NicaNotes vom 05.10.2016

Für die Sandinisten liegt die Priorität auf Ausbau von und Zugang zu „sauberer Energie“

Ein wöchentlich von Chuck Kaufman zusammengestellter Blog zu aktuellen Entwicklungen in Nicaragua. Chuck Kaufman ist ein langjähriger Koordinator des Nicaragua-Network (USA)

Eines der Projekte der von Daniel Ortega seit 2007 geführten sandinistischen Regierung war die nachhaltige Verpflichtung zu sauberer Energie und die Erweiterung des Zugangs zu sauberer Energie für mehr Menschen vor allem auch in den ländlichen Gebieten. Jede Woche gibt es durch die Regierung oder durch privates Kapital Ankündigungen neuer Projekte, die fertiggestellt oder geplant wurden, sowohl hinsichtlich der Produktion von Energie als auch hinsichtlich des Verteilungsnetzes.

Zwischen 26. und 30. September berichteten die Medien und die Regierung:

    26.09. Die private afrikanische Palmölgesellschaft Aceitera Real kündigt an, sich selbst mit Energie zu versorgen durch Verwertung des Biomülls, der bei der Palmölverarbeitungsanlage in Chinandega anfällt.
    26.09. Der nicaraguanische Minister für Energie und Bergbau kündigt den Bau eines neuen, 21 Millionen US$ teuren Wasserkraftwerks am Fluss Upa im Department Matagalpa an. Das 5- Megawatt-Werk wird vor Ende des Jahres ans Netz gehen und Tausenden von Familien im ländlichen Norden zu Gute kommen. 27.09. Der nicaraguanische Minister für Energie und Bergbau kündigt den Bau eines Biomassenkraftwerks von 5-10 Megawatt im Department von Chinandega an, das Tausenden von Familien im Westen des Landes Energie liefern wird.
    28.09. Die Interamerikanische Entwicklungsbank lobt das BICMAQUINAS Recycling Project, in dem alte Fahrräder in Generatoren für saubere Energie umgewandelt werden. “ Die BICIAMAQUINAS werden verwendet als Kraft-Wasserpumpen, Mühlen, Dreschmaschinen, Mischer und anderes mehr“, berichtete der IDB und stellte fest, dass erneuerbare Energie und Modernisierung zum Empowerment der Frauen in ländlichen Gebieten Nicaraguas führten.
    28.09. Die Pressesprecherin des Präsidenten, Rosario Murillo, kündigte an, dass die Zentralamerikanische Bank für Wirtschaftliche Integration (BCIE)einen Darlehensantrag über 163 Millionen US$ für Unterhalt und Ausbau des Stromnetzes bewilligte. „Wir führen jeden Tag neue Elektrifizierungsprojekte ein. Wir bringen Licht und Hoffnung zu Tausenden von Familien in den ländlichen Gebieten des Landes, wir verbessern die Lebensqualität der Menschen und gewinnen den Kampf gegen Armut”, sagte Murillo.
    30.09. Der Minister für Energie und Bergbau, Salvador Mansell, erklärte, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Studien zur Erweiterung des Stromnetzes für Erneuerbare Energien in Arbeit seien. „Die Interamerikanische Entwicklungsbank hat mehr als 100 Millionen US$ genehmigt für Forschung und Entwicklung von Geothermie-Projekten. Machbarkeitsstudien für Wasserkraftwerke am Rio Grande de Matagalpa und am Rio Coco-Becken werden vorbereitet. Desgleichen wird demnächst eine Zweijahresstudie über das Potential für Windenergie in den Regionen mit hohem Windenaufkommen fertiggestellt“, sagte Mansell.
 

Mit Ausnahme des Tumarin-Wasserprojekts (das wegen des PETROBAS Korruptionsskandals in Brasilien nie fertiggestellt werden wird) hinterlassen die meisten Projekte, unter denen auch eine beträchtliche Anzahl privat finanzierter Solar- und Windkraftwerke sind, einen erfreulich kleinen ökologischen Fußabdruck.

