Meldungen aus Nicaragua vom 27.07.2009

  1. Oppositionsparteien drängen auf Parlamentsbeschluss zur Ausweisung Zelayas
  2. Tornado devastates Nagarote
  3. Case against Aleman opens in Panama
  4. Regierung schlägt für 2011 Wahlbeobachtung durch EU vor
  5. Möglicherweise Legalisierung der therapeutischen Abtreibung durch den Obersten Gerichtshof
  6. Another Spanish company buys Union Fenosa
  7. Police crack down on various trafficking crimes
  8. Nicaragua Will Be Declared Free of Illiteracy on August 23rd

Oppositionsparteien drängen auf Parlamentsbeschluss zur Ausweisung Zelayas

Laut Eliseo Nunez, Sprecher der „Lasst uns mit Eduardo gehen“-Bewegung, wird sich die Nicaraguanische Demokratische Fraktion (BDN) in der Nationalversammlung für eine Beschlussvorlage einsetzen, in der die Ausweisung des honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya gefordert wird, der am 28. Juni vom Militär gestürzt wurde. Außerdem soll darin gefordert werden, dass eine Untersuchung gegen Präsident Daniel Ortega wegen dessen Kontakten zu Zelaya eingeleitet wird. Nunez sagte, Zelaya habe die Souveränität Nicaraguas verletzt, als er zum Aufstand in Honduras aufrief und von Nicaragua aus Aktionen zur Rückkehr nach Honduras organisierte. Im Hinblick auf Ortega sagte Nunez, er habe Beschlüsse der Vereinten Nationen und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) verletzt, in denen Zelayas Rückkehr an die Macht gefordert, aber nicht zugelassen wird, dass dieses Ziel durch Anwendung von Gewalt erreicht wird.

Die Nationalversammlung macht derzeit Ferien, wird aber am 3. August wieder die Arbeit aufnehmen, und Nunez sagte, die Beschlussvorlage werde dann gleich eingebracht werden. „Wir werden Zelaya auffordern, das Land zu verlassen oder politisches Asyl zu beantragen und sich dann an die Asylgesetze zu halten, die im Rahmen des internationalen Rechts eindeutig sind, erklärte Nunez. Er fügte hinzu: „Was wir hier haben, sind fremde Truppen, die ihre Vorhaben auf unserem nationalen Boden organisieren.“ Für die Beschlussfassung sind mindestens 47 Ja-Stimmen nötig. Die BDN hat 17 Stimmen, die Konstitutionelle Liberale Partei, die ebenfalls Zelayas Vorgehen kritisiert, 21. Nunez ist kein Mitglied der Nationalversammlung, sondern Abgeordneter im Zentralamerikanischen Parlament.

Anfang der Woche hatte Eduardo Montealegre, einstiger Präsidentschaftskandidat und BDN-Abgeordneter in der Nationalversammlung, erklärt: „Nicaragua darf weder zu einem Terroristen-Nest noch zum Ausgangspunkt für einen Aufstand werden. Deshalb fordere ich Ex-Präsident Zelaya auf, Nicaragua zu verlassen; er soll einen anderen Ort zum Ausgangspunkt von Invasionen machen und nicht von hier aus agieren.“ Er fügte hinzu, wenn Zelaya weiterhin die nicaraguanische Gastfreundschaft genießen wolle, solle er „den Mund halten“.

Unterdessen hat Zelaya sein Hauptquartier in der Stadt Ocotal, unweit der Grenze zu Honduras, aufgeschlagen. Er sagte, er bereite seine Anhänger auf „friedlichen Widerstand“ und auf die Rückkehr in sein Land vor. „Lasst uns den Widerstand aufrecht erhalten,“ sagte er und fügte hinzu: „Wir planen jeweils für den nächsten Tag.“ Eintausend Honduraner haben - an der Grenzkontrolle vorbei - die Grenze überquert, um sich Zelaya anzuschließen. In einer Ansprache vor dem Hotel Fronteras in Ocotal sagte Zelaya: „Ich fordere die US-Außenministerin Hillary Clinton dringend auf, dem Diktator mit aller Härte zu begegnen, damit wir die Haltung der Vereinigten Staaten im Hinblick auf den Militär-Coup erkennen.“ Er sagte, er sei von Abgeordneten des US-Kongresses nach Washington eingeladen worden, um mit ihnen über den Coup zu sprechen, und er habe auch eine abermalige Einladung zur OAS erhalten, habe sich aber noch nicht entschieden, ob er eine solche Reise mache.

