Meldungen aus Nicaragua vom 20.09.2004

  1. Globaler Freihandel stößt Nicaraguaner weiter in die Armut
  2. ENACAL bietet Leitungsnetz der nicaraguanischen Wasserversorgung dem Meistbietenden an
  3. Rivers affected by road construction companies
  4. Nicaraguas Abhängigkeit von Importen nimmt zu
  5. United transport transport cooperative members not fined by police
  6. 170,000 school children miss out on daily glass of milk
  7. MINSA acts as if the Atlantic Coast doesn't exist
  8. Report shows Nicaraguans spend more time "having fun" than working

Globaler Freihandel stößt Nicaraguaner weiter in die Armut

In den letzten Jahren, in denen der Freihandel mit den USA und anderen Ländern erweitert wurde, sind für die Menschen in Nicaragua die Preise von Grundnahrungsmitteln und anderem Haushaltsbedarf (Reis, Bohnen, Mais, Zucker, Pflanzenöl, Molkereiprodukte, Seife usw.) bedeutend angestiegen, während gleichzeitig die Gehälter stagnierten. Die Gehälter der Nicaraguaner, die in staatlichen Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheitsversorgung arbeiten, reichen nicht aus, um die Grundversorgung (Nahrung und andere Haushaltsnotwendigkeiten, Strom- und Wasser, die Bildung der Kinder und die Kosten der Gesundheitsversorgung) von einer Familie mit vier Personen für einen Monat zu decken. Gleichzeitig hat die Mehrheit der Nicaraguaner gar kein regelmäßiges Einkommen. Ihre tägliche Suche nach Arbeit ist ein ständiger Kampf, um die Familie jeden Tag mit Reis und Bohnen zu versorgen.

Laut dem Ministerium für die Förderung von Industrie und Handel ist der Preis von einem Pfund Käse in den letzten drei Wochen von 11 Córdoba auf 14,5 Córdoba angestiegen. Ein Liter Pflanzenöl, das im Januar dieses Jahres 13 Córdoba kostete, kostete in der letzten Woche des August 19,03 Córdoba, inzwischen sogar 21,09 Córdoba. Die Preise für Zucker, Reis, Eier, Seife und verschiedene Gemüse stiegen während der letzten drei Wochen ebenfalls leicht an. [Der Wechselkurs: 16 Córdobas sind 1 US-Dollar.]

Scarleth Jiron, die Käse auf dem Roberto Huembes Markt in Managua verkauft, erklärt, dass die ständige Erhöhung durch die Tatsache begründet sei, dass nicaraguanische Hersteller dieser Grundlebensmittel jetzt bevorzugt versuchen würden, ihre Waren an ausländische Händler zu verkaufen, die für die Produkte mehr bezahlten könnten, da sie aus reicheren Ländern kämen und die Waren dort zu höheren Preisen weiterverkaufen könnten. Die Auswirkung sei, dass die Preise auch in Nicaragua anstiegen. (El Nuevo Diario, La Prensa, 14.09.04)

ENACAL bietet Leitungsnetz der nicaraguanischen Wasserversorgung dem Meistbietenden an

Am 24. Juli forderte die nicaraguanische Wasserversorgungsgesellschaft (ENACAL), die die nationale Wasserverteilung organisiert und verwaltet, ausländische Gesellschaften dazu auf, Angebote für einen Fünfjährigen weit reichenden "Beratungsdienst" für ENACAL zu unterbreiten. Ruth Selmer Herrera, Koordinatorin des Netzwerks zur Verteidigung der Verbraucher bezeichnete dies als Versuch der Regierung, ihre Pläne zur Privatisierung der Gesellschaft auf verdeckte Art zu realisieren.

In dem Dokument, das ENACALs Anforderungen und den Prozess für die Unterbreitung der Angebote beschreibt, heißt es, der "Beratungsservice", der von der ausländischen Gesellschaft erbracht werden solle, müsse den "Prozess der Modernisierung der Gesellschaft zur Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit" enthalten. Weiter heißt es in der Ausschreibung, "der zu erbringende Services soll sich auf alle wichtigen Arbeitsbereiche und alle Angelegenheiten der Leitung und Betriebsorganisation in allen Bereichen beziehen, in denen ENACAL gegenwärtig tätig ist" (Anm.: was sich somit auf das ganze Land bezieht).

Der Service, den die nach der Ausschreibung ausgewählte Gesellschaft erbringen muss, besteht aus einer über fünf Jahren durchzuführende Modernisierung aller kommerziellen Bereiche der Gesellschaft, der Aktualisierung des Technik- und Informationssystems, der Verbesserung des aktiven Systems (ENACAL-Verteilungsnetz), der Ausbildung der Belegschaft, der Erstellung von Berichten und der Vorbereitung von Investitionsprogrammen.

Das Modernisierungsprogramm wird finanziert von der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB), die ENACAL ein Darlehen für 13,9 Millionen US-$ gewährt hat. Die Gesellschaften, die zur Teilnahme an der Ausschreibung berechtigt sind, sollten von außerhalb Nicaraguas kommen, aber das Ursprungsland soll Mitglied der IDB sein. Die interessierten Gesellschaften sollten "weit reichende Erfahrung im Bereich von Wasserverteilungssystemen mit mindestens 100.000 Anschlüssen haben".

