Meldungen aus Nicaragua vom 11.07.2005

  1. Kein Fortschritt beim Konflikt zwischen Regierung und Parlament
  2. Soziale Aktionsgruppen planen Sit-In und Protestmärsche für Wasserrechte
  3. USA widerrufen Visum von Roberto Rivas von Obersten Wahlrat
  4. Young people participating in mine deactivation program
  5. Former banana workers in new conflict over passports
  6. Demands made of Texaco
  7. MITRAB blocks Ford supplier from organizing
  8. Anti-Terrorist plans activated

Kein Fortschritt beim Konflikt zwischen Regierung und Parlament

Am Montag dem 4. Juli verfügt das Oberste Gericht in Nicaragua die Aussetzung von zwei Dekreten, die von Präsident Enrique Bolaños in der vorhergehenden Woche erlassen worden waren, und erklärte sie für verfassungswidrig. Die Anordnungen hatten die Entscheidungsbefugnis des zentralamerikanischen Gerichtshofs über die der nationalen Gerichten verkündet und hatten die Ausführung von Entscheidungen nationaler Gerichte ohne Einverständnis der Regierung durch die nicaraguanische Polizei verhindert. Der Präsident wollte durch die zwei Dekrete die Polizei daran hindern, Gerichtsurteile durchzusetzen, die die Einsetzung von Regulierungsbehörden durch die Nationalversammlung im Zusammenhang mit Verfassungsänderungen betrafen. Vierzehn der sechzehn Richter stimmten für die Entscheidung, zwei waren abwesend. Am 5. Juli erklärte der nationale Polizeichef Edwin Cordero, dass die Polizei der Vorgabe des Obersten Gerichts entsprechen werde.

Inzwischen hatte Dante Caputo, Leiter der von der Organisation von amerikanischen Staaten (OAS) nach Nicaragua entsandten Kommission, die eine Lösung des Konflikt zwischen den Institutionen des Landes suchen soll, klein Glück dabei, die Konfliktparteien zu einem neuem Dialog zusammen zu bringen. (…) Caputo erklärte, dass die Bemühungen der OAS auf die Stärkung der Demokratie sowie saubere und freie Wahlen gerichtet seien. Er fügte hinzu, dass es bei dem Konflikt nicht nur um politische Aspekte, sondern auch um soziale und ökonomische Zusammenhänge gehe. Er meinte weiter, dass ein Dialog ein wichtiges Instrument zur Lösung und "kein Selbstzweck" sei.

Ungeachtet dessen, ob die Nationalversammlung als Ganzes die Immunität von Präsident Bolaños' aufheben wird, um Anklage wegen Verstößen gegen das Wahlfinanzierungsgesetz zu ermöglichen, erklärte Mirna Rosales, Vorsitzende des speziellen Ausschusses der Nationalversammlung, der Ausschuss habe eine Dokumentation vom Büro des Obersten Rechnungsprüfer erhalten. Sie meinte, dass das Material auf mögliche Fälle der Korruption hinweise, die zur Aufhebung der Immunität des Präsidenten führen könnten.

Bolaños Manager bei der Wahlkampagnen von 2001 behauptete bei einer Aussage vor dem Ausschuss, das für die Kampagne beschaffte Geld sei von Einzelpersonen und Gesellschaften und nicht von der Regierung oder einer Stiftung gekommen, mit der der frühere Präsident Arnoldo Aleman gestohlene Gelder gewaschen habe. Der Termin für eine Aussage von Bolaños selbst vor dem Ausschuss wurde auf den 8. Juli festgelegt, aber in der letzten Minute sandte der Präsident seinen Anwalt Bonifacio Miranda, der erklärte, dass er das Verfahren als Versuch mit dem einzigen Ziel betrachte, die persönlichen Interessen einzelner Egos durchzusetzen. Er sagte weiter, dass Daniel Ortega "eine Strategie entwickelt hat, um mich und die Mitglieder meines Kabinetts wegen angeblicher Wahlverbrechen zu verurteilen und sobald wir von der von ihm kontrollierten Justiz verurteilt wurden, eine allgemeine Amnestie zu verfügen, durch die auch Arnoldo Aleman freigelassen würde". Die Sonderkommission will ihren Bericht am 28. Juli veröffentlichen.

Justizminister Alberto Novoa erklärte letzte Woche, dass seit Dezember 2002 eine Reihe von nicaraguanischen Strafgesetzen existierten, die ein Verfahren zur strafrechtlichen Verfolgen eines Präsidenten wegen Wahlverbrechen ermöglichten. Er merkte aber weiter an, diese Gesetze seien zu dem Zeitpunkt, als die angeblichen Verstöße stattgefunden hätten, noch nicht in Kraft gewesen und "in einem legalen Verfahren kann niemand wegen einem Gesetz strafrechtlich verfolgt werden, das zum Zeitpunkt der Tat noch nicht in Kraft war". Er fügte hinzu, dass er die ganze Angelegenheit eher als politisch denn juristisch betrachte.