Carlos Eduardo Reina, Leiter der Nationalen Front gegen den Coup, einem Zusammenschluss ziviler gesellschaftlicher Gruppen und der Liberalen Partei von Honduras, sagte, nachdem Zelaya angekündigt hatte, er werde sein Lager an der Grenze aufschlagen, habe die Regierung von Nicaragua entschieden, ihn in einem Hotel, das, wie Reina sagte, über mäßigen Komfort verfüge, unterzubringen. Die Anhänger Zelayas, die im Freien ihr Lager aufgeschlagen haben, werden, laut Reina, in das Stadion von Ocotal verlegt, das über Duschen und Toiletten verfügt und 1 500 Menschen aufnehmen kann.

Unterdessen bilden Dutzende von Lastwagen auf beiden Seiten der Grenze kilometerlange Schlangen. Einige mussten bis zu fünf Tagen warten, ehe sie die Grenze passieren konnten. „Uns Fahrern gehen pro Tag 50 US-Dollar verloren, und die Kosten für eine Fahrt liegen zwischen 1000 US-Dollar und 1 500 US-Dollar; wegen der zwei Tage, die wir hier schon stehen, haben wir eine Fahrt verloren,“ sagte ein Fahrer. Er wies darauf hin, dass die nicaraguanischen Produkte nicht rechtzeitig ihre Märkte erreichen, und ebenso wenig würden die für den Import vorgesehenen Materialien die Textilfabriken in Nicaragua erreichen. Der Nicaraguanische Verband der Viehzüchter erklärte, wenn die Krise länger daure, sei der Export von Rindfleisch (23 Millionen US-Dollar), Vieh (4,7 Millionen US-Dollar) und Käse (29,5 Millionen US-Dollar) nach Honduras, El Salvador und Guatemala ernsthaft bedroht.

Am 24. Juli veröffentlichte die nicaraguanische Regierung ein Kommuniqué, in dem sie scharfe Kritik übte an der Verfolgung, der ihre Staatsangehörigen, die in Honduras leben oder durch Honduras reisen, seitens der Coup-Regierung ausgesetzt sind; ebenso kritisierte sie Menschenrechtsverletzungen gegenüber honduranischen Bürgern. Dem folgte ein Kommuniqué der Coup-Regierung, in dem Zelaya, Ortega und Präsident Hugo Chavez von Venezuela „Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Republik Honduras“ vorgeworfen wird und in dem diese dafür verantwortlich gemacht werden, dass das Leben von Honduranern in Gefahr ist.

Das Zentrum für Gerechtigkeit und Internationales Recht (CEJIL) drückte seine Sorge über die „politische Verfolgung“ von Nicaraguanern in Honduras aus. Die internationale Organisation erklärte, dass seit dem Coup Ausländer verhaftet worden sind, darunter „vor allem Nicaraguaner; sie sind in überproportionaler Anzahl betroffen.“ In einem Kommuniqué der Gruppe heißt es: „Besonders in dieser Woche wurden bei mindestens 20 Nicaraguanern Hausdurchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl und willkürliche Verhaftungen vorgenommen.“ (La Prensa, 21., 23., 25., 26. Juli; El Nuevo Diario, 25., 26. Juli; Radio La Primerísima, 25. Juli)

Regierung schlägt für 2011 Wahlbeobachtung durch EU vor

Vize-Außenminister Manuel Coronel erklärte vergangene Woche: „Nicaragua ist bereit, Wahlbeobachter zuzulassen, vor allem Wahlbeobachter aus der Europäischen Union.“ In der Vergangenheit habe es keine Klagen über Wahlbeobachter aus der EU gegeben. Er sagte: „Was wir nicht wollen, ist, dass ein Beobachter sich einseitig verhält, nicht mehr objektiv ist, sondern Probleme subjektiv löst.“

Am 22. Juli sagte Bayardo Arce, der Wirtschaftsberater Präsident Daniel Ortegas, im Fernsehen Kanal 8, Nicaragua werde der EU vorschlagen, dass das Land bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2011 Wahlbeobachter zulässt und dafür von der EU die Auszahlungder Wirtschaftshilfe in Höhe von 109,1 Millionen US-Dollar erhält. Er erklärte, er vertraue darauf, dass die EU die Hilfe an Nicaragua wieder aufnimmt, nachdem die Ortega-Regierung für ihre Leistungen auf den Gebieten Nahrungsmittelsicherheit, Alphabetisierung, medizinische Versorgung u.a. Anerkennung gefunden hat.

Zwei hochrangige Beamte aus dem nicaraguanischen Außenministerium, Valdrack Jaentschke und Roberto Leal, waren in Brüssel, Belgien, um mit Mitgliedern der Europäischen Kommission eine Möglichkeit zu erörtern, die 60 Millionen US-Dollar Haushaltshilfe ausgezahlt zu bekommen, die eingefroren worden waren, nachdem der Verdacht aufgetreten war, dass es bei den Gemeindewahlen im November 2008 zu Wahlbetrug gekommen war. Zur gleichen Zeit traf sich Außenminister Samuel Santos mit EU-Vertretern in Managua. Aus diplomatischen Quellen erfuhr El Nuevo Diario jedoch, dass „die Auszahlung der eingefrorenen Mittel noch nicht sicher ist.“ (El Nuevo Diario, 23. Juli; La Prensa, 23. Juli; Radio La Primerísima, 22. Juli)

Möglicherweise Legalisierung der therapeutischen Abtreibung durch den Obersten Gerichtshof

Francisco Rosales, Vorsitzender des Verfassungsgremiums des Obersten Gerichtshofs, versicherte, das Verfassungsgremium habe in einem Fall, der von Frauenorganisationen vorgebracht worden war, eine Entscheidung schriftlich formuliert. Darin wird die Aufhebung eines über 100 Jahre alten Rechts von Frauen auf therapeutische Abtreibung, wenn ihr Leben oder ihre Gesundheit in Gefahr ist, als verfassungswidrig bezeichnet. Rosales erklärte, die Entscheidung müsse noch dem gesamten Gerichtshof, der zu einem anderen Ergebnis kommen könne, vorgelegt und von ihm gutgeheißen werden. Aus juristischen Kreisen verlautet, dass die Entscheidung des Verfassungsgremiums, sofern der gesamte Gerichtshof ihr zustimmt, die Kriminalisierung therapeutischer Abtreibung, wie sie 2006 beschlossen worden ist, für verfassungswidrig erklärt.

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi widersprach der Behauptung, dass Papst Benedict im März in einer Rede in Luanda therapeutische Abtreibung verboten habe. Er sagte, der Papst habe Abtreibung als Mittel der Geburtenkontrolle abgelehnt. Er betonte, die katholische Kirche ziehe es vor, therapeutische Abtreibung als „indirekte Abtreibung“ zu bezeichnen, „und die ist moralisch annehmbar, wenn Gefahr für das Leben der Mutter besteht, aus keinem anderen Grund.“

Frauengruppen haben kritisiert, dass sandinistische Abgeordnete in der Nationalversammlung die Kriminalisierung therapeutischer Abtreibung unterstützt und damit um die Gunst der katholischen Kirche gebuhlt haben. Sie stellten im Januar 2007 den Antrag, Gesetz 603 für verfassungswidrig zu erklären. Präsident Daniel Ortega hat angeblich gegenüber sandinistischen Richtern erklärt, er werde sich in die Entscheidung nicht einmischen. „Ihr entscheidet es,“ soll er gesagt haben.

José Pallais, Abgeordneter der Liberal-Konstitutionalistischen Partei, sagte, der Oberste Gerichtshof könne die Nationalversammlung beauftragen, eine Sondergenehmigung zu erteilen, zum Beispiel, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Er sagte, die derzeitige Gesetzgebung kriminalisiere jegliche Form der Abtreibung, aber in das Strafgesetzbuch könnte, um das Leben einer Frau zu retten, eine Sondergenehmigung aufgenommen werden oder ein zusätzliches Gesetz, das einen solchen Fall vorsieht. Pallais ist Vorsitzender der Rechtskommission.

Amnesty International sandte eine Delegation nach Nicaragua, um einen Bericht über Müttersterblichkeit abzuschließen, der Teil einer internationalen Kampagne ist, die das Ziel hat, die hohe Todesrate bei Frauen, die im Fall Nicaraguas durch die Kriminalisierung therapeutischer Abtreibung besonders hoch ist, zu reduzieren. Präsident Ortega hat die Delegation nicht empfangen. Kate Gilmore, stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International, berichtete, dass die Delegation ein Treffen mit Gesundheitsminister Guillermo Gonzalez hatte, der betonte, dass die Müttersterblichkeit in diesem Jahr nicht gestiegen sei. Gilmore kritisierte, dass Ortega und die Kommission für Frauen, Kinder und Familie zu keinem Treffen bereit waren. „Sind sie der Meinung, dass es sich um eine unvertretbare Angelegenheit handelt?“ fragte sie. Der Bericht der Amnesty-Delegation wird am Montag in Mexiko veröffentlicht. (El Nuevo Diario, 23., 24. Juli; Radio La Primerísima, 23. Juli; La Prensa, 23., 25. Juli)


Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Katherine Hoyt / Paul Baker.
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Übersetzung: Agnes Bennhold.
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