Meldungen aus Nicaragua vom 16.11.2010

  1. OAS unternahm zweimal erfolglosen Versuch, Konflikt am Rio San Juan zu löse
  2. Costaricanische Baggerarbeiten vor 60 Jahren verursachten das Probleme, sagten Spezialisten
  3. Costa Rican women's groups condemn xenophobia against Nicaragua and Nicaraguans
  4. Nicaragua again eligible for Millennium Challenge Account funds
  5. Women protest reduced prison sentence for former government employee
  6. President Correa of Ecuador decorated with the Order of Augusto Sandino
  7. "La Yuma" under consideration for Oscar nomination

OAS unternahm zweimal erfolglosen Versuch, Konflikt am Rio San Juan zu lösen

Der Streit zwischen Nicaragua und Costa Rica über das Ausbaggern des Rio San Juan durch Nicaragua setzte sich in der letzten Woche bei zwei getrennten Sitzungen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), bei einer Sitzung der nicaraguanischen Nationalversammlung in der Stadt San Carlos und durch eine polemische Rede von Präsident Daniel Ortega fort.

Am 9. November präsentierte OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza dem Ständigen Rat der OAS seinen schriftlichen Bericht über seine Reise nach Nicaragua und Costa Rica. Er machte darin vier Vorschläge: Erstens, die beiden Länder sollten ihre Gespräche unter der Schirmherrschaft der bilateralen Kommission über das geplante Datum der 27. November hinaus fortsetzen; Zweitens sollten sie sich bei den Diskussionen über den Grenzverlauf an den Jerez-Cañas Vertrag, relevante Schiedssprüche und die Entscheidung des Internationalen Gerichtshof von 2009 halten, Drittens sollte die Präsenz der Streitkräfte (Armee oder Polizei) in Gebieten, in denen sie zu Spannungen führen könnten, vermieden werden, und Viertens seien Maßnahmen zu ergreifen, um den Drogenhandel und das organisierte Verbrechen zu bekämpfen.

Während der darauf folgenden Debatte unterstützte keines der Mitglieder des Ständigen Rates die Position von Costa Rica, dass Nicaragua in dieses Land eingedrungen sei. Während der costaricanische Botschafter ein Video zeigte, das nach seiner Aussage beweisen sollte, dass Truppen der nicaraguanischen Armee auf seinem Territorium lagerten, erklärte Insulza, dass es dort keine Militärbasis gäbe. Er sagte, dass in Wirklichkeit nur ein paar Soldaten auf dem drei Quadratkilometer großen Feuchtgebiet befänden, um das der Streit gehe. Das umstrittene Gebiet ist die nördlichste Spitze des als Isla Calero bezeichneten Gebietes, ein Bereich zwischen dem Rio San Juan und dem Rio Colorado (ein Nebenfluss des Rio San Juan, der durch Costa Rica verläuft). Insulza fügte hinzu, dass die wenigen nicaraguanischen Soldaten in dem Gebiet sich auf nicaraguanischem Gebiet befanden. Der Präsident des Ständigen Rates der OAS, Joaquin Maza, gab Nicaragua und Costa Rica 48 Stunden Zeit, um die vier Vorschläge von Insulza zu analysieren und zu einer Einigung zu kommen. Er kündigte ein weiteres Treffen für 11. November an.

Am 10. November traf sich Nicaraguas Nationalversammlung in der Stadt San Carlos im Departamento Rio San Juan in Nicaragua, um die Souveränität über diesen Teil des Landes zu bekräftigen. Einundachtzig der 90 Abgeordneten machte die Reise, begleitet durch den Armeechef Julio Cesar Aviles, den Polizeichef Aminta Granera, den Minister für Verkehrs- und Infrastruktur, Pablo Fernando Martinez, und Eden Pastora, der verantwortlich ist für das Ausbaggern [des Flusses], an dem sich die Kontroverse entzündet hatte. Die Versammlung stimmte dafür, dem Fluss den offiziellen Namen „Rio San Juan de Nicaragua“ zu geben, wobei die Hinzufügung der Worte „von Nicaragua“ deutlich machen soll, dass sich der gesamte Fluss auf nicaraguanischem Gebiet befindet. Danach wurde dann eine Erklärung unterstützt für das formale Setzen von Grenzsteinen, wie von der OAS vorgeschlagenen, das Ausbaggern des Flusses, die Bemühungen der nicaraguanischen Armee und Polizei gegen Drogenhändler wurden gebilligt und der Einsatz aller internationalen rechtlichen Mittel, um Nicaraguas Rechte zu garantieren, wurde unterstützen und man dankte dem OAS-Generalsekretär für seine Bemühungen, eine Lösung des Konflikts zu finden. Die Versammlung billigte ferner die Verwendung von 2.400.000 US-$ als zusätzliche Mittel zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Drogenhandels in der Grenzregion und für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Region. Die Leitung der Nationalversammlung reiste dann nach Harbor Head an der karibischen Küste, um die umstrittene Fläche zu sehen.

