Meldungen aus Nicaragua vom 22.03.2004

  1. Proteste gegen Krieg und CAFTA nehmen zu
  2. Alemán Re-Incarcerated in Regular Prison
  3. Lehrerstreik beginnt
  4. Ortega Backs FMLN
  5. Bananenarbeiter kehren siegreich nach Hause zurück
  6. Rejection of Water Privatization and Price Rise
  7. Camilo Mejia Declares Himself Conscientious Objector

Proteste gegen Krieg und CAFTA nehmen zu

Am ersten Jahrestag der Invasion in den Irak war Managua Schauplatz mehrerer Protestaktionen gegen US-Interventionen in unabhängigen Ländern wie Cuba, Irak und Nicaragua. Zur Vielfalt der Aktionen gehörten eine Mahnwache vor der US-Botschaft ebenso wie Demonstration und Kulturfest am Ruben-Dario-Verkehrsknotenpunkt im Zentrum Managuas; viele Menschen nahmen daran teil, alles verlief äußerst friedlich, und die großen Transparente erregten die Aufmerksamkeit Tausender von Passanten. Teilnehmer wiesen mit Nachdruck darauf hin, dass nicht nur die direkte Gewalt, die bei der aktuellen Kriegsführung ausgeübt wird, sondern oft auch die nicht so offensichtliche Langzeitwirkung, die von der tagtäglichen Ausbeutung der Rohstoffe und Völker durch transnationale Konzerne ausgeht, verheerende Folgen für die verarmte Mehrheit der Weltbevölkerung und für unseren Planeten hat.

Zu den Gruppen, die sich beteiligten, gehörten das Zentrum für Internationale Studien, die Nicaragua-Cuba-Solidaritätsgesellschaft, die Kulturelle Bewegung Victor Jara, die Friedensbewegung, Studentengruppen, örtliche Komitees der FSLN, Umweltgruppen und viele weitere. Im Rahmen ihrer zahlreichen Forderungen verlangten sie, dass die Bolanos-Regierung die Versprechungen einhält, die sie den verschiedenen Teilen der nicaraguanischen Gesellschaft gemacht hat, aber deren Erfüllung noch aussteht. Vor allem forderten sie, dass die Regierung den Universitäten die vollen 6% des nationalen Einkommens zukommen lässt, dass die LehrerInnen sofort die zugesagte Gehaltserhöhung (s. den folgenden Artikel) erhalten und dass den einstigen Bananen-Arbeitern, die unter den Langzeitfolgen des Pestizids Nemagon leiden, in ihrem Kampf um ihr Recht gegenüber den Shell-, Dow- und Dole-Konzernen die nötige Unterstützung zuteil wird.

Am Verkehrsknotenpunkt, umgeben von internationalen Tankstellen, Banken und Fast-Food-Ständen und unter einem Transparent mit der Aufschrift "Ein anderes Nicaragua, eine andere Welt ist möglich" lehnten die Demonstranten mit Nachdruck die kürzlich unterzeichnete Zentral-Amerikanische Freihandelsvereinbarung (CAFTA) ab; sie sei der "Feind unserer Produzenten und unserer nationalen Industrie". Gleichzeitig kritisierten sie den gesamten Privatisierungsprozess, da er Nicaragua von den internationalen Finanzinstitutionen aufgezwungen worden sei, und erklärten, sie würden sich gegen jede weitere Preiserhöhung bei Gebrauchsgütern des alltäglichen Lebens und im Dienstleistungssektor wehren. Stattdessen forderten sie, dass die Vereinbarungen, die zwischen Regierungsbeamten und Kaffeearbeitern, die im Zusammenhang mit dem Sturz der Kaffeepreise von ihrem Boden vertrieben worden sind, getroffen wurden, eingehalten werden; außerdem forderten sie, dass Arme und Alte die gesundheitliche Versorgung erhalten, die sie brauchen. "In diesen Bereichen sollten wir Anstrengungen unternehmen," meinte einer der Demonstranten, " statt Truppen zu entsenden und damit einen illegalen Krieg und eine illegale Invasion zu unterstützen; denn selbst nach einem Jahr ist es noch nicht gelungen, eine Spur von den Massenvernichtungswaffen zu finden, deretwegen die Bush-Regierung zu Beginn behauptet hat, es sei zwingend nötig, zu den Waffen zu greifen." (El Nuevo Diario, La Prensa, 20. März)

