Meldungen aus Nicaragua vom 18.07.2005

  1. Bemühungen, den Dialog wieder in Gang zu bringen, werden fortgesetzt
  2. Anti-Pakt-Demonstration in Granada
  3. Politische Parteien und Kandidaten bringen sich in Position
  4. Daniel Ortega: Garza should stay home
  5. Exporting Paradise to Costa Rica
  6. Textile factory owners demand the passage of DR-CAFTA
  7. Saving the turtles
  8. Nicaragua scolded for violation of indigenous/human rights
  9. Cities in debt to Social Security

Bemühungen, den Dialog wieder in Gang zu bringen, werden fortgesetzt

Am Freitag, 15. Juli, erklärte Dante Caputo, der in Nicaragua das Generalsekretariat der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vertritt, die Woche habe "bei den Gesprächen zwischen den politischen Akteuren positive Fortschritte -gebracht. Dazu gehört auch die Schaffung grundlegender Vereinbarungen, die, sofern sie nicht geändert werden, die Wiederaufnahme des nationalen Dialogs zulassen." Am gleichen Tag flog er nach Washington, um José Miguel Insulza, dem Generalsekretär, Bericht zu erstatten. Insulza hatte selbst Nicaragua besucht und dort versucht, die Krise zwischen Exekutive und Legislative in Nicaragua zu überwinden. Die Krise war wegen Verfassungsänderungen entstanden, durch die dem Präsidenten Machtbefugnisse genommen und auf die Nationalversammlung übertragen worden sind. Caputo plante, am 19. Juli nach Nicaragua zurückzukehren.

Präsident Enrique Bolanos reiste letzte Woche nach Washington. Er sprach dort am Donnerstag vor dem Ständigen Rat der OAS. Er sagte, in Nicaragua werde versucht, unter der Maske der Legalität und ohne den normalerweise vorgenommenen Einsatz des Militärs einen Staatsstreich durchzuführen. Er sagte, die zwei "diskreditierten starken Männer", die Ex-Präsidenten Daniel Ortega und Arnoldo Aleman, hätten einen Pakt geschlossen, der ihnen erlaube, die Legislative, die Exekutive, die Gerichtsbarkeit und die Wahlgremien sowie das Büro des Obersten Rechnungsprüfers zu beherrschen mit der Absicht, die Regierung zu stürzen. Präsident Bolanos sagte, da die beiden starken Männer durch den Pakt die Kontrolle über den Obersten Wahlrat übernommen haben, habe er die OAS gebeten, nicht nur die 2006er Wahlen selbst zu beobachten, sondern auch schon vorher die Aufstellung der Wählerlisten. Als Antwort versprach Generalsekretär Insulza, dass die OAS ihre Präsenz in Nicaragua, "solange es nötig ist," fortsetzen werde.

Präsident Bolanos war auch in Washington, um die Beteiligung Nicaraguas an Präsident Bushs Millenniums-Programm offiziell zu bekräftigen, durch das dem Land 175 Millionen Dollar an Unterstützung zukommen werden. Außerdem wollte er die US-Außenministerin Condolezza Rice und Mitglieder des US-Repräsentantenhauses treffen, um auf die Realisierung von DR-CAFTA zu dringen.

Nachdem Bolanos inzwischen zurückgekehrt ist, beklagten sich die anderen Konfliktparteien, die Liberalen und die Sandinisten, über Bolanos' Erklärungen vor der OAS und widersprachen der Behauptung, die großen Parteien in der Nationalversammlung versuchten, den Präsidenten "zu stürzen". Der FSLN-Abgeordnete Gustavo Porras sagte: "Für mich ist es unverantwortlich, dass der Präsident zur OAS geht und über die Vorgänge in Nicaragua falsche Erklärungen abgibt. Denn was tatsächlich geschieht, ist, dass die Legislative unsere Einrichtungen stärkt." Mitglieder der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) äußerten sich ähnlich. Trotzdem zeigte sich der PLC-Abgeordnete Noel Ramirez optimistisch, dass sich in der Woche, die mit dem 18. Juli beginnt, von neuem die Möglichkeit für einen Dialog mit der Exekutive ergibt. (La Prensa, El Nuevo Diario 12.7. - 16.7.)

