Meldungen aus Nicaragua vom 17.01.2006

  1. Nationaler Dialog beginnt am 19. 1., währenddessen steigen die Spannungen
  2. Aleman könnte an Ostern verziehen werden
  3. Vielversprechende Bewegungen für kostenlose Bildung und höhere Bezahlung der Lehrer
  4. Heavier Fines for Environmental Polluters in 2005
  5. 40.3% of Nicaraguans Do Not Trust Police
  6. Water Rationing in Managua Likely in March
  7. Public Ministry Appears to be Protecting Murderer of Journalist
  8. Landslide Victims Have Still Not Been Relocated

Nationaler Dialog beginnt am 19. 1., währenddessen steigen die Spannungen

In der nicaraguanischer Politik begann die Woche mit dem Besuch der vor kurzem gewählten Leitung der Nationalversammlung beim Chef der nicaraguanischen Armee, Javier Carrion. Col. Adolfo Zepeda, der Sprecher der Armee, beschrieb den Besuch von den drei Sandinisten und vier liberal-konstitutionalistischen (PLC) Politikern am 11. Januar als "eine Geste der Höflichkeit". Von Mitgliedern des Direktorats der Nationalversammlung 2005 wurde bestätigt, dass eine Anzahl von politischen Themen bei dem Treffen erörtert wurden.

Carrion wurde über die Motive der PLC und FSLN hinter den höchst strittigen Verfassungsänderungen informiert, und warum diese zwei Parteien die vor kurzem gefällte Entscheidung des neuen zentralamerikanischen Gerichts zurückgewiesen hatten, den laufenden Prozess der Bestätigung der Verfassungsänderung zu stoppen. Die Ansicht, dass die sieben Mitglieder des Direktorats der Versammlung Carrion besucht hatten, um ihn zu ermutigen, die Armee aus der gegenwärtigen politischen Krise heraus zu halten, wurde zurückgewiesen. Laut Maria Dolores Aleman, der ersten Sekretärin der Nationalversammlung und Tochter von Präsidenten Arnoldo Aleman, habe Carrion ihnen versichert, dass die Armee keine Absichten habe, sich in die Krise einzumischen.

Am 15. Januar hat das Direktorat der Nationalversammlung den Chef der nationalen Polizei und auch ausländische Botschafter besucht, die ihre Sorge über die gegenwärtige Krise erklärt hatten. Bei den Besuchen erklärten sie die Motive der Mehrheitsparteien hinter den Änderungen der Verfassung.

Am selben Tag wie die Mitglieder der Nationalversamlung besuchten auch Regierungsvertreter Carrion, wobei danach eine Erklärung zu der politischen Krise in Nicaragua auf der Website der Organisation der amerikanischen Staaten (OAS) veröffentlicht wurde, in der die Drohung zum Eingreifen der Armee wiederholt wurde, wenn die Nationalversammlung weiterhin eine Entscheidung des zentralamerikanischen Gerichts ignorieren würde. "Der permanente Rat der OAS wiederholt heute (11. Jan.) seinen Willen, die Demokratie in Nicaragua zu unterstützen, und erklärt, die politischen Vorgänge in den kommenden Tagen und Wochen weiter zu beobachten", beginnt die Erklärung, die mit der Aussage endet, dass "der permanente Rat der OAS ist weiterhin alarmiert angesichts des Zustandes der Illegalität in Nicaragua."

Am 13. Jan wurde vom Führer der FSLN, Daniel Ortega, und von Präsidenten Enrique Bolaños eine neue und unvorhergesehene Vereinbarung über acht Punkte unterschrieben, die garantieren sollen, dass der Anfang des diplomatischen Dialogs und ein Ende der wachsenden Spannungen erreicht werden kann. Die zwei politischen Führer stimmten überein, dass sie den Frieden für die nicaraguanische Bevölkerung garantiert wollen.

Bei der Unterzeichnung der Vereinbarung im Präsidentenpalast waren General Carrion, der nationale Polizeichef Edwin Cordero, einzelne ausländische Botschafter und Vertreter der Vereinten Nationen wie auch Cardinal Obando y Bravo, das Oberhaupt der katholischen Kirche in Nicaragua, anwesend. Die US-Botschafterin Barbara Moore nahm an dem Ereignis nicht teil.

In der Vereinbarung heißt es, dass die Mehrheitsparteien nicht versuchen werden, den Präsidenten vor dem Ende seiner offiziellen Amtszeit im Januar 2007 abzulösen. Sie stimmte auch überein, dass die Verfassungsreformen nicht endgültig beschlossen werden würden, bis ein Konsens zwischen der Executive und Legislative erreicht worden sei.