Lehrerstreik beginnt

LehrerInnen in Estelí, einer Stadt im Norden Nicaraguas, und in Ciudad Sandino, einer Stadt in der Nähe von Managua, begannen einen "Streik von unbegrenzter Dauer und waren bereit, das Äußerste zu wagen", um nachdrücklich zu fordern, dass die Regierung ihre Versprechen hält und den LehrerInnen die längst überfällig Gehaltserhöhung gewährt. Forderungen und Streikdrohungen lagen in der Luft, seitdem Lehrer und Regierung im Januar dieses Jahres eine Vereinbarung getroffen hatten; damals hatte die Bolanos-Regierung mit gewaltigem Getöne verkündet, die Lehrer würden pro Monat etwa 16 Dollar zusätzlich erhalten. Im Hinblick darauf, dass ihr Gehalt monatlich im Durchschnitt zwischen 65 und 90 Dollar beträgt, scheint das eine beachtliche Gehaltserhöhung zu sein. Aber Gruppen wie ANDEN, die offensivste der Lehrergewerkschaften, weisen darauf hin, dass sowohl die Gehaltserhöhung als auch das derzeitige Gehalt lächerlich sind im Hinblick auf die entscheidende Rolle, die die Schulen für die Entwicklung des Landes spielen sollen, im Hinblick auf die extrem hohen Gehälter, die Bolanos und seine Minister beziehen (monatlich 7000 bis 10 000 Dollar) und im Hinblick auf die Preissteigerungen bei Gebrauchsgütern und Dienstleistungen, worunter große Teile der Bevölkerung leiden (in Nicaragua braucht derzeit eine Familie, die aus vier Kindern und zwei Erwachsenen besteht, pro Monat ungefähr 300 Dollar, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen).

In Ciudad Sandino unterstrichen die LehrerInnen ihren Protest, indem sie auf die Straße gingen; sie appellierten an das Erziehungsministerium, die Vereinbarungen, von denen es "derzeit nicht mehr viel wissen will," einzuhalten "und die Mitglieder der Nationalversammlung dafür zu rügen, dass sie das Ganze hinauszögern." Besonders empört waren sie über die Worte Carlos Schiebels vom Erziehungsministerium, der betont hatte, wenn das Arbeitsministerium den Streik für illegal erkläre, werde jeder Lehrer, der daran teilnimmt, "sofort gefeuert".

Josefa Martinez brachte die Meinung der streikenden Lehrer zum Ausdruck, als sie sagte: "Solche Drohungen fruchten bei uns wenig. Das sind wir vom Ministerium gewöhnt. Eine solche Einstellung ist für uns nichts Neues. Ich kann versichern, dass sich nicht eines unserer Mitglieder davon einschüchtern lässt oder sich verpflichtet fühlt, den Kampf um die uns geschuldeten Rechte aufzugeben." Inzwischen wurde aus Estelí bekannt, dass es gut sein könne, dass die Lehrer-Proteste über die Karwoche (die erste Woche im April) hinweg andauern, dass "es höchste Zeit sei, dass die neuen Gehaltszahlungen auf den Überweisungen auftauchten" und dass, wenn das nicht der Fall sei, "das Schuljahr ernstlich belastet sei." (El Nuevo Diario, 20. März)

