Meldungen aus Nicaragua vom 12.09.2005

  1. Bolanos sucht internationale Unterstützung nach Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vergangene Woche
  2. Aleman will remain in El Chile until Supreme Court clarifies ruling
  3. Zivilgesellschaft demonstriert gegen CAFTA, während PLC erklärt, sie übe hinsichtlich CAFTA-Beschlussfassung keinen Druck auf FSLN aus
  4. Hungsnot in Waspam, wo die Nahrung Opfer von Fluten und Ratten wird
  5. Critical situation in Nicaraguan hospitals
  6. Electricity and water rationing begins across Nicaragua
  7. Bolaños obeys Court and orders National Police chief Cordero to rehire Bautista
  8. Police to present conclusion of Bluefields police massacre investigation next week

Bolanos sucht internationale Unterstützung nach Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vergangene Woche

Nachdem der Oberste Gerichtshof entschieden hatte, die von den Mehrheitsparteien beschlossenen Verfassungsänderungen für rechtens zu erklären, hielt Bolanos auf internationaler Ebene nach Unterstützung Ausschau. Am 5. September fand im Internationalen Flughafen von Managua ein Dringlichkeitstreffen der Präsidenten der sieben Mitgliedsländer des Systems der Zentralamerikanischen Integration (SICA) statt, zu dem Bolanos eingeladen hatte. Auf der Pressekonferenz nach dem kurzen Treffen verlas Abel Pacheco, der Präsident von Costa Rica, eine Resolution, die von allen Anwesenden unterzeichnet war. In der Resolution wurde die Möglichkeit einer Amtsenthebung von Bolanos als "unannehmbar" abgelehnt mit der Begründung, ein anderer, von der Legislative vor Ende von Bolanos' Amtszeit gewählter Präsident werde von den Unterzeichnern nicht anerkannt.

Ricardo Maduro, Präsident von Honduras, erklärte: "Bolanos' Amtsenthebung würde für uns alle hier einen Rückschritt im Hinblick auf die Demokratie in der Region bedeuten." Bolanos nahm unterdessen die Gelegenheit wahr, um vor der "neuen Diktatur, die den Frieden und Fortschritt in Nicaragua bedroht," zu warnen.

Ebenfalls am 5. September erklärte Wilfredo Navarro, Vizepräsident der Nationalversammlung und Stellvertretender Vorsitzender der Liberal-Konstitutionalistischen Partei, vor der Presse, dass die Kommissionsberichte, die der Nationalversammlung die Aufhebung der Immunität von Bolanos und von drei seiner Minister und drei seiner Vize-Minister empfehlen, in der Woche, die mit dem 12. September beginnt, auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt wird.

Als Antwort darauf sagte Präsidentensprecher Lindolfo Monjarretz: "Präsident Bolanos würde seine eigene Amtsenthebung oder die eines Mitglieds seiner Regierung als Staatsstreich ansehen." Weiter sagte Monjarretz, Bolanos sei nicht bereit, über die Maßnahmen, die er in einem solchen Fall ergreifen würde, Auskunft zu geben.

Peter Brennan, in der US-Botschaft für Handel zuständig, erklärte am 7. September vor der Presse: "Ein Parlamentsbeschluss, durch den irgendein Mitglied der Regierung seines Amtes enthoben wird, würde in den USA großen Unwillen erregen. Auch eine Ablehnung von DR-CAFTA durch das Parlament würde mit Ärger aufgenommen werden. "Die USA haben in Nicaragua so viel investiert," fuhr er fort, "wir möchten nicht erleben, dass der erreichte wirtschaftliche Fortschritt Schaden nimmt."

Am 9. September gab der Ständige Rat der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) eine Erklärung heraus, in der er betonte, dass "jegliche Aktion, die die derzeitige politische Krise in Nicaragua weiter anheizen könnte, gestoppt werden muss." Auch forderte er dazu auf, die Bolanos-Regierung zu respektieren. In der Erklärung hieß es außerdem: Sollte sich die Lage verschlimmern, würde die OAS unter Umständen eine Dringlichkeitssitzung der Generalversammlung der OAS zusammen mit den Außenministern des ganzen Kontinents einberufen, um eventuelle Maßnahmen zur Isolierung Nicaraguas zu diskutieren.

