Meldungen aus Nicaragua vom 14.06.2004

  1. Große Demonstration gegen Wasserprivatisierung
  2. "Informal Sector" Workers Take to Streets
  3. Texaco Chief Dismisses Contamination Claims
  4. "Priests of the Poor" Expelled by Bishop
  5. NGOS fordern familiäre und gesellschaftliche Unterstützung für Kinder mit Behinderungen
  6. Sieg der Universitäten
  7. Proclaimed Plot to Kill Alemán under Investigation
  8. Restoration of Historic Cathedral to May Lead to Downtown Renovation

Große Demonstration gegen Wasserprivatisierung

Mehrere Tausend Menschen nahmen auf den Straßen von Managua an einer der größten Demonstrationen in der Stadt seit der Zeit des sandinistischen Enthusiasmus teil, um gegen den geplanten Verkauf der Wasserversorgung an private Gesellschaften zu protestieren. Die relativ große Zahl von Teilnehmern war umso bemerkenswerter, weil die Protestaktion nur von einer einzelnen Organisation, der nicaraguanischen Gemeinschaftsbewegung (MCN) organisiert wurde, die nur eine der vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen ist, die gegen die weiter zunehmende Privatisierung in Nicaragua aktiv sind. Die Organisatoren sagten, dass sie zeigen wollten, wie groß die Opposition gegen die Regierungspläne zur Privatisierung seien, insbesondere gegen die Wasserprivatisierung, und rief alle ähnlichen aktiven Organisationen dazu auf, mit dem MCN beim Organisieren von weiteren Protestaktionen in der nahen Zukunft zusammenzuarbeiten.

Der MCN-Koordinator Enrique Picado beschuldigte die Regierung eines "strafbaren Verhaltens" bei ihren Versuchen, mit Wasser zu handeln. "Wasser ist das, was für alles Leben wichtig ist", erklärte er. "Dies betrifft sowohl die Pflanzen und Tiere als auch uns Menschen. Wasser ist die wichtigste Ressource auf unserem Planeten. Jeder Versuch, diese Ressource auf nur jene zu beschränken, die sie zu von den Mächtigen bestimmten Preisen bezahlen können, ist einfach kriminell. Bei ihrem beharrlichen Versuch, einen Käufer für Nicaraguas Wassersysteme und die Ressourcen zu finden, begeht die Regierung ein offensichtliches Verbrechen."

Der Marsch, der völlig friedlich verlief, versammelte sich bei Montoya, einem wohlhabenden Vorort im westlichen Teil von Managua in der Nähe der abgeriegelten US-Botschaft, wo die Organisatoren ihren Protest gegen das zentralamerikanische Freihandelsabkommen (CAFTA) und gegen die Intensivierung der US-Blockade gegen Kuba ausdrückten. Von dort bewältigten die Protestierenden die Strecke bis zur Nationalversammlung in Rekordzeit, wo sie auf einer behelfsmäßigen Bühne ihren Protest kund taten.

Als Zeichen einer möglichen Taktik für die Zukunft forderten die Organisatoren bei diesem Protestmarsch die politischen Vertreter der Nation dazu auf, die geheiligten Hallen der hoher Politik zu verlassen, um "sich dem Protest anzuschließen"! Eindringlich kündigen die Protestierenden an, dass falls es die Abgeordneten versäumten, den Protestierern zuzuhören, sie als letztes Mittel in die Versammlung eindringen und so jede weitere Funktion der Nationalversammlung unmöglich machen würden, um auf diese Art jedes neue Privatisierungsgesetz mit ihren eigenen Körpern zu blockieren. "Dies ist unsere Linie", erklärte Picado. "Das Volk von Nicaragua hat genug. Wir überbringen der Welt die Mitteilung, dass wir uns unser Wasser nicht wegnehmen lassen, damit es von multinationalen Gesellschaften verwandt werden kann, um riesige Gewinne zu machen. Dieses Mal gehen sie zu weit."

Der Vertreter des Nicaragua-Networks in Managua, Paul Backer Hernandez, wurde als einziger Nicht-Nicaraguaner auffordert, vom Podium zu sprechen und er hob dabei hervor, dass die Nicaraguaner nicht alleine in ihrem Kampf seien, um das Privatisierungsungetüm aufzuhalten. "Aus Bolivien kommen gerade Leute in die Vereinigten Staaten, die wie wir selbst ihre Stimme erheben und von Regierungen und Transnationalen Konzernen gleichermaßen fordern: ‚Nicht weiter'! Sie erhalten unser Wasser nicht! Nie war die Aussage richtiger als heute: 'die vereinigten Menschen können nicht besiegt werden!'" sagte er der Versammlung. Im Gespräch mit Reportern sagte Backer Hernandez danach, dass zum ersten Mal, seit die Sandinisten 1990 die Macht an die Neo-Liberalen verloren, was zur weiteren Verarmung und der Tragödie unter den Augen des Währungsfonds geführt habe, die die Mehrheit der Nicaraguaner das Gefühl habe, Teil einer realen Bewegung des Volkes zu sein. "Jede Person, jedes Tier, jede Pflanze braucht Wasser, um am Leben zu bleiben. Dies ist der vereinigende Punkt. Weltweit steigt die Entschlossenheit gewöhnlicher Leute, die Transnationalen Konzerne zu stoppen. Nicaragua ist eine der Schlüsselstellen innerhalb dieses Kampfs." (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio la Primerisima, Fernseh-Kanal 8, am 4. Juni)

