Meldungen aus Nicaragua vom 31.01.2006

  1. Nationaler Dialog fortgesetzt
  2. USA beschuldigen nicaraguanische Armee, SAM-7-Raketen zu verstecken
  3. Aleman and Jerez Notified about Panamanian Court Case
  4. Lehrer streiken
  5. Liberal Ex-Mayor Given 25 Years for Murder
  6. Gas Stations Represent an Ecological Time Bomb
  7. Lake Side Dwellers Invaded by Mosquitoes

Nationaler Dialog fortgesetzt

Genauso wie die erste Woche des nationalen Dialogs der drei Parteien bestand auch die zweite im Wesentlichen aus Krisen und aus Drohungen, die Gespräche platzen zu lassen, die manche als letzte Chance sehen, internationale Einmischung in die politischen Probleme des Landes zu verhindern. In dieser Woche war der strittigste Punkt zwischen den neuerdings Verbündeten, der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) und der Sandinistischen Partei, einerseits und der Exekutive unter Präsident Enrique Bolanos andererseits die bevorstehende Wahl für Funktionsstellen innerhalb der staatlichen Einrichtungen, vor allem für Funktionsstellen im Büro des Obersten Rechnungsprüfers, im Obersten Gerichtshof und im Obersten Wahlrat.

Die acht Punkte der Übereinkunft im Drei-Parteien-Dialog (die von Daniel Ortega und Präsident Bolanos verfasst und unterzeichnet wurde und die viele Liberale jetzt für ungültig halten) sehen vor, dass die Stellenbesetzungen in diesen staatlichen Einrichtungen durch Wahlen erfolgt, deren Ergebnis im Konsens der drei Parteien erreicht werden muss. Normalerweise ist das Sache der Nationalversammlung, und die Exekutive hat kein Recht, sich einzumischen. Aus diesem Grund wollen nun viele liberale und sandinistische Mitglieder der Nationalversammlung der Exekutive eine Mitsprache bei der Stellenbesetzung verweigern. Manche sind der Meinung, in der Vereinbarung sei vorgesehen, dass die Exekutive das Recht hat, Kandidaten vorzuschlagen, sich aber an der endgültigen Abstimmung nicht beteiligen dürfe. Aber Bolanos hat in dieser Woche mehrmals gedroht, die Gespräche abzubrechen, wenn die Exekutive nicht an der entscheidenden Abstimmung teilnehmen darf.

Während viele Politiker und führende Kirchenleute ihre große Sorge zum Ausdruck gebracht haben, dass die Gespräche scheitern, weil sie auf keiner Seite die Bereitschaft zu einem Kompromiss erkennen können, schien Ortega viel optimistischer zu sein. Er sagte, er sei "zuversichtlich", dass die Exekutive die Verhandlungen nicht abbricht. "Die Exekutive hat nicht den geringsten Grund, das Gefühl zu haben, sie verlöre das Gesicht, wenn sie Zugeständnisse macht," fügte der Chef der Sandinisten hinzu.

Ortega sagte in einer langen Rede, die er anlässlich der Amtseinführung des neuen sandinistischen Bürgermeisters von Nagarote im Westen des Landes hielt, dass der Nationale Dialog seiner Meinung nach "gut liefe" und dass darin bereits viele für das Land wichtige Bereiche berührt wurden mit vielversprechenden Anzeichen, dass sich für die Mehrheit der nicaraguanischen Bevölkerung positive Veränderungen erreichen ließen. Er meint, dass über den Haushalt von 2005 nahezu ein Einvernehmen erzielt worden ist, das u.a. Gehaltserhöhungen für öffentlich Angestellte und 6% für Universitäten und Stadtverwaltungen vorsieht. Weiter fügt er hinzu: Wie auch immer die Haushaltsdebatte ausgeht, "der IWF muss das Ergebnis akzeptieren."

