Meldungen aus Nicaragua vom 16.02.2004

  1. Bananenarbeiter starb im Lager vor der Nationalversammlung
  2. Radio-Journalist Carlos Guadamuz ermordete
  3. In den letzten zehn Jahren 20% der Wälder zerstört
  4. Amnesty for Alemán a "Trap?"
  5. Peace Comes to Troubled Layasiksa
  6. Bilwi (Puerto Cabezas) Water Source Contaminated
  7. Herty Lewites to Seek Vice-Presidency
  8. Jeb Bush to Visit Nicaragua

Bananenarbeiter starb im Lager vor der Nationalversammlung

Am Mittwoch kam der dritte große Marsch der von Nemagon und anderen chemischen Stoffen geschädigten Bananenarbeiter in Managua an. Die Chemikalien waren während der Somoza-Zeit in den Bananenplantagen von Leon und Chinandega eingesetzt worden. Eine große Gruppe von mehreren tausend Personen (3-5000) kamen aus westlicher Richtung in die Stadt, wobei die Strecke so gewählt war, dass sie an der zur Festung ausgebauten US-Botschaft vorbei führte. Hier pausierte der Marsch gerade lang genug, um einen Brief an US-Botschafterin Barbara Moore zu überreichen, in dem sie darum gebeten wurde, die Sache der Arbeiter gegen die US-transnationalen Konzerne Dole, Dow und US-Shell zu unterstützen, die Gegenklage über 18 Milliarden US-$ eingereicht haben, bei der sie behaupten, dass die Zahl der Betroffenen übertrieben und ihre medizinischen Aufzeichnungen verfälscht seien.

Der im Wesentlichen aus Männern bestehende Marsch trat entschlossen auf, als er sich auf dem offenen Gelände vor dem Gebäude der Nationalversammlung versammelte. Es gab kein Schreie, nur wenige Slogans, auf dem einzigen Transparent, das getragen wurde, standen die Worte: "Die Gesellschaften brachten uns Arbeit; wir wussten nicht, dass sie uns Gift brachten".

(…) Drei Arbeiter waren auf dem Marsch gestorben, als ein Teil des Zugs von etwa 600 Personen unterwegs umkehrte. Einige von ihnen waren offensichtlich Zusammengebrochen ob der immensen Anstrengungen, bevor sie wieder ihre Heimatdörfer erreichten. Am Donnerstag dann gab es den ersten Toten innerhalb von Managua. Victorino Espinales, der dynamische Führer, der sein Wissen als früheres Mitglied der Nationalversammlung zur wichtigen Einflussnahme auf die Legislative benützt hat, sagte, "es gibt mindestens 3 weitere Leute, die eigentlich dem Tod nahe sind, aber wir werden nicht von hier weggehen, bis uns die Regierung eine zufriedenstellende Antwort gibt".

Eine spezielle Versammlungskommission veröffentlichte die Hauptforderungen der Demonstranten, laut Espinales geht es dabei vor allem um eine Sache: "was zählt, ist, was Präsident Bolaños sagt und macht, wenn wir ihn am Montag (15. Feb.) treffen".

"Wir haben Stufe eins beendet - als wir hier ankamen" sagte Espinales weiter. "Jetzt haben wir Stufe zwei. Wir sind hier angekommen; dies ist ein für alle wichtiges Zeichen, das bleibt. Wir fordern, dass die Regierung unsere Situation zu einem nationalen Notfall erklärt, um uns den Bezug einer Rente zu ermöglichen und wir fordern, dass die Vertreter von Dow, Dole und Shell nach Nicaragua kommen, um ihre Beschuldigungen direkt vor den Arbeitern zu erheben."

"Wir sind gegenwärtig in einer Dialogstufe. Wir wollen sehen, ob uns der Präsident stützt. Wir werden respektvoll sein. Aber, wenn es nötig ist, haben wir auch andere Möglichkeiten des friedlichen Protests, die Teil einer langen Tradition sind: Barrikaden bauen, Zugänge blockieren usw. Und wenn sonst alles fehlschlägt, treten 1000 der Arbeiter in einen unbegrenzten Hungerstreik". (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio Ya, Radio la Primerisima, Fernsehen Kanal 2, 4, 8 und 12, 11.-14. Februar)

Radio-Journalist Carlos Guadamuz ermordete

Carlos Jose Guadamuz Portillo, der frühere Sandinist, Dissident und umstrittene Radiojournalist, wurden am Mittwoch niedergeschossen, als er in die Büros des Fernsehkanals 23 kam, um sein tägliches Programm "Pfeile ins Zentrum" zu liefern. Der Mörder William Hurtado Garcia, der einige Zeit in der Umgebung des Senders anscheinend betrunken herumgelungert hatte, trat auf Guadamuz zu und gab fünf Schüsse auf ihn ab. Drei von ihnen trafen lebenswichtige Organe, und er starb fast sofort. Guadamuz wurde von einem seiner Söhne, dem sechzehnjährigen Selims, begleitet, der den Mörder mit einer Tasche schlug, die er bei sich trug, und dadurch sein eigenes Leben retten konnte. Der Angreifer verlor bei dem Versuch, zu flüchten, seinen Halt, stieß gegen eine ziegelrote Wand und wurde schnell bezwungen. Guadamuz Senior wurde in seinem eigenen Fahrzeug in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht, aber das medizinische Personal konnte nichts mehr für ihn tun; er wurde bei der Ankunft für Tod erklärt.