Anti-Pakt-Demonstration in Granada

"Demokratie ja; Pakt nein!" und "Mit ihnen ist es vorbei; mit ihnen ist es vorbei: Ortega und Aleman!" waren zwei der Slogans, die am Sonntag, 17. Juli, von einer Menschenmenge geschrieen wurden, die an einer Demonstration gegen die Vereinbarung teilnahmen, die als Pakt bezeichnet wird und zwischen Daniel Ortega von der FSLN und Arnoldo Aleman von der Liberal-Konstitutionalistischen Partei getroffen worden ist. Tausende Demonstranten verurteilten den Pakt und verlangten Änderungen im Wahlgesetzes, damit die Präsidentschaftswahlen 2006 "demokratischer werden". Die Demonstration war auch der Start einer Unterschriftensammlung für eine Petition, durch die eine Gesetzesänderung erreicht werden soll. Durch die Gesetzesänderung sollen Vorwahlen ermöglicht werden, in denen die Präsidentschaftskandidaten durch die politischen Parteien gewählt werden. Nach Abschluss der Demonstration sagten OrganisatorInnen, sie hätten 1 500 Unterschriften gesammelt; 5000 Unterschriften sind nötig, um die Petition in der Nationalversammlung einzubringen.

Managuas Ex-Bürgermeister Herty Lewites, der kürzlich aus der FSLN ausgeschlossen wurde, weil er als Präsidentschaftskandidat für 2006 Daniel Ortega herausfordern wollte, sagte in seiner Ansprache auf der Kundgebung, wenn die Chefs von FSLN und PLC nicht ihre Abgeordneten aufforderten, Änderungen im Obersten Wahlrat und in der Wahlgesetzgebung vorzunehmen, so dass Verbote von Parteien und von Kandidaten, die sich um ein Amt bewerben, wegfallen, seien ihre Tage an der Macht gezählt. Die Leute wollten einen Wechsel, sagte Lewites, und er drohte, die Chefs von PLC und FSLN könnten, wenn sie dem keine Beachtung schenkten, "nicht einmal mehr wagen, ihre Häuser zu verlassen." Ex-Vize-Präsident Sergio Ramirez fügte hinzu: "Die Sandinistische Front ist dabei, die Straße zu verlieren, und Aleman geht es genauso. Sie fangen endlich an zu verstehen, dass es sie teuer zu stehen kommen wird, wenn sie die Straße nicht auf ihrer Seite haben."

Andererseits konnte man FSLN-Vertreter sagen hören, dass die Bewegung für Nicaragua, die zusammen mit dem überparteilichen Netzwerk für Nicaragua die Demonstration organisiert hatte, aus "einer Gruppe von Überbleibseln aus politischen Parteien" bestehe, die von Präsident Bolanos angeführt werde und einen "Aufstand der ausbeuterischen Bourgeoisie" probten. FSLN-Funktionäre in Granada fanden, es sei eine Provokation seitens der Organisatoren, als Termin für die Demonstration den Tag der Befreiung der Stadt von der Nationalgarde Somozas im Jahr 1979 zu wählen; aber das Ganze hat sich ohne irgendwelche Zwischenfälle abgespielt. (La Prensa, El Nuevo Diario,15.7.-18.7.)

