Meldungen aus Nicaragua vom 23.02.2004

  1. Nemagon-geschädigte Arbeiter fasten, wenden sich an den Kardinal, drohen mit Kreuzigung
  2. Ortega Brands Bush "Coward"
  3. Guadamuz Killer Claims He Acted Alone
  4. Comptroller Demands Expulsion of US Ambassador
  5. Samuel Santos am Transit durch die USA gehindert
  6. Bolaños to Visit Libya; Speaks Out on Nemagon Workers
  7. Präsident Bush meldet Absicht an, CAFTA zu unterzeichnen; Jeb Bush hat Miami im Visier
  8. Delta Cigarettes to Raffle off Lake Nicaragua Island

Nemagon-geschädigte Arbeiter fasten, wenden sich an den Kardinal, drohen mit Kreuzigung

Mehrere tausend Bananen-ArbeiterInnen, die durch das von US-Firmen produzierte Pestizid Nemagon gesundheitliche Schäden davontragen, waren enttäuscht darüber, wie wenig die nicaraguanische Regierung auf ihre Forderungen einging, und begannen deshalb, nachdem sie vor mehreren Tagen im Zentrum Managuas direkt gegenüber dem Gebäude der Nationalversammlung ihr Lager aufgeschlagen hatten, am Dienstag einen Hungerstreik, bei dem sie nur Flüssiges zu sich nahmen. Da der Hungerstreik mit der Ankunft von George Bushs jüngerem Bruder Jeb, dem derzeitigen Gouverneur von Florida, zusammenfiel, wurde erschreckend deutlich, wie unterschiedlich sich die Regierung Bolanos einerseits gegenüber Bush und denen, die sich wie er für die zentralamerikanische Freihandelsvereinbarung einsetzen, und andererseits gegenüber seinen eigenen leidenden Mitbürgern verhält. Die über 4000 ArbeiterInnen, die etwa einhundert Meilen zurückgelegt hatten, um von den westlichen Provinzen León und Chinandega hierher zu kommen, haben vor 12 Tagen hier in der Hauptstadt ihr Lager aufgeschlagen. Sie fordern die Regierung auf, sie bei ihren berechtigten Versuchen, von den Firmen Shell, Dow und Dole entschädigt zu werden, zu unterstützen; sie fordern für sich und die weiteren Tausende ihrer KollegInnen, die zu Hause bleiben mussten, weil sie einfach zu krank sind , um sich auf den Weg zu machen, 100 Millionen Córdobas (6,5 Millionen US-Dollar) für medizinische und sonstige Betreuung; sie fordern Renten für alle gesundheitlich geschädigten ArbeiterInnen; und vor allem fordern sie, dass die Regierung die Firmen wegen all der juristischen Schritte, die sie tun, um ungeschoren davonzukommen, verurteilt. Obwohl die Anwesenheit der Streikenden jedem in die Augen fällt und jeder wahrnimmt, wie erbärmlich die Bedingungen sind, in denen sie gezwungenermaßen ihr Leben fristen, hat sich Bolanos bisher geweigert, Auge in Auge mit VertreterInnen der ArbeiterInnen zusammenzutreffen.

Victorio Espinales, der Haupt-Vertreter der Streikenden, sagte, nach drei Tagen sei das Fasten selbst abgeblasen worden, und zwar auf Rat der Ärzte, die darauf hinwiesen, dass die Streikenden gesundheitlich bereits so geschwächt seien, dass eine Fortsetzung des Fastens zu weiteren Todesfällen führen könnte. Er kündigte an, dass am Sonntag stattdessen eine Abordnung der ArbeiterInnen die allwöchentliche Messe in der Kathedrale von Managua besuchen werde. Sie hatten geplant, Kardinal Miguel Obando y Bravo, der vielfach als Nicaraguas einzige politisch einflussreiche Persönlichkeit angesehen wird, dringend um Hilfe zu bitten. Der Kardinal befand sich allerdings nicht in der Stadt, aber sein Vertreter Bischof Monsignor Eddy Montenegro nahm einen Brief entgegen, in dem es um die Unterstützung der ArbeiterInnen ging, und versprach, ihn persönlich dem Kardinal zu übergeben. Espinales versprach außerdem, dass in der kommenden Woche weitere derartige Abordnungen andere wichtige Persönlichkeiten ansprechen würden und dass, wenn alle weiteren Versuche scheiterten, die Arbeiter Holzkreuze herstellen und sich direkt gegenüber dem Parlamentseingang kreuzigen würden.

