NicaNotes vom 03.08.2016

Politische Unruhen bei den Rechten liefern den USA den Vorwand, die nächsten Wahlen in Frage zu stellen

3. August 2016 - Von Chuck Kaufman

Letzte Woche wurden die 16 Mitglieder der Nationalversammlung, die den langjährigen Politiker und Bankier Eduardo Montealegre unterstützen (einschließlich Montealegre selbst) als Abgeordnete aus der Legislative entfernt und von Mitgliedern der Unabhängigen Liberalen Partei (PLI) ersetzt. Dieser Schritt wird zu Beschuldigungen gegen Präsident Daniel Ortega und die Sandinisten durch die USA und anderer Gegner der Sandinisten führen, die dazu genutzt werden, die Ergebnisse der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im November zu diskreditieren.

Angesichts der öffentlichen Wertschätzung von Ortega [in Nicaragua] mit den höchsten Werten der letzten 30 Jahren wäre es eigentlich unmöglich, die Wahlen auf eine negative Art und Weise zu betrachten, aber dies war nie ein Hindernis für die Propagandamaschine des State Department und wird es wahrscheinlich auch jetzt nicht sein. Die neueste unabhängige M & R-Umfrage (durchgeführt zwischen dem 29. Juni und 9. Juli) zeigt für die Beliebtheit von Ortega eine Zustimmungsrate von von 67,3%. 79% der Leute denken, dass er das Land in die richtige Richtung führt und 80% glauben, dass seine Regierung die Einheit fördert, 74,8% der Menschen glauben, dass es demokratisch ist.

Bevor die Hunde beginnen, gegen Nicaraguas Demokratie zu wüten, wollen wir einige Zusammenhänge betrachten, die hinter dem Austausch der PLI-Abgeordneten letzte Woche stehen.

Lassen Sie uns im Jahr 2006 beginnen, als Montealegre der bevorzugte [Präsidentschafts-] Kandidat der USA war und der US-Botschafter Paul Trivelli praktisch als sein Kampagnen-Manager auftrat, auf allen Zeitungsfotos ständig an seiner Seite. Wie ich schon oft geschrieben habe, sagte Trivelli einer Delegation, die ich führte, dass er für die Wahl zwischen 12 und 13 Mio. US-$ einsetzen könne. Die zerstrittenen kleinen liberalen Parteien in Nicaragua waren 1996 vom ehemaligen Präsidenten Arnoldo Alemen vereinigt worden und zerbrachen wieder 2001, als er sein Amt nach massiver Korruption und Geldwäsche verlassen musste. Er verbrachte einige Jahre im Gefängnis und unter Hausarrest mit verschiedenen nationalen und internationalen Geldquellen, wobei immer noch ein treuer Block der liberalen Parteien unter dem Dach der Liberal-konstitutionalistischen Partei zu ihm hielt. Die Pro- und Anti-Aleman Fraktionen kämpften danach stets gegeneinander, trotz der Bemühungen von drei US-Botschaftern und es endete damit, dass Trivelli und Montealegre im Jahr 2006 die Wahlen gegen Daniel Ortega und der Sandinistische Partei verloren. Daniel gewann mit 38% der Stimmen, dem absolut notwendigen Minimum knapp vor einer Wahlwiederholung.

Während Ortegas erster Amtszeit blieb Montealegre der Mann in Managua für das State Department. Als die Wahl 2011 näher rückte, entwickelt er eine feindliche Übernahme der Unabhängigen Liberalen Partei, die schon automatisch einen Platz auf den Stimmzetteln hatte. Nun war der PLI nicht irgendeine Fraktion der Liberalen Partei, die für einen Caudillo (starker Mann) antrat. Die PLI war die Partei, die sich mutig von der Nationalliberalen Partei des Diktators Somoza abgespalten hatte und Teil der Opposition wurde. Es war ihr historischer Führer, Virgilio Godoy, der auch als Vizepräsident unter Violeta Chamorro gedient hatte und Teil des als US-UNO angetretenen Bündnisses war, die 1990 gegen die Sandinisten siegten.

