Meldungen aus Nicaragua vom 06.09.2004

  1. Peter Tsokos Implicated in Statements by Convicted Murderer!
  2. Kaffeebauern fühlen sich "als Staatsbürger dritte oder vierte Klasse"
  3. 400 Tote durch Nemagon in diesem Jahr
  4. RAAN Strike Finally Wins Government Attention
  5. Erhöhung der Lebenshaltungskosten um 25%; FNT verlangt dringende Sitzung
  6. Nuanced Jubilation as US Court Condemns Monsignor Romero's Killer
  7. Canadian Firm Accused of Illegal Gold Mining in the BOSAWAS Reserve

Kaffeebauern fühlen sich "als Staatsbürger dritte oder vierte Klasse"

Parmalat, die riesige italienische Milchproduktions-Gesellschaft, die sich weltweit in einer finanziellen Krise befindet, ist in die Schlagzeilen zurückgekehrt, weil die Regierung Bolaños ihre prekäre Situation in Nicaragua zu einem "nationalen Notfall" erklärt hat. "Dies zeigt sehr merkwürdige Prioritäten", erklärte Buenaventura Gutierrez Rizo, Vizepräsidenten der nicaraguanischen Vereinigung der Kaffeepflanzer UNICAFE. Am Ende ihrer Tage scheint diese Regierung den internen Angelegenheiten einiger privater Geschäftsleute und Bankiers eine höhere Priorität einzuräumen als den mehr als 60.000 Nicaraguanern, die direkt von der gegenwärtigen Krise in der Kaffeeproduktion des Landes betroffen sind." Er wies darauf hin, dass das Ungleichgewicht in der Einschätzung um so seltsamer wirkt, wenn man bedenkt, dass der Fall Parmalat in finanzieller Hinsicht durch Schulden in Höhe von 6 Millionen US-$ bedeutsam wurde, die kaum vergleichbar sind mit den 100 Millionen US-$, die durch die Krise im Kaffee verursacht wurden.

"Was hier geschieht ", fuhr er fort", ist, dass sich die Regierung an der Auseinandersetzung zwischen zwei Privatpersonen oder zwischen zwei privaten Gesellschaften beteiligt, während zu der selben Zeit die Banken das Land der Kaffeebauern pfänden und die Regierung auf keine Anfrage antwortet." Auf einen gegenwärtigen Fall Bezug nehmend, bei dem eine Kaffeefinca mit 160 Morgen Land und der anstehenden Ernte einer gewisse Martha Molina enteignet wurde, wobei kein Funktionär der Regierung einen Finger rührte, beschuldigte Rizo die Regierung, sich nun bei Parmalat einzumischen "nur weil ihre mächtigen Freunde aus der Welt der Finanzen betroffen sind". "Deshalb wandten wir uns an das Büro des Generalstaatsanwalts, dessen Aufgabe es ist, zuallererst die Rechte und das Wohl von uns Nicaraguanern zu verteidigen, um herauszufinden, warum die Regierung Doña Martha in ihrer Zwangslage nicht unterstützte, aber direkt ins Geschäft mit Parmalat eingriff. Warum? Weil das Kapital von mächtigen Leuten und aus Italien kommt. Dies, so behauptet die Regierung, sei dann eine nationale Krise, während sie weiter keine Aussage dazu trifft, wenn unsere Kaffeebauern von ihren Höfen vertrieben werden, passend für Familienphotos. Heute sind in Nicaragua die Bankiers und die großen Exporteure erstklassige Bürger - sie übertreffen die dritt- oder viertklassigen Bauern bei weitem. Diese Regierung ist vielleicht die Regierung von sechs Familien innerhalb des Landes. Von jenen, die eine enorme ökonomische Macht ausüben. Und was wird mit dem Rest von uns? Wir sind uns selbst überlassen und müssen uns damit abfinden, dass keine Regierung für uns arbeitet." (El Nuevo Diario, 5. September)

400 Tote durch Nemagon in diesem Jahr

Die früheren Arbeiter auf den Bananenplantagen von Leon und Chinandega, die dem Pestizid Nemagon ausgesetzt waren und dadurch vielfältige Krankheiten und schwerwiegende Krebsarten erlitten, machten in dieser Woche erneut auf ihre Sache aufmerksam. Obwohl es so schien, als hätten sie vor einigen Monaten ein bedeutsamen Durchbruch in ihren Verhandlungen mit der Regierung Bolaños erreicht, bezichtigten wichtige Führer der Gruppe der Betroffenen (ca. 9.500 Personen) jetzt die Regierung der Schwäche, weil sie die gegenüber den Arbeitern eingegangenen Verpflichtungen bisher nicht umgesetzt hat. Nach fast zwei Monaten unter verzweifelten Bedingungen in einem behelfsmäßigen Lager vor der luxuriösen Nationalversammlung hatten die Bananenarbeiter geglaubt, dass sie die Unterstützung der Regierung hätten, als Bolaños eine auf hoher Ebene angesiedelte Kommission einrichtete und auch selbst mit ihnen sprach.