Politische Parteien und Kandidaten bringen sich in Position

Am 14. Juli hat ein Anwalt des früheren Präsidenten Arnoldo Aleman, der wegen Betrugs und Geldwäsche unter Hausarrest steht, bei einem Strafrichter in Managua eine Petition eingereicht mit der Bitte, dass seinem Klienten eine Lebensform zugestanden wird, die man, frei übersetzt, als "reglementiertes Familienleben" bezeichnen könnte. Das ist eine Form bedingten Straferlasses, die Häftlingen gewährt wird, die einen Prozess der Re-Sozialisierung durchlaufen haben und sich innerhalb der neuen Vollzugsform regelmäßig bei einem entsprechenden Amt melden müssen. Auch Häftlingen, die an einer chronischen oder tödlichen Krankheit leiden, wird diese Vollzugsform gewährt. Staatsanwalt Ivan Lara sagte, die Petition sei im Fall Aleman ohne Erfolgsaussichten, weil er schon unter Hausarrest stehe und weil die Art des Vergehens, dessentwegen er verurteilt worden ist, einen solchen Straferlass nicht zulässt.

Unterdessen hat die Liberal-Konstitutionalistische Partei (PLC), der Aleman von seinem Landbesitz "El Chile" aus vorsteht, am 11. Juli ihre jährliche Konferenz abgehalten. In einer auf Video aufgenommenen Ansprache an die Anwesenden, sagte Aleman, dass alle 42 Mitglieder der PLC in der Nationalversammlung dafür stimmen würden, dass die Immunität Präsident Enrique Bolanos' aufgehoben wird, so dass er wegen schuldhafter Finanzierung der Wahlkampagne angeklagt werden kann. Die Delegierten der Konferenz beschlossen einstimmig, die Aufhebung der Immunität des Präsidenten zu unterstützen. Die Konferenz änderte außerdem bestimmte Parteiverfahren, so dass künftig Vorwahlen für Präsidentschaftskandidaten ausgeschlossen sind; die Wahl des Kandidaten ist damit vom Votum der Partei-Konferenz abhängig. Die PLC-Konferenz-Delegierten wiesen darauf hin, dass damit Eduardo Montealegre als möglicher Kandidat ausscheidet. Montealegre ist bereits zum Kandidaten der Liberalen Heilsbewegung, der Unabhängigen Liberalen Partei und einer Abspaltung der Partei des Nicaraguanischen Widerstands ernannt worden und hatte gehofft, zum Kandidaten eines Bündnisses aller liberalen Parteien zu werden. Die Entscheidung, die die PLC getroffen hat, setzt diesen Hoffnungen ein Ende.

Unterdessen hat sich der sandinistische Dissident Herty Lewites, der Ex-Bürgermeister von Managua, der Daniel Ortega bei der Nominierung des Präsidentschaftkandidaten der FSLN herausgefordert hat, nach Bündnissen und möglichen Mitkämpfern umgeschaut. Letzte Woche aß er mit Präsident Enrique Bolanos und Verkehrsminister Pedro Solorzano zu Mittag und schloss dabei die Möglichkeit, dass Letzterer sein Mitstreiter auf der Wahlliste der Bewegung für Nicaragua sein könnte, nicht aus. Präsident Bolanos gab zu verstehen, dass er eine solche Wahlliste unterstützen würde. In Begleitung der einstigen sandinistischen Funktionäre Luis Carrion und Victor Tirado sowie des Wahlkampfleiters Hugo Tinoco verkündete Lewites am Donnerstag, dass er im September die Bildung einer "großen Koalition verschiedener Parteien und Vertreter anderer sozialer Sektoren" bekannt geben, "die zum Kampf gegen die starken Männer, die fast alle Einrichtungen und Regierungszweige kontrollieren, bereit ist." Er sagte, er glaube, dass die Beschuldigungen, die vom derzeitigen sandinistischen Bürgermeister von Managua Dionisio Marenco gegen ihn erhoben werden, sich in Nichts auflösen. Marenco behauptet, Lewites habe als Bürgermeister ein Eigentum der Stadt bereits drei Monate, ehe der Verkauf vom Stadtparlament bewilligt worden ist, widerrechtlich veräußert. (La Prensa, El Nuevo Diario, 12.7.-18.7.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Bethany Rawson und Katherine Hoyt.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
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