Wie später die Gerichte bestätigten, hatte Montealegre [und seine Getreuen] mit einer illegalen Taktik die Kontrolle über den Parteiapparat der PLI übernommen, wobei sie zuerst Fabio Gadea als Fahnenträger benannten und dann alle Kandidaten aus der historischen Führung der PLI für das Parlament zur Seite schoben zugunsten von Montealegres Freunden und politischen Unterstützer. Die historische Führung [der PLI] klagte vor der Wahl, um ihre Führung wieder herzustellen und klagten erneut nach der Wahl, dass die 22 Vertreter ihre Sitze nicht einnehmen dürften.

Vor etwa einem Monat entschied der Oberste Gerichtshof zugunsten der historischen Führung und kehrte die Machtverhältnisse um. Montealegre und 16 andere Mitglieder der PLI -Klüngelwirtschaft in der Nationalversammlung lehnte es ab, die neue gewechselte Führung der Partei anzuerkennen und ihr die finanziellen Aufzeichnungen der Partei zu übergeben. Sieben Mitglieder der Fraktion blieben bei der PRI. Montealegre und seine Freunde hatten bereits formell die PLI verlassen, um eine neue Wahl-Partei zu gründen, die Bürger für Freiheit genannt wird. Dies soll der neue Weg werden, um die Dinge für die Vereinigten Staaten zu tun. Es kam deshalb nicht überraschend, dass die PLI Führung in Person von Pedro Reyes Vallejos (ihr Präsidenten) an den Obersten Wahlrat (CSE) appelliere, um die Kohorte zu ersetzen, die ihrer Partei die Abgeordneten gestohlen hatte, die tatsächliche Mitglieder ihrer Partei waren und die Parteistrukturen anerkannt hatten!

Die Führung der Nationalversammlung vereidigte letzte Woche die 22 neuen Delegierten (davon 6 nur im Wechsel). Am 4. August wird es dazu eine Auseinandersetzung in der Nationalversammlung geben, wenn die Versammlung wieder einberufen wird. Mit der Judikative, der Wahlbehörde und der Legislative wurde alles abgestimmt, so dass es unwahrscheinlich erscheint, dass die Exekutive in der Frage eingreifen wird. Interessant für diejenigen, die in Solidarität immer noch die Sehnsucht nach alten Freunden haben, die die Partei verlassen haben, [sei angemerkt, dass] zwei der ehemaligen PLI Stellvertreter Mitglieder der Sandinistischen Erneuerungsbewegung sind, die im Jahre 2011 mit Montealegre eine Allianz einging.

Aber erwarten Sie hier keine Erklärung, die den historischen Zusammenhang umfasst, um damit gegen die Flut von Propaganda anzugehen, die die US-Regierung, die Konzernmedien und die Opposition in Nicaragua entfesseln werden, wenn sie denken, dass es Zeit ist, Ortega entsprechend ihrer Wünsche zurechtzustutzen. Die US-Regierung wird mit ihm zusammenarbeiten, so lange sie weiß, dass es keine vernünftige Alternative gibt, aber das bedeutet nicht, dass sie die Situation nur als vorläufig akzeptiert. Wenn sie ihre Angriffe starten, werden Sie keine Erinnerung an die Details dieser kurzen Analyse haben, aber fragen Sie sich einfach selbst: „Warum sollte ein Mann mit einer Popularität von 67% eine Opposition auszurotten, die kaum existiert und wenn überhaupt, nur einstellige Unterstützerzahlen findet?“

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Anmerkung des Übersetzers: Auch in Deutschland läuft die übliche Nachrichtenverdrehung in der Sache an, ein Beispiel für die herabwürdigende Ortega-Berichterstattung ist der Spiegel-Bericht http://www.spiegel.de/politik/ausland/nicaragua-familiendiktatur-in-rosarot-a-1105963.html
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Übersetzung: Rudi Kurz.
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