Meldungen aus Nicaragua vom 07.03.2006

  1. Ortega zum sandinistischen Präsidentschaftskandidaten ernannt
  2. Nemagon Victims Will Continue Struggle Despite Ecuadorian Court Resolution
  3. US State Department Says Judicial System Corrupt and Police Force Tortures Detainees
  4. Nahrungsmittelhilfe Nicaraguas zu 100% genmanipuliert
  5. Textile Exports Grow Along with Textile Workers' Misery
  6. Jerez stellt sich nicht der Anklage; Aleman kann mit Amnestie rechnen
  7. MARENA Unable to Control Illegal Trafficking of Endangered Species
  8. Large Volcanic Eruption in El Cerro Negro Likely for 2006

Ortega zum sandinistischen Präsidentschaftskandidaten ernannt

Was inzwischen zum Krieg gegen Herty Lewites wurde und zum Krieg gegen diejenigen, die ihn in seinem Plan, bei den allgemeinen Wahlen 2006 innerhalb der sandinistischen Partei für das Präsidentschaftsamt zu kandidieren, unterstützen, hat in dieser Woche an Intensität zugenommen. In der vergangenen Woche erklärte Lewites, die Führer der Sandinistischen Front für die Nationale Befreiung (FSLN), die den Parteivorsitzenden Daniel Ortega unterstützten, planten, ihn, Lewites, zu ermorden, während sie, hohe Parteifunktionäre, Lewites beschuldigten, er habe während seiner Zeit als Bürgermeister von Managua Millionen Dollar an öffentlichen Geldern gestohlen.

Lewites und Victor Hugo Tinoco, Mitglied des Nationalen Direktoriums der FSLN, der den Wahlkampf von Managuas Ex-Bürgermeister unterstützt, wurden auf einer Konferenz der Sandinistischen Versammlung am 26. Februar aufgrund eines einstimmigen Votums aus der Partei ausgeschlossen. Monica Baltodano, früheres Mitglied der Nationalversammlung der FSLN, wies allerdings darauf hin, dass die Begründung für den Parteiausschluss, sie hätten die Partei entehrt, keinen Bestand hätte, weil es sich dabei um einen Vorgang während des Contra-Kriegs in den 80er Jahren handle. Es ist aber unwahrscheinlich, dass der Beschluss zurückgenommen wird, und damit hat Lewites nicht die Möglichkeit, sich als sandinistischer Kandidat um die Präsidentschaft zu bewerben.

Am 1. März wurde Lewites von den Parteioberen beschuldigt, er habe während seiner Zeit als Bürgermeister der Hauptstadt Millionen Dollar an öffentlichen Geldern gestohlen. Es wurde bestätigt, dass die Parteioberen planen, offiziell Anklage zu erheben und Lewites vor Gericht zu bringen. Lewites findet diese Anklagen "lächerlich" und hat gesagt, dass ihm das kein Kopfzerbrechen mache, da ein solches Vorhaben vor Gericht keinen Bestand habe. Laut Lewites wurde in seiner Amtszeit kein Geld gestohlen.

Am 3. März suchte Lewites die Nationale Polizei in Managua auf, um sich Rat zu holen, wie der Vorfall zu handhaben sei, der sich am vergangenen 26. Februar außerhalb der Konferenz der Sandinistischen Versammlung abspielte, als eine Gruppe von Ortega-Anhängern die Gruppe von Lewites-Anhängern, die ihren Kandidaten begleiteten, mit Steinen bewarfen. Als Lewites aufbrechen wollte, wiesen die Polizisten ihn darauf hin, dass es "riskant" sei, ohne Begleitschutz hinauszugehen, da auf der Straße mehrere Gruppen von Ortega-Anhängern darauf warteten, ihn anzugreifen. Er verließ das Gebäude im Schutz einer großen Gruppe bewaffneter Polizisten, die ihn bis nach Hause begleiteten. Am Tag darauf erklärte Lewites, dass diese Gruppen, die seiner Meinung nach von Francisco Lopez und Juan Jose Ubeda, zwei von Ortegas engsten Vertrauten, planen, ihn zu ermorden. Er gab auch bekannt, er habe Polizeischutz rund um die Uhr beantragt.