Die anderen sechs Punkte der Vereinbarung verwiesenen auf die prioritär im nationalen Dialog zu erörternden Themen, zu denen folgende Punkte gehören: die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Notwendigkeit zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, die Belieferung der Krankenhäuser und Gesundheitszentren mit mehr Medikamenten und die Garantie der kostenfreien und obligatorischen Schulbildung für alle Kinder und Jugendlichen in Nicaragua.

Weitere Themen, die in die Tagesordnung für den nationalen Dialog einbezogen werden sollen, sind die Revision des Arbeitsrechts vor der Ratifizierung der CAFTA-Vereinbarung, die Schaffung eines staatlichen Fonds, um die nationale Produktion zu fördern, eine öffentliche Bank, die Darlehen mit niedrigen Zinssätzen an arme Nicaraguaner auf dem Land vergeben soll und die Ausgestaltung eines Programms, das garantieren soll, dass 100% der frei werdenden Gelder in Folge der Schuldenreduzierung im Rahmen der Initiative für hochverschuldete arme Länder (HIPC) verwendet werden, um die Armut zu bekämpfen.

Nach der Unterzeichnung der Vereinbarung besuchte Ortega Aleman auf seiner Finca "El Chile", so dass der Führer der PLC die Vereinbarung auch unterschreiben konnte. Nachdem dies erreicht worden war, kündigte Ortega an, dass diese dreiseitige Vereinbarung der Ölzweig sei, der es den Nicaraguanern ermöglichen würde, sicher und positiv in die Zukunft ihres Landes blicken zu können.

Aber nichts ist so einfach, wie es in der nicaraguanischen Politik erscheint. Am nächsten Tag, dem 14. Januar, ratifizierte die Nationalversammlung die Verfassungsänderungen, die somit Gesetz wurden. Bald danach kündigte der Sekretär des Präsidenten, Ernesto Leal, an, dass Bolaños eine Erklärung des Ausnahmezustandes unterschrieben habe und bereit sei, diese seinem Kabinett vorzulegen.

Eine Notfallsitzung wurde einberufen, die in der katholischen Universität (UNICA) in Managua stattfand, und vom Präsidenten, Ortega und Vertretern der PLC besucht wurde (Aleman konnte natürlich aufgrund seines Hausarrests nicht teilnehmen). Die Sitzung dauerte sechs Stunden und es wurde entschieden, dass fünf der acht Verfassungsänderungen nicht in Kraft treten sollen, bis ein Konsens zwischen den Mehrheitsparteien und der Regierung erreicht sei, obwohl auch gesagt wurde, dass Ortega nicht bereit sei, den Text von einigen der acht strittigen Punkten zu ändern. Bei der Sitzung wurde von allen drei politischen Kräften vereinbart, dass der nationale Dialog am 19. Januar beginnen solle.

Beim Verlassen der Sitzung schien die sandinistische Führung zuversichtlich, dass ein Konsens zwischen den drei politischen Kräften zu erreichen sei, und hob hervor, dass bisher niemand die Vereinbarung der acht Punkte verletzt habe, die am 13. Januar von ihm und dem Präsidenten unterschrieben worden sei. Das Problem sei eine einfache Fehldeutung im Text gewesen. Er implizierte damit, dass die Verfassungsänderungen jetzt Gesetz geworden seien und dass es unmöglich wäre, sie wieder abzuschaffen.

Somit scheint es jetzt unwahrscheinlich, dass es irgendeinen offiziellen Eingriff von einer internationalen Institution oder einer ausländischen Nation geben wird und jeder hofft, dass der Dialog die politische Krise wirklich lösen kann. Die Mehrheit der Nicaraguaner scheint jedoch keine Ahnung von den Vorgängen zu haben, da 36% der Menschen nicht lesen oder schreiben können und die Mehrheit jener, die Lesen und Schreiben können, völlig damit beschäftigt sind, dafür zu arbeiten, dass sie auch morgen etwas zu Essen haben. Sie sind nicht in der Lage, die Politik zu verfolgen. (El Nuevo Diario, La Prensa, Telenoticias Kanal 2, Radio Ya!, 12.01., 13.01., 14.01., 15.01)

Aleman könnte an Ostern verziehen werden

Quellen, dem früheren Präsidenten Arnoldo Aleman nahe stehen, glauben, dass ihm bis Ostern offiziell verziehen werden könnte, entweder durch eine politische Amnestie oder durch die Aussetzung seiner Strafe. Die Idee dazu, eine politische Amnestie zu erlassen, wurde in der Fraktion der liberal-konstitutionalistischen Partei (PLC) geboren und sie hat jetzt die Unterstützung der Regierung. Dies ist nicht überraschen, wenn man bedenkt, dass dies auch dem Präsidenten und 33 Ministern und Mitgliedern der Nationalversammlung nützen würde, auf die Gerichtsprozesse wegen betrügerische Verbrechen warten.