Kürzlich hatte es zwischen den politischen Gewalten eine Diskussion über die mögliche Vereinbarung eines Volksentscheids und sogar die Wahl einer Nationalversammlung, die zuerst eine neue Verfassung schreiben soll. Präsident Bolaños sagte, dass er einen Volksentscheid über die von der Nationalversammlung verabschiedeten Verfassungsänderungen unterstützen würde, bei denen ein Teil der Macht der ausführenden Regierung weggenommen und der gesetzgebenden Nationalversammlung übergeben wurden [ Umfragen zeigen eine allgemeine Missbilligung der Änderungen ]. Daniel Ortega akzeptierte für die FSLN die Idee eines Volksentscheids, wollte ihn aber ausdehnen auf eine Abstimmung über CAFTA, über eine nationale Entwicklungsbank und den Umgang mit der Energiekrise. Die Berichte in den Nachrichten vom Freitag zeigten jedoch, dass Präsident Bolaños die Vorstellung eines breiteren Volksentscheids zurückgewiesen hat.

Internationale Vertreter in Nicaragua drückten letzte Woche ihre Unterstützung für eine Rückkehr von allen Konfliktparteien zum Dialog aus. Der deutsche Botschafter Gregor Koebel, der aktuell die Europäische Union in Nicaragua vertritt, drückte seine Unterstützung für den OAS-Auftrag in Nicaragua aus und hofft, dass Dante Caputo in der Lage sei, ein Einvernehmen von FSLN, PLC und der Regierung zu erreichen. Mit der Aussage, dass die neuen Änderungen der Verfassung das Gleichgewicht zwischen den Kräften im Land verändert hätten, drückte er seine Unterstützung für Präsidenten Bolaños aus. Er beklagte das Fehlen einer Vereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds, was nach seiner Aussage zu Schwierigkeiten bei der pünktlich Auszahlung von Hilfsgeldern geführt habe.

US-Botschafterin Barbara Moore, die sechs Monate außerhalb des Landes war, erklärte ausgedrückt die Unterstützung ihres Landes für einen Dialog, von dem sie sagte, dass der Präsident ihn nur aufnehmen sollte, wenn die Bedingungen "fair" seien. Als Antwort auf die Frage nach einer möglichen US-Rolle als Vermittler sagte sie, dass "manche von jenen, die sich dem Präsidenten entgegenstellen, nicht daran interessiert sind, dass die USA diese Rolle spielen", und fügte hinzu "unsere Aufgabe ist es, zu Unterstützen und nicht die Regeln des Spiels zu setzen". Sie kündigte an, dass sie Nicaragua am 15. Juli verlassen werde, um einen Posten als Politikberaterin beim Südkommando der Vereinigten Staaten zu übernehmen. Ihr Nachfolger Paul Trivelli kommt erst Anfang September in Nicaragua an. In der Zwischenzeit wird Oliver Garza, der während der Regierungszeit von Arnoldo Aleman als Botschafter in Nicaragua diente, mit "speziellem Auftrag" ins Land kommen. Gerüchte besagen, dass er bei Treffen mit PLC-Funktionären klären möchte, welche Strategie sie verfolgen und ob sie "Freunde der Sandinisten oder der Vereinigten Staaten" sind. Der PLC-Führer in der Nationalversammlung, Enrique Quiñonez, sagte, die Türen seien für Herrn Garza geöffnet, wobei er und andere Führer gleichzeitig erklärten, dass die PLC ihr Bündnis mit dem Sandinisten nicht brechen werde, auch wenn sie damit bessere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten erreichen könnten. Edwin Castro, Fraktionsführer der Sandinisten in der Nationalversammlung, sagte, dass seine Partei sich mit Garza treffen wolle und nicht davon ausgehe, dass er das Ziel einer interventionistischen Politik habe. (La Prensa, El Nuevo Diario, 05.07. bis 10.07.)