Der Vorsitzende der Sandinistischen Partei Daniel Ortega beschuldigte die OAS, sie lasse sich von US-Interessen beeinflussen. Er fragte, warum "eine Sonderkommission der OAS nach Nicaragua gesandt wird und nicht nach Bolivien, einem Land, das sich in einer viel ernsteren politischen Krise befindet. Weil die USA ein spezielles Interesse an Nicaragua haben. Das ist die einzige logische Antwort."

Unterdessen haben sich die Vorsitzenden der Nationalversammlung, des Obersten Gerichtshofs und des Obersten Wahlrats Rene Núnez, Mauricio Martinez und Roberto Rivas sowie weitere Vertreter der drei Institutionen mit dem Armee-Chef Omar Halleslevens im Armee-Hauptquartier in Managua privat getroffen. Rafael Solis, Vize-Präsident des Obersten Gerichtshofs, erklärte vor der Presse, das Treffen sei organisiert worden, "um diesen drei Staatsorganen die Möglichkeit zu geben, ihre Sorge über die derzeitige Situation zu artikulieren." Er leugnete, dass Halleslevens gebeten worden sei, der Armee ein Eingreifen zu verbieten, sollte die politische Spannung außer Kontrolle geraten. (La Prensa, 6.9., 8.9., 9.9., 11.9.; El Nuevo Diario, 6.9., 10.9.; Radio Ya! 9.9.)

Zivilgesellschaft demonstriert gegen CAFTA, während PLC erklärt, sie übe hinsichtlich CAFTA-Beschlussfassung keinen Druck auf FSLN aus

Der Fraktionsvorsitzende der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) in der Nationalversammlung Enrique Quinones erklärte am 7. September, seine Partei werde auf die Sandinisten keinen Druck ausüben, dass die Diskussion über die Freihandelsvereinbarung der Dominikanischen Republik und Zentralamerikas (DR-CAFTA) auf die parlamentarische Tagesordnung kommt. Diese Erklärung wurde abgegeben, nachdem die Liberale Fraktion übereingekommen war, nur dann für die Vereinbarung zu stimmen, wenn die Regierung den Beschluss des Obersten Gerichtshofs akzeptiert, dass Aleman die Teilnahme am Familienleben zugestanden wird. "Bolanos spielt Pingpong mit jemandem, der unserer Partei so viel bedeutet; es geht um unseren Vorsitzenden Arnoldo Aleman," sagte Quinones. Diese jüngste Entscheidung, hinsichtlich einer raschen Ratifizierung der Vereinbarung keinen Druck auf die Sandinisten auszuüben, setzt die Exekutive unter Druck, Aleman die relative Freiheit einer Teilnahme am Familienleben zu genehmigen.

Der Präsident der Nationalversammlung, der Sandinist Rene Núnez, erklärte vor der Presse, dass man innerhalb des Parlamentspräsidiums übereingekommen sei, dass man zunächst eine Reihe entsprechender Gesetze verabschieden will, durch die die Bereiche, die von DR-CAFTA in besonderer Weise betroffen sind, geschützt werden; erst anschließend soll die Handelsvereinbarung in der Nationalversammlung behandelt werden.

Unterdessen haben Gruppen der Zivilgesellschaft und andere Organisationen ihren Widerstand gegen die Vereinbarung verstärkt. Am 8. September haben in Managua mehrere tausend Menschen aus verschiedenen Teilen des Landes an einer Demonstration gegen DR-CAFTA teilgenommen. Die Demonstration dauerte mehr als zwei Stunden und endete vor dem Gebäude der Nationalversammlung. StudentInnen, LandarbeiterInnen, KleinproduzentInnen und öffentliche Angestellte nahmen an der Demonstration teil; sie wurde von Daniel Ortega, dem Vorsitzenden der Sandinistischen Partei, angeführt, der DR-CAFTA als "Todesurteil für kleine und mittlere Produzenten in Nicaragua" bezeichnete.

StudentenführerInnen, die an der Demonstration teilnahmen, kündigten an, dass, sollte die Nationalversammlung DR-CAFTA ratifizieren, Studentengruppen in ihrem Protest gegen die Vereinbarung zu Gewalt greifen würden.

Etwas früher in der gleichen Woche brachten Universitätspräsidenten und -professoren ihre Ablehnung von DR-CAFTA zum Ausdruck. Das geschah am 5. September während einer Konferenz des Nationalen Rats der Universitäten (CNU), die auf dem Campus der Nationalen Autonomen Universität von Nicaragua (UNAN) stattfand. Der Präsident der UNAN Francisco Guzman sagte, die Haltung aller öffentlichen Universitäten "muss sein, dass DR-CAFTA total abgelehnt wird, weil die Vereinbarung dem Erziehungssystem und dem ganzen Land ernsthaft schaden wird."