Das für den 11. November geplante OAS Treffen wurde dann auf Freitag, den 12. verschoben, weil die Parteien keine Einigung erzielt hatten. Das Treffen am Freitag war sehr schwierig und es gab dabei eine Unterbrechung von zwei Stunden, während der eine Vereinbarung zwischen den beiden Ländern ausgehandelt werden sollte. Als diese nicht zu Stande kam, wurde eine Abstimmung über eine Resolution, die die vier Vorschläge der Insulza enthielt, vorgenommen. Die Resolution wurde von 21 der 27 anwesenden Länder mit „Ja“ angenommen. Der Ständige Rat der OAS kommt normalerweise zu einem Konsens über die Fragen, bevor er darüber entscheidet und das war die erste Abstimmung seit 15 Jahren mit anderem Ausgang. Weder Costa Rica noch Nicaragua waren mit dem Ergebnis zufrieden. Nicaragua sagte, es könne und wolle nicht mit dem Punkt übereinstimmen, die Truppen aus dem Grenzgebiet zurück zu ziehen und Costa Rica war mit den anderen Punkten unzufrieden.

In einer Rede am Samstagabend, dem 13. November, sagte Präsident Ortega, dass während die Nicaraguaner ihre Reihen in der Sache mit dem Fluss geschlossen hätten, habe es in den Straßen keine Demonstrationen gegen Costa Rica und schon gar keine Gewalt gegeben. In San Jose, Costa Rica, habe es rassistische Kundgebungen gegen Nicaragua gegeben und ein Molotow-Cocktail sei auf die nicaraguanische Botschaft geworfen worden, der aber nicht explodiert sei.

Ortega sagte, dass wenn Nicaragua die Grenzregion verlassen würde, würden die Drogenhändler davon profitieren. Er beklagte, dass die Mexikaner, Kolumbianer und Guatemalteken sich nicht gegen den Drogenhandel aussprechen würden. Er sagte: „es entsteht der Eindruck, dass der Drogenhandel die internationalen Verhandlungsorte durchdrungen hat." Er erklärte weiter, dass es einen Kampf zwischen den Menschenhändlern und denjenigen gäbe, die versuchten, den Vormarsch des Drogenhandels zu stoppen. Er behauptete, dass die Drogenhändler über Guatemala hergefallen seien und nach Honduras und El Salvador vorrückten, und fügte hinzu, dass Costa Rica dankbar sein sollte, dass es wegen des Widerstands von Nicaragua nicht übernommen wurde.

Ortega kündigte an, dass seine Regierung ihren Antrag zurückgenommen habe, dass die OAS eine Sitzung der Außenminister einberufen solle und werde auch nicht teilnehmen, wenn sie gehalten werde. Er fügte hinzu, dass die OAS ihre Glaubwürdigkeit verloren habe. Er kündigte dann an, dass Nicaragua seinen Fall vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag vor Gericht bringen werde.

Mexiko reagierte auf Ortegas Kommentare augenblicklich mit einem Kommuniqué des Protests aus dem Ministerium für Auswärtige Politik, dass seine Politik der Konfrontation gegen die organisierte Kriminalität von der internationalen Gemeinschaft weitgehend anerkannt werde. In dem Kommuniqué heißt es, dass die mexikanische Regierung „äußert besorgt ist, dass ein Land seine Streitkräfte in ein Gebiet schickt, auf das ein anderes Land Ansprüche erhebt und es als sein eigenes bezeichnet, mit der Folge, es ist umstritten." (Radio La Primerisima, 9., 10., 11., 13., 15. Nov. ; La Prensa,. 9., 10., 11., 12., 14. Nov,; El Nuevo Diario, 13. Nov.)