Am Ende seiner Rede forderte er die internationale Gemeinschaft dringend auf, "die Entscheidungen der Nicaraguaner zu respektieren. Wir sind uns einig, dass wir jegliche internationale Einmischung in die Angelegenheiten dieses Landes voll und ganz ablehnen." (La Prensa, El Nuevo Diario, Canal 2 Telenoticias, 25.1., 27.1., 29.-31.1.)

USA beschuldigen nicaraguanische Armee, SAM-7-Raketen zu verstecken

In einem Artikel, der am 27. Januar auf der vorderen Seite der Washington Times veröffentlicht wurde, wird darauf hingewiesen, dass Regierungsbeamte der USA glauben, dass hochrangige Mitglieder der nicaraguanischen Armee 80 SAM-7-Raketen versteckt haben, um sie auf dem Schwarzen Markt zu verkaufen, und dass die Beamten fürchten, dass diese Raketen "in den Händen von Terroristen" landen könnten. Diese Beschuldigungen wurden erhoben, nachdem zwei Männer verhaftet worden waren, die am 10. Januar versucht hatten, eine alte, fast unbrauchbare SAM-7-Rakete zu verkaufen. Diese spezielle Rakete war je doch nicht und auch früher niemals auf der offiziellen Inventarliste der SAM-7-Raketen verzeichnet gewesen. Trotzdem spricht aus dieser Botschaft aus Washington Misstrauen gegenüber der nicaraguanischen Armee, die, so behaupten die USA, versuche, Waffen vor internationalen Waffeninspektoren zu verstecken. Ein namentlich nicht genanntes Mitglied der US-Regierung wird in der nordamerikanischen Zeitung mit den Worten zitiert: "Das ist eine sehr sehr ernste Bedrohung. Das lässt mich die ganz Nacht nicht schlafen. Die zivile Luftfahrt ist in Gefahr."

Der General der nicaraguanischen Armee Javier Carrion reagierte auf den in der Washington Times erschienenen Artikel mit den Worten, wenn die US-Regierung Anklage gegen die nicaraguanische Armee erheben wolle, solle sie das offiziell tun und nicht über Aussagen eines namentlich nicht genannten US-Beamter, die in einer US-Zeitung wiedergegeben werden. Weiter betonte Carrion, dass die Beschuldigungen des US-Beamten, führende Mitglieder der nicaraguanischen Armee würden 80 SAM-7-Raketen verstecken, "unbegründet" und "beleidigend" seien und mit der Absicht geäußert seien, Nicaragua und seine Armee in den Augen der internationalen Gemeinschaft und innerhalb der USA in ein schlechtes Licht zu rücken.

Die nicaraguanische Armee verfügt über eine Anzahl SAM-7-Raketen, die in der Lage sind, sowohl Transport- als auch Militärflugzeuge vom Himmel zu holen. Diese Waffen stammen aus der Sowjetunion. Die sandinistische Volksarmee erhielt sie in der Zeit der Revolutionsregierung, die 1979 an die Macht kam. 1990, nach dem Contra-Krieg, befahl die damalige Präsidentin Violeta Chamorro allen Bürgern, alle Waffen, die in ihrem Besitz waren, zu zerstören. Zwar wurden die meisten dieser Waffen zerstört, aber viele blieben in den Händen von Zivilisten. Das dürfte der Fall sein bei der SAM-7-Rakete, die am 10. Januar in Managua verkauft wurde.

Auf Druck aus Washington ordnete Präsident Bolanos 2004 die Zerstörung der ersten 666 SAM-7-Raketen an, und später im Jahr die von weiteren 334. Das wurde von der nicaraguanischen Armee durchgeführt, und Bolanos kündigte an, es sei beabsichtigt, dass die verbleibenden 1 004 Raketen Ende 2005 zerstört werden. Die Nationalversammlung, in der die Liberal-Konstitutionalistische Partei (PLC) und die Sandinistische Partei, die beide in Opposition zu Bolanos stehen, die Mehrheit haben, formulierten rasch eine neue, auf Waffen bezogene Gesetzesvorlage, die im vergangenen Dezember in der Nationalversammlung beschlossen wurde und nun zur zweiten Lesung ansteht, ehe sie Gesetzeskraft erhält. Das neue Waffengesetz legt fest, dass Entscheidungen über Kauf, Verkauf und Zerstörung von Armee-Waffen nicht mehr von der Exekutive, sondern von der Nationalversammlung getroffen werden.