Inzwischen haben sich die Lagerbedingungen um einiges gebessert, da die ArbeiterInnen nationale und internationale Unterstützung erhielten. Spenden an Lebensmitteln, Toilettenartikeln, Holzkohle zum Kochen, Plastikplanen u.s.w. kamen, vor allem von Seiten der Maria-Elena Cuadra-Frauenbewegung, der sich italienische und US-amerikanische Solidaritätsgruppen ebenso wie individuelle Spender mit Hilfsmaßnahmen anschlossen. (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio La Primerísima, Channel 8 TV, 17. - 22. Februar)

Samuel Santos am Transit durch die USA gehindert

Es gab noch ein weiteres Beispiel für die zunehmend harte Haltung der USA gegenüber der Sandinistischen Front: Samuel Santos, FSLN-Beauftragter für Internationale Beziehungen, wurde 20 Stunden in Miami festgehalten, ehe er schließlich nach Nicaragua zurückverfrachtet wurde. Santos reiste mit einem gültigen US-Visum und hatte nicht einmal vor, in den USA zu bleiben, sondern war auf dem Weg nach Rom, wo er an einer Konferenz über Globalisierung und das Zentralamerikanische Freihandelsabkommen teilnehmen wollte. Auf der Konferenz, zu der sich Teilnehmer aus der ganzen Welt einfanden, sollte er der einzige Vertreter Zentralamerikas sein. Trotz all dem wurde er bei seiner Ankunft auf dem Flughafen von Miami von "drei bulligen Einwanderungs-Beamten" abgefangen, beiseite genommen und verhört, fast einen ganzen Tag und eine ganze Nacht festgehalten und dann ohne große Umstände nach Hause geschafft. Gleich nach seiner Rückkehr nach Nicaragua schickte er der US-Botschafterin Barbara Moore eine formelle Note, in der er gegen seine Behandlung protestierte und sie aufforderte, zu dem, wie er es nannte, demütigenden und feindseligen Akt gegenüber FSLN-Vertretern Stellung zu nehmen.

Kreise, die Santos nahe stehen, äußerten ausgesprochenes Erstaunen über die Behandlung, die ihm zuteil geworden war, da sogar das Außenministerium ihn in der Vergangenheit bei verschiedenen Gelegenheiten nach Washington eingeladen hatte, Einladungen, die er immer angenommen hatte. Laut Presse wird vermutet, dass die einzige logische Erklärung für den Vorgang ist, dass die Beziehungen zwischen der US-Regierung und den Sandinisten seit langem nicht mehr so schlecht waren wie zur Zeit; und es wird darauf hingewiesen, dass andere wichtige sandinistische Vertreter bei einem Versuch, irgendwohin zu fliegen mit einem Transit-Stopp in den Vereinigten Staaten, mit einer ähnlich willkürlichen Behandlung rechnen müssen.

Als Antwort auf Nachfragen seitens der Presse beschränkte sich eine Sprecherin der US-Botschaft auf den Hinweis, Botschaftsangehörige hätten mit Santos gesprochen und anschließend entsprechende Stellen in Miami um eine Erklärung gebeten.

In Nicaragua wurden sofort Stimmen laut, die rieten, man solle dem Wie-du-mir, so-ich-dir-Beispiel Brasiliens folgen (im Hinblick darauf, dass Reisende bei ihrer Ankunft in den USA fotografiert werden und ihnen Fingerabdrücke abgenommen werden) und man solle anfangen, US-Bürger genau so zu behandeln wie Santos behandelt worden ist. (El Nuevo Diario, 19. Februar)

Präsident Bush meldet Absicht an, CAFTA zu unterzeichnen; Jeb Bush hat Miami im Visier

Der nicaraguanische Handels- und Industrieminister Mario Arana gab bekannt, er habe vom nicaraguanischen Botschafter in den USA Salvador Stadthagen erfahren, dass Präsident Bush dem US-Kongress mitgeteilt hat, er habe die Absicht, die Zentralamerikanische Freihandelsvereinbarung zu unterzeichnen. Arana wies darauf hin, dass das die erste Stufe des Ratifizierungsprozesses sei und dass auch die US-Abteilung für Handel das Vorgehen des Präsidenten bestätigt hat. Die US-Gesetze schreiben vor, dass der Präsident den US-Kongress 90 Tage, ehe er eine Handelsvereinbarung unterzeichnen will, informieren muss.

"Wir müssen auf der Hut sein," betonte Arana. "Diese Vereinbarung muss spätestens Ende Juni von den zentralamerikanischen Präsidenten unterzeichnet werden. Nach dieser Zeit, am 4. Juli, beginnt die Sommerpause des US-Kongresses; und nach seiner Rückkehr ist es zu spät, da der Präsidentschaftswahlkampf dann in vollem Gang ist."

CAFTA wurde im vergangenen Dezember von allen Handelsministern Zentralamerikas unterzeichnet, ausgenommen Costa Rica. Aber dieses Land hat sich schließlich auch den anderen angeschlossen und im Januar dieses Jahres unterschrieben. Zur Zeit verhandeln die USA noch mit der Dominikanischen Republik mit der Absicht und Erwartung, dass das karibische Land ebenfalls in naher Zukunft der Vereinbarung beitritt.

Inzwischen hat Floridas Gouverneur Jeb Bush seinen kurzen Besuch in Nicaragua dazu benutzt, sich für Miami als Ort der Zentralverwaltung von CAFTA einzusetzen. Obwohl es dazu verschiedene kontroverse Vorschläge gibt, auch solche, die sich auf lateinamerikanische Länder beziehen, hat Präsident Bolanos sofort seine volle Unterstützung angeboten. (La Prensa, 22. Februar)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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