Herrera kommentierte die Ausschreibung mit der Aussage: "grundsätzlich sollten die interessierten Gesellschaften ein Angebot unterbreiten, mit dem alle Tätigkeiten von ENACAL übernommen werden können. Nun, da sie die Kontrolle über alle Kunden und Geschäftsbeziehungen von ENACAL verschenken, die Entscheidung über Finanzen, Eingriffen in das Vertriebsnetz, die Überwachung, Installation, Trennung und Wiederanschließung an das Wasservertriebssystem aus der Hand geben, erhoffen sie sich, dass (eine der erfolgreichen ausländischen Gesellschaften) dies alles für sie tut."

Sie fuhr mit der Aussage fort, dass wenn die Privatisierung voranschreiten werde, "wird Trinkwasser eine Dienstleistung werden, die nur für jene reserviert ist, die zahlen können, und die Kosten werden steigen". Wie die Dinge stehen, haben im Moment 47% der Bevölkerung keinen Zugang zu dem Wassersystem von ENACAL und durch die mögliche Privatisierung "werden diese Leute nie in der Lage sein, einen Zugang zu bekommen, und Andere, die jetzt noch vom System versorgt werden, werden dieses Privileg verlieren, weil sie keine Möglichkeit haben, es zu bezahlen. Sie machen lebenswichtiges Wasser zu einer Ware." (El Nuevo Diario, Telenoticias Kanal 2, 15.09.04)

Nicaraguas Abhängigkeit von Importen nimmt zu

Nicaragua hat für das letzte Jahrzehnt eine kontinuierliche Zunahme von Importen in das Land zu verzeichnen und Wirtschaftsexperten sehen auch keine Zeichen für eine Änderung dieser Tendenz, es sei denn, die nicaraguanische Regierung tut mehr, um die nationale Infrastruktur und die Unternehmen zu fördern und um so die nationale Produktion zu steigern.

Die Importe, die im Jahr 2002 auf 1.774,0 Milliarden US-$ gestiegen waren, stiegen im Jahr 2003 dramatisch um 6,3% auf 1.887 Millionen US-$. Nach Öl und Benzin, die in den vergangenen Jahren die Liste der Importe anführten (115 Millionen US-$ im Jahr 2003) folgten Medikamente (49,1 Millionen US-$), Dieseltreibstoff (33,6 Millionen US-$), Mobiltelefonen (24,3 Millionen US-$) und Reis (16,3 Millionen US-$). 75,5% der von Nicaragua im Jahr 2003 importierten Produkte stammten aus den USA.

Laut einigen Experten wie Sergio Santamaría, Direktor des Zentrums für sozioökonomische Untersuchung und Beratung (CINASEs) pendelten sich die Importe auf einer solchen Höhe ein, während die lokale nicaraguanische Produktion weit unter den Möglichkeiten des Landes liege, das über gewaltige Bodenschätze im Verhältnis zu der geringen Bevölkerungszahl verfüge. "Die Mehrheit der Produkte, die importiert werden, werden gebraucht", sagt er und fuhr fort "deshalb ist es an der Zeit, darüber nachzudenken, wie man die Energiekosten des Landes reduzieren kann. Wir sehen, wie die Welt jeden Tag tiefer in die Ölpreiskrise gleitet und lassen uns aufgrund unserer Abhängigkeit von ausländischem Öl einfach mitziehen, obwohl es hier in unserem eigenen Land ein riesiges Potential für die Produktion von alternativer Energie gibt, zum Beispiel Solarenergie. Das Problem ist, dass die Regierung keinen Beitrag zu der Förderung und Investition in alternative Energie leistet."

Nicaragua hängt von importierten Medikamenten und medizinischer Ausrüstung ab, 80% des Defizits sind damit zu erklären, dass die Labors des Landes einfach nicht gut genug ausgestattet, nicht mit genug Personal besetzt oder nicht ausreichend finanziert werden, so dass sie mit Importprodukten nicht konkurrieren können.

Das Niveau der Produktion von vielen Lebensmitteln, insbesondere von Reis (das wichtigste Nahrungsmittel für die Mehrheit der Nicaraguaner), Mehl und Pflanzenöl ist weit davon entfernt, den nationalen Bedarf zu decken, aber nicht weil Nicaragua die Ressourcen für die Selbstversorgung mit diesen Produkten fehlen würden. Laut Fernando Mansell, Präsident des nicaraguanischen Verbands der Reisbauern (ARANs) ist das Defizit aufgrund der steigenden lokalen Nachfrage nach dem Produkt, aber hauptsächlich aus der Tatsache zu erklären, dass es seit den späten 90er Jahren mit der Eröffnung des Freihandels es in Nicaragua kaum eine längerfristige Initiative oder Politik gab, diese Produktion auch zu fördern.

"Die nicaraguanischen Reisproduzenten brauchen jetzt zur Steigerung ihre Produktionsmenge und für eine Konkurrenzfähigkeit auf internationaler Ebene die Unterstützung der Regierung" fuhr Mansell fort. "Sie (die Regierung) muss private Banken davon überzeugen, langfristige Projekte zu finanzieren, während zu derselben Zeit in den Ausbau der ländlichen Infrastruktur investiert werden muss, so dass eine effizientere und sparsamere Form der Bewässerung eingesetzt werden kann. Im Augenblick gibt es keine Möglichkeit für uns, auf einer internationalen Ebene mit Erzeugern aus anderen Ländern zu konkurrieren, die finanzielle Unterstützung von ihrer Regierung erhalten. Auch die Überschwemmung des nicaraguanischen Marktes mit subventionierten ausländischen Produkten drückt den Preis unserer eigenen Produkte weiter." (La Prensa, Radio YA!, 16.09.04)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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