Bananenarbeiter kehren siegreich nach Hause zurück

Die einstigen Bananenarbeiter, die durch das tödliche Pestizid Nemagon gesundheitlich geschädigt wurden, hatten zunächst öffentlich Aufsehen erregt, als sie Anfang Februar zum langen Marsch von den entlegenen Pflanzungen in Chinandega und León starteten, und anschließend ein bewundernswertes Durchhaltevermögen gezeigt; nun endlich konnten sie ihre Sachen zusammenpacken und nach Hause fahren. Sie brachen verhältnismäßig bequem auf, in Bussen, die die Bolanos-Regierung zur Verfügung gestellt hatte, und mit einer, wie es schien, viel versprechenden Vereinbarung im Gepäck. Fast zwei Monate lang hatten sie äußerst kärglich kampiert mit nichts als Plastik-Fetzen als Schutz gegen die sengende Sonne, aufgewirbeltem Staub ausgesetzt, die bloße Erde als Bettstatt und mit äußerst primitiven Vorrichtungen für Kochen, Waschen und Toilette. Endlich erreichten sie das selbstgesteckte Ziel, ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht mit dem Präsidenten selbst. Trotz ihrer immer wieder vorgebrachten Forderung nach einer Audienz hatte Bolanos scheint's nicht die Zeit gehabt, früher mit ihnen zu sprechen trotz ihrer neuerlichen Nähe zu seinem bombastischen Palast und zu den anderen Zentren staatlicher Macht und obwohl Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens so unterschiedlicher Art wie Herty Lewites, Bürgermeister von Managua, und Kardinal Obando y Bravo, das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche in Nicaragua, sich öffentlich für die Sache der Bananenarbeiter eingesetzt hatten.

Als die etwa 2 400, die bis zuletzt ausgehalten hatten, anfingen ihre kärglichen sieben Sachen zusammenzupacken, wurde nur von der Sehnsucht gesprochen, nach Hause zu kommen, die Kinder wiederzusehen, zu erfahren, wie es der Familie in der Zeit ihrer unerwartet langen Abwesenheit ergangen war; von dem, was erreicht worden war, war kaum die Rede. Trotz der Begeisterung war es schwierig herauszufinden, auf wie viele der ursprünglich erhobenen Forderungen die Regierung wirklich eingegangen war. Einige wenige erinnerten sich an die Erfahrungen der Kaffee-Arbeiter aus Matagalpa und Jinotega, die durch den Einbruch der Kaffee-Preise auf dem internationalen Markt arbeitslos geworden waren und sich mit mehreren ähnlichen Schritten an die Öffentlichkeit und an Regierungskomitees wandten, dabei aber die Erfahrung machten, dass die getroffenen Vereinbarungen weitgehend in der Rhetorik stecken blieben und nicht verwirklicht wurden. "Ja, es ist gut zurückzufahren," sagte eine Gruppe, die startbereit dastand, als die Busse in Sicht kamen. "Aber täuscht euch nicht! Wenn die Regierung ihre Zusagen nicht einhält, kehren wir zurück. Wir haben gezeigt, dass es uns ernst ist. Hier und unterwegs sind Menschen gestorben. Wir erwarten, dass auch die Regierung diese Vereinbarungen ernst nimmt." Laut ersten Hinweisen hat Präsident Bolanos versprochen, dass seine Regierung die Arbeiter pauschal unterstützt, das heißt, sowohl bei ihren eigenen Forderungen als auch bei ihrem Widerstand gegen die Gegenklage, die die drei in den Fall verwickelten internationalen Gesellschaften Dow, Dole und Shell angestrengt haben. Diese sowohl "moralische als auch politische Unterstützung" schließe einerseits Rechtsbeistand ein, der vom Nicaraguanischen Konsul in Washington, D.C., vermittelt wird, und sei gleichzeitig mit einer Klage gegen die entsprechenden Gesellschaften vor der Internationalen Menschenrechtskonvention, die in diesem Mai in Genf tagt, verbunden. (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio Ya, TV-Kanal 2, 8, am 21 + 22. März)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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