Diejenigen, die an der Konferenz teilnahmen, waren ebenfalls der Meinung, dass die Erziehung und alle öffentlichen Dienstleistungen durch DR-CAFTA bedroht wären, denn diese Bereiche werden von der Vereinbarung als Waren angesehen, die zu privaten Handelsobjekten werden sollten. (La Prensa, 6.9., 10.9.; El Nuevo Diario, 7.9., 9.9.)

Hungsnot in Waspam, wo die Nahrung Opfer von Fluten und Ratten wird

In 90 Ortschaften der Gemeinde Waspam, die sich in der Autonomen Nordatlantikregion (RAAN) befindet, rief die Regierung am 6. September den Notstand aus, nachdem die lokale Verwaltung und die Notstands-Kommission sie am 5. September in einem Notruf dazu aufgefordert hatten. Die Reis-, Mais- und Bohnenernte, Getreidesorten, die von den dortigen Miskito- und Mayanga-Dörfern angebaut werden, wurden laut Aussage des Bürgermeisters von Waspam Cornelio Raymundo "durch Überflutung und durch eine unkontrollierbare Rattenplage fast vollständig zerstört." Er bat die Regierung dringend, internationale Hilfe zu beschaffen, damit für die mehr als 40 000 Einwohner des Gebiets, die nichts zu essen haben, Nahrung gekauft werden kann.

Cristobal Sequiera, Generalsekretär der Nationalen Einrichtung für Prävention und Hilfe für Katastrophenopfer (SINAPRED), reiste am 7. September nach Waspam, um die betroffenen Orte zu besuchen und die Situation zu beurteilen. Er wurde von Gesundheitsministerin Margarita Gurdian, Familienministerin Ivania Toruna und dem Vertreter der Vereinten Nationen in Nicaragua Alfredo Missair begleitet.

Sequiera erklärte vor der Presse, dass, sofern die Behörden den Gemeinden nicht helfen, die Rattenplage loszuwerden und den Boden so zu bearbeiten, dass die bevorstehenden drei Regenmonate genutzt werden können, um Nahrungsmittel anzubauen, seiner Meinung nach für die nächsten sechs Monate mindestens 1,47 Millionen US-Dollar nötig sind, um für diejenigen, die von dieser "Tragödie" betroffen sind, Nahrungsmittel zu beschaffen.

Nach Managua fuhren am 8. September auch zwei Vertreter von indigenen Dörfern, die am Ufer des Río Coco innerhalb der Bosawas Biosphäre gelegen sind und zum Bezirk Jinotega gehören; sie wollten die Regierung über die "schreckliche Situation" informieren, in der sich in ihren Ortschaften über 10 000 Menschen befinden aufgrund einer unkontrollierbaren Rattenplage, durch die Hunderte von Hektar Reis, Mais und Bohnen zerstört werden. Jesus Dionisio Lopez und Primitivo Centeno unternahmen diese anstrengende Drei-Tage-Reise nach Managua, um die Regierung zu bitten, den für Waspam erklärten Notstand auf diese 25 Ortschaften im Departamento Jinotega auszudehnen, wo, laut ihrer Aussage, für die Menschen nichts zu essen übrig geblieben ist. Juan Rodriguez, Sprecher von SINAPRED, sagte, er hätte bisher noch nichts von dieser Krise gehört, aber er werde eine Gruppe von SINAPRED-Vertretern entsenden, um die Lage zu beurteilen.

Carlos Hurtado, Regierungssekretär für die Atlantikküste, erklärte vor der Presse, dass kommende Woche ein Treffen zwischen der Regierung und der internationalen Geber-Gemeinschaft stattfinden werde; dort "werde die Regierung alles tun, was sie kann, um internationale Hilfe zur Behebung des Hungers in Waspam zu erhalten."

Die eigene Regierung beschaffte bisher 5 300 US-Dollar, und die Regierung von Österreich spendete 5000 US-Dollar. Von diesem Geld wird für die vom Hunger am meisten betroffenen Ortschaften Nahrung für einen Monat gekauft werden. (La Prensa, 6.9., 9.9.,10.9.; El Nuevo Diario, 7.9., 11.9.; Radio La Primerísima, 6.9.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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