NGOS fordern familiäre und gesellschaftliche Unterstützung für Kinder mit Behinderungen

Nicht-staatliche Organisationen, die behinderte Kindern betreuen und ihnen eine Unterkunft bieten, riefen die nicaraguanische Bevölkerung im Allgemeinen dazu auf, sich mehr mit der Situation ihrer Angehörigen zu beschäftigen. "Vor allem bitten wir darum, dass die Leute akzeptieren, dass diese Kinder einen Anspruch auf den Kontakt mit ihren Angehörigen haben", sagte Jahaira Soza, die die Heimunterkünfte ihrer Organisation für Kinder mit Behinderung im Land koordiniert. "Plan Nicaragua hat im letzten Jahr eine Studie durchgeführt, die die Situation von möglichst vielen Kindern untersuchte. Die Ergebnisse waren schwerwiegend: in fast jedem Fall drückte das Kind sein Bedürfnis danach aus, Teil einer Familie außerhalb seines/ihres Zentrums zu sein. Jene Kinder, die noch identifizierbare Familien haben, erklärten, dass sie mehr Kontakt mit ihren Angehörigen zu Hause wünschten, auch wenn es nur darum ginge, zu wissen, dass jemand auf sie wartet, nach ihnen sieht." "Die Untersuchung von Plan Nicaragua war wie der Klang einer großen Glocke", fuhr Soza fort. "Auf Grundlage dieser Untersuchung überreichten wir den Direktoren aller zugehörigen Zentren Materialien, um das Bewusstsein der Menschen über die Grundrechten der Kinder an der Beteiligung irgendeiner Form des Familienlebens zu fördern."

Sandra Aguirre, Direktorin von Pajarito Azul (kleiner blauer Vogel), eines von Nicaraguas wichtigsten Zentren für die Pflege von Kindern mit Behinderungen, klagte, dass die Kinder in ihrem Zentrum so oft verlassen würden, sobald sie in ihrer Obhut seien. "Das Erste, was wir gegenüber den Eltern erklären, ist, dass sie jederzeit das Recht haben, ihre Kinder zu besuchen, immer, wenn sie wollen. Die traurige Tatsache ist jedoch, dass nach dem sie vielleicht ein oder zwei mal gekommen sind, verschwindet die Mehrheit von ihnen dann einfach, und wir - oder viel mehr ihre Kinder - sehen sie nie wieder. Wir tun alles, das wir können, um Familienverbindungen wieder aufzubauen, so dass die Kinder auf lange Sicht die Möglichkeit haben können, wieder nach Hause zu gehen." (La Prensa, 10. Juni)

Sieg der Universitäten

Nach Monaten der Straßenproteste, mehreren ernsthaft verletzten Opfern und mindestens einem Toten konnten die Universitäten nun erklären, dass sie in ihrem langen und bitteren Kampf gegen die Bolaños-Regierung den Sieg davontrugen, der der Verfassung und den Vorgaben des Obersten Gerichts entspricht. Es wird angenommen, dass ein wichtiger Wendepunkt in der letzten Woche eine von der nationalen Polizei selbst organisierte beispiellose Straßendemonstration war. Nachdem eines ihrer Mitglieder gestorben war, nachdem er im Brustbereich mit einem selbst gebauten Mörser verletzt worden war, ging die Polizei landesweit auf die Straßen. Im Beisein des Präsidenten Bolaños selbst bestiegen mehrere ältere Polizeibeamte das Podium und baten um Zurückhaltung, wobei sie nochmals wiederholten: "Dieses Land hat genug Gewalttätigkeit erlebt; als Polizisten haben wir geschworen, das Leben unserer Brüder und Schwestern zu verteidigen, nicht sie zu töten und zu verstümmeln, weil sie zufällig Universitätsstudenten sind. Wir wollen jetzt Frieden."

Eduardo Montealegre, früherer Finanzsekretär und jetzt Sekretär des Präsidenten, kündigten an, dass sobald die Nationalversammlung die notwendigen Revisionen am Staatshaushalt beschließen werde, die Universitäten den vollen Anteil von 6% erhalten würden, den sie forderten. Er werde teils in bar und teils in Staatsanleihen bezahlt werden, die innerhalb von 12 Monaten getilgt werden sollen. "Diese Vereinbarung bedeutet, dass die Universitäten allgemein etwa 860,4 Millionen Cordobas (54,5 Millionen US-$) erhalten; so können wir endlich ein Ende dieser Konfrontationen erreichen", sagte er.

"Wir beglückwünschen die Universitäten zu ihrer Bereitschaft, dass sie Verständnis für die Notwendigkeiten zeigten, mit denen unsere Regierung sicherstellt, dass die Vereinbarung sich innerhalb der Richtlinien des internationalen Währungsfonds für Nicaragua bewegt", fuhr er fort. "Dies ist von großer Wichtigkeit, weil das Programm des IWFs von großer Bedeutung und Relevanz für dieses Land ist."

Andere Meinungen stimmten überein, dass die Übereinkunft dem speziellen Ziel entspreche, engere Beziehungen zwischen der Regierung und den Universitäten zu ermöglichen; die Organisation eines nationalen Forums für Bildung bei den Universitäten selbst; und für die Regierung, um ein Projekt auszubauen, das von der Interamerikanischen Entwicklungsbank finanziert wird und das eine Bildungsförderung mit besonderer Berücksichtigung der Universität ermöglichen soll. (El Nuevo Diario, La Prensa, 12. Juni)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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