Es wird gemunkelt, dass es die US-Botschafterin Barbara Moore war, die die Amnestieidee hoffähig machte. Moore will damit die Vereinbarung der Liberalen mit den Sandinisten zerbrechen und die verfeindeten Flügel der rechten Partei in Nicaragua wieder zusammenführen. Alemans Frau drückte jedoch die Abneigung ihres Mannes darüber aus, diese Pläne zu unterstützen, es sei denn, die Botschafterin Moore oder Präsident Bolaños kommen, um ihn persönlich auf seiner Finca "El Chile" zu besuchen.

Justizminister Alberto Novoa glaubt, dass es gesetzlich unmöglich wäre, das Urteil, das gegen Aleman gefällt wurde, aufzuheben und die Strafe auszusetzen, weil die Beweise "unwiderlegbar" seien.

Der Richter Sergio Cuarezma kommentierte: selbst wenn Aleman nach einer politischen Amnestie freigelassen wird oder die Strafe ausgesetzt würde; aufgrund der Tatsache, dass die gewaltige Mehrheit der Nicaraguaner überzeugt ist, dass er die Verbrechen begangen hat, für die er verurteilt wurde, ist es unwahrscheinlich, dass die politische Stabilität, die anscheinend das Ziel seiner Freilassung sein soll, erreicht werden kann. (El Nuevo Diario, La Prensa, 01/12, 01/13)

Viel versprechende Bewegungen für kostenlose Bildung und höhere Bezahlung der Lehrer

Am 11. Januar trafen die Leiter der wichtigsten Gewerkschaft der Lehrer, ANDEN, den Minister und die Vizeerziehungsministerin, um die Möglichkeit zu erörtern, die Gehälter der Lehrer zum Äquivalent des Lebenshaltungskostenindex (in Nicaragua "Grundkorb" genannten) zu erhöhen. Obwohl danach nichts erklärt wurde, drückte Bildungsvizeministerin Vilma Rosa Leon ihre Bereitschaft aus, das Monatsgehalt von Lehrern, die innerhalb der öffentlichen Bildungssystems arbeiten, auf 2.660 Cordoba (166,25 US-$) zu erhöhen, was dem gegenwärtigen Wert der monatlichen Grundbedürfnisse einer vierköpfigen Familie entspricht. Eine zweite Sitzung wurde für den 19. Januar geplant, bei der beide Parteien ihre letzten Vorschläge vorlegen sollen.

Damit die Gehaltserhöhung jedoch gewährt werden kann, wäre eine Änderung des Budgets notwendig, die von der Nationalversammlung beschlossen werden müsste. Wenn die Versammlung beschließt, eine Budgetänderung vorzunehmen, würde sich ein relativ langer Prozess einschließen, der allerdings voraussichtlich nicht bis zum 18. Januar beendet werden kann; dem Termin, an dem das Schuljahr 2005 beginnt. ANDEN wiederholte seine Drohung, einen Streik auszurufen, bis die Gehaltserhöhung erklärt sei, was voraussichtlich aber nicht vor der nächsten Sitzung mit dem Bildungsminister am 19. Januar geschehen kann.

Inzwischen wurden auch Schritte in Richtung einer kostenlosen Bildung für die nicaraguanische Kinder gemacht mit der Ankündigung Leons, dass Schuluniformen nicht mehr vorgeschrieben sein werden und dass für die Schüler, die am Ende des Schuljahres ihre Jahrgangsprüfungen ablegten, die Registrierung für das nächste Jahr automatisch vorgenommen werden wird. In den letzten Jahren wurde eine relativ hohe Anmeldegebühr von allen Schülern verlangt, ungeachtet dessen, ob sie im letzten Jahr in der Schule registriert waren, in der sie auch dieses Jahr weiterlernen wollen, und ungeachtet dessen ob sie ihre Prüfungen bestanden haben oder nicht. (El Nuevo Diario, La Prensa, 12.01., 14.01.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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