Soziale Aktionsgruppen planen Sit-In und Protestmärsche für Wasserrechte

Am 7. Juli riefen die Coordinacion Civil, die Soziale Bewegung Nicaraguas und das Komitee für Globale Aktionen zu einem Sit-In vor der Nationalversammlung auf, um den laufenden Prozess für die Verabschiedung des anstehenden Wassergesetzes zu unterbrechen. Während die Regierung Bolaños behauptete, dass das vorgeschlagene Gesetz nicht dazu dienen werde, eine direkte Veränderung in Richtung Wasserprivatisierung zu erreichen, fürchten Gegner des Gesetzes, dass es als solch verwendet wird, dass das Menschenrecht auf Wasser bedroht werde - zum Schaden von Gemeinden überall in Nicaragua. Violeta Delgado, Sprecherin für Coordinación Civil, sagte La Prensa, dass ihre Organisation gegen das Gesetz aktiv sei wegen der Tatsache, dass es Unternehmen die Möglichkeit zu verschiedenen Konzessionen biete, die zu einer größeren kommerziellen Vorherrschaft führen werden. Die protestierenden Gruppen betrachten Wasser als eine natürliche Ressource, die der Bevölkerung zugänglich sein soll und nicht den "Gesetzen des Markts" unterworfen werden dürfe. Delgado merkte an, dass das Freihandelsabkommen DR-CAFTA auch die Auswirkung haben werde, die gefürchtete Privatisierung zu erleichtern.

Ei Teil des Unternehmer-Sektors ist ebenso gegen das Wassergesetz, nicht wegen der drohenden Privatisierung, sondern weil es Baumaßnahmen in der Nähe von Seen, Flüssen und Meerküsten begrenzt. Judith Acevedo, Direktorin des nationalen Tourismuszentrums, wies darauf hin, dass sie auch die potentiell negativen Auswirkungen fürchte, speziell die Einschränkungen beim Bau in der Nähe von Gewässern.

Jaime Moral Carazo, Stellvertretender Präsident der Kommission für Umwelt und Bodenschätze, wiederholte jedoch, dass das Gesetz die Privatisierung von Wasser tatsächlich verbietet. "Ihre Argumente haben keine Basis. Ich habe den Eindruck, dass sie Dinge sehen, die es einfach nicht gibt, nur um ihre Arbeit und ihre Finanzierung zu rechtfertigen."

Dennoch kündigte Delgado an, dass das Sit-In zwischen dem 11. und dem 21. Juli vor der Nationalversammlung stattfinden werde. Sie beabsichtigen, einen Bauernmarkt einzurichten vor der Nationalversammlung und kündigten eine Parade durch die Straßen der Hauptstadt mit kulturellen Darstellungen an. Einige Protestaktionen sollen auch vor der US-Botschaft in Managua abgehalten werden. (La Prensa, 07.07.)

USA widerrufen Visum von Roberto Rivas von Obersten Wahlrat

Das US-Visum von Roberto Rivas vom Obersten Wahlrat wurde in der letzten Woche nach einer Benachrichtigung von der Botschaft der Vereinigten Staaten widerrufen. Der Grund für diesen Schritt der Botschaft war, dass Rivas angeblich eine Übertretung des Einwanderungs- und Einbürgerungsgesetzes 212 begangen hat, nach dem ein Visum jeder Person versagt werden kann, von der angenommen wird, dass sie eine solche Übertretung begangen hat. Rivas hat Präsidenten Bolaños beschuldigt, hinter dem Widerruf zu stecken. Der Sprecher des Präsidenten, Lindolfo Monjarretz, gab eine offizielle Antwort auf die Beschuldigung, in dem er sagte, "zum x-ten Mal können wir nur wiederholen, dass die Regierung nichts mit den Einwanderungsgesetzen von anderen Ländern zu tun hat. Im Falle von Nicaragua haben wir unsere eigene Souveränität und wir achten die Anwendung der Einwanderungsgesetze anderer Länder."

Die Politik wurde durch die jüngsten Ereignisse um einen interessanten Bestandteil bereichert. Rivas hat eine Liste von öffentlichen Vertretern aus dem Verbund von Liberalen und Sandinisten einschließlich der Vertreter des Obersten Wahlrates, Richter und Abgeordneten zusammengestellt, denen auch ein Visa versagt worden war oder die ein Visa hatten, das ihnen von den Vereinigten Staaten entzogen wurde. Enrique Quiñónez, der Fraktionschef der Liberalen in der Nationalversammlung hat bei verschiedenen Anlässen klar gemacht, dass der Rückruf von Visa nichts anderes als politischer Druck von Seiten der Vereinigten Staaten sei. Er behauptet weiter, dass die Beschuldigungen immer nur gegen die liberal-konstitutionalistische Partei (PLC) wegen ihres Bündnisses im Parlament mit dem Sandinisten vorgebracht würden. Rivas kommentierte, dass er seinen Verlust des Visums nicht als einen persönlichen Angriff, sondern lieber als Angriff auf die Partei betrachte. Offiziell überprüft wurden die Visa von unmittelbaren Familienangehörigen des früheren Präsidenten Arnoldo Alemán, dessen Ehefrau und Sohnes. Sie erhallten eine offizielle Mitteilung in der nächsten Zeit von der US-Botschaft. (La Prensa 09.07., El Nuevo Diario 09.07.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
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