Am 4. März beschuldigte Lewites mehrere staatliche Einrichtungen, sie "fügten sich unmittelbar dem Willen der Führer der sandinistischen Partei und nicht den Interessen des Landes, der Leute". Der Ex-Bürgermeister glaubt, der Oberste Wahlrat, das Berufungsgericht von Managua und das Büro des Obersten Rechnungsprüfers seien "offensichtlich" von Ortega und seinen Getreuen manipuliert. Er erhob diese Vorwürfe, nachdem diese drei Einrichtungen zuließen, dass die FSLN am 6. März in Matagalpa und Masaya Lewites zuvorkamen, obwohl dieser dort früher als sie politische Veranstaltungen beantragt hatte. Ortegas Anhänger erhielten die Erlaubnis, im städtischen Zentralpark, wo Lewites' Auftritt stattfinden sollte, ihre Veranstaltung durchzuführen.

Lewites, der laut jüngsten Umfragen in der nicaraguanischen Bevölkerung beliebter ist als der Ex-Präsident und dreimalige Verlierer der Präsidentschaftswahlen, Daniel Ortega, stellt für Ortega , der nicht bereit ist, seine Stellung als Parteivorsitzender und Präsidentschaftskandidat für die Wahlen im nächsten Jahr aufzugeben, eine Bedrohung dar. Ortega beschuldigte "gewisse Medien-Konzerne, Politische Kommentatoren und andere einflussreiche Leute," sie seien voreingenommen zugunsten von Lewites, würden die Tatsachen verfälschen und die Leute in Nicaragua dahingehend beeinflussen, dass diese glauben, mit Ortega sei es unmöglich, die Wahlen zu gewinnen. Er ist der Meinung, dass "die sandinistische Partei stärker und vereinter ist als je." Das verkündete er in einer Rede während einer politischen Veranstaltung in Matagalpa im Norden des Landes am 6. März, nachdem er zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten ernannt worden war.

Möglicherweise werden Lewites und seine Anhänger unter dem Namen die Breite Front eine neue Partei gründen, die unter ihrem Banner "nicht nur Sandinisten, sondern alle Sektoren der Gesellschaft sammelt, die gegen die Diktatur Ortegas innerhalb der sandinistischen Partei sind und gegen Diktatur allgemein im politischen Leben Nicaraguas." (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio Ya!, 1.03. - 10.03.)

Nahrungsmittelhilfe Nicaraguas zu 100% genmanipuliert

Julio Sanchez, Koordinator Nicaraguas in der Allianz für den Schutz der Biologischen Vielfalt Zentralamerikas, erklärte, dass 100% der humanitären Hilfe, die das UNO-Welt-Ernährungsprogramm nach Zentralamerika liefert, genmanipuliert (GM) sei. Für Nicaragua wurde ebenfalls festgestellt: Die Nahrungsmittelhilfe, die die USA über die US-Agentur für Internationale Entwicklung (USAID) ins Land liefern und die vor allem für die schwächsten Sektoren der Gesellschaft, schwangere Frauen und Kinder unter fünf, bestimmt ist, ist zu 100% genmanipuliert.

"Die humanitäre Hilfe erreicht schwache Teile der Gesellschaft, aber statt ihnen zu helfen, setzen sie die Menschen, die die Produkte konsumieren, einem Risiko aus," sagt Sanchez. "Der Konsum von genmanipulierten Nahrungsmitteln kann über kurz oder lang zu Gesundheitsproblemen führen. Kurzzeitwirkungen können Allergien sein, die in manchen Fällen sogar einen tödlichen Ausgang haben können."

"Am Besorgniserregendsten ist," laut Sanchez, "dass in Guatemala bei dem Weizen, der vom Welt-Ernährungsprogramm geliefert worden ist, auch die Weizensorte "Starling" entdeckt wurde. Diese Weizensorte wurde vor vier Jahren von der Ernährungs- und Medikamentenverwaltung (FDA) in den USA aus dem Verkehr genommen und für ungeeignet für den menschlichen Verzehr erklärt."

In Costa Rica und in der Dominikanischen Republik wurden genmanipulierte Lebensmittel vom multinationalen Agro-Konzern Monsanto auf den Markt gebracht. Was jedoch Costa Rica betrifft, so wurde Monsanto aufgrund des Drucks seitens der Zivilgesellschaft aus dem Land hinauskomplimentiert.

Die Allianz für den Schutz der Zentralamerikanischen Biologischen Vielfalt ist besorgt, dass aufgrund der Einfuhr genmanipulierten Saatguts in die Region die wirtschaftliche und kulturelle Basis der Region (ihre biologische Vielfalt) auf dem Spiel steht. "Möglicherweise wird aufgrund des genmanipulierten Saatguts, das es jetzt in Zentralamerika gibt, unser natürliches einheimisches Saatgut ausgelöscht."