Costaricanische Baggerarbeiten vor 60 Jahren verursachten das Probleme, sagten Spezialisten

Salvador Montenegro, der Direktor des Forschungszentrums für Wasser-Ressourcen (CIRA) an der nicaraguanischen Nationalen Autonomen Universität (UNAN) in Managua sagte in dem Kanal 4 - Programm „En Vivo“ in der letzten Woche, als die Costaricaner den Tortuguero Kanal in Mitte des letzten Jahrhunderts ausgebaggert hätten, sei Wasser, das zuvor durch den Rio San Juan in die Karibik abgeflossen sei, zum Rio Colorado im Gebiet von Costa Rica umgeleitet worden. Die verminderte Strömung habe zur Ablagerung von Sedimenten an der Mündung des Rio San Juan geführt, worauf die Sperrung des Kanals und die Schaffung von Hindernissen für die Schifffahrt gefolgt sei. Montenegro fügte hinzu, dass Costa Rica den Wald am südlichen Ufer des San Juan abgeholzt habe und Weideland für große Rinderfarmen geschaffen habe, was zur zusätzlichen Erosion und der Ablagerung von Sedimenten an der Mündung des Flusses geführt habe.

Montenegro erklärte, dass die Umleitung des Wassers des Rio San Juan in den Colorado negative Auswirkungen auf einige der Arten habe, die traditionell in den Gewässern des Flusses gelebt hätten wie der Bullenhai und der Sägefisch. Er erklärte, dass es diesen Arten seit 50 Jahren nicht gelungen sei, wegen der Sediment-Blockaden über den Rio San Juan einen Zugang in die Karibik zu finden, Nicaragua schaffe jetzt durch die Baggerarbeiten die Möglichkeiten, dass sie dem Rio Colorado benutzen können für ihre Wanderungen vom Lago de Cocibolca. „Und sie [die Haie] wurden auf kriminelle Weise gefischt und diese Fischer schnitten ihnen die Flossen ab, die eine bevorzugte Speise in Asien sind, und manchmal wurden sie sogar lebend wieder ins Wasser geworfen.“ Er fügte hinzu, dass durch den Rückgang der Population dieser wichtigen Raubfische ein Ungleichgewicht im See entstanden sei, was zur Ausbreitung von anderen Arten geführt habe.

Jaime Incer Barquero, der Präsident der Akademie für Geographie und Geschichte Nicaraguas und ein Berater des Präsidenten, erklärte in der vergangenen Woche, dass die Veränderungen in der Geographie des Rio San Juan das Ergebnis von Sedimenten aus der Eruptionen des Vulkans Arenal in Costa Rica und der landwirtschaftlichen Erosion von der Flussseite von Costa Ricas seien, was zu einer Verlagerung des Rio Colorado verursacht und die Ausbaggerung nötig gemacht habe. Dabei betonte er auch, dass die Änderungen kein Vorwand sein könnten, um die unter dem Völkerrechts festgelegten Grenzen zu ändern.

Incer wies darauf hin, dass seit dem Jerez-Cañas Vertrag die Grenze zwischen Nicaragua und Costa Rica vor 152 Jahren festgelegt sei, die Mündung des Río San Juan habe sich aber mehrfach geändert. Aber das Urteil des Schiedsmannes Eduard Alexander im Jahre 1897 sollte bestehen bleiben, sagte Incer. Er zitierte den Alexander Schiedsspruchs mit den Worten: „Mit dem Erreichen der Hafen-Gewässer (Harbor Head Lagoon) schwenkt die Grenzlinie nach links oder nach Südosten und folgt dem Rand des Wassers rund um den Hafen, bis sie den Fluss ordnungsgemäße durch den ersten Kanal erreicht. Über dieser Kanal und über den richtigen Fluss wird die Linie weiter verlaufen, wie im Vertrag festgelegt. „Es ist dieser Kanal, in dem Nicaragua jetzt Baggerarbeiten vornimmt.“ [Es ist auch der Kanal, der als Grenze auf der Google-Satellitenkarte gezeigt wurde, von dem aber Google jetzt sagt, dass er auf Antrag von Costa Rica geändert werden soll.] (Radio La Primerisima, 10. + 11. Nov.)


Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Zusammenstellung: Katherine Hoyt .
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Übersetzung: Rudi Kurz.
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