Nicaragua hat das Glück, über vielerlei Quellen für saubere Energie zu verfügen. Es wurde Strom aus Geothermie- Kraftwerken für Jahrzehnte erzeugt und diese Kraftwerke werden nachgerüstet und modernisiert. Es gibt ausreichend Sonnenlicht, aber die meiste Solarenergie wird nicht in das nationale Netz eingespeeist, sondern für Privathäuser, Beleuchtung von Sportstätten, öffentliches WLAN und Akkuladestationen verwendet. Es gibt Gebiete mit stetigem Wind, darunter die Ufer des Cocibolca-Sees, von dem gesagt wird, er habe „das beste Wind-Angebot von Amerika“ und wir haben schon einige Windanlagen ans Netz gehen sehen und noch mehr sind in der Planungsphase. Es gibt viel Flüsse und Ströme, die geeignet sind für kleine Wasserkraftanlagen.

Viele Leser werden sich erinnern, dass Ben Linder an genau so einem Projekt gearbeitet hatte, als er von den Contras 1987 hingerichtet wurde. Nicaragua hat außerdem reichlich Biomasse, von denen unterschiedliche Projekte gespeist werden, angefangen mit Biogasanlagen, die Methangas zum Kochen aus dem Mist von Rindern und Schweinen erzeugen, bis zu riesigen Stromerzeugern, die während der Zuckerrohrernte einen bedeutenden Energieeintrag ins nationale Netz einspeisen.

In einer Anmerkung hatte ich mich skeptisch dazu geäußert, von “sauberer” Energie zu sprechen, wenn sie erzeugt wird von Zuckerrohr und Abfällen aus der Kaffee- und Palmöl-Produktion. Jetzt jedoch, nachdem mir erklärt wurde, dass bei der Stromerzeugung mit Hilfe pflanzlicher Stoffe auch nur so viel Kohlendioxid in die Luft entweicht, wie beim normalen Zersetzungsprozess, anders als beim Verbrennen von Öl, Kohle und Holz aus Wäldern, die für längere Zeit Kohlenstoff binden. Diese Erklärungen machten mir Sinn.

Nicaragua ist kaum einmalig hinsichtlich seiner verschiedenen Möglichkeiten der Produktion von sauberer Energie. Die USA hat all diese Möglichkeiten auch und viel mehr Kapital für deren Entwicklung, produzierte 2015 aber nur 13,44% seiner Elektrizität aus erneuerbaren Ressourcen. Nicaragua übertraf 2015 die 50% und hat das Ziel, 2020 85% zu erreichen. Der Unterschied zwischen beiden Staaten ist der Wille der Regierung, den Klimawandel durch die Reduzierung seiner Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu bekämpfen.

Gleichzeitig hat sie den Willen, den das Leben verändernde Nutzen der Elektrizität den Gemeinden zu Gute kommen zu lassen, die bisher nie in deren Genuss kamen und wo es nie wirtschaftlich profitabel für private, gewinnorientierte Gesellschaften geworden wäre. Vor zehn Jahren hatten weniger als die Hälfte der nicaraguanischen Haushalte Zugang zu Elektrizität. Heutzutage nähert sich diese Zahl den 80%. Es ist kaum möglich, die positive Wirkung von Elektrizität auf Gesundheit und Lebensqualität zu überschätzen. Wir, die wir unser ganzes Leben damit versorgt waren, nehmen das für selbstverständlich. Man bedenke, was es bedeutet, Licht nach der Dunkelheit zu haben, die Möglichkeit, Essen zu kühlen, dank elektrischer Pumpen fließendes Wasser zu haben, die Möglichkeit eine Waschmaschine zu nutzen, eine elektrische Nähmaschine und viel, viel mehr. Und es sind die Frauen, denen die Arbeit erleichternden Verbesserungen am meisten nützt.

Man kann seine eigenen Schlüsse daraus ziehen, warum Daniel Ortega in Sachen Popularität auf Platz zwei in Lateinamerika steht.

Aktuelle Kurzmeldungen vom 05.10.2016 finden Sie hier...
Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung: Bärbel Neef.
Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

Bankverbindung:
Nicaragua-Forum Heidelberg | Konto Nr. 1517732
Sparkasse Heidelberg | BLZ: 672 500 20
IBAN: DE02 6725 0020 0001 5177 32
BIC: SOLADES1HDB
Stichwort: Information

Letzte Meldungen

Sie finden die Liste der zuletzt veröffentlichten Meldungen immer auf der Seite

Meldungen

ganz oben.