Meldungen aus Nicaragua vom 13.12.2004

  1. Bolaños warnt vor bevorstehendem Staatsstreich, während Liberale und Sandinisten erklären, dass er wie ein Diktator handelt
  2. Catholic Church speaks out against Bolaños
  3. Further Archeological Investigation of the Acahualinca Site Being Discussed
  4. Three brothers poisoned by peanuts found while searching for food in a rubbish dump
  5. Free trade zone workers protest outside the Ministry of Labor
  6. Angebote eingegangen, die möglicherweise zur Privatisierung der Wasserversorgung führen
  7. Regierung "besorgt" angesichts vorgeschlagener Änderungen für den Haushalts 2005
  8. First woman and first indigenous person to be elected mayor on the Atlantic Coast

Bolaños warnt vor bevorstehendem Staatsstreich, während Liberale und Sandinisten erklären, dass er wie ein Diktator handelt

Bolaños fühlt den wachsenden Druck auf ihn durch seine beispiellose politische Isolierung. Seine Reaktion auf die von der Nationalversammlung während der letzten Wochen verabschiedeten Reformen der Verfassung, durch die die Macht der Exekutive deutlich reduziert wurde, war sein persönlicher Auftritt am 9. Dez. im Fernsehen. In Begleitung des Führers der nationalen Polizei und des Chefs der nicaraguanischen Armee erschien Bolaños um 18 Uhr im wichtigsten öffentlichen Fernsehkanal Nicaraguas und hielt eine lange Rede, in der er davor warnte, dass die politischen Kräfte, die sich ihm entgegenstellten, einen Putsch planten. "Ein verfassungsmäßiger Putsch wird geplant, eine Rückkehr zu einer Form der kollektiven Diktatur, einer Diktatur mit zwei Köpfen, was aber immer noch eine Diktatur bedeuten würde. Seien Sie wachsam!" Er sagte, er würde alles tun, was er könne, um eine solche Situation zu vermeiden, und als Führer der nicaraguanischen Armee und der nationalen Polizei besitze er die notwendige Macht, um dies durchzusetzen.

Es ist wahr, dass die Sandinisten und die Liberalen zusammenarbeiteten, um Gesetze zu verabschieden, die der Nationalversammlung die Macht gewähren würden, den Präsidenten der Republik öffentlich anzuklagen, was der Aufforderung des Büros des Obersten Rechnungsprüfers an die Nationalversammlung entspricht, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um seine Amtszeit zu beenden, weil Bolaños gestohlene öffentliche Gelder zur Finanzierung seiner Präsidentenwahlkampagne 2001 eingesetzt habe.

Bolaños selbst schlug auch selbst drei Veränderungen der Verfassung vor. Als Erstes soll ein Gesetz erlassen werden, das alle früheren Präsidenten daran hindert, noch einmal als Präsidentschaftskandidat anzutreten. Zweitens sollen die Kandidaten für die Nationalversammlung nicht von den Führern ihrer jeweiligen politischen Parteien gewählt werden, sondern direkt von den Wählern. Sein dritter Vorschlag war, dass keine Institution im Land Änderungen an der Verfassung vornehmen dürfe ohne einen vorherigen Volksentscheid.

Er fuhr danach mit einer Warnung an die nicaraguanische Bevölkerung fort, dass wenn die vor kurzem verabschiedeten Verfassungsreformen Anfang 2005 umgesetzt würden, alle Straßenbauarbeit gelähmt würden, weil endlose Kommissionen internationale Anleger abschrecken würden, die am Ausschreibungsprozess teilnähmen. "Die neuen Arbeitsplätze gehen dann in unsere Nachbarländer," sagte er.

Liberale und sandinistische Mitglieder des Parlaments reagierten auf die Rede des Präsidenten mit dem Vorwurf der "Bedrohung verfassungsgemäßer Institutionen im Land" und erklärten, dies vor internationalen Organisationen vorzubringen wie z.B. vor den Vereinten Nationen, vor der Interparlamentarischen Gemeinschaft der Welt, dem lateinamerikanische Parlament (sic) und der Europäischen Union". Mehrere Mitglieder der Versammlung interpretierten Bolaños Aussage als Bedrohung für die Nationalversammlung. Abgeordnete sagten, Bolaños habe die Tendenz, einseitige Entscheidungen ohne Beratung zu treffen (zum Beispiel die einseitige Zerstörung von Sam-7 Raketen). Und die Abgeordneten meinten weiter, dass wenn im Moment irgendjemand in Nicaragua wie ein Diktator handele, dann sei es Bolaños.

Obwohl Bolaños in dieser Woche versucht hat, sich als politisch stark und mächtig zu präsentieren, ist inzwischen doch viel klarer geworden, dass er vollständig isoliert ist. Die einzige politische Unterstützung, die er hat, sind seine einigen Minister. (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio Ya! 11.12. und 12.12.)

Angebote eingegangen, die möglicherweise zur Privatisierung der Wasserversorgung führen

Was die Zivilgesellschaft und Verbraucher - Gruppen als Planung einer "getarnten Privatisierung des nicaraguanischen Wassers" bezeichnen, näherte sich in dieser Woche einen Schritt weiter der Realisierung. ENACAL (die nicaraguanische Gesellschaft für Wasserversorgungssysteme und Abwasserkanäle) erhielt drei Angebote von privaten ausländischen Gesellschaften, die die Verantwortung für das Management von ENACAL übernehmen möchten.