Vertreter von sieben separaten Gruppen von Arbeitern bündelten ihre Sorgen in der Aussage "Nemagon brachte vielen Leuten, die in den Bananen arbeiteten, eine Tragödie. Allein dieses Jahr starben schon 400 frühere Arbeiter an den Auswirkungen. Die Regierung sollte ihre Führsorge ernst nehmen. Sie sollte auch die Vereinbarungen vom März dieses Jahres vollständig erfüllen, oder sie kann sich auf die nächsten 5.000 Menschen auf den Straßen vorbereiten, 5.000 Leute, die dieses Mal nicht so leicht nachgeben werden." Die Vertreter der sieben Gruppen reisten nach Managua, um ihren Fall dem nicaraguanischen Zentrum für Menschenrechte (CENIDH) vorzustellen. Bayardo Izaba Solís, ein älteres Mitglied des Stabs von CENIDH, bat Gesundheitsminister José Antonio Alvarado, die hoch entwickelten Maschinen für die Datenanalyse mit der Möglichkeit, die Nemagon-Schädigung überprüfen zu können, endlich zu liefern. Wenn CENIDH vom Minister keine zufriedenstellende Antwort bekommt, haben wir nur noch die Möglichkeit, die Angelegenheit vor Gerichte außerhalb Nicaraguas zu bringen," warnte er.

Jedoch kann es eine sinnvolle Sache sein, dass die Arbeiter gegenwärtig auf die Sache aufmerksam machen. So wurde gerade die schlimme Tatsache bestätigt, dass inmitten der Auseinandersetzungen um die Nemagon-Vegiftung Landwirtschaftsminister José Augusto Navarro den Import von 11 neuen Pestiziden nach Nicaragua erlaubt hat - sie alle enthalten Substanzlisten, die sonst überall in Lateinamerika verboten sind. (El Nuevo Diario, 1. September)

Erhöhung der Lebenshaltungskosten um 25%; FNT verlangt dringende Sitzung

Dr. Gustavo Porras, der Generalsekretär der Nationalen Arbeiterfront (FNT), bat die Regierung, die nationale Kommission für Minimallöhne wieder einzuberufen. Während er bestätigte, dass sich die Kommission zuletzt im Juni dieses Jahres getroffen habe, erklärte Porras weiter, dass der bisherige massive Preisanstieg für Waren des Grundbedarfs von 8,3% ausgeglichen werden müsse, was beim letzten Treffen vereinbart worden sei. "Unabhängige Wirtschaftswissenschaftler sagen uns, dass die Preise insgesamt um 10% in die Höhe geschossen sind", sagte er. "Aber wenn Sie das Beispiel für die Steigerungen genauer prüfen, wird offensichtlich, dass sich die Erhöhungen unverhältnismäßig stark auf die Waren und Dienstleistungen beziehen, die den wesentlichen Grundbedarf jeder Familie ausmachen. Dies bedeutet, dass die 10% Preiserhöhung tatsächlich einen Anstieg der Grundlebenshaltungskosten um 25% bewirken. Es gibt keine Möglichkeit, wie diese neuen Kosten übernommen werden können. Wir fordern deshalb, dass sich die Regierungskommission zwischen den vereinbarten Zeiten wieder mit uns trifft, um nicht nur über den Minimallohn, sondern auch allgemein über den Lohn der Arbeiter zu diskutieren."

Andere Gewerkschaftsführer schlossen sich der Warnung von Porras an, dass wenn nicht schnell ernsthafte Maßnahmen ergriffen würden, den Gewerkschaften nur die Möglichkeit des Arbeitskampfes bliebe. "Es gibt schon Protestaktionen wie diese Woche vor der Nationalversammlung, die eine Änderung an dem Gesetz für kommunale Berufe fordert", sagte einer. "Im Oktober begleiten wir einen großen Protestmarsch für Änderungen im nationalen Haushalt. Dabei wirken die Sektoren für Gesundheit, Lehre und Erziehung, Gemeindeverwaltung und anderen Bereichen zusammen. Wir müssen eine Möglichkeit finden, um die Kaufkraft der Leute wieder herzustellen."

Porras, der auch Führer der Gewerkschaft für das Gesundheitswesen FETSALUD ist, kündigte zusätzlich "Offene Tür-Proteste" an. "Es geht dabei darum, dass die Leute sehen können, wie erbärmlich die gegenwärtige Situation ist. Deshalb fordern wir die Angehörigen der Patienten auf, mit in die Krankenhäuser und Gesundheitszentren zu kommen und bei ihren Angehörigen zu bleiben. Wir haben vor, jedem die Untersuchung und die Rezepte zu geben, die er braucht. Und wir öffnen alle Türen. Auf diese Weise sollen die Leute aus erster Hand sehen und erfahren, wie verzweifelt die Situation ist: zu wenige Ärzte, wenig oder keine Medizin, völlige Überlastung. Wir hoffen, dass die Leute dadurch verstehen, dass es wirklich kein funktionierendes Gesundheitssystem gibt, und dass darunter nicht nur die Patienten, sondern auch die ArbeiterInnen im Gesundheitswesen selbst leiden." (La Prensa, 1. September)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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