Auf ihrer Februar-Konferenz in Guatemala hat die Allianz zusammen mit anderen Organisationen, einschließlich des Zentralamerikanischen Menschenrechtsrats und des Humboldtzentrums, einen Brief an das UNO-Welternährungsprogramm gesandt, in dem sie um eine Erklärung bitten, warum die genmanipulierten Nahrungsmittel auf so heimliche Weise geliefert worden sind. Bisher kam noch keine Antwort. Walter Lacayo, der im nicaraguanischen UN-Büro arbeitet, sagte, laut Richtlinie des Welt-Ernährungsprogramms wird auf Beschuldigungen dieser Art nicht geantwortet. (El Nuevo Diario, 3.03.05)

Jerez stellt sich nicht der Anklage; Aleman kann mit Amnestie rechnen

Byron Jerez, in der früheren Aleman-Regierung für das Steuerwesen zuständig, ist zweimal zu Terminen nicht erschienen, die - aufgrund von Ermittlungen durch Panama - von der Staatsanwaltschaft angesetzt worden waren. Dort sollte er wegen des Verdachts der Geldwäsche - es handelt sich um 70 Millionen US-Dollar - vernommen werden. Der Vorwurf wird sowohl gegen ihn als auch gegen Ex-Präsident Arnoldo Aleman sowie gegen Verwandte und Freunde der beiden Männer erhoben. Die panamaischen Behörden ersuchten die oberste nicaraguanische Staatsanwaltschaft, Jerez ausführlich zu verhören und dadurch ihre Ermittlungen zu unterstützen, aber der Ex-Steuer-Experte ist, ohne Angabe von Gründen, zu zwei angesetzten Terminen nicht erschienen. Ein dritter Termin ist für den 10. März festgelegt, und dann gilt laut Delia Rosales, Leitende Staatsanwältin in der Obersten Staatsanwaltschaft: "Wenn Jerez wieder nicht erscheint, sehen wir uns gezwungen, die uns zur Verfügung stehende öffentliche Gewalt ihm gegenüber anzuwenden," mit anderen Worten, mit der Polizei anzurücken.

Die Liberal-Constitutionalistische Partei (PLC) unternimmt inzwischen alles in ihren Kräften Stehende, um zu erreichen, dass die Nationalversammlung Gesetze beschließt, durch die alle Anklagen fallen gelassen werden, die wegen Betrugs, Geldwäsche und anderer finanzieller Vergehen im Zusammenhang mit öffentlichen Geldern gegen irgendwelche Staatsbeamte, einschließlich Jerez, Aleman, Präsident Bolanos und über dreißig weitere, erhoben werden. Wenn diese Gesetze beschlossen werden, würden sie sich auch auf bereits vollzogene Verurteilungen und laufende Fälle beziehen. Internationale Fälle wären jedoch nicht davon betroffen; deshalb würden die Ermittlungen der panamaischen Behörden weitergehen.

Enrique Quinones, Fraktionsvorsitzender der Liberalen in der Nationalversammlung, meint, die Verabschiedung der Gesetze würde "ein für alle Male der Instabilität des Landes, die während der vergangenen drei Jahre jegliches Regieren unmöglich gemacht hat, ein Ende setzen."

Mauricio Martinez, Alemans Verteidiger, erklärte: "Wenn Aleman aufgrund solcher Gesetze von der Nationalversammlung entsprechend Artikel 140 und 141 der Nicaraguanischen Verfassung amnestiert wird, wird mein Klient sofort freigelassen."

Damit die Gesetzesvorlagen beschlossen werden, müssen in der Nationalversammlung insgesamt 47 Stimmen dafür abgegeben werden. Die Sandinistische Partei hat mehrfach angekündigt, sie werde gegen die Gesetzesvorlagen stimmen. Die Liberale Fraktion besteht nur aus 43 Abgeordneten. Um den Gesetzesantrag zu verabschieden, müssen deshalb auch die vier Mitglieder von Bolanos' Allianz für die Republik (APRE) für die Gesetzesanträge stimmen. Das wird voraussichtlich geschehen, da Bolanos ebenfalls gewaltig davon profitieren würde, wenn die Anträge verabschiedet werden. (La Prensa, El Nuevo Diario, Radio Ya!, Radio Liberación, Estelí, 1.03., 2.03.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
Abo des News-Dienstes in englischer Sprache für 60 US-$ jährlich bei Nicaragua Network, 1247 E Street, SE, Washington, DC 20003, e-mail: nicanet@igc.apc.org.

Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

Bankverbindung:
Nicaragua-Forum Heidelberg | Konto Nr. 1517732
Bezirkssparkasse Heidelberg | BLZ: 672 500 20
Stichwort: Information

Letzte Meldungen

Sie finden die Liste der zuletzt veröffentlichten Meldungen immer auf der Seite

Meldungen

ganz oben.