Die drei Angebote kamen von Biwater, einer englischen Gesellschaft, von Inecom aus Chile und von einer spanischen Gesellschaft, deren Name nicht genannt wurde. Sie bemühen sich um einen Vertrag über 11 Millionen US-$, für den ein Darlehen der Interamerikanischen Entwicklung Bank (IDB) bereitgestellt werden soll. Laut Ulises Somarriba, dem juristischen Berater von ENACAL, muss das Komitee der Gesellschaft, das für die Beurteilung der Gebote verantwortlich ist, innerhalb von nur 30 Tage eine Entscheidung treffen, mit welcher Gesellschaft der Vertrag geschlossen werden soll.

Während die Direktoren von ENACAL eine Besprechung in ihren zentralen Büros in Managua abhielten, um die drei Gebote zu erörtern, planten Mitglieder mehrerer ziviler Organisationen angesichts der neuen Entwicklungen eine Reihe von Protestaktionen. Sie betrachten das bisherige Geschehen als einen entsetzlichen Verlauf von Ereignissen, der zum Verkauf der letzten öffentlichen Dienstleistung unter öffentlicher Kontrolle führen soll.

Moises Mora, Direktor des Netzwerkes zur Verteidigung von Verbraucherinteressen, erklärte, dass für die kommenden Monate verschiedene Aktivitäten geplant sind zur Darstellung des Widerstandes der nicaraguanischen Bevölkerung gegen die Privatisierung ihres Wassers. Für kommenden Freitag, 17. Dez., ist eine Protestaktion auf den Hauptstraßen der Hauptstadt geplant und während der nächsten Wochen soll es mehrere öffentliche Mobilisierungen geben. Das Netzwerk will vom Präsidenten von ENACAL fordern, dass er die nicaraguanische Bevölkerung über die Planungen öffentlich informiert. Ein großer Protestmarsch soll für den Anfang des kommenden Jahres organisiert werden. "Wir glauben, dass in den nächsten Wochen und Monaten das allgemeines Bewusstsein und das öffentliche Misstrauen gegenüber dem, was hier passieren soll, dramatisch anwachsen wird. Wir beabsichtigen, einen massiven Protest zu organisieren, der vor der Nationalversammlung enden wird, wo wir fordern werden, dass die Mitglieder des Parlaments, die wir gewählt haben, uns und unser Recht verteidigen, weiterhin sauberes und billiges Trinkwasser zu erhalten." (La Prensa, Radio Ya!, Kanal 2 Telenoticias, 11.12.)

Regierung "besorgt" angesichts vorgeschlagener Änderungen für den Haushalts 2005

Das Komitee für ökonomische Angelegenheiten der Nationalversammlung, das von Sandinisten und einer Mehrheit der Liberalen in der Versammlung dominiert wird, beschloss am 10. Dezember seinen Vorschlag für den Staatshaushalt 2005. Der Vorschlag wird der Nationalversammlung überreicht, die dann über den Entwurf für das Budgets abstimmen wird, der sich laut einem Mitglied des ökonomischen Komitees dramatisch von der Originalversion des im Oktober 2004 eingebrachten Haushalts unterscheidet.

Insgesamt etwa 790 Millionen Cordobas (48,9 Millionen US-$) sollen in den öffentlichen Bereichen (einschließlich des Budgets der Präsidentschaft) anders verteilt werden, um Gehaltserhöhungen für Lehrer, Ärzte, Armeeangestellte, die Polizei und die Feuerwehrleute möglich zu machen. Diese und weitere Bereiche und Institutionen einschließlich des Justizapparats und die Gefängnisse sollen dadurch auch in die Lage versetzt werden, mit den umgeleiteten Geldern in beschränktem Maße neue Ausrüstungsgegenstände zu kaufen.

Wenn der vorgeschlagene Entwurf für den Haushalt 2005 angenommen wird, was aufgrund der neuen Kooperation zwischen dem Sandinisten und den Liberalen für Wahrscheinlich gehalten wird, da sie fast alle Sitze in der Nationalversammlung kontrollieren, soll ein bedeutsamer Betrag zusätzlicher Gelder in die Gemeindeverwaltungen umgeleitet werden, von denen nach den letzten Kommunalwahlen die Mehrheit unter der Kontrolle der sandinistischen Bürgermeister sein wird.

Der Finanzminister Eduardo Montiel, ein loyaler politischer Freund von Bolaños, sagte, dass er über der Vorschlag des Komitees der Nationalversammlung "besorgt" sei und dass er nicht glaube, "dass die Regierung der Republik ausreichende Gelder zuführen kann", um die vorgeschlagenen Erhöhungen im öffentlichen Sektor zu decken, und dass die Annahme der überarbeiteten Version des Budgets für 2005 "zu einem Risiko" für die Stabilität der nationalen Wirtschaft führen werde, was wiederum zur Verschiebung internationaler Finanzhilfe und Investition beitragen würde.

Wilfredo Navarro, ein Liberaler und Mitglied des parlamentarischen Komitees, glaubt jedoch, dass der Neuentwurf "dem Willen einer großen Mehrheit der Nicaraguaner entspricht und weder die ökonomische Stabilität des Landes in Gefahr bringt noch die Vereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds beeinflussen wird". (La Prensa, El Nuevo Diario, Radio Ya! 11.12. + 12.12.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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