Guadamuz hatte eine lange und bunte Karriere als ein Militanter der Sandinisten hinter sich. Zusammen mit Daniel Ortega wurde er unter dem Somoza-Regime gefangen gehalten und die beiden blieben für viele Jahre, während der Revolution und auch danach, gute Freunde und Kollegen. Als Guadamuz jedoch 1996 für das Amt des Bürgermeisters von Managua kandidieren wollte und von der Führung des FSLN blockiert wurde, trat Guadamuz auf der Liste einer christlichen Partei an und seine Verbindungen zu Ortega und dem Rest der FSLN-Führung verschlechterte sich von diesem Punkt an rapid. Bald danach wurde Guadamuz seiner Mitgliedschaft als Militanter beraubt und brachte das sandinistische Radio Ya, das er über Jahre geleitet hatte, durch eine Reihe von Manövern, die viele für äußerst verdächtig hielten, in seinen Besitz. Zuletzt war er dazu übergegangen, sich einen Liberalen zu nennen.

Die Spekulation über die Hintergründe des Verbrechens schossen schnell in die Höhe. Es begann mit Guadamuz Junior, der vor den Fernsehkameras, die den Toten zeigten, offen Ortega, Lenin Cerna und andere Sandinisten beschuldigte, den Mord in Auftrag gegeben zu haben. Die vielleicht schlimmste Beschuldigung von Guadamus gegenüber der FSLN war, dass er die Aufmerksamkeit neu auf eine 2000 von ihm erhobene Beschuldigung lenkte, laut der ihn der gegenwärtige FSLN-Kandidat für das Bürgermeisteramt von Managua, Dionisio Marenco, bedroht habe.

Es wurde rasch bekannt, dass der Mörder ein früheres Mitglied der sandinistischen Sicherheitskräfte unter der Leitung von Tomas Borge gewesen war. Jedoch hatte er anscheinend 1987 seinen Dienst niedergelegt, drei Jahre vor der Niederlage der FSLN bei den Wahlen 1990. Seine einzige aufgezeichnete Aussage gegenüber der Polizei war: "ich bin einer der wahren Revolutionäre". Borge erklärte, keine Kenntnis von Hurtado Garcia zu haben, "es gab Tausende von Leuten in unserem Ministerium. Wie soll ich einen Mann davon gekannt haben"? Borge hob auch hervor: "es wäre absurd, dass die FSLN durch solch eine Tat zu dieser Zeit - direkt vor dem Wahlkampf für die Gemeinden im November dieses Jahres - solch eine Tat in Auftrag geben würde." (…)

Präsident Enrique Bolaños ließ den Vorschlag unberücksichtigt, seine Regierung sollte sich mit der Bitte um Hilfe an das FBI wenden, weil die Familie Guadamuz der nationalen Polizei aufgrund ihrer sandinistischen Wurzeln misstraute. "Ich habe Vertrauen zur Professionalität unserer Polizeikräfte", sagte er, wobei er eine Untersuchung verlangte, die "zu den eigentlichen Hintergründen der Tat kommen" müsse. (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio Ya, Radio La Primerisima, 2.,4., 8., 12., Fernseh-Kanal, 10.-15. Februar)

In den letzten zehn Jahren 20% der Wälder zerstört

Die nicaraguanische Universität für Handel und Wirtschaft (UCC auf Spanisch) berichtete darüber, dass im Verlauf der letzten zehn Jahre mehr als 20% der Wälder Nicaraguas durch Feuer zerstört wurden. "Diese entsetzlichen Zahlen bedeuten, dass dieses Land schnell zu einer riesigen Wüste wird", sagte Luis Barrios, Direktor der UCC-Schule für Agrarwirtschaft. "Es gab schon Situationen, in denen 4.000 Feuer in verschiedenen Teilen des Landes brannten", fuhr er fort. "Zusammengenommen haben sie eine schlimme Wirkung auf das ganze ökonomische Leben des Landes. Diese negative Wirkung geht weit über die Wälder selbst hinaus. Während Kiefer- und Regenwald enorm gelitten haben, verschlangen die Feuer auch große Flächen Weideland. Dies hat wiederum zu einer Knappheit des Futters für Rinder geführt mit dem sich daraus ergebenden Verlust bei Fleisch und Milch. Deshalb stiegen die nationalen Preise an und die Exporte gingen zurück."

Barrios erklärte, dass die meisten Leute die Holzarbeiter und Landwirte als Verursacher der Feuer betrachteten, aber er meinte, dass dies nicht der Wahrheit entspreche. "Wir fanden heraus, dass die allermeisten Feuer von Leuten gelegt wurden, die Tiere jagen oder die Köder für den Fischfang sammeln. Sie werfen anscheinend einfach Zigarettenstummel weg, ohne auf die möglichen Folgen zu achten. So entstehen die ersten Feuer, die riesige Bereiche von Wald und Weideland verschlingen können."

Barrios hielt seinen Vortrag bei einem gemeinsam von der Universität und der nicaraguanischen Kammer für Bergbau (Caminic) organisierten Symposium. Frank Mena Marenco, Präsident von Caminic, unterstützte diese Argumentation. "Auf dieselbe Weise", behauptete er, "machen viele Leute die Minen und Bergarbeiter für diese Feuer verantwortlich. Wir erkunden Bodenschätze und beuten sie aus, das ist wahr. Aber dass wir die Feuer legen, ist völlig unwahr. Aus diesem Grund wollen wir gemeinsam mit dem UCC über die Hintergründe informieren und wollen versuchen, Wege zur Verhinderung dieser schrecklichen Geisel zu finden". (La Prensa, 13. Februar)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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