Jose Figueroa, Geschäftsführer der sandinistischen Fraktion in der Nationalversammlung, glaubt, dass das wahre Motiv hinter dem Versuch der US-Regierung, in dieser Angelegenheit Angst zu schüren, darin besteht, dass gegen das neue Waffengesetz, vor seiner Ratifizierung durch die Nationalversammlung, Widerstand geweckt wird. Ein weiteres Motiv ist, laut Figueroa, dass die nicaraguanische Armee und die nicaraguanische Polizei (beide von eindeutig sandinistischer Ausrichtung) durch Druck und versteckte Drohung dazu gebracht werden sollen, sich hinter Bolanos zu stellen. Durch eine Kampagne in der Öffentlichkeit sollen die Einrichtungen, die die Verantwortung für die nationale Verteidigung haben, angegriffen und Nicaragua schlecht gemacht werden," erklärte Figueroa. Als Antwort auf weitere Fragen gab Figueroa zu, dass er der Meinung ist, dass die Bush-Regierung hinter dieser "Öffentlichkeitskampagne" stehen könnte.

Am 27. Januar kündigte Bolanos an, er beabsichtige, einen speziellen Untersuchungsausschuss einzusetzen, "um den Dingen auf den Grund zu gehen". Am 28. Januar trafen in Managua zwei Beamte des US-Außenministeriums, Benjamin Ziff und Margaret Bond, zu einem offiziellen Besuch ein, um bei der Untersuchung über die angeblich von Mitgliedern der nicaraguanischen Armee versteckten SAM-7-Raketen zu helfen. (La Prensa, El Nuevo Diario, Radio Ya!, 27.1.31.1.)

Lehrer streiken

Wie von der Lehrer-Gewerkschaft angekündigt, wurde am 31. Januar, dem Tag, an dem das Schuljahr 2005 beginnen sollte, in Nicaraguas öffentlichen Schulen landesweit gestreikt. Am 31. Januar blieb die Mehrheit der Schulen im Land geschlossen, und die wenigen, die öffneten, konnten nur eine geringe Anzahl von Schülern unterrichten, da nur wenige Lehrer zur Arbeit erschienen. In den verschiedenen Teilen des Landes waren mehrere Demonstrationen geplant. In allen Departamentos gingen Lehrer, statt zur Arbeit, auf die Straße, um zu protestieren. Ihre Forderungen sind die gleichen: faire Gehälter (das Äquivalent des Grundwarenkorbs) für alle Lehrer und alle Angestellten des öffentlichen Dienstes. …

Die Position der Lehrer ist, obwohl Erziehungsminister Miguel Angel Garcia das nicht zugeben will, derzeit recht stark. Das Erziehungsministerium kann zwar drohen, es werde gegen die, die sich am Streik beteiligen, "Maßnahmen ergreifen", wegen des gravierenden Lehrermangels in Nicaragua wäre es jedoch äußerst unklug, Lehrer zu entlassen. Das Ministerium weiß, dass es nicht annähernd genügend Lehrer beschäftigt, um jedem nicaraguanischen Kind eine ausreichende Bildung zu verschaffen; aus der derzeitigen Lehrerschaft Leute zu entlassen, würde deshalb zu einem Chaos im öffentlichen Bildungswesen führen. Nun muss sich herausstellen, wie lange die Lehrer durchhalten und wie die Regierung reagiert. (La Prensa, El Nuevo Diario, Canal 2 Telenoticias, Radio Ya!, 29.1., 30.1., 31.1.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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