Meldungen aus Nicaragua vom 08.10.2013

1. Regierung präsentiert Vorschlag für „Anpassung“ der sozialen Sicherheit
2. Umfrage zeigt Wunsch nach mehr und besser bezahlten Arbeitsplätzen, weiter Unterstützung für die Regierung
3. Neue Finanzierungsmodelle für Projekte angekündigt
4. DR-CAFTA pushing pork producers out of business
5. NYC mayoral frontrunner attacked for past Sandinista support
6. Army halts illegal logging and business group calls for “certified wood” sales
7. Nicaragua advances against child labor

1. Regierung präsentiert Vorschlag für „Anpassung“ der sozialen Sicherheit

Am 3. Oktober hat die Regierung ihre Vorschläge für das, was als eine „Anpassung“ des nationalen Systems der sozialen Sicherheit bezeichnete, statt einer groß angekündigten „Reform“ vorgestellt, die offensichtlich angesichts der wirtschaftlichen Instabilität in den Vereinigten Staaten und der Finanzkrisen in Europa zusammen mit dem jüngsten Rückgang der Preise bei den wichtigsten Exportprodukten Nicaraguas entstanden. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen sagte der Regierungssprecher, dass damit die wirtschaftliche Lebensfähigkeit des Nationalen Instituts für Soziale Sicherheit (INSS) für weitere 22 Jahre gesichert sei, das heißt, bis 2036.

Die sieben Vorschläge der Regierung sind 1) eine Erhöhung des Arbeitgeberanteils an der Sozialversicherung um 3% (von 16 auf 19 %) über einen Zeitraum von drei Jahre;
2) eine Erhöhung des maximal zu versteuernden Einkommens von 18.000 US-$ (pro Jahr) auf 35.000 US-Dollar;
3) eine jährliche Zuzahlung der Regierung von 11,6 Mio. US-$ (2% der 580 Mio. USD) ab sofort, um die historischen Schulden bei der Sozialversicherung aus der Zeit der Somozas auszugleichen;
4) Anpassungen der Formeln für die Festsetzung der neuen Renten und
5) der jährlichen Erhöhung;
6) die Schaffung eines Systems für die freiwillige Altersvorsorge und schließlich eine Verpflichtung zu einer kontinuierlichen Politik, die zu einer steigenden Zahl von dauerhaften Arbeitsplätze im formellen Sektor führt soll.

Bayardo Arce, der Wirtschaftsberater des Präsidenten, erklärte, dass nach dem Vorschlag der Regierung die Renten nicht entsprechend der Erhöhungen des Mindestlohns erhöht würden, sondern eher entsprechend der Erhöhung der Durchschnittslohns. Er wies darauf hin, dass seit 2005 die durchschnittlichen Gehälter um 93% erhöht wurden, während der Mindestlohn um 237% (etwa 12% pro Jahr) gestiegen ist. [Dies zeigt, dass sich Nicaragua allmählich in Richtung einer größeren Gleichheit bewegt, weg von der traditionell extremen ökonomischen Ungleichheit.] Arce sagte: „Das müssen wir sagen, dass die jährliche Erhöhung der Renten geringer sein wird, sie werden weniger erhalten.“

Unternehmer und Arbeiter-Gruppen hatten 30 Tage Zeit, um Gegenvorschläge zu den Vorschlägen der Regierung zu machen. Jose Adan Aguerri, der Präsident des Obersten Rates der Privatunternehmen (COSEP) , sagte: „Dieser Vorschlag entspricht dem Wunsch, dass die Kosten geteilt werden sollen. Wir verpflichten uns auch weiterhin, mehr Arbeitsplätze im formellen Sektor zu schaffen, damit die Zahl der sozialversicherten Arbeitnehmer jährlich um 7 % steigt.“

Am 5. Oktober unterzeichneten einundzwanzig Gewerkschaften und Gewerkschaftsverbände einen Vorschlag, der zwar viele der Vorschläge von der Regierung annimmt, sich aber in einigen wichtigen Punkten unterscheiden. Die Arbeiter wollen, dass die Regierung beginn, jährlich 4% statt nur 2 % ihrer Schulden bei der Sozialversicherung zu bezahen, die Beibehaltung der derzeitigen Methode zur Berechnung der neuen Renten für geringverdienende Arbeiter und die Verpflichtung, dass bei der Erhöhung eine jährlichen Steigerungen der Inflationsrate von 5% berücksichtigt wird. Gustavo Porras, der Führer der Nationalen Arbeiter-Front (FNT), sagte: „Wir werden sagen: 'Schützt uns vor der Inflation', damit unsere Renten nicht abgewertet werden. Das INSS sagt, dass die Erhöhungen mit dem Mindestlohn ein zu hoher Druck ist, deshalb stimmen wir dem Durchschnittsgehalt als Maßstab zu.“

Manuel Ruiz Israel, ein Experte für Angelegenheiten der sozialen Sicherheit, sagte, dass die Schulden beim INSS schneller zurückgezahlt werden sollten. Allerdings sagte der ehemalige Zentralbank - Präsident Mario Arana, dass der Vorschlag der Regierung sinnvoll sei, weil die Mittel, mit denen die Schulden bezahlt werden sollen, aus dem jährlichen Budget kommen müssen. Er sagte: „Was wir den Rentnern geben, das wird mit den Ausgaben in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Armutsbekämpfung konkurrieren.“ INSS-Präsident Roberto Lopez merkte an, dass es in Nicaragua 10.000 Menschen gibt, die zwischen 18.000 USD und 450.000 US-Dollar (pro Jahr) verdienen und fast 2.000, die über 480.000 US-$ Einkommen haben. Ruiz wies darauf hin, dass die Erhöhung des maximal zu versteuerndes Einkommens auf 35.000 US-Dollar diejenigen nicht beeinträchtige, die die höchsten Gehälter haben. In Anbetracht dessen schlug er vor, dass das maximal anzurechnende Gehalt sogar höher als 35.000 US-Dollar angehoben werden könnte. Porras stimmte dem zu: „Diejenigen, die mehr verdienen, sollten mehr bezahlen.“ (Informe Pastran, 3. Oktober, El Nuevo Diario, 3., 5. Oktober; Radio- La Primerisima, 4. Oktober)

2. Umfrage zeigt Wunsch nach mehr und besser bezahlten Arbeitsplätzen, weiter Unterstützung für die Regierung

CID Gallup veröffentlicht die Ergebnisse seiner jüngsten Umfrage am 1. Oktober und sagte, dass „alles blieb gleich“ mit einem anhaltenden Gefühl, dass sich das Land in die richtige Richtung entwickelt, aber auch mit einem anhaltenden Anliegen, dass mehr und besser bezahlte Arbeitsplätze notwendig seien. Die Befragten wiesen darauf hin, dass die Unfähigkeit, die Grundbedürfnisse zu befriedigen, immer noch Familienmitglieder in die Migration treibt in der Hoffnung, im Ausland mehr Geld zu verdienen. Nicht auf der Liste der Bedenken erscheinen Gesundheitsversorgung und die Kosten der öffentlichen Dienstleistungen, die möglicherweise durch Gesundheitsprogramme der Regierung und die Energie-Subventionen für arme Familien abgedeckt werden. Informe Pastran wies darauf hin, dass in der Zeit seit der letzten Umfrage die Kosten des Basis-Warenkorbes von Konsumgütern sich nicht erhöht hatte, aber die Menschen hätten den Eindruck, dass es schwieriger sei, mit ihrem Geld all die Waren zu bekommen, die sie benötigen, weshalb man vermuten, dass die Erwartungen der Menschen gestiegen sind. CID Gallup befragte zwischen dem 6. und 13. September 1.222 Menschen im Alter von 16 Jahren und älter.

Die sandinistischen Partei hat die Unterstützung von 52% der Befragten mit der Unterstützung aus allen gesellschaftlichen Gruppen und jedem Alter. Nur 6% sagten, sie unterstützten die konstitutionelle Liberale Partei; 3% unterstützten die Unabhängige Liberale Partei (PLI) und 1% unterstützten andere Parteien. Die Analyse von CID Gallup stellte fest: „Wenn die aktuelle Situation weitergeht, wird Nicaragua immer mehr ein Ein-Parteien-Land mit relativer politischer Einheit. Die FSLN hat die Unterstützung einer konstanten geeinten Gruppe, im Angesicht einer immer uneinigen Opposition, die auf die eine oder andere Weise die Fortsetzung der sandinistischen Stabilität sichert.“ Die Person mit dem höchsten Grad an Unterstützung in der Bevölkerung blieb mit 81 % Zustimmung Aminta Granera, die Leiterin der Nationalen Polizei. Präsident Daniel Ortega liegt mit 56 % an zweiter Stelle und der ehemaligen Präsidentschaftskandidat Eduardo Montealegre ist Dritter mit 43%. Die Befragten beurteilten die Leistung von Ortega zu 48% mit „sehr gut“, zu 25 % „mal so – mal so“ und die anderen 25 % sagen „sehr schlecht.“ Während eine große Mehrheit sagte, dass es in der Regierung Ortega Korruption gibt, sagte eine ähnliche Mehrheit auch, dass die Regierung effizient sei.

Am 7. Oktober wurde unter dem Titel „Demokratische politische Kultur in Nicaragua“ ein Bericht der Vanderbilt University in Nashville, TN, von Prof. John Booth veröffentlicht. Er erklärte, dass 80,1 % der erwachsenen Nicaraguaner in allgemeinen an Wahlen teilnehmen, 4% mehr als der Durchschnitt für Lateinamerika, wobei sich Männern und Frauen gleichermaßen beteiligen. Nicaragua steht nach dem Bericht an vierter Stelle in Lateinamerika bei der Beteiligung an der Gemeinschaft. Diejenigen, die protestieren, seien durch das, was sie fühlten, dazu motiviert (=eine Diskriminierung durch die Regierung) und der Bericht wies darauf hin, dass hier wichtige Faktoren der politischen Polarisierung im Land und Beschwerden über die letzten zwei Wahlperioden der Hintergrund seien. Die Kommunikationsmedien und die Armee erreichten mit 69% die höchsten Zustimmungsraten. Die evangelischen Kirchen hätten eine Zustimmungsrate von 64,4% und die katholische Kirche von 62,7%. Präsident Ortega erhielt eine Zustimmung von 60,9 %, gefolgt von der Polizei mit 60,5 %, und dann, in absteigender Reihenfolge, der Oberste Gerichtshof, die Nationalversammlung, die Oberste Wahlbehörde und die politischen Parteien . (Informe Pastran, 1., 7. Oktober)

3. Neue Finanzierungsmodelle für Projekte angekündigt

Der EU-Kommissar für Entwicklung, Andris Piebalgs, gab am 7. Oktober bekannt, dass die Europäische Union insgesamt 275 Mio. US-$ zur Unterstützung Nicaraguas für den Zeitraum 2014-2020 zur Verfügung stellen will. Präsident Daniel Ortega sagte, dass die Hilfe Nicaragua helfen werde, seine Produktionskapazität zu erhöhen. Piebalgs sagte, dass die Unterstützung auf Bildung, wirtschaftliche und Handels-Entwicklung und die Anpassung an den Klimawandel fokussiert werden wird. Während sich Piebalgs in Nicaragua aufhielt, traf er sich auch mit den Ministern für Landwirtschaft, Bildung und für Industrie.

Piebalgs unterzeichneten auch ein Abkommen mit der Nationalen Polizei, die 10 Mio. € (13,4 Millionen US-$) für ein Projekt erhalten soll, um die Sicherheit an der karibischen Küste zu verbessern und das mit „Prävention und Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Drogenhandels“ benannt wurde. Das Projekt soll laut der nationalen Polizeichefin Aminta Granera sowohl in der nördlichen und der südlichen Autonomen Region realisiert werden durch Jugend-Bildungs-Zentren ähnlich dem in Managua. Piebalgs wies darauf hin, dass die EU die Zusammenarbeit mit der nicaraguanischen Polizei mit der Finanzierung eines forensischen Labors begonnen hatte, das im Jahr 2012 eingeweiht wurde.

Leon de la Torre, der Botschafter von Spanien in Nicaragua, gab bekannt, dass Spanien für einen Fonds verantwortlich zeichnet, der 300 Millionen US-$ für die Finanzierung von Wasser und Abwasserentsorgung in den Städten Nicaraguas bereitstellt, die noch keine Trinkwasser-Systeme hatten. De la Torre sagte, dass Spanien den größten Teil der Finanzierung bereitstellt, aber auch die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union, der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB), der Europäischen Investitionsbank und anderen Nationen dazugehöre. Die Dauer des Projektes war noch nicht klar, aber die Aktivitäten werden logischerweise mehrere Jahre dauern.

Und schließlich gab die Zentralamerikanische Bank für wirtschaftliche Integration (BCIE) bekannt, dass sie Bereitstellung von 200 Mio. US-$ für die Sicherung von steuerlichen Zahlungen, die laut dem BCIE-Vertreter in Nicaragua, Silvio Conrado, bei irgendwelchen Liquiditätsproblemen helfen könnten, wenn die Regierung das Vertrauen in die fiskalische und monetäre Stabilität des Landes garantieren müsse. Der nicaraguanische Zentralbank-Präsident Alberto Guevara erklärte, dass die langsame Erholung der Weltwirtschaft und eine Verschlechterung bei den Preisen der wichtigsten Exportprodukte Nicaraguas zu einem Liquiditätsproblem für die Bank führen könnten. Dies ist laut Guevara die vierte Verlängerung dieser Kreditlinie durch die BCIE. „Gott sei Dank haben wir es noch nicht nötig gehabt, sie in Anspruch zu nehmen.“ Guevara fügte hinzu „Wir würden uns nicht dafür einsetzen, wenn nicht der Tag kommen könnte, an dem wir [diese Sicherheit] brauchen.“ Conrado sagte: „Nicaraguas Politik hat es ermöglicht, unter den widrigen Bedingungen der internationalen Wirtschaft die Stabilität zu erhalten und es steht für Umsicht und Verantwortung, wenn Sie über die Mittel verfügen können, diese aber nicht verwendet werden.“ (El Nuevo Diario , 1.,7. Oktober; Radio La Primerisima, 6., 7. Oktober; La Prensa, 6. Oktober)


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Übersetzung: Rudi Kurz.
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