jedoch keine Zustimmung.

Nur zwei Tage nach der Verabschiedung des "Rahmengesetzes" zeigte sich, dass es noch ein langer Weg ist, bis sich die Regierbarkeit Nicaraguas als einfachere Aufgabe erweist, nämlich als die vier Liberalen Mitglieder des Präsidiums der Nationalversammlung von zwei Sitzungen, die der sandinistische Parlamentspräsident Rene Nunez einberufen hatte, fernblieben. Der Grund war: zwischen FSLN und PLC bestanden so große Meinungsunterschiede darüber, was auf die Tagesordnung der Nationalversammlung für die kommende Woche gesetzt werden sollte, dass darüber keine Einigkeit erzielt werden konnte; deshalb beschlossen die Liberalen, die Sitzung zu boykottieren.

Die PLC-Präsidiumsmitglieder bestehen darauf, dass in der Nationalversammlung sowohl eine Gesetzesvorlage diskutiert wird, die die Zerstörung von 651 SAM-7-Raketen ermöglicht, als auch ein Amnestie-Antrag. Der Amnestie-Antrag würde sich auf alle Straftaten beziehen, die während der vergangenen 25 Jahre von irgendeinem Beamten im öffentlichen Dienst oder einem früheren Beamten begangen worden sind. Durch ihn würden mehr als 40 derzeitige Mitglieder der Legislative und der Exekutive amnestiert werden. Auch der Vorsitzende der PLC Arnoldo Aleman würde seine Freiheit zurückgewinnen. Die Präsidiumsmitglieder der FSLN, andererseits, sind daran interessiert, ein von der Exekutive eingebrachtes Gesetz zu diskutieren, das die Medien davor schützt, dass ihnen finanzielle Vergünstigungen beim Bezug von wichtigen Materialien und Grundausrüstung beschnitten werden. Das Einzige, auf das sich alle sieben Präsidiumsmitglieder im Hinblick auf die Tagesordnung der Nationalversammlung einigen können, sind die Gesetzesvorlagen, die der Internationale Währungsfonds (IWF) verlangt, damit das Wirtschaftsprogramm mit der Organisation reaktiviert wird.

Trotz der Spannungen zwischen PLC und FSLN ist Bolanos zuversichtlich, dass der Nationale Dialog innerhalb der nächsten Woche wieder beginnt. Er erklärt, das Programm der Exekutive für den Dialog bleibe das Gleiche: Gesetze zur Abstimmung zu bringen, die die soziale und wirtschaftliche Entwicklung voranbringen, und die Reaktivierung des IWF-Wirtschaftsprogramms zu garantieren. Auch US-Botschafter Trivelli erklärte, er sei zuversichtlich, dass der Dialog innerhalb der nächsten Tage beginnt. (La Prensa, 19. 10., 21. 10., 24. 10.; El Nuevo Diario, 19. 10., 20. 10., 23. 10.; Radio Ya!, 23. 10.; Radio Liberación Estelí, 20. 10.)

IWF fordert 25%ige Erhöhung der Elektrizitätsgebühren

Am 21. Oktober veröffentlichte Finanzminister Mario Arana ein Schreiben des Internationalen Währungsfonds (IWF) an die nicaraguanische Regierung. Darin geht es um die Auswertung der Arbeit einer Technikergruppe des IWF im September in Nicaragua. Das Schreiben des IWF enthält mehrere Empfehlungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation innerhalb der internationalen Beziehungen und zur allgemeinen wirtschaftlichen Perspektive Nicaraguas. Die wichtigste Empfehlung, die das Schreiben enthält, ist, die Verbraucher-Gebühren für Elektrizität "sofort" um mindestens 25% zu erhöhen, "um zu verhindern, dass der Elektrizitätssektor aufgrund steigender Öl-Preise weitere Verluste erleidet."

Obwohl der IWF rät, dass diese Erhöhung für die ärmsten Sektoren der Gesellschaft nicht gelten solle, empfehlen IWF-Beamte, die Rechtsgrundlage zu schaffen, durch die Union Fenosa (die multinationale spanische Gesellschaft, die in Nicaragua im Besitz des elektrischen Verteiler-Netzes ist) die Möglichkeit erhält, entsprechend der Fluktuation der internationalen Öl-Preise und ohne dass eine zusätzliche Genehmigung seitens der Regierung nötig ist, die Elektrizitätsgebühren für alle Verbraucher zu erhöhen oder zu senken. Minister Arana erklärte, die Regierung werde diese aus dem internationalen Bereich herangetragene Empfehlung "mit äußerster Sorgfalt" prüfen und dabei alle Folgen, die ein solches Verfahren haben könnte, berücksichtigen.

Das IWF-Schreiben beinhaltete ebenfalls, dass die Organisation bereit sei, ihr Wirtschaftsprogramm mit Nicaragua zu reaktivieren, sobald die Nationalversammlung die Gesetze, auf denen die Organisation seit langem besteht, verabschiedet hat. Voraussichtlich werden die Parlamentsabgeordneten diese Gesetze noch vor dem 28. Oktober diskutieren und verabschieden; in diesem Fall sollte ein Betrag von 89 Millionen US-Dollar am Montag, dem 31. Oktober, an die Regierung überwiesen werden. (La Prensa, 22. 10.; Radio Liberación Estelí, 21. 10.)

Erziehungsministerium suspendiert Mittel für Schulspeisungen

Das Ministerium für Erziehung, Kultur und Sport (MECD) plant, Mittel für das Programm für Schulspeisungen zu suspendieren, durch das in den verschiedensten Gebieten des Landes 400000 Schulkinder täglich eine Mahlzeit erhalten. Erziehungsminister Miguel Angel Garcia berichtete der Presse, das MECD "plane, dieses Geld, das aus dem Weltbank-Programm ‚Bildung für Alle' stammt, dazu zu benutzen, die Unterrichtsqualität in nicaraguanischen Schulen zu verbessern." Garcia gibt zu, dass bisher noch keine sicheren alternativen Quellen für die Fortsetzung des Schulspeisungs-Programms gefunden wurden, obwohl mehrere Möglichkeiten bestehen; dazu gehören das Welternährungsprogramm, die Amerikanische Nicaragua-Stiftung und die Coca-Cola-Gesellschaft. Letztere unterstützt unter dem Titel ‚Un Plato, Una Sonrisa' ('Eine Mahlzeit, Ein Lächeln') ein Schulspeisungsprogramm in anderen lateinamerikanischen Ländern.

Judy Chacon, Leiterin des Schulspeisungsprogramms des MECD, erklärte, wenn das Programm wie bisher in nicaraguanischen Schulen fortgesetzt werden sollte, müssten vor Anfang November 5 Millionen US-Dollar beschafft werden.

Laut Chacon kam die Entscheidung, Mittel für das Programm zu suspendieren, nachdem die Weltbank dem MECD empfohlen hatte, "seine Prioritäten zu überdenken" und die Mittel aus dem "Bildung für Alle"-Programm für die Verbesserung des öffentlichen Unterrichts zu verwenden. Das hat das MECD veranlasst, zu prüfen, was für Finanzhilfen aus dem privaten Sektor erhältlich sein könnten. "Wir können es uns nicht leisten, irgendwelche Angebote von irgendjemandem abzulehnen," sagte Chacon.

Das Weltbank-Programm ‚Bildung für Alle' kommt all den Ländern zugute, die auf der Liste des Programms Hochverschuldeter Armer Länder (HIPC) stehen und die Anforderungen der internationalen Finanzorganisation bereits erfüllt haben. (El Nuevo Diario, 19. 10.; La